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Langsamer laufende Uhren im Flugzeug
 
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jaydabblju
Gast





Beitrag jaydabblju Verfasst am: 08. Mai 2016 21:18    Titel: Langsamer laufende Uhren im Flugzeug Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hallo Profis...
Es gab doch (in den 60er glaub ich) mal ein Experiment, in dem eine Atomuhr in ein Flugzeug gesetzt wurde, dieses einmal um die Erde flog, und nach der Landung die Atomuhr im Flugzeug mit einer Atomuhr am Boden verglichen wurde. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Zeit im Flugzeug langsamer verging als die Zeit am Boden, da sich das Flugzeug relativ zum Boden bewegt hat. Soweit so gut - Relativität halt - is ja nix neues.
Was ich mich jetzt aber frage ist, wieso die Uhr am Boden nicht langsamer lief. Die Uhr am Boden hat sich doch relativ zum Flugzeug auch bewegt. Also warum verging ausgerechnet im Flugzeug die Zeit langsamer.
Wo ist da jetzt mein Denkfehler?

Meine Ideen:
Leider habe ich keine Ideen. Im Gegenteil - zum Einen läuft die Uhr im Flugzeug langsamer, weil sie sich relativ zum Boden bewegt. Andererseits läuft die Uhr am Boden langsamer, weil sie sich relativ zum Flugzeug bewegt. Beides gleichzeitig geht aber nicht.
Ich



Anmeldungsdatum: 11.05.2006
Beiträge: 913
Wohnort: Mintraching

Beitrag Ich Verfasst am: 08. Mai 2016 21:49    Titel: Antworten mit Zitat

Das Stichwort ist Inertialsystem. Diese Relativität gilit zwischen Inertialsystemen, also bei geradlinig gleichförmiger Bewegung. Das trifft in dem Experiment näherungsweise eigentlich nur für den Erdkern zu, alle anderen Beobschter bewegen sich relativ dazu auf Kreisbahnen.

Dann gilt als Merkformel: es vergeht am meisten Zeit für den Beobachter, der sich relativ zu einem Inertialsystem am wenigsten bewegt. In besagtem Experiment wäre das das Flugzeug, das nach Osten fliegt. Die Erdoberfläche bewegt sich mehr, das andere Flugzeug noch mehr.
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3405

Beitrag ML Verfasst am: 08. Mai 2016 22:01    Titel: Re: Langsamer laufende Uhren im Flugzeug Antworten mit Zitat

Hallo,

jaydabblju hat Folgendes geschrieben:

Leider habe ich keine Ideen. Im Gegenteil - zum Einen läuft die Uhr im Flugzeug langsamer, weil sie sich relativ zum Boden bewegt. Andererseits läuft die Uhr am Boden langsamer, weil sie sich relativ zum Flugzeug bewegt. Beides gleichzeitig geht aber nicht.

Das Uhrenparadoxon ist hier unter Kap. 3.2.2 behandelt:
http://itp1.uni-stuttgart.de/lehre/vorlesungen/rela2/ss2011/SRT.pdf
Der Knackpunkt ist m. E., dass die Frage, welche Uhr schneller ist, vom Bezugssystem abhängig ist. Da Du Dich im Erdsystem befindest, beobachtest Du auch nur das, was aus Sicht des Erdsystems zutrifft.

Viele Grüße
Michael
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Mai 2016 22:02    Titel: Antworten mit Zitat

Es handelt sich um das sog. Hafele-Keating-Experiment. Die Analyse ist etwas tricky, da man zum einen vier Uhren betrachten muss, und da zum anderen zwei gegensätzliche Effekten mischen.

Man analysiert das Experiment in Schwarzschild-Koordinaten; die Zeitkoordinate entspricht der Eigenzeit einer gedachten, im Unendlichen ruhenden Uhr. Dann liegen drei reale Uhren vor, nämlich
i) eine am Boden, die jedoch nicht ruht sondern mit der Erdrotation mitrotiert (1x in 24h ca. 40000km Erdumfang)
ii) eine an Bord eines Flugzeuges, das sich in Richtung der Erdrotation mit seiner Reisegeschwindigkeit bewegt, sowie
iii) eine an Bord eines zweiten Flugzeuges, das sich entgegen der Richtung der Erdrotation mit seiner Reisegeschwindigkeit bewegt.
Damit liegen auch drei unterschiedliche Geschwindigkeiten vor. Die größeren Geschwindigkeiten der Flugzeuge verglichen mit der Uhr am Boden führen zu einer Verlangsamung des Gangs der Uhren im Flugzeug.
Zuletzt befinden sich die Uhren an Bord der Flugzeuge noch in einer größeren Höhe, so dass dort das "Gravitationspotential" geringer ist. Die geringere Gravitation führt nun jedoch zu einem schnelleren Gang der Uhren der Uhren im Flugzeug.

Man kann diese beiden Effekte der unterschiedlichen Geschwindigkeiten sowie des Unterschieds im Gravitationspotential aus den Gesetzen der ART herauspräparieren und erhält Vorhersagen, die experimentell sehr gut bestätigt sind (heute u.a. mittels GPS-Satelliten statt Flugzeugen).

Die relevante Mathematik dazu findet man hier:
http://www.physikerboard.de/topic,37752,-faq---zeitdilatation-und-zwillingsparadoxon.html
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Mai 2016 22:11    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:
Das Uhrenparadoxon ist hier unter Kap. 3.2.2 behandelt:
http://itp1.uni-stuttgart.de/lehre/vorlesungen/rela2/ss2011/SRT.pdf

Die Analyse des Uhrenparadoxons für die SRT und bei geradliniger Bewegung ist im vorliegenden Fall nicht ausreichend. Betrachtet man nämlich zwei gleich schnell jedoch entgegengesetzt kreisende Uhren im Weltall (= ohne Rotation eines Planeten und ohne Gravitation), so weisen beide bei einer erneuten Begegnung tatsächlich keinen Gangunterschied auf.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
jaydabblju
Gast





Beitrag jaydabblju Verfasst am: 08. Mai 2016 22:29    Titel: Antworten mit Zitat

Also darf ich nicht nur die Uhren allein betrachten?

Wie ist das mit zwei sich geradlinig bewegenden Systemen? Bspw. zwei Raumschiffe die sich relativ zueinander bewegen? Weit draußen im Weltall - weit ab von Planeten oder anderen "Gravitaionsquellen". Sie gleichen ihre Uhren ab, eins fliegt los und kommt irgendwann wieder. Bewegt sich dann nicht auch jedes der Raumschiffe relativ zum anderen und müsste nicht jedes der Raumschiffe feststellen, dass die Uhren beim jeweils anderen langsamer liefen?

P.S. Falls es hier eine Art FAQ-Seit gibt in der das bereits alles erklärt ist (ich werd wohl kaum der erste sein, der sich diese Fragen stellt), wäre es nett, wenn man mir sie mitteilt. :-)
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Mai 2016 22:41    Titel: Antworten mit Zitat

jaydabblju hat Folgendes geschrieben:
Also darf ich nicht nur die Uhren allein betrachten?

Was meinst du genau damit?

Du musst im Rahmen der SRT die Weltlinien der Uhren durch die Raumzeit betrachten, d.h. insbs. ihre Geschwindigkeiten auf ihrer jeweiligen Reise.

Wenn außerdem die Gravitation ins Spiel kommt, dann musst du die ART und dabei die im Bereich der Reiserouten herrschenden Gravitationsfelder berücksichtigen.

jaydabblju hat Folgendes geschrieben:
Wie ist das mit zwei sich geradlinig bewegenden Systemen? Bspw. zwei Raumschiffe die sich relativ zueinander bewegen?

Das ist ein bisschen hypothetisch, denn wenn sich diese Raumschiffe nur einmal treffen, dann können sie auch ihre Uhren nur einmal vergleichen. Du musst entweder zusätzlich Lichtsignale mit Zeitinformationen austauschen, oder du stellst dir den Weltraum dicht mit relativ zueinander ruhenden Uhren durchsetzt vor.

jaydabblju hat Folgendes geschrieben:
Sie gleichen ihre Uhren ab, eins fliegt los und kommt irgendwann wieder.

Dann ist mindestens ein Raumschiff nicht geradlinig bewegt, da es ja umkehrt.

jaydabblju hat Folgendes geschrieben:
Bewegt sich dann nicht auch jedes der Raumschiffe relativ zum anderen und müsste nicht jedes der Raumschiffe feststellen, dass die Uhren beim jeweils anderen langsamer liefen?

Bei geradliniger Bewegung ist das so. Und bei gegengleicher, gleich schneller Kreisbahn ist das auch so, und es tritt dann auch keine Zeitdilatation auf.

Lies mal ein bisschen in dem FAQ-Beitrag. Ist ein bisschen viel Mathe, dafür werden keine Halbwahrheiten erzählt.

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Gast





Beitrag [email protected] Verfasst am: 23. Dez 2023 11:48    Titel: Zeitdilatation der speziellen RT Antworten mit Zitat

Das Problem, das Kritiker mit ihrer Stellungnahme an der Speziellen Relativitätstheorie in der Regel deutlich machen, ist, sie vergessen, eine relative Geschwindigkeit geht immer zuvor mit einer Beschleunigung einher. Die Symmetrie ist damit aufgehoben, wenn man sich fragt, welche Uhr, ist nun beschleunigt worden! Wenn ich die Antwort nicht kenne, kann ich auch nicht kritisieren. (siehe Hafele Keating Experiment 1971, research gate)
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 23. Dez 2023 12:05    Titel: Antworten mit Zitat

Die Beschleunigung



ist irrelevant.

In sämtliche Gleichungen geht ausschließlich die momentane Geschwindigkeit v(t) ein, und diese kann beschleunigt sein – siehe verlinkter FAQ-Beitrag.

[email protected] hat Folgendes geschrieben:
Das Problem, das Kritiker mit ihrer Stellungnahme an der Speziellen Relativitätstheorie in der Regel deutlich machen, ist, sie vergessen, eine relative Geschwindigkeit geht immer zuvor mit einer Beschleunigung einher. Die Symmetrie ist damit aufgehoben, wenn man sich fragt, welche Uhr, ist nun beschleunigt worden! Wenn ich die Antwort nicht kenne, kann ich auch nicht kritisieren. (siehe Hafele Keating Experiment 1971, research gate)

Wollen wir jetzt ernsthaft diskutieren, welche Probleme Kritiker der RT haben – außer dass sie üblicherweise etwas kritisieren, von dem sie nicht den Hauch einer Ahnung haben?

Das Symmetrie-Argument scheint in einfachen Fällen ok, bei Uhren in Flugzeugen ist es jedoch unzureichend, da alle beteiligten Uhren beschleunigt sind, d.h. nirgendwo Symmetrie vorliegt, und da sich verschiedene Effekte mit unterschiedlichen Vorzeichen überlagern. Deswegen mag ich das Symmetrie-Argument nicht; es suggeriert falsches Verständnis. Man muss es halt ausrechnen – oder schweigen.

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Kurt



Anmeldungsdatum: 20.06.2021
Beiträge: 751
Wohnort: Bayern

Beitrag Kurt Verfasst am: 23. Dez 2023 17:29    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Deswegen mag ich das Symmetrie-Argument nicht; es suggeriert falsches Verständnis. Man muss es halt ausrechnen – oder schweigen.

Man kann natürlich auch mit den Kritikern" gemeinsam die Umstände betrachten und aus den Messwerten dann den richtigen Schluss ziehen.

Kurt
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