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Top-/ Bottom-Quarks
 
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planet-75



Anmeldungsdatum: 27.11.2020
Beiträge: 27

Beitrag planet-75 Verfasst am: 27. Nov 2020 20:01    Titel: Top-/ Bottom-Quarks Antworten mit Zitat

Quarks sollen bzw. können grundsätzlich nie alleine erscheinen, sondern nur gruppiert in der Form von Hadronen, ausser es handelt sich dabei um Top- oder Bottom-Quarks (+2/3 bzw. -1/3 e), oder deren Antiteilchen.
https://en.wikipedia.org/wiki/Top_quark
Die Top- Quarks entstehen nach einer p- Anti-p- Kollision, in 2 entgegen gesetzten Richtungen ausgehend von dem Zentrum der Kollision. Man könnte sagen, dass daraus 2 Zerfallsketten in 2 voneinander getrennten Hemisphären entstehen.
Die Top- Quarks zerfallen dann unter anderem in Bottom-Quarks. Wie es dann weiter geht ist hier nicht ersichtlich, aber ich vermute dass die Bottom-Quarks dann nochmals in leichtere Einzel-Quarks zerfallen. Vermutlich verbleiben in beiden Hemisphären letztendlich jeweils Ladungsreste von +/- 1/3 od. 2/3 e und betreffende Einzel-Quarks, obwohl dies im Prinzip nicht so sein sollte.

Was geschieht am Ende mit diesen "Resten"?
Ist dieses Problem lösbar, oder ist daraus zu folgern, dass auch leichtere Quarks bzw. Quarks generell ausnahmsweise einzeln erscheinen können?
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8571

Beitrag jh8979 Verfasst am: 27. Nov 2020 21:46    Titel: Re: Top-/ Bottom-Quarks Antworten mit Zitat

planet-75 hat Folgendes geschrieben:
Quarks sollen bzw. können grundsätzlich nie alleine erscheinen, sondern nur gruppiert in der Form von Hadronen, ausser es handelt sich dabei um Top- oder Bottom-Quarks (+2/3 bzw. -1/3 e), oder deren Antiteilchen.

Das stimmt nicht. Bottom-Quarks hadronisieren auch.

Der einzige Grund, dass es keine Top-Quark Mesonen oder Baryonen gibt, ist, dass das Top-Quark so schnell zerfällt, dass es nicht zur Hadronisierung kommt.*

*Es ist hier ziemlich kompliziert. Hadronen werde als Resonanzen in gewissen Zerfallskanälen entdeckt. Wann man hier von einem Teilchen spricht oder nicht ist schwierig.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17908

Beitrag TomS Verfasst am: 27. Nov 2020 23:08    Titel: Re: Top-/ Bottom-Quarks Antworten mit Zitat

planet-75 hat Folgendes geschrieben:
Quarks sollen bzw. können grundsätzlich nie alleine erscheinen, sondern nur gruppiert in der Form von Hadronen, ausser es handelt sich dabei um Top- oder Bottom-Quarks (+2/3 bzw. -1/3 e), oder deren Antiteilchen.

Wie im vorigen Beitrag schon gesagt, gilt dies ohne Ausnahme auch für Top- und Bottom-Quarks.

Dabei spielen zwei Effekte eine Rolle:
1) Color-Neutrality und -Conservation
2) Color-Confinement

Ersteres ist gut verstanden: physikalische Zustande müssen farblos sein und farblos bleiben. Dies würde jedoch voneinander separierte Farbladungen zulassen.

Separierte Farbladungen sind jedoch im niedrigen Energiebereich dynamisch ausgeschlossen, wobei für das Color-Confinement lediglich numerische und keine - zumindest keine endgültigen - analytischen Resultate bekannt sind. Das Ergebnis ist
a) der Einschluss von Quarks und Gluonen in Hadronen
b) die Hadronisierung

Ersteres kann im Rahmen der sogenannter Gittereichtheorie recht gut berechnet werden; man erkennt bei größeren Abständen ein mit dem Abstand „linear ansteigendes Potential“ für Quark-Antiquark-Paare untereinander (die Berechnung ist sehr unanschaulich; man darf sich nicht vorstellen, dass einfach ein Potential verwendet wird, deswegen die Anführungsstriche).

Letzteres kann m.W.n. heute nicht wirklich gut berechnet werden. Diese Hadronisierung entspricht in etwa der bekannten Ionisierung; an die Stelle des Herauslösen eines Elektrons aus einem neutralen Atom tritt das Aufbrechen eines einzelnen Hadrons oder die Hadronisierung nach Hadron-Hadron-Kollision.

Der LHC wurde insbs. zur Maximierung der Schwerpunktsenergie und der Untersuchung von Higgs und SUSY konstruiert; für präzise Experimente zur QCD ist er wenig geeignet, da die Proton-Proton-Kollisionen unheimlich viel Dreckeffekte produzieren (Stell dir vor, du möchtest verstehen, wie eine Gewehrkugel ein Auto durchschlägt; statt auf ein Auto zu schießen, packs du Gewehrkugeln in ein zweites Auto und untersuchst Autounfälle ...). Präzise Experimente erhält man insbs. aus Elektron-Proton-Kollisionen wie z.B. bei HERA.

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planet-75



Anmeldungsdatum: 27.11.2020
Beiträge: 27

Beitrag planet-75 Verfasst am: 28. Nov 2020 15:01    Titel: Antworten mit Zitat

OK, keine Ausnahme.
Aber diese Abbildung https://en.wikipedia.org/wiki/Top_quark#/media/File:Top_antitop_quark_event.svg
zeigt (unter anderem) 2 in entgegen gesetzter Richtung zerfallende Top-Quarks (T und Anti-T), und zwei noch weiter voneinander entfernte und ebenfalls nach aussen zerfallende Bottom-Quarks (B und Anti-B).
Sollten hier das T und das Anti-T als Paar oder als Meson betrachtet werden? Beim B und Anti-B (oben und unten rechts in der Abbildung) ist diese Betrachtung aufgrund des grösseren Abstands allerdings nicht mehr möglich.
Oder ist die Abbildung vielleicht inkorrekt?
Alle Quarks in dieser Abbildung (inklusive das Anti-Charm unten links) scheinen als einzelne Quarks dargestellt zu sein.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17908

Beitrag TomS Verfasst am: 28. Nov 2020 17:41    Titel: Antworten mit Zitat

planet-75 hat Folgendes geschrieben:
Oder ist die Abbildung vielleicht inkorrekt?

Ja, ist sie.

Ein einzelnes Quark trägt eine Farbladung, ein hadronischer Jet nicht.

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jh8979
Moderator


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Beitrag jh8979 Verfasst am: 28. Nov 2020 18:10    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
planet-75 hat Folgendes geschrieben:
Oder ist die Abbildung vielleicht inkorrekt?

Ja, ist sie.

Na ja, ich würde sagen sie schematisch zeigt, was sie zeigen soll.
Zitat:

Ein einzelnes Quark trägt eine Farbladung, ein hadronischer Jet nicht.

und das gehört nicht dazu.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17908

Beitrag TomS Verfasst am: 28. Nov 2020 18:49    Titel: Antworten mit Zitat

Schon klar. Aber planet-75 findet den Fehler ;-)
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planet-75



Anmeldungsdatum: 27.11.2020
Beiträge: 27

Beitrag planet-75 Verfasst am: 29. Nov 2020 12:08    Titel: Antworten mit Zitat

OK, was wäre dann die korrekte Form der Abbildung, oder des betreffenden Diagramms?
Spekulation: Sollten die einzelnen Qs dieser Abbildung vielleicht generell als Paare dargestellt sein?
Wobei das T- Anti-T-Paar kein Meson wäre sondern …
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8571

Beitrag jh8979 Verfasst am: 29. Nov 2020 14:03    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist nicht so einfach, wie du es dir vorstellst (weshalb ich das Diagramm auch ok finde):
Feynman-Diagramm sind Repräsentationen für eine pertubative Rechung. Diese funktioniert für die Entstehung (zumindest einen Teil davon) der t-antit-Paares, sowie dessen Zerfall in b, antib und anderen Kram. Dies ist der zentrale Teil des Wiki-Diagramms.
Die Hadronisierung ist inhärent nicht-pertubativ und muss mit anderen Methoden (so gut es geht) behandelt werden. Diese haben keine Entsprechung in Feynman-Diagrammen, daher steht in dem Wiki-Diagramm dann einfach "jets", um das Ergebnis der Hadronisierung zu symbolisieren.

Es gäbe theoretisch gewisse ich nenn es mal "Zwischenstufen", die man einzeichnen könnte: Quark-Antiquark-Paare, die entstehen und zumindest die Farbladung im Diagramm ausgleichen. Das hat an dieser Stelle allerdings mMn keinen Wert.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17908

Beitrag TomS Verfasst am: 29. Nov 2020 14:51    Titel: Antworten mit Zitat

Ich sehe das ähnlich: ich habe keine diagrammatische Repräsentation der Hadronisierung gefunden, die einem korrekten Feynmandiagramm entspräche. Ich bin allerdings der Meinung, dass diverse Darstellungen und Erklärungen diesbezüglich irreführend sind. Zum Beispiel wird immer wieder beschrieben, dass einzelne Quarks aus dem Hadron herausgeschlagen werden, was für die Entstehung von Jets verantwortlich ist; dies entspricht auch in etwa den Zeichnungen. So einfach verhält es sich eben nicht.
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jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
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Beitrag jh8979 Verfasst am: 29. Nov 2020 22:37    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Zum Beispiel wird immer wieder beschrieben, dass einzelne Quarks aus dem Hadron herausgeschlagen werden, was für die Entstehung von Jets verantwortlich ist; dies entspricht auch in etwa den Zeichnungen. So einfach verhält es sich eben nicht.

Richtig. Aber es gibt ja sog. b-jets, Antib-Jets, etc... ist also so falsch nicht.

Aber da ist alles halt recht kompliziert und nicht wirklich ein einfaches Diagramm und Erklärungen zu pressen... so leid es mir gegenüber planet-75 tut.
planet-75



Anmeldungsdatum: 27.11.2020
Beiträge: 27

Beitrag planet-75 Verfasst am: 30. Nov 2020 10:12    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die bisherigen Beiträge. Ich gebe noch nicht ganz auf.
Das Problem verlagert sich nun auf die Entstehung von Hadronen-Jets. Solche Jets entstehen offenbar, wenn 2 Quarks (Q und Anti-Q) "auseinandergerissen" werden, wobei dann zwischen den 2 ursprünglichen Quarks weitere solche (Qs und Anti-Qs) entstehen, falls ich das richtig verstanden habe. Leider gibt es auch hierzu kaum brauchbare Abbildungen.
Demnach würden im vorliegenden Falle die neuen Qs und Anti-Qs zwischen dem Top und dem Anti-Top entstehen. Es gäbe dann einen im Kollisionszentrum verbleibenden "Jet" statt 2 oder drei sich nach aussen bewegende, die als "Frontlinien" gewissermassen tangential angeordnet wären. Die obige Abbildung suggeriert hingegen, dass aus einem einzelnen (T- od. B-) Quark ein Jet entstehen kann, der sich nach aussen bewegt. Mir erscheint dies in erster Linie als ein Problem der geometrischen Anordnung.
Gibt es hierzu vielleicht hilfreiche Korrekturen, Grundlagen, Konzepte oder Abbildungen.
(Wie aus einem Gluon ein Jet entstehen kann verstehe ich noch weniger, aber das lassen wir vorerst noch beiseite.)
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8571

Beitrag jh8979 Verfasst am: 30. Nov 2020 12:26    Titel: Antworten mit Zitat

planet-75 hat Folgendes geschrieben:
Die obige Abbildung suggeriert hingegen, dass aus einem einzelnen (T- od. B-) Quark ein Jet entstehen kann, der sich nach aussen bewegt.

Das ist auch so.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17908

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Nov 2020 13:33    Titel: Antworten mit Zitat

jh8979 hat Folgendes geschrieben:
planet-75 hat Folgendes geschrieben:
Die obige Abbildung suggeriert hingegen, dass aus einem einzelnen (T- od. B-) Quark ein Jet entstehen kann, der sich nach aussen bewegt.

Das ist auch so.

Jein.

Ein einzelnes asymptotisch freies Quark mag im ursprünglichen hard scattering der Auslöser sein, aber im Zuge der Hadronisierung müssen weitere Quarks (und Gluonen) beitragen.

Was die Bilder suggerieren, ist zunächst z.B.



wobei ein Quark q als asymptotisch frei betrachtet wird.

Anschließend wird dann für dieses Quark so etwas wie



gezeichnet.

Und das ist falsch.

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jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8571

Beitrag jh8979 Verfasst am: 30. Nov 2020 13:43    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
jh8979 hat Folgendes geschrieben:
planet-75 hat Folgendes geschrieben:
Die obige Abbildung suggeriert hingegen, dass aus einem einzelnen (T- od. B-) Quark ein Jet entstehen kann, der sich nach aussen bewegt.

Das ist auch so.

Jein.

Ein einzelnes asymptotisch freies Quark mag im ursprünglichen hard scattering der Auslöser sein, aber im Zuge der Hadronisierung müssen weitere Quarks (und Gluonen) beitragen.

Richtig. Aber ein quark aus dem hard scattering führt erstmal einfach zu einem Jet.  Wie das genau passiert ist, wie wir beide wissen, sehr kompliziert, es können auch mehrere Jets werde... und schon die Definition was ein Jet ist, ist ja nicht eindeutig. Ich sehe aber ehrlich gesagt nichts in diesen Feinheiten, was einen Laien weiterbringt.
planet-75



Anmeldungsdatum: 27.11.2020
Beiträge: 27

Beitrag planet-75 Verfasst am: 30. Nov 2020 14:56    Titel: Antworten mit Zitat

OK. Nun nochmals zu den ursprünglich erwähnten 2 Ladungen in den 2 Hemisphären (+2/3 bzw. -1/3 e). Ist die Abbildung in diesem Zusammenhang richtig, oder falsch?
Falls richtig , was geschieht mit diesen Ladungen letztendlich, weiter aussen (nachdem die Top-Qs (T und Anti-T) in Jets umgewandelt und zerfallen sind)?
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8571

Beitrag jh8979 Verfasst am: 30. Nov 2020 15:04    Titel: Antworten mit Zitat

planet-75 hat Folgendes geschrieben:
OK. Nun nochmals zu den ursprünglich erwähnten 2 Ladungen in den 2 Hemisphären (+2/3 bzw. -1/3 e). Ist die Abbildung in diesem Zusammenhang richtig, oder falsch?
Falls richtig , was geschieht mit diesen Ladungen letztendlich, weiter aussen (nachdem die Top-Qs (T und Anti-T) in Jets umgewandelt und zerfallen sind)?

Am Ende des Tages, wenn es detektiert wird, ist alles farbneutral und hat ganzzahlige Ladungen.
planet-75



Anmeldungsdatum: 27.11.2020
Beiträge: 27

Beitrag planet-75 Verfasst am: 30. Nov 2020 16:18    Titel: Antworten mit Zitat

Erst am Ende. Heisst das, dass es Zwischenstufen gibt, wo die Rechnung nicht ganz aufgeht - z.B. ein Quark oder eine Drittelsladung zu viel oder zu wenig innerhalb einer Hemisphäre oder innerhalb eines Jets?
(Ich hoffe, dass meine unablässige Fragerei nicht anfängt, Euch zu nerven.)
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17908

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Nov 2020 16:53    Titel: Antworten mit Zitat

Es gibt einen Übergang von den harten Streuprozessen, in deren Verlauf einzelne asymptotisch freie Quarks und Gluonen störungstheoretisch betrachtet werden, hin zu nicht-störungstheoretischer Hadronisierung. Deren Berechnungsmethode basiert insbs. auf sogenannten "String-Modellen".

https://en.wikipedia.org/wiki/Lund_string_model


Siehe z.B. hier Seite 16 + 17:

https://indico.cern.ch/event/438776/attachments/1159226/1668171/herwig.pdf

Partons aren’t physical particles: they can’t propagate freely.
We therefore need to describe the transition of the quarks and
gluons in our perturbative calculations into the hadrons which
can propagate freely.


Das Bild auf Seite 9 ist bzgl. der Color-Singulets fast (!) richtig ;-)


Siehe auch hier Seite 22 + 23:

http://home.thep.lu.se/~torbjorn/talks/durham09.pdf


Die Rechnung geht in Summe immer auf. Tatsächlich geben einzelne initiale Quarks (es gibt davon in einer gewissen Näherung im Proton drei) die Ausprägung der Jets - genauer: dessen Gesamtimpulses - vor. Allerdings ist der Übergang von diesen Quarks zu den Hadronen deutlich komplizierter und kann nicht mittels Feynman-Diagrammen dargestellt werden (in den Graphiken sind dies die schattierten Ellipsen).

Und bitte nicht irritieren lassen; in den Graphiken ist dies für die Elektron-Positron-Streuung dargestellt; für Elektron-Proton oder Proton-Proton funktioniert dies ähnlich (nur noch komplizierter).

planet-75 hat Folgendes geschrieben:
Heisst das, dass es Zwischenstufen gibt, wo die Rechnung nicht ganz aufgeht - z.B. ein Quark oder eine Drittelsladung zu viel oder zu wenig innerhalb einer Hemisphäre oder innerhalb eines Jets?

Der Jet wird von uns gerade so definiert, dass er i) farbneutral ist, und dass die Hadronen ii) vornehmlich in die selbe Richtung fliegen.
i) ist eine harte Bedingung; solange keine Hadronisierung erfolgt ist, spricht man nicht von einem Jet; aber Hadronen sind per Definition farbneutral.
ii) ist keine harte Bedingung; d.h. es ist letztlich unsere Definition, wie eng oder breit wir einen Jet ansetzen.

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planet-75



Anmeldungsdatum: 27.11.2020
Beiträge: 27

Beitrag planet-75 Verfasst am: 30. Nov 2020 20:39    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für diese relativ anschaulichen Unterlagen und Ausführungen.
Ich versuche es nun trivial zu deuten, laienhaft formuliert:
Auf Seite 22 und 23 des 3. obigen Links, Cluster-Model, sehe ich Verzweigungen aus Qs und Gluonen, die zu Clustern werden (graue Ellipsen).
Die Verzweigungen driften aber nicht gänzlich auseinander, sondern sie treffen auch wieder aufeinander. Dort (z.B. mittlere Ellipse der Seite 22) entsteht ein Cluster, der von vorher getrennten "Zweigen" her stammt.
Falls ich es einigermassen verstanden habe, dann wäre dies der Grund dafür, warum es am Ende wieder aufgeht.
Stimmt das so in etwa?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17908

Beitrag TomS Verfasst am: 30. Nov 2020 23:26    Titel: Antworten mit Zitat

planet-75 hat Folgendes geschrieben:
Auf Seite 22 und 23 des 3. obigen Links, Cluster-Model, sehe ich Verzweigungen aus Qs und Gluonen, die zu Clustern werden (graue Ellipsen).
Die Verzweigungen driften aber nicht gänzlich auseinander, sondern sie treffen auch wieder aufeinander. Dort (z.B. mittlere Ellipse der Seite 22) entsteht ein Cluster, der von vorher getrennten "Zweigen" her stammt.

Wenn du die Ellipsen idealisiert als voneinander getrennte Quellen einzelner Jets auffasst, dann muss jede Ellipse für sich bereits farbneutral sein.

Das schließt aus: eine Ellipse entsteht aus
- einem Quark
- einem Gluon
- zwei Quarks
- einem Quark und einem Gluon
- ...

Es erlaubt: eine Ellipse entsteht aus
- drei Quark
- zwei Gluonen
- zwei Quarks und einem Gluon
- ...

Das ist nur ein grober Überblick; die Regeln sind eigtl. komplizierter: https://en.m.wikipedia.org/wiki/Clebsch%E2%80%93Gordan_coefficients_for_SU(3)

Nur wenn sie erfüllt ist, kann aus einer farbneutralen Kombination einiger Quarks und Gluonen ein farbneutraler Hadronschauer entstehen. Diese Regeln sind rein algebraisch und beschreiben die Kopplung farbiger Quarks und Gluonen zu farbneutralen Zuständen. Sie sagen nichts über die Dynamik, d.h. über die Verteilung der Energien und Impulse der beteiligten Quarks und Gluonen; auch die Geometrie wird hier nicht festgelegt. Das nochmal eine andere Diskussion.

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planet-75



Anmeldungsdatum: 27.11.2020
Beiträge: 27

Beitrag planet-75 Verfasst am: 01. Dez 2020 10:14    Titel: Antworten mit Zitat

OK, die "Ellipsen" sind genau definierte Gruppen.
Ein nach wie vor etwas seltsamer Aspekt hierbei:
Die Qs und Gluonen müssen offenbar vorausahnen, wohin sie fliegen sollen, damit am Ende alles aufgeht. Andererseits sollten deren Bewegungen auch irgendwie vom Stossprozess her ableitbar sein.
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8571

Beitrag jh8979 Verfasst am: 01. Dez 2020 11:16    Titel: Antworten mit Zitat

planet-75 hat Folgendes geschrieben:

Die Qs und Gluonen müssen offenbar vorausahnen, wohin sie fliegen sollen, damit am Ende alles aufgeht. Andererseits sollten deren Bewegungen auch irgendwie vom Stossprozess her ableitbar sein.

Nein, müssen sie nicht. Sie fliegen einfach irgendwo hin. Der Rest ergibt sich dann. Wenn ich einen Ball werfe, dann muss der auch nicht wissen, wo er aufkommt. Der fliegt dann einfach und der Rest ergibt sich daraus.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17908

Beitrag TomS Verfasst am: 01. Dez 2020 12:26    Titel: Antworten mit Zitat

planet-75 hat Folgendes geschrieben:
Die Qs und Gluonen müssen offenbar vorausahnen, wohin sie fliegen sollen, damit am Ende alles aufgeht.

Nein, denn
TomS hat Folgendes geschrieben:
... diese Regeln sind rein algebraisch und beschreiben die Kopplung farbiger Quarks und Gluonen zu farbneutralen Zuständen. Sie sagen nichts über die Dynamik, d.h. über die Verteilung der Energien und Impulse der beteiligten Quarks und Gluonen; auch die Geometrie wird hier nicht festgelegt.

Wir haben das einfach noch nicht besprochen.

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Anmeldungsdatum: 27.11.2020
Beiträge: 27

Beitrag planet-75 Verfasst am: 01. Dez 2020 13:39    Titel: Antworten mit Zitat

OK, es ergibt sich automatisch, dass sie sich richtig gruppieren.
Die Regeln für die Gruppierung wurden genannt.
Kriege ich noch einen Tipp dazu, wie dies bewerkstelligt wird?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17908

Beitrag TomS Verfasst am: 01. Dez 2020 20:29    Titel: Antworten mit Zitat

planet-75 hat Folgendes geschrieben:
OK, es ergibt sich automatisch, dass sie sich richtig gruppieren.
Die Regeln für die Gruppierung wurden genannt.
Kriege ich noch einen Tipp dazu, wie dies bewerkstelligt wird?

Ich verstehe nicht genau, was du mit „wie dies bewerkstelligt wird“ meinst.

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Anmeldungsdatum: 27.11.2020
Beiträge: 27

Beitrag planet-75 Verfasst am: 01. Dez 2020 21:10    Titel: Antworten mit Zitat

Du erwähntest oben Dynamik, Impulse, Geometrie etc. als weitere Puzzlesteine. Diese helfen möglicherweise, noch besser zu verstehen, wie die Cluster/ Ellipsen/ Jets auf eine korrekte Weise/ farbneutral entstehen können.
Warum bewegen sich Qs und Gluonen ausgehend vom Kollisionszentrum an die richtigen Orte (Ellipsen), sodass sie sich dann korrekt gruppieren können?
Was stellt sicher, dass sich ein einzelnes Quark nicht zu weit vom ganzen Rest (alle anderen Qs und Gluonen vor der Hadronisierung) entfernt.
(Spekulation: Gibt es Kräfte zwischen Gluonen?)
Vielleicht gibt es auch hierzu gewisse Abbildungen.
(Das Dokument durham09.pdf war ziemlich hilfreich.)


Zuletzt bearbeitet von planet-75 am 01. Dez 2020 21:21, insgesamt einmal bearbeitet
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
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Beitrag jh8979 Verfasst am: 01. Dez 2020 21:19    Titel: Antworten mit Zitat

planet-75 hat Folgendes geschrieben:

(Das Dokument durham09.pdf war ziemlich hilfreich.)

Nur zum Verständnis: Das Dokument zeigt nicht was passiert, sondern wie Simulationsprogramme den Prozess der Hadroniesierung modellieren. Das ist etwas grundlegend anderes und funktioniert mit gewissen Aproxximationen und mal mehr, mal weniger gut.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17908

Beitrag TomS Verfasst am: 02. Dez 2020 08:52    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo planet-75,

ich befürchte, anschaulich zu verstehen, wie die Cluster auf korrekte Weise farbneutral entstehen, ist nicht möglich.

Das erste Problem ist, dass keine präzise mathematische Berechnung für das Confinement vorhanden ist. Es existieren lediglich numerische Modelle.

Das zweite Problem ist, dass vermeintlich anschauliche Bilder mittels Feynmandiagrammen teilweise in die Irre führen; Feynmandiagramme sind keine Veranschaulichung dessen, was wirklich passiert, sondern eine graphische Notation, die auf sehr kompakte Weise eine Anweisung für eine i.A. extrem komplexe Berechnung zusammenfasst (für 1, 2, 3 Loops liegt die Anzahl der zu zeichnenden und zu berechnenden Diagramme im Bereich von einige 10, einige 100, einige 10.000).

Das dritte Problem ist, dass gerade die Feynman-Diagramme weder das Confinement noch farbneutralen Cluster liefern. Sie stellen eine Näherung dar, die gerade dann nicht anwendbar ist, wenn das Confinement greift, und sie liefern zwar einen in Summe farbneutralen Zustand, jedoch keine isolierten farbneutralen Cluster.

Deine Frage „warum bewegen sich Quarks und Gluonen an die richtigen Orte, so dass sie sich korrekt gruppieren können?“ ähnelt der Frage, wie sich Moleküle auf Basis des Bauplans der DNA zu einem Eichhörnchen formen.

Wir kennen keine Berechnungsmethode, die die Hadronisierung auf der Ebene einzelner Quarks und Gluonen anschaulich beschreibt. Ein Grund ist, dass bereits auf Ebene der Feynmandiagramme keine einzelnen und abzählbaren Quarks und Gluonen existieren. Wenn du quasi in ein Diagramm hinein zoomst, löst sich das, was dir zunächst z.B. als Gluon erschien, in eine Wolke von Quarks und Gluonen auf; und für jedes dieser Quarks und Gluonen gilt beim nächsten Zoom das selbe.

Ja, es gibt natürlich Wechselwirkungen zwischen Gluonen, die ihrerseits wieder durch Gluonen vermittelt werden. Das Problem ist aber auch hier wieder, dass die zugehörigen Feynmandiagramme nur ein vermeintlich anschauliches Bild vermitteln.

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Anmeldungsdatum: 27.11.2020
Beiträge: 27

Beitrag planet-75 Verfasst am: 02. Dez 2020 13:17    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die ausführliche AW. Immerhin bin ich so weit gekommen, dass der Prozess mir nun grundsätzlich bzw. teilweise vorstellbar erscheint, und das ist besser als etwas gänzlich Unvorstellbares.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 02. Dez 2020 15:48    Titel: Antworten mit Zitat

Gut, ich denke, mehr geht an der Stelle auch nicht.
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