Autor |
Nachricht |
Kloppo Gast
|
Kloppo Verfasst am: 21. Feb 2019 15:13 Titel: Präzession und Energie |
|
|
Meine Frage:
Hallo liebe Leute,
Da ich selber Modellbau betreibe und hier ständig mit Kreiseln in Berührung komme habe ich mich ein wenig mit Drehimpulsen Drehmomenten und der Präzessionsbewegung beschäftigt, die man bei Kreiseln unter Einfluss eines Drehmomentes beobachten kann. Wenn das Drehmoment beispielsweise die Anziehungskraft ist, präzessiert der Kreisel über den Öffnungswinkel immer weiter nach unten bis er irgendwann zum liegen kommt. Hierbei erfordert die Präzessionsbewegung eine zusätzliche Energie die in dem beschriebenen Fall durch die Bereitstellung von kinetischer Energie über die Höhe bereitgestellt wird.
Nun zur eigentlichen Frage: Wodurch wird die benötigte Energie für die Präzessionsbewegung bereitgestellt, wenn ich den Kreisel zb in den Händen halte und kontinuierliche Präzesionsbewegungen auslöse? Und wie verhält sich der Energieinhalt bei der Erdpräzession?
Meine Ideen:
Meine Vermutung ist, dass die Rotationsgeschwindigkeit durch das Drehmoment, welches zur Ausweichbewegung des Kreisels führt verlangsamt wird. Ebenso könnte die Erde durch das Drehmoment,welches die Sonne auf Sie ausübt langsamer werden? (Vieleicht vermittelt durch Prozesse im Erdinneren?)
Für Antworten bin ich dankbar. |
|
|
Kloppo Gast
|
Kloppo Verfasst am: 03. März 2019 19:10 Titel: |
|
|
Vieleicht habe ich mich hier auch mißverständlich ausgedrückt.
Die Präzessionsbewegung müsste dem Kreiselsystem ja mehr Energie kosten als im kräftefreien Zustand, oder? Wo kommt die zusätzliche Energie her? Aus der Änderung der Rotationsgeschwindigkeit? |
|
|
TomS Moderator
Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 18111
|
TomS Verfasst am: 04. März 2019 08:50 Titel: |
|
|
Wenn du den Kreisel anstupst, sind Energie und Drehimpuls nicht erhalten.
Wenn der Kreisel kräftefrei oder unter dem Einfluss der Schwerkraft (parallel zur z-Ache) rotiert, dann ist die Energie erhalten (weitere Erhaltungsgrößen, die mit dem Drehimpuls zusammenhängen, folgen bei gewissen Symmetrien des Kreisels)
Das “kostet” keine Energie, und da “kommt keine zusätzliche Energie her”. Du versetzt den Kreisel in Rotation, steckst also Energie in den Kreisel rein, und diese verteilt sich eben auf die Freiheitsgrade des Kreisels. _________________ Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago. |
|
|
Systemdynamiker
Anmeldungsdatum: 22.10.2008 Beiträge: 594 Wohnort: Flurlingen
|
Systemdynamiker Verfasst am: 04. März 2019 09:17 Titel: Schulkreisel |
|
|
Du beziehst Dich auf den Kreisel im Physikunterricht, ein rotierendes Rad, das an einem drehbaren Stab befestigt ist, an dem man auf der andern Seite Gegengewichte anhängen kann?
Hier beobachtest Du keine reine Präzession. Zuerst zeigt der Drehimpulsvektor horizontal in Richtung der Stabachse. Sobald das Gegengewicht befestigt wird, beginnt der Kreisel zu präzessieren. Infolge der Drehimpulserhaltung kommt es zu einer Überlagerung mit einer gedämpften Nutation. Weil über das Lager dauernd Drehimpuls der Vertikalkomponente an die Erde abfliesst, stellt sich der Stab immer steiler, damit die Präzession weiter läuft (das ist nicht ganz einfach in Worte zu fassen).
Wie sähe dann eine reine Präzession aus? Die Lager müssten absolut reibungsfrei sein und der Stab müsste schon mit der richtigen Präzessions-Winkelgeschwindigkeit starten. Wenn man aus der Ruhe heraus startet und die Lager reibungsfrei wären, bliebe die Überlagerung von Präzession und Nutation erhalten. _________________ Herzliche Grüsse Werner Maurer |
|
|
Kloppo Gast
|
Kloppo Verfasst am: 04. März 2019 09:55 Titel: |
|
|
Ich dachte immer wenn ein Drehmoment auf einen Kreisel einwirkt(zb die Schwerkraft) würde die Präzession (Ich meine die Ausweichbewegung) dem Kreisel Energie kosten. Oder besser gesagt müsste sich doch die Energie die vorher in einem rotierenden Kreisel ohne Öffnungswinkel über die Z Achse anders aufteilen, sobald ein Drehmoment für einen Öffnungswinkel durch Präzession sorgt? Also müsste doch entweder eine Änderung der Rotationsenergie oder der potenziellen Energie stattfinden? Oder bin ich hier ganz auf dem Holzpfad? |
|
|
Systemdynamiker
Anmeldungsdatum: 22.10.2008 Beiträge: 594 Wohnort: Flurlingen
|
Systemdynamiker Verfasst am: 04. März 2019 10:03 Titel: Leistung eines Drehmoments |
|
|
Bei der reinen Präzession steht das Drehmoment genau normal zur Winkelgeschwindigkeit und ist deshalb leistungsfrei. Ein analoger Fall liegt bei der Kreisbewegung vor, wo die resultierende Kraft normal zum Impuls steht und deshalb auch leistungsfrei ist.
Vor Jahren habe ich das in einem Video erklärt: https://youtu.be/o1_4Pbb2r5Q _________________ Herzliche Grüsse Werner Maurer |
|
|
TomS Moderator
Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 18111
|
TomS Verfasst am: 04. März 2019 12:50 Titel: |
|
|
Kloppo hat Folgendes geschrieben: | Also müsste doch entweder eine Änderung der Rotationsenergie oder der potenziellen Energie stattfinden? |
Ja, natürlich.
I.A. sind Rotationsenergie und potentielle Energie nicht getrennt erhalten. Und auch letztere kann man nochmals in unterschiedliche Beiträge aufteilen.
EDIT:
Auf die Schnelle finde ich folgende Darstellung:
https://hepweb.ucsd.edu/ph110b/110b_notes/node36.html _________________ Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago. |
|
|
Kloppo Gast
|
Kloppo Verfasst am: 04. März 2019 13:07 Titel: |
|
|
Ok so langsam erhellt sich mir die Problematik. Vielen lieben Dank für die Beiträge. Herr Maurer, ihre Videos finden sich bei mir im Browser bei den Favoriten direkt unter den alten Alpha Centauri Sendungen mit Harald Lesch.. nochmal ein großes Lob an Sie diese komplexen Vorgänge einer breiten Allgemeinheit so toll zugänglich zu machen.
Der Anstoß meiner Überlegung war der folgende Abschnitt aus einem Paper zu den Kreiselphänomenen von H. Joachim Schlichting, wo er schreibt:
Die Präzessionsbewegung erfordert natürlich zu-
sätzlich Energie. Sie wird dadurch aufgebracht,
daß der Kreisel den Präzessionswinkel vergrößert
und dadurch potentielle Energie verfügbar
macht. Die Verlangsamung der Drehgeschwin-
digkeit des Kreisels u.a. aufgrund der Reibung
der Kreiselspitze mit der Unterlage muss also nicht
von einer Verkleinerung der Präzessions-
geschwindigkeit begleitet sein, sondern bedingt
eine ständige Vergrößerung des Präzessionswin-
kels, bis der Kreisel auf den Boden aufsetzt. Un-
ter dem Einfluß von Reibungseffekten nähert sich
die Kreiselachse dann doch allmählich der Erde
Hier war meine Überlegung woher die pot. Energie beispielsweise bei der Erdpräzession herkommen soll... |
|
|
TomS Moderator
Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 18111
|
TomS Verfasst am: 05. März 2019 00:24 Titel: |
|
|
Kloppo hat Folgendes geschrieben: | Hier war meine Überlegung woher die pot. Energie beispielsweise bei der Erdpräzession herkommen soll... |
In diesem Falle liegt ein kräftefreier Kreisel ohne potentielle Energie vor. _________________ Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago. |
|
|
Kloppo Gast
|
Kloppo Verfasst am: 05. März 2019 11:06 Titel: |
|
|
Danke Tom. So in etwa hab ich es glaub ich kapiert. Ein schwerer Kreisel der schräg steht und auf den die Schwerkraft als Drehmoment wirkt macht potenzielle Energie über den Öffnungswinkel verfügbar und ein Planet ist ja in der Regel kräftefrei. Nur eines ist mir immer noch etwas schleierhaft... Wenn jetzt die Sonne ein Drehmoment auf die Erde ausübt, dann präzessiert die Erde ja auch, macht also auch diese Ausweichbewegung. Und generell kommt hierdurch doch eine Wegkomponente zu der Drehung hinzu. Muss nicht auch hier Energie umgewandelt oder verfügbar gemacht werden? |
|
|
TomS Moderator
Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 18111
|
TomS Verfasst am: 05. März 2019 11:38 Titel: |
|
|
Kloppo hat Folgendes geschrieben: | Wenn jetzt die Sonne ein Drehmoment auf die Erde ausübt ... muss nicht auch hier Energie umgewandelt oder verfügbar gemacht werden? |
Wenn du zusätzlich den Einfluss der Gravitation der Sonne betrachten möchtest, dann liegt natürlich wieder ein schwerer Kreisel vor. Demzufolge erfolgt eine Umwandlung von kinetischer in potentielle Energie und umgekehrt.
(dabei sollte man in erster Näherung die Sonne als unendlich schwer, das Gravitationspotential demnach als statisch und entlang der fast kreisförmigen Bahn als konstant betrachten) _________________ Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago. |
|
|
Kloppo Gast
|
Kloppo Verfasst am: 05. März 2019 12:16 Titel: |
|
|
Könnte man schlussfolgern, dass hierdurch auch die Rotationsgeschwindigkeit der Erde abnimmt? |
|
|
TomS Moderator
Anmeldungsdatum: 20.03.2009 Beiträge: 18111
|
TomS Verfasst am: 05. März 2019 12:42 Titel: |
|
|
Kloppo hat Folgendes geschrieben: | Könnte man schlussfolgern, dass hierdurch auch die Rotationsgeschwindigkeit der Erde abnimmt? |
In erster Näherung sicher nicht. Bei einem schweren Kreisel nehmen Rotationsgeschwindigkeit und damit Rotationsenergie und Drehimpuls auch nur ab, wenn Reibung vorliegt.
Im Falle von Planeten und Monden verhält es sich so, dass die Reibung der Ozeane sowie des (teilweise flüssigen) Gesteins im Inneren des Körpers die Energie aus der Rotation aufnimmt und diese bremst. Das wäre im Falle des Systems Erde - Sonne ebenfalls zu erwarten.
Ohne Reibung würde zwar ein Energieaustausch zwischen den beteiligten Körpern stattfinden, im Mittel würde jedoch die Energie eines einzelnen Körpers erhalten bleiben. _________________ Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago. |
|
|
Kloppo Gast
|
Kloppo Verfasst am: 05. März 2019 13:49 Titel: |
|
|
Vielen lieben Dank
Keine Fragen mehr |
|
|
|