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flar19



Anmeldungsdatum: 13.01.2021
Beiträge: 10

Beitrag flar19 Verfasst am: 20. Jan 2021 17:51    Titel: Quasare Antworten mit Zitat

Ich habe gelesen, dass das Licht dieser Radioquellen extrem rotverschoben ist und dass diese Rotverschiebung durch die kosmologische Entfernung zurückgeführt wird. Könnte es nicht auch sein, dass das abgestrahlte Licht dem Schwerefeld des vermeintlich dichten Sterns (Schwarzes Loch) entkommen muss?
flar19



Anmeldungsdatum: 13.01.2021
Beiträge: 10

Beitrag flar19 Verfasst am: 21. Jan 2021 11:55    Titel: Quasare Antworten mit Zitat

Hallo,

kann mir keiner etwas dazu sagen, warum es ausgeschlossen wird, dass die Rotverschiebung des Quasar-Lichtes gravitativ verursacht wird und deshalb kosmologisch begründet werden muss?

Viele Grüße,

Ralf
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 21. Jan 2021 12:18    Titel: Antworten mit Zitat

Das Licht wird sicher durch beides beeinflusst, allerdings in unterschiedlichem Maße.

Die kosmologische Rotverschiebung z nimmt mit wachsender Entfernung d zu, die gravitative nicht; sie hängt lediglich von der Masse M des Objektes ab sowie insbs. davon, in welchem Abstand r vom Gravitationszentrum die Strahlung entsteht.

D.h. man müsste diese beiden Erklärungsansätze vergleichen. In beiden Fällen gehen mehrere Parameter in die Rotverschiebung z ein: Masse und Abstand, Expansion in Abhängigkeit von der Entfernung, darüber auch die kosmologische Konstante ...

Ich vermute (!), dass der Mechanismus der Quasare gut verstanden ist, und dass aufgrund der Größe des SLs die Strahlung in einem so großen Abstand vom Gravitationszentrum entsteht, dass die Gravitation dort wiederum so gering ist, dass die gravitative Rotverschiebung keine Rolle spielt.

Ich kann das jedoch nicht sicher sagen, da ich die Physik der Quasare nicht gut genug kenne.

Zunächst mal darfst du trotzdem davon ausgehen, dass die Expansion und deren Entfernungsabhängigkeit gesichert ist; neben den Quasaren existierende weitere, unabhängige Indizien.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Füsik-Gast
Gast





Beitrag Füsik-Gast Verfasst am: 21. Jan 2021 12:19    Titel: Quasar Antworten mit Zitat

Nach meinem Wissen ist ein Teil der Rotverschiebung auch auf Schwerkrafteinflüsse der Strahlungsquelle,hier Quasare,zurück zu führen.
Dieser "gravitational redshift" wird schon länger bei der Untersuchung naher und ferner Objekte verwendet.
Die Rotverschiebung bei Quasaren ist aber in einer Größenordnung zu beobachten,die nicht allein durch die Schwerkraft,auch nicht eines Schwarzen Lochs,erklärt werden kann.
Da werden sich sicherlich noch die Astro-Experten hier kompententer zu äußern können.

Füsik-Gast.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 21. Jan 2021 12:19    Titel: Re: Quasare Antworten mit Zitat

flar19 hat Folgendes geschrieben:
kann mir keiner etwas dazu sagen, warum es ausgeschlossen wird, dass die Rotverschiebung des Quasar-Lichtes gravitativ verursacht wird und deshalb kosmologisch begründet werden muss?


Weil es nicht ausgeschlossen wird. Die Strahlung kommt aus der Nähe des Ereignishorizontes. Natürlich ist sie da gravitativ rotverschoben. Aber anscheinend genügt das nicht um die beobachtete Rotverschiebung zu erklären.
flar19



Anmeldungsdatum: 13.01.2021
Beiträge: 10

Beitrag flar19 Verfasst am: 21. Jan 2021 12:51    Titel: Quasare Antworten mit Zitat

Vielen Dank für die klaren Antworten. Ich habe mir da eine Überschlagsrechnung (Probleme der Physik, Aufgaben mit Lösungen aus Gerthsen/Kneser/Vogel Springer Verlag 1977, Aufgabe 15.4.6) angesehen. Dort wird bei einer angenommenen Emissionsdichte der Sonne und der Horizontfläche (Schwarzschild) auf die Strahlungsleistung geschlossen und über die scheinbare Helligkeit dann auf die Entfernung. Bei einem Schwarzen Loch (SL) von 10 Sonnenmassen kommt man dann auf die Größenordnung von einem Lichtjahr. Die Entfernung des SL wächst dann proportional zu seiner Masse. Soweit kann ich auch noch folgen. Dann nimmt der Autor diese Entfernung aber plötzlich als mittlere Entfernung für einen Quasar und argumentiert mit der Sternendichte: "Die Quasare würden dann eine größere mittlere Dichte der Galaxis liefern als die bekannten Sterne, deren Dichte mit der beobachteten Rotation der Galaxis zusammenpaßt." Bei diesem Satz bin ich ausgestiegen... Vielleicht kann mir jemand diesen Gedankengang verständlich machen?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 21. Jan 2021 13:31    Titel: Antworten mit Zitat

Also da bist nicht nur du ausgestiegen, sondern schon lange vorher die Autoren. Die Fragen, die du stellst, werden dir dort nicht beantwortet.

Für die gravitative Rotverschiebung z an einem nicht-rotierenden SL gilt



wobei r_S der Schwarzschildradius und



dem Radius bezeichnet, an dem die Strahlung emittiert wird.

Die Dopplerverschiebung aufgrund der rotierenden oder einfallenden Materie müsste man ebenfalls noch berücksichtigen.

Ich habe bisher kein wasserdichtes Argument gefunden, das auf einem genügend großen Emissionsradius basiert; lügt aber wohl am Suchenden ;-)

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 21. Jan 2021 13:41, insgesamt einmal bearbeitet
flar19



Anmeldungsdatum: 13.01.2021
Beiträge: 10

Beitrag flar19 Verfasst am: 21. Jan 2021 13:34    Titel: Quasare Antworten mit Zitat

Lieben Dank für die Antworten. Das baut mich wieder etwas auf smile
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 21. Jan 2021 15:16    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Für die gravitative Rotverschiebung z an einem nicht-rotierenden SL gilt



wobei r_S der Schwarzschildradius und



dem Radius bezeichnet, an dem die Strahlung emittiert wird.


Leider stecken in Quasaren aber schnell rotierende Schwarze Löcher und es ist wohl auch nicht ganz klar, wo die Strahlung emittiert wird. Im Wikepedia-Artikel zu Q0957+561 (https://de.wikipedia.org/wiki/Q0957%2B561) heißt es beispielsweise, dass der innere Rand der Akkretionsscheibe bei 2000 AE liegt, während der Schwarzschildradius nur rund 80 AE beträgt (wo könnte dann der äußere Ereignishorizont liegen?). Außerdem heißt es dort, "Dies steht im Widerspruch zur bisherigen Auffassung, [...] dass diese Akkretionsscheibe direkt am Ereignishorizont des Schwarzschildradius endet." Q0957+561 scheint zwar ein ziemlich exotisches Exemplar zu sein, aber es zeigt, dass Theorie und Praxis deutlich auseinander liegen können. Für die Rotverschiebung macht es jedenfalls einen gewaltigen Unterschied, ob die Strahlung direkt am Ereignishorizont oder bei 25 Schwarzschildradien emittiert wird.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 21. Jan 2021 15:56    Titel: Antworten mit Zitat

Alles richtig.

Die Schwarzschild-Lösung habe ich nur gewählt, da sie mathematisch überschaubar ist.

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 21. Jan 2021 16:03    Titel: Antworten mit Zitat

Das habe ich auf die Schnelle gefunden:

https://arxiv.org/abs/1609.01593
Decoding quasars: gravitationally redshifted spectral lines !
Nimisha G. Kantharia (National Centre for Radio Astrophysics, Tata Institute of Fundamental Research, Pune)
Further investigation of data on quasars, especially in the ultraviolet band, yields an amazingly coherent narrative which we present in this paper. Quasars are characterised by strong continuum emission and redshifted emission and absorption lines which includes the famous Lyman α forest. We present irrefutable evidence in support of (1) the entire line spectrum arising in matter located inside the quasar system, (2) the range of redshifts shown by the lines being due to the variable contribution of the gravitational redshift in the observed line velocity, (3) existence of rotating black holes and of matter inside its ergosphere, (4) quasars located within cosmological redshifts ∼3, (5) γ ray bursts being explosive events in a quasar. These results are significant and a game-changer when we realise that the absorbing gas has been postulated to exist along the line-of-sight to the quasar and observations have accordingly been interpreted.
In light of these definitive results which uniquely constrain the quasar structure, we need to drastically revise our understanding of the universe built on the faulty assumptions of observed redshifts of quasars having an entirely cosmological origin and the absorption lines arising in the intervening medium.

Ob das valide ist, kann ich nicht beurteilen, aber offenbar wird genau darüber nachgedacht.

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Ich



Anmeldungsdatum: 11.05.2006
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Wohnort: Mintraching

Beitrag Ich Verfasst am: 21. Jan 2021 17:25    Titel: Antworten mit Zitat

Der "innermost stable circular orbit" ist bei 3 Schwarzschildradien. Die gravitative Rotverschiebung ist also auf etwa 0,2 begrenzt, deutlich kleiner als typische Rotverschiebungen für Quasare. Das meiste Licht kommt aber sowieso aus noch weiter entfernten Regionen.
Das heißt, die gravitative Rotverschiebung ist nicht notwendigerweise vernachlässigbar, kann aber die gemessenen Rotverschiebungen nicht erklären.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 21. Jan 2021 17:49    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hat Folgendes geschrieben:
Der "innermost stable circular orbit" ist bei 3 Schwarzschildradien.


Das ist aber nicht der kleinstmögliche Abstand von dem aus Strahlung emittiert werden kann (falls Du das meinst). Direkt am Ereignishorizont ist der Todeschrei der Materie sogar am lautesten. Allerdings wird die Strahlung dort auch am stärksten rotverschoben. Das von außen sichtbare Maximum ist also in größerem Abstand zu erwarten.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 21. Jan 2021 18:03    Titel: Antworten mit Zitat

D.h. man setzt mit obs = observation, exp = expansion, grav = gravitation



Nun muss man letztlich Modelle für die Quasare entwickeln, testen und letztlich die gravitative Rotverschiebung herausrechnen ...


Wenn ich dann sowas lese

"One of the possible solutions would be to invoke an evolving dark energy, with a density that increases as time goes by,"

"There is no single, satisfactory astrophysical solution that can explain the discrepancy. So, perhaps there is some new physics to be found"

dann tröstet mich doch die Einsicht

"For the moment, we shouldn't get too excited about finding new physics: it could well be that the relatively small discrepancy can be explained by a combination of small errors and local effects. But we need to keep improving our measurements and thinking about better ways to explain it,"

Was passiert eigentlich mit einem Nobelpreis, bei dem sich später herausstellt, dass die zugrundeliegende Entdeckung falsch war?

grübelnd




https://sci.esa.int/web/xmm-newton/-/61070-investigating-the-expansion-of-the-universe-combining-type-ia-supernovas-and-quasars
https://sci.esa.int/web/xmm-newton/-/61068-active-galaxies-point-to-new-physics-of-cosmic-expansion
https://sci.esa.int/web/planck/-/60499-from-an-almost-perfect-universe-to-the-best-of-both-worlds

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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5041

Beitrag DrStupid Verfasst am: 21. Jan 2021 18:19    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Was passiert eigentlich mit einem Nobelpreis, bei dem sich später herausstellt, dass die zugrundeliegende Entdeckung falsch war?


Das war mein erster Gedanke, als der Physiknobelpreis 2011 verkündet wurde. Ich glaube man würde einfach so tun, als wäre nichts passiert.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 21. Jan 2021 18:35    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Was passiert eigentlich mit einem Nobelpreis, bei dem sich später herausstellt, dass die zugrundeliegende Entdeckung falsch war?

Das war mein erster Gedanke, als der Physiknobelpreis 2011 verkündet wurde. Ich glaube man würde einfach so tun, als wäre nichts passiert.


Thumbs up!

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TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18018

Beitrag TomS Verfasst am: 21. Jan 2021 19:06    Titel: Antworten mit Zitat

mehr finde ich nicht

https://www.nobelprize.org/about/statutes-of-the-nobel-foundation/#par10

§ 10.
No appeals may be made against the decision of a prize-awarding body with regard to the award of a prize.

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Quasare
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Beitrag Quasare Verfasst am: 21. Jan 2021 19:36    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die spannenden Beiträge. Habe wieder mal sehr viel gelernt.
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