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schnudl Moderator
Anmeldungsdatum: 15.11.2005 Beiträge: 6979 Wohnort: Wien
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schnudl Verfasst am: 22. März 2015 10:47 Titel: FAQ - Transformator und seine Modellierung |
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Transformatoren bestehen im einfachsten Fall aus zwei Wicklungen, die (z.B. über einen gemeinsamen Kern) untereinander magnetisch verkoppelt sind. Was dies konkret bedeutet, und wie sich daraus eine quantitativ weitgehend korrekte Modellierung ergibt, soll hier kurz ausgeführt werden. Gewohnheitsbedingt verwende ich für zeitabhängige Größen übrigens Kleinbuchstaben.
Lässt man zunächst nur einen Strom i1 durch die Primärwicklung (1) fließen, während die Sekundärseite (2) offen bleibt (also i2=0), so kann man den dabei auftretenden Wicklungs-Fluss über den Begriff der Induktivität beschreiben:
bzw.
Dies ist der Fluss durch die Primärspule, welcher aufgrund des Primärstroms i1 veruracht wird. L1 ist dabei die Induktivität der Primärspule, also die sog. "Primärinduktivität".
Aufgrund der magnetischen Kopplung (i.A. über den gemeinsamen Kern) gelangt nun zumindest ein Teil dieses Flusses in die Sekundärspule. Dies beschreibt man zweckmäßig durch die Gegeninduktivität M(2,1), wonach der durch i1 hervorgerufen Fluss in der Sekundärspule proportional zum Primärstrom ist:
Als primären Koppelfaktor k1 definiert man weiter das Verhältnis
Bei ideal gekoppelten Spulen wird dieser Faktor eins. In der Realität wird aber immer ein Teil des erzeugten Primärflusses an der Sekundärwicklung vorbei gehen (Streufluss), wodurch die Kopplung i.A. kleiner als eins ist.
Nun können wir diese Überlegungen auch für die Sekundärseite anschreiben:
Man kann zeigen, dass die Gegeninduktiviäten zweier Spulen für beide Richtungen bemerkenswerterweise gleich sind, also
gilt.
Man sieht aus den Definitionen dann auch, dass sich M aus den Kopplungsfaktoren von Primär- und Sekundärinduktivität ergibt:
Damit haben wir für die Gesamtflüsse
die Beziehungen
Die zeitliche Ableitung dieser Ausdrücke für den Fluss kann man im Induktionsgesetz anwenden: Dieses besagt, dass die Änderungsrate des Gesamtflusses mal Windungszahl gleich der induzierten Spannung an der Spule ist. Hier haben wir zwei Ausdrücke für Primär- und Sekundärseite:
Wenn man schließlich noch berücksichtigt, dass die Spulen auch einen Ohm'schen Widerstand besitzen landet man bei einem Gleichungssystem
welches die Vorgänge rund um den Transformator für viele praktische Fälle hinreichend genau beschreibt. Man kann sich auch leicht überlegen, dass diese Gleichungen völlig äquivalent zu einem Ersatzschaltbild sind, welches in der Praxis oft zur konkreten Modellierung herangezogen wird (siehe Bild).
Bei diesem physikalischen Ersatzschaltbild können für L1-M bzw. L2-M jedoch negative Werte auftreten. Dies stört für Rechnungen zwar keineswegs, ist aber u.U. ungewohnt. Deshalb kann man die Gleichungen noch einer Transformation unterziehen, wo Strom und Spannung der Sekundärseite auf die Primärseite umgerechnet werden. Das soll aber in Teil 2 gezeigt werden, wo es um das technische Ersatzschaltbild gehen soll.
Achtung: Das hier hergeleitete Ersatzschaltbild deckt aber bei Weitem nicht alle Vorgänge im Transformator ab: Beispielsweise werden Nichtlinearitäten der Magnetisierungskennlinie und Hystereseverluste dabei noch nicht berücksichtigt.
Spezialfall "Idealer Trafo":
Wenn man
1) annimmt dass die Induktivitäten L1 und L2 proportional zu den Quadraten der Windungszahlen N1 und N2 sind,
2) ideale Kopplung voraussetzt
3) das M sehr groß werden lässt und
4) die Wicklungswiderstände vernachlässigt
kann man leicht demonstrieren, dass sich die bekannten Trafo-Gleichungen ergeben:
und
Diese "schulmäßige" Darstellung ist aber natürlich eine ganz grobe Idealisierung, die in der Praxis zwar manchmal, aber oft auch nicht ausreicht.
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Zuletzt bearbeitet von schnudl am 27. Apr 2015 19:30, insgesamt 7-mal bearbeitet |
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schnudl Moderator
Anmeldungsdatum: 15.11.2005 Beiträge: 6979 Wohnort: Wien
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schnudl Verfasst am: 22. März 2015 22:21 Titel: |
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Teil 2: Technisches Ersatzschaltbild
Um negative Induktivitäten (siehe oben) zu vermeiden, kann man u2 und i2 folgendermaßen transformieren:
und
Dabei sei eine zunächst beliebe Zahl. Statt u2 und i2 werden nun die entsprechenden gestrichenen Größen verwendet und in die Trafogleichungen eingesetzt. Man erhält:
Das dem letzten Gleichungspaar entsprechende Ersatzschaltbild (Bild) ist eine Hintereinanderschaltung zweier Netzwerke, von denen das erste den Übergang von (u1, i1) auf (u2', i2') modelliert, das zweite den Übergang (u2', i2') auf (u2, i2) vornimmt, und somit die Transformation über rückgängig macht. Letzteres entspricht dem Verhalten eines idealen Übertragers mit dem Übersetzungsverhältnis .
Es ist sinnvoll
zu setzen. Dann wird
und
Warum macht das Sinn?
Bei idealer Kopplung (k1=k2=1) bleiben in den Längspfaden nur die Wicklungswiderstände der Spulen. Da sich L1 und L2 dann auch wie die Quadrate der Windungszahlen verhalten, ergibt sich
Das zunächst willkürlich angenommene Übersetzungsverhältnis ist also bei dieser Wahl genau das Übersetzungsverhältnis unseres Transformators!
Bei nicht idealer Kopplung sind die Induktivitäten im Längspfad ungleich Null, aber positiv - sie werden als primäre bzw. sekundäre Streuinduktivitäten bezeichnet, und tragen dem Verlust von magnetischem Fluß im Zuge der Übertragung von der Primär- auf die Sekundärseite Rechnung.
Die Induktivität im Querpfad wird als Hauptinduktivität bezeichnet und ist immer vorhanden, also auch bei idealer Kopplung. Der Strom durch diese Hauptinduktivität wird als Magnetisierungsstrom bezeichnet.
Man sieht insbesondere, dass selbst in einem sekundär leerlaufenden Trafo mit Koppelfaktor=1 immer ein primärer Magnetisierungsstrom fließt, der den für die Primärspannung erforderlichen Fluss aufbaut.
Schließt man sekundär einen Verbraucher an, kommt primär noch der mit dem Übersetzngsverhältnis multiplizierte Laststrom hinzu. Oft kann man den Magnetisierungsstrom gegenüber letzterem vernachlässigen: Dann hat man das Verhalten eines idealen Trafos, was man auch daran erkennt,
dass im Ersatzschaltbild nur noch der ideale Übertrager (mit den ohm'schen Widerständen) übrig bleibt.
Zusammengefasst:
Das ESB eines realen Transformators besteht aus
1) Streuinduktivitäten
2) Ohm'schen Widerständen
3) Hauptinduktivität
4) Idealer Übertrager
Mit diesem Modell werden technische Berechnungen üblicherweise durchgeführt - egal ob diese nun im Zeitbereich (t) oder im Frequenzbereich () erfolgen.
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