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Viele-Welten-Interpretation
 
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Hawking_Physiker
Gast





Beitrag Hawking_Physiker Verfasst am: 11. Apr 2016 08:56    Titel: Viele-Welten-Interpretation Antworten mit Zitat

Die Viele-Welten-Theorie oder Interpretation besagt doch, dass, wann immer ein quantenmechanisches System zu einer Entscheidung gezwungen wird, in einen anderen Zustand, dieses System sich abspaltet oder erzweigt in mehrere andere Universen oder Welten.
In Wikipedia steht aber noch interessanterweise, dass diese Universen oder Welten nicht räumlich getrennt sind, sondern nur im jeweiligen Zustandsraum getrennt sind. Was bedeutet das und warum sind die Welten nicht räumlich getrennt?
Wenn ich jetzt das Doppelspaltexperiment durchführe, dann würden doch zwei Universen entstehen oder sich verzweigen. Aber wo sind diese? Und was hat das mit dem Zustandsraum zu tun?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18077

Beitrag TomS Verfasst am: 11. Apr 2016 22:53    Titel: Antworten mit Zitat

Man sollte das Thema zweistufig angehen, zunächst mal völlig ohne Bezug zu räumlichen Aspekten.

Man betrachtet ein zunächst isoliertes Quantensystem, das sich durch einen Übergang o.ä. im Zustand |a> oder |b> befinden kann; dies entspricht einem Superpositionszustand. Ein zunächst isoliertes Messgerät befinde sich zunächst im initialen "Zeiger-Zustand" |0>; im Zuge der Messung wird der Zustand des Quantensystem registriert und das Messgerät geht in der "Zeiger-Zustand" |A> oder |B> über. Da Quantensystem ud Messgerät zunächst isoliert sind, befindet sich die Umgebung (Photonen, Luftmoleküle, ...) zunächst in einem intialen Zustand |...>, der dann mit |a> und |A> bzw. |b> und | B> verschränkt wird.

Formal wird das Gesamtsystem, bestehend aus Quantensystem, Messgerät und Umgebung, in einem Produkt-Hilbertraum durch die o.g. Zustände beschrieben. Der initiale Zustand vor der Messung lautet



Durch die Registrierung, d.h. Messung des Quantensystems geht das Gesamtsystem in einen finalen Zustand der Form



über.

Dies ist zunächst mal ganz normale Quantenmechanik und gilt unabhängig von jeglicher Interpretation. Man erkennt, dass hier keine "Entstehung" im eigtl. Sinne stattfindet, sondern eine "Neugruppierung" bereits existierender Unterräume.

Der wesentliche Unterschied zwischen Kollaps- und Viele-Welten-Interpretation ist zunächst lediglich, dass gemäß der Kollaps-Interpretaion zufällig und irreversibel einer der beiden "Zweige" verschwindet, z.B. der "b-Zweig"



während gemäß der Viele-Welten-Interpretation beide "Zweige" erhalten bleiben. Gemäß der Standard-Quantenmechanik existiert im Rahmen der Dekohärenz außerdem eine mathematische Begründung, dass und warum beide Zweige existieren können, ohne dass es zu messbaren Effekten kommt; beide Zweige sind in sehr guter Näherung orthogonal und unterliegen einer "dynamischen Superauswahlregel", so dass



Es entstehen demnach nicht zwei Universen; ein in einem Superpositionszustand existierendes Universum "verzweigt" sich. Mikroskopisch ist das in der QM völlig normal; jedes Experiment verlangt diese Betrachtungsweise. Angewandt auf makroskopisch Objekte erscheint und dies jedoch völlig fremdartig.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.


Zuletzt bearbeitet von TomS am 12. Apr 2016 22:26, insgesamt einmal bearbeitet
Hawking_Physiker
Gast





Beitrag Hawking_Physiker Verfasst am: 12. Apr 2016 11:35    Titel: Antworten mit Zitat

Kannst du das nicht etwas einfacher erklären? Ein Universum verzweigt sich, weil es sich im Superositionszustand befindet. Aber warum verzweigt es sich? Und wo sind dann die zwei neuen Universen? Oder die neuen Zweige, müsste man vielmehr sagen? Und warum sind sie nicht räumlich getrennt?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18077

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Apr 2016 17:50    Titel: Antworten mit Zitat

Hawking_Physiker hat Folgendes geschrieben:
Kannst du das nicht etwas einfacher erklären? Ein Universum verzweigt sich, weil es sich im Superositionszustand befindet. Aber warum verzweigt es sich? Und wo sind dann die zwei neuen Universen? Oder die neuen Zweige, müsste man vielmehr sagen? Und warum sind sie nicht räumlich getrennt?

Nein, das sollte man nicht zu stark vereinfacht erklären, da sonst nämlich genau diese irreführenden Formulierungen bzw. Fragen wie "wo sind dann die zwei neuen Universen" entstehen.

Wenn du dir die Formeln genau anschaust, dann siehst du, dass der Begriff "Verzweigung" mit Vorsicht zu gebrauchen ist:





Wenn man das so hinschreibt, dann ist zunächst mal gar nicht klar, wo eine explizite "Verzweigung" denn vorliegen sollte. Es ist ehe so, dass zwei in |i> bereits implizit anglegte Zweige sich in |f> makroskopisch "entfalten".

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
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