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Frage zum Siedevorgang von Wasser (Dampfdruck)
 
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Wassermann1
Gast





Beitrag Wassermann1 Verfasst am: 13. Nov 2017 11:35    Titel: Frage zum Siedevorgang von Wasser (Dampfdruck) Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Liebes Forum,

mir fehlt gewissermaßen das Verständnis für das Sieden von Wasser. Zunächst eine kleine Heranführung, damit jeder weiß was ich genau meine: Der Dampfdruck in einem Gefäß ist der Druck, den verdampfte Wassermoleküle in der Gasphase über der Flüssigkeit auf die Gefäßwände verüben. Dabei sei im Ausgangszustand die 'Gasphase' Vakuum, die sich dann nur mit verdampfenden Wassermolekülen füllt. (Der Partialdruck durch Wasserdampf ist also der Gesamtdruck in der Gasphase). Der Maximaldruck, sprich wenn die Aufnahmekapazität der Gasphase erschöpft ist, heißt Sättigungsdampfdruck. Es herrscht Gleichgewicht, da genauso viele Teilchen in Gas gehen wie das Gas wieder verlassen. Je höher die Temperatur des Zweiphasensystems, desto größer die maximale Aufnahmekapazizät (Sättigungsdampfdruck) des Gefäßes.

Nun zu meinem Problem:
Laut allen möglichen Seiten und Literatur siedet Wasser genau dann, wenn der Sättigungsdampfdruck (!) den Umgebungsdruck erreicht/übersteigt. (Ich zitiere das Physiklehrbuch von C. Douglas: "Wenn die Temperatur bis zu dem Punkt erhöht wird, an dem der Sättigungsdampfdruck den äußeren Druck erreicht, tritt Sieden ein." oder Wikipedia: "Fällt bei rascher Erhitzung der Gesamtdruck unter den Sättigungsdampfdruck einer Komponente, so beginnt diese zu sieden."). Das ist beim geschlossenen Behälter vorstellbar, da sich ja ein Sättigungsdampfdruck bei bestimmter Temperatur tatsächlich (!) einstellt. Hier kann durch das abgeschlossene Behältnis die Gasphase gesättigt sein.
ABER: Sieden findet ja auch in der Küche im nach oben geöffneten (!) Kochtopf statt, sodass sich eine Sättigung der überlagernden Luft ja nicht einstellen kann. Der Dampf breitet sich ja aus. Darum kann also der Sättigungsdampfdruck gar nicht erreicht werden, sondern nur 'virtuell' als potentieller Wert (in gedachtem geschlossenem System) vorliegen.
Muss also dieser 'potentielle, aber tatsächlich nicht präsente' Sättigungsdampfdruck den Außendruck erreichen? Denn nur das wäre ja definitionsgemäß. Allerdings ist es nicht sehr zufriedenstellend mit dem 'potentiell möglichen' zu argumentieren, weil dieses ja nicht vorliegt.
Oder ist es vielmehr so, dass der tatsächliche momentane Dampfdruck (also nicht der Sättigungsdampfdruck)den Außendruck erreichen muss, damit Sieden stattfindet? Das wäre ja nicht definitionsgemäß, aber besser vorstellbar, da nicht mit dem Potentiellen, sondern mit dem Vorhandenen argumentiert wird.

Meine Ideen:
Meine Ideen stehen bereits oben und sind das Ergebnis von Recherche.
Ich habe Beiträge mit demselben Gedanken in englischen Foren gelesen, konnte mir aber nichts klärendes draus nehmen.


Freue mich über jede Antwort
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5888

Beitrag Myon Verfasst am: 13. Nov 2017 13:02    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, es ist wie Du schreibst. Bei 100 Grad Celsius erreicht der Sättigungsdampfdruck von Wasser 1 bar, also den Gesamtdruck über der Flüssigkeitsoberfläche. Das Wasser beginnt zu sieden. Da der Wasserdampfpartialdruck über dem Wasser aber geringer ist als der Sättigungsdampfdruck (oder gleichbedeutend: da die Luftfeuchtigkeit unter 100% bleibt), stellt sich gar nie ein thermodynamisches Gleichgewicht ein, und alles Wasser verdampft.

Das Wasser verdampft („verdunstet“) jedoch schon bei viel tieferen Temperaturen, da auch da der Sättigungsdampfdruck normalerweise höher ist als der Wasserdampfpartialdruck in der Luft.
Wassermann1
Gast





Beitrag Wassermann1 Verfasst am: 13. Nov 2017 13:18    Titel: Antworten mit Zitat

Myon, ich danke dir für die Antwort.
Aber wäre das nicht bei 90 Grad dieselbe Situation? Auch hier würde ja das Wasser genauso verdampfen, ohne dass sich ein Gleichgewichtszustand einstellen wird. Hier findet ja genauso eine Dampfausbreitung in der Luft statt, und damit eben kein Erreichen des Sättigungsdampfdruckes. Auch hier wäre dann eine Verdunstung ohne Begrenzungseffekt denkbar (bis das Wasser weg ist).

Darum kann das doch kein Kriterium sein, um Sieden zu definieren.
Es ist ja egal, ob das Wasser bei 90 ° C oder bei 100 ° C nicht den Sättigungsdampfdruck erreicht.


Bitte um Klärung.
Wassermann1
Gast





Beitrag Wassermann1 Verfasst am: 13. Nov 2017 13:22    Titel: Antworten mit Zitat

Sorry für den Doppelpost, aber ich will vielmehr an die ursprüngliche Frage erinnern: Wenn der Sättigungsdampfdruck über offenen Gefäßen nicht erreicht werden kann, warum siedet dann das Wasser im offenen Kochtopf?
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5888

Beitrag Myon Verfasst am: 13. Nov 2017 15:33    Titel: Antworten mit Zitat

Wassermann1 hat Folgendes geschrieben:
Myon, ich danke dir für die Antwort.
Aber wäre das nicht bei 90 Grad dieselbe Situation? Auch hier würde ja das Wasser genauso verdampfen, ohne dass sich ein Gleichgewichtszustand einstellen wird. Hier findet ja genauso eine Dampfausbreitung in der Luft statt, und damit eben kein Erreichen des Sättigungsdampfdruckes. Auch hier wäre dann eine Verdunstung ohne Begrenzungseffekt denkbar (bis das Wasser weg ist).


Das tut das Wasser auch. Bei 90 Grad (oder immer dann, wenn die Luft über der Flüssigkeit nicht gesättigt ist) verdunstet (=langsames Verdampfen) das Wasser, bis alles gasförmig ist. Bei 100 Grad hingegen überschreitet der Sättigungsdampfdruck den Gesamtdruck über der Wasseroberfläche, und es kommt zum Sieden. In höheren Lagen, d.h. bei tieferem Gesamtdruck, siedet das Wasser schon entsprechend vorher. Im Unterschied zum Verdunsten können sich beim Sieden im ganzen Flüssigkeitsvolumen Dampfblasen bilden.

Der Sättigungsdampfdruck ist der Druck, der sich im thermodynamischen Gleichgewicht über einer Flüssigkeit einstellt. Im Mittel gehen dann ebensoviele Moleküle vom flüssigen in den gasförmigen Zustand über wie umgekehrt. Er ist eine feste Funktion von der Temperatur. Bei der mit Wasser gefüllten Pfanne hat der Sättigungsdampfdruck nichts mit dem tatsächlichen Wasserdampfpartialdruck in der Luft zu tun, da sich gar kein thermodynamisches Gleichgewicht einstellt.
Wassermann1
Gast





Beitrag Wassermann1 Verfasst am: 13. Nov 2017 17:17    Titel: Antworten mit Zitat

@Myon

Danke erneut für die Antwort.
Ich nehme das mal so hin, auch wenn es mir nicht sehr intuitiv erscheint.
Das heißt also es spielt vielmehr der für eine bestimmte Temperatur definierte 'potentielle maximale Dampfdruck' eine Rolle, und nicht der tatsächliche Dampfdruck, der den maximalen nicht erreicht. Der tatsächliche Dampfdruck ist also egal.

Hoffe ich habe das richtig aufgefasst, wenn ja dann wäre eine Bestätigung sehr nett.


Vielen Dank!
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5888

Beitrag Myon Verfasst am: 13. Nov 2017 17:34    Titel: Antworten mit Zitat

Ich würde hier nicht vom „tatsächlichen Dampfdruck“ sprechen, sondern vom Wasserdampfpartialdruck. Solange dieser unter dem Sättigungsdampfdruck liegt, besteht keln Gleichgewicht und es verdampft Flüssigkeit. Erreicht der Wasserdampfpartialdruck den Sättigungsdampfdruck, erreicht also die relative Luftfeuchtigkeit 100%, stellt sich zwischen Flüssigkeits- und Gasphase ein Gleichgewicht ein.

Wenn auch der Gesamtdruck oberhalb der Flüssigkeit unter dem Sättigungsdampfdruck liegt, siedet die Flüssigkeit.
Wassermann1
Gast





Beitrag Wassermann1 Verfasst am: 13. Nov 2017 18:22    Titel: Antworten mit Zitat

@Myon

Ich dachte wir wären uns insofern einig gewesen, dass der Wasserdampfpartialdruck den Sättigungswasserdampfdruck nicht erreichen wird aufgrund der Dispersion . Deshalb doch die relative Luftfeuchte nicht 100 % betragen oder etwa doch? Wenn ja wie? Die Dispersion lässt das doch gar nicht zu?
Wassermann1
Gast





Beitrag Wassermann1 Verfasst am: 13. Nov 2017 18:28    Titel: Antworten mit Zitat

Also es gibt doch immer Ausgleich durch die benachbarte Luft. Der Dampf strömt doch davon, oder nicht? Oder hat man eine gesättigte 'Dampfphase' knapp oberhalb des Wassers im Topf, wo praktisch 100 Prozent Luftfeuchte herrscht?
Sollte das so sein, dann würde Wasser also nicht sieden, würde ein permanentes Lüftchen über die Oberfläche wehen?
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5888

Beitrag Myon Verfasst am: 13. Nov 2017 18:57    Titel: Antworten mit Zitat

Wassermann1 hat Folgendes geschrieben:
Ich dachte wir wären uns insofern einig gewesen, dass der Wasserdampfpartialdruck den Sättigungswasserdampfdruck nicht erreichen wird aufgrund der Dispersion . Deshalb doch die relative Luftfeuchte nicht 100 % betragen oder etwa doch?

Ja, genau. Hmm. Ich hab doch nichts anderes geschrieben? Solange die Luft nicht gesättigt ist, verdampft Wasser. Ist die Luft gesättigt, hat sich ein Gleichgewicht zwischen Flüssigkeit- und Gasphase eingestellt.

Das Sieden ist nicht abhängig davon, ob der Dampf durch Konvektion oder was auch immer abgeführt wird, sondern nur davon, ob der Sättigungsdampfdruck höher ist als der Gesamtdruck über der Flüssigkeit.
Wassermann1
Gast





Beitrag Wassermann1 Verfasst am: 13. Nov 2017 19:42    Titel: Antworten mit Zitat

Also fasse ich nochmal zusammen:

- Bei 100 Grad erreicht, oder besser gesagt übersteigt der Sättigungsdampfdruck den Atmosphärendruck von 1 bar und das Wasser siedet.

-Dabei ist der Partialwasserdampfdruck über der Flüssigphase ausschließlich kleiner als der Sättigungsdampfdruck, d.h. die relative Luftfeuchte ist permanent unter 100 %

-Dem Siedeprozess ist der Partialwasserdampfdruck egal.



stimmts so? @Myon
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5888

Beitrag Myon Verfasst am: 13. Nov 2017 21:03    Titel: Antworten mit Zitat

Wassermann1 hat Folgendes geschrieben:
Bei 100 Grad erreicht, oder besser gesagt übersteigt der Sättigungsdampfdruck den Atmosphärendruck von 1 bar und das Wasser siedet.

Richtig.

Zitat:
Dabei ist der Partialwasserdampfdruck über der Flüssigphase ausschließlich kleiner als der Sättigungsdampfdruck, d.h. die relative Luftfeuchte ist permanent unter 100 %

Das ist richtig, aber eigentlich ohnehin klar. Kommt es zum Sieden, so kann die Luft unmöglich gesättigt sein, denn der Gesamtdruck ist ja stets mindestens so hoch wie der Wasserdampfpartialdruck - bei Anwesenheit von weiteren Gasen ist er höher.

Zitat:
Dem Siedeprozess ist der Partialwasserdampfdruck egal.

Naja, wie oben gesagt, der Wasserdampfpartialdruck ist sicher kleiner als der Sättigungsdampfdruck, wenn die Flüssigkeit siedet.

Nochmals systematisch mit =Wasserdampfpartialdruck, =Gesamtdruck, =Sättigungsdampfdruck

Es gilt stets

Fall :
Wasser verdunstet, aber es siedet nicht.

Fall :
Thermodynamisches Gleichgewicht. Wasservolumen bleibt konstant. Pro Zeiteinheit wechseln ebensoviele Moleküle von der Flüssigkeits- in die Gasphase wie umgekehrt.

Fall :
Die Flüssigkeit siedet.
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