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Photopeak und Comptonstreuung
 
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radioaktiv
Gast





Beitrag radioaktiv Verfasst am: 01. Apr 2015 16:51    Titel: Photopeak und Comptonstreuung Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hallo Physiker,

Wenn man die Absorption von Strahlung in einem Material betrachtet, dann treten meistens drei Formen von Energieverlust der Strahlung auf: Fotoeffekt, Comptonstreuung und Paarbildung. Der Fotoeffekt domeniert und 50keV, Compton: 100keV-10MeV und Paarbildiung ab 1MeV. Wenn ich mir jetzt den Zerfall von 137Cs (Fotopeak bei 662keV) ansehe und die Strahlung durch einige mm Blei abschirme, sehe ich im Spektrum immernoch das Compton-kontinuum und den Fotopeak (nur nicht mehr so intensiv).

1) Warum sieht man einen Fotopeak, wenn dieser doch durch den Fotoeffekt entsteht, und der Fotoeffekt bei diesen Energien nicht dominiert.

2) Auch wenn man zu höheren Energien geht sieht man den Peak, kommt er vllt. durch etwas anderes als den Fotoeffekt zustande?

Meine Ideen:
Auf Wikipedia steht, dass der Fotopeak entsteht wenn die gesammte Energie des Photons im Detektor deponiert wird. Könnte es dann sein, dass das Photon zuerst durch Compton streut und dann durch den Fotoeffekt den Rest der Energie verliert? Allerdings macht das fuer mich recht wenig Sinn, da das gestreute Photon nicht mehr genuegend Energie hat um auf dem Photopeak zu landen.
Bitte helft mir, ich scheine hier etwas sehr stark misszuverstehen.
para
Moderator


Anmeldungsdatum: 02.10.2004
Beiträge: 2874
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Beitrag para Verfasst am: 01. Apr 2015 18:58    Titel: Antworten mit Zitat

Der Nachweis von Gammastrahlung beruht auf der Energiedeposition in einem sensitiven Detektormaterial. Dafür wird die Energie des Photons erst auf geladene Teilchen (Elektronen) übertragen, welche ihre Energie dann über Ionisation in das Detektormaterial abgegeben.

Wie du schon richtig zusammengefasst hast, gibt es im Wesentlichen drei Wechselwirkungen für Photonen im typischen Energiebereich für Gamma-Strahlung.

1) Photoeffekt: überträgt die gesamte Energie des Photons auf ein Elektron
2) Compton-Effekt: überträgt einen teil der Energie des Phtons auf ein Elektron
3) Paarbildung: überträgt die gesamte Energie des Photons auf ein erzeugtes Elektron-Positron-Paar (minus eines geringen Kernrückstoßes).

Im Fall von 137Cs, also einem Gamma mit 662 keV, entfällt die Paarbildung.

Du hast Recht, dass für dieses Gamma die Wahrscheinlichkeit des Fotoeffekts deutlich geringer ist als für Compton-Steuung. Das heißt bei den meisten Gammas aus dem Zerfall die im Detektor wechselwirken wird Compton-Streuung auftreten, bei der die Gammas nur einen Teil ihrer Energie verlieren. Verglichen damit werden nur wenige Gammas ihre gesamte Energie direkt über den Fotoeffekt abgeben.
Entkommt das Photon nach dem Compton-Effekt ohne weitere Wechselwirkung aus dem Detektor, erhält man einen Eintrag im Compton-Kontinuum des Spektrums. Das Photon kann aber auch noch ein weiteres Mal im Detektormaterial wechselwirken. Aufgrund der niedrigeren Energie des Gammas nach der Streuung wird auch der Fotoeffekt zunehmend wahrscheinlicher.

Die Ereignisse die du im "Foto-Peak" siehst sind also nicht alles Gammas für die es direkt in der ersten Wechselwirkung zum Fotoeffekt kommt, sondern auch Gammas die erst über ein- oder mehrfache Compton-Streuung Energie abgeben um schließlich ihre Restenergie über den Fotoeffekt zu verlieren.

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radioaktiv
Gast





Beitrag radioaktiv Verfasst am: 01. Apr 2015 19:30    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank fuer deine ausfuehrliche Antwort. Aber da gibt es noch eine Kleinigkeit die ich nicht verstehe: Woher weiss der Detektor, dass es sich nach der ersten (oder n-ten) Streuung noch um das selbe Photon handelt? Fuer den Detektor kommt doch nach der ersten Streuung einfach nur ein *neues* Photon mit einer geringeren Energie an, dass mit den Elektronen wechelwirkt. Wie kommt es dann, dass diese Energien aufsummiert werden um auf den Photopeak zu kommen?
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8571

Beitrag jh8979 Verfasst am: 02. Apr 2015 13:10    Titel: Antworten mit Zitat

radioaktiv hat Folgendes geschrieben:
Woher weiss der Detektor, dass es sich nach der ersten (oder n-ten) Streuung noch um das selbe Photon handelt?

Weiss er auch nicht. Der Detektor zählt einfach wieviele Photonen mit welcher Energie ankommen. Bei 137Cs sind dies besonders viele mit einer Energie von 662keV, daher gibt es an der Stelle einen Peak.
radioaktiv
Gast





Beitrag radioaktiv Verfasst am: 02. Apr 2015 13:39    Titel: Antworten mit Zitat

Danke jh8979, aber das beantwortet leider nicht meine Frage. Das wäre die Antwort wenn die meisten Photonen ihre Energie mit dem Photoeffekt abgeben wuerden, was sie aber nicht tun.

Mittlerweile habe ich die Idee einer zeitlichen Einschränkung. Der Detektor misst ja in sehr sehr kurzen Zeitintervallen. Wird vllt. die Energie in diesen Zeitintervallen aufsummiert, und in dieser Zeit schaffen es so viele Photonen ihre Energie komplett abzugeben. Macht das Sinn?
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8571

Beitrag jh8979 Verfasst am: 02. Apr 2015 14:00    Titel: Antworten mit Zitat

radioaktiv hat Folgendes geschrieben:
Danke jh8979, aber das beantwortet leider nicht meine Frage. Das wäre die Antwort wenn die meisten Photonen ihre Energie mit dem Photoeffekt abgeben wuerden, was sie aber nicht tun.

Nein, das ist die Antwort Augenzwinkern

Dieser Peak tritt jetzt auf einem Untergrund von Comptonstreuung auf. Je nachdem welcher Reaktionswahrscheinlichkeit Größer ist, kann man den Peak dann besser oder schlechter sehen (u.U. könnte der Peak auch gar nicht sichtbar sein, wenn der Untergrund zu gross wäre).
para
Moderator


Anmeldungsdatum: 02.10.2004
Beiträge: 2874
Wohnort: Dresden

Beitrag para Verfasst am: 02. Apr 2015 19:42    Titel: Antworten mit Zitat

radioaktiv hat Folgendes geschrieben:
Mittlerweile habe ich die Idee einer zeitlichen Einschränkung. Der Detektor misst ja in sehr sehr kurzen Zeitintervallen. Wird vllt. die Energie in diesen Zeitintervallen aufsummiert, und in dieser Zeit schaffen es so viele Photonen ihre Energie komplett abzugeben. Macht das Sinn?

Das ist richtig. Die Photonen und ihre Wechselwirkungen sind einfach zu schnell, um vom Detektor als getrennte Ereignisse wahrgenommen zu werden. Er sieht nur die Energiedeposition des Photons im Detektor für alle Wechselwirkungen dieses Photons zusammengenommen - im Idealfall wird die Photonenenergie komplett absorbiert (und ein Ereignis im Photopeak registriert), sonst wird ein Ereignis mit einer Energie unterhalb des Fotopeaks aufgenommen.

Für Nuklide die beim Zerfall mehrere Photonen emittieren kann es aus diesem Grund auch zu Summationseffekten verschiedener Photonen kommen. Zum Beispiel emittiert 60Co beim Zerfall je ein Photon mit 1173.2 keV und mit 1332.5 keV (der direkte Übergang unter Emission eines einzelnen 2505.7 keV Photons ist sehr, sehr schwach). Man beobachtet aber nicht nur die beiden einzelnen Photopeaks, sondern auch einen (schwächeren) Peak bei 2505.7 keV der entsteht wenn beide Photonen gleichzeitig ihre volle Energie im Detektor deponieren. Man spricht auch vom Summenpeak. Natürlich sind Überlagerungen unvollständiger Energiedepositionen möglich, die dann in das Kontinuum unterhalb des Summenpeaks fallen.

Bei sehr hohen Raten können auch Photonen aus verschiedenen Quellen (d.h. nicht aus demselben Zerfall) in nur einem Ereignis registriert werden. Man spricht dann von Pile-Up.

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radioaktiv
Gast





Beitrag radioaktiv Verfasst am: 07. Apr 2015 13:46    Titel: Antworten mit Zitat

Danke para! Ich denke ich habe diese Effekte jetzt verstanden Big Laugh
Danke auch an jh8979 smile
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