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Kippende Zielscheibe
 
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simtob



Anmeldungsdatum: 19.11.2007
Beiträge: 7
Wohnort: Hamburg

Beitrag simtob Verfasst am: 09. Feb 2008 16:57    Titel: Kippende Zielscheibe Antworten mit Zitat

Hallo, beim Biathlon-Gucken hat sich aufgrund eines Kommentars des Moderators bei mir eine Frage ergeben, die ich noch nicht sicher klären kann:
Die Biathleten müssen beim Schießen den inneren Bereich der Zielscheibe treffen, damit dieser wegkippt. Wenn sie gerade eben den Rand schrammen, so soll die Mechanik der Zielscheibe wohl so eingestellt sein, dass diese bei 50% der übertragenen Kraft (?) gerade noch auslöst. Der Moderator meinte jetzt, es sei sicherer für den Schützen, wenn dieser versuchen würde, die Scheibe eher am unteren Rand zu treffen, als am oberen Rand, da die Scheibe dann leichter umkippen würde. Das wiederspricht zunächst meiner Intuition: Man denke an Dominosteine, die auch leichter kippen, wenn sie weiter oben angestoßen werden. Aber dann habe ich mir gesagt, dass es doch eigentlich eine Frage der übertragenen Energie und damit ortsunabhängig sein müsste. Wenn die Kinetische Energie ausreicht, um die Mechanik der Scheibe über den Punkt maximaler Potentieller Energie hinauszubringen kippt diese. Oder ist es eher eine Frage von Impuls bzw. Drehimpuls? Aber was ist dann mit den Dominosteinen los? Wahrscheinlich ist es ganz simpel, aber ich übersehe irgendwas. Hilfe ich bin verwirrt!!! Hilfe

P.S. Ich bin mir im Klaren, dass die Mechanik der Scheibe wesentlich komplizierter aufgebaut sein könnte, möchte aber einfach wissen, wie es sich verhält, wenn es eine einfache Scheibe ist, die etwas unterhalb drehbar aufgehängt ist und nach hinten umkippen kann, wobei eine bestimmte Mindestkraft ausgeübt werden muss.
bishop
Moderator


Anmeldungsdatum: 19.07.2004
Beiträge: 1133
Wohnort: Heidelberg

Beitrag bishop Verfasst am: 09. Feb 2008 18:31    Titel: Antworten mit Zitat

ich starte mal einen Ansatz:

Versuchen wir mal die Situation auf einen Quader zu übertragen, der hochkant auf einer Fläche steht. Wenn die Reibung zwischen dem Quader deutlich kleiner ist, als sein Kippmoment, dann sollte es günstiger sein ihn unten anzustoßen, als oben.
Ich versuche mal das ganze qualitativ zu umschreiben, wenn du eine Rechnung haben willst.
Unter der effektiven Richtung ist z.B der Anteil der Kraft gemeint, der senkrecht zur Scheibe kommt. (z.B wenn der schütze schräg nach oben schiesst) Andererseits macht es sehr wohl was aus wo die Kugel trifft, weil das Drehmoment, das für die Drehung benötigt wird von der Drehachse abhängt

ich überleg mirs nochmal in Ruhe =)

_________________
Ein Physiker ist jemand, der über die ersten drei Terme einer divergenten Reihe mittelt
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 10. Feb 2008 01:47    Titel: Antworten mit Zitat

Für das Ansetzen von konkreten Abschätz-Rechnungen und Überlegungen sehe ich zwei Effekte, die hier eine Rolle spielen könnten:

Zum einen ist das auf den Dominostein ausgeübte Drehmoment gleich Kraft mal Hebelarm. Und der Hebelarm ist beim Dominostein wie bei der Umklappscheibe oben größer als unten, da oben die Entfernung zur Drehachse größer ist.

Zum anderen berechnet sich die beim Aufprall wirkende (mittlere) Kraft aus dem übertragenen Impuls durch



Was das für Auswirkungen hat, würde ich mal versuchen, so zu formulieren:

Je weniger die Zielscheibe schon während des Aufpralls der Kugel anfängt, nach hinten wegzukippen, umso kürzer ist der Abbremsweg und damit auch die Abbremszeit für die auftreffende Kugel. Bei einem Aufprall unten ist der Drehimpuls des Geschosses bezüglich der Drehachse der Scheibe kleiner als bei einem Aufprall oben, damit dreht sich die Scheibe nach dem Aufprall weniger schnell, damit dreht sie sich während eines Aufpralls unten weniger weit als bei einem Aufprall oben, die Aufprallzeit ist damit unten kürzer und damit die Aufprallkraft unten größer.
(Diese Überlegung nimmt an, dass die Scheibe beim Aufprall ein bisschen drehbar nach hinten wegwackeln kann, bevor sie sich entscheidet, ob ihr der Aufprall heftig genug war, um auszulösen und komplett umzuklappen.)

Wenn wir mal vermuten wollen, dass ein bestimmtes kritisches Drehmoment überschritten werden muss, um die Scheibe auszulösen, dann könnte man also vielleicht mit solchen Ansätzen abschätzen oder ausrechnen, welcher dieser beiden Effekte sich stärker auf das Drehmoment auf die Scheibe auswirkt.

--------------------

// edit: Ob der zweite dieser beiden Effekte sich nennenwert auswirkt oder aber hier vielleicht in sehr guter Näherung vernachlässigt werden kann, bin ich mir noch nicht so ganz sicher. Was schätzen wir, wie groß ist die Masse der Kugel wohl im Vergleich zu der Masse der umkippenden Scheibe, und wird die Kugel die Scheibe durchschlagen oder in ihr stecken bleiben, ... ?
simtob



Anmeldungsdatum: 19.11.2007
Beiträge: 7
Wohnort: Hamburg

Beitrag simtob Verfasst am: 10. Feb 2008 12:29    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die Hinweise! Wenngleich es mir so erschien, als ob auch Euch die Situation etwas verwirrend erschien... grübelnd
Ich hab jedenfalls im Tipler eine Aufgabe gefunden, die eine ähnliche Problematik enthält und mich auf die Lösung gebracht hat, auch wenn mich das Ergebnis doch überrascht:
Im Endeffekt muss eine mindest-Winkelgeschwindigkeit erzielt werden. Diese errechnet sich zu: mrv/(mr²+I)
m, v und I sind Konstanten. Da r im Nenner quadratisch auftaucht, nimmt die Winkelgeschwindigkeit bei größerem r ab. Unterhalb eines gewissen r nimmt sie natürlich auch ab, da I ja eine Konstante im Nenner ist, und wird Null bei r=0.

Ich nehme an, dass bei aneinanderkippenden Dominosteinen die Situation eigentlich dieselbe wäre, wenn nicht der auslösende Stein je nach Abstand zum Folgestein einen unterschiedlichen Impuls in x-Richtung übertragen würde. Anfangs kippt er langsam in x-Richtung, später schnell in y-Richtung. Irgendwo gibt es dann einen Abstand, bzw. Kontaktwinkel der ein optimales Ergebnis erzielt.

Würde mich freuen, wenn irgendwer mir noch mal meine Überlegung bestätigt. Thumbs up!
VeryApe



Anmeldungsdatum: 10.02.2008
Beiträge: 3249

Beitrag VeryApe Verfasst am: 10. Feb 2008 19:05    Titel: Antworten mit Zitat

Ich würde mal sagen auch Moderatoren machen Fehler.
meiner meinung nach müßte man die Scheibe auf jedenfall weiter oben anvisieren. Man kann das leicht verfolgen, wenn man einen Gegenstand auf den Boden stellt und mit den finger draufdrückt. Dabei Bilden Fr und die Fingerkraft ein Drehmoment. Je weiter man sich von der Reibkraft in der Höhe entfernt umso größer das Drehmoment. umso leichter kippt der Gegenstand. Je näher man zur Reibkraft kommt umso weniger kippt er . Während die Kräfte weiter oben immer mit einer Drehung verbunden sind. Erzeugen die Kräfte weiter unten eher eine translatorische Bewegung. was bei fixmontierten gegenständen zur mechanischen Beanspruchung sprich verformung führen würde.

Das gleiche zeigt sich natürlich auch wenn man auf den Gegenstand einen stoß ausübt. Stellt ma einen gegenstand auf den Boden und übt einen Stoß auf der Höhe der Reibkraft auf so kann man ihn sogar in entgegengesetzter Richtung drehen lassen, weil die auftretende Stoßkraft größer als die Reibkraft ist und die resultierende Kraft unterhalb vom Schwerpunkt angreift.
Der gleiche Stoß aber oben angepeilt hätte den Gegenstand in anderer Richtung sicher schneller umfallen lassen.!!
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 11. Feb 2008 16:45    Titel: Antworten mit Zitat

@bishop und VeryApe: Ich würde vorschlagen, wir betrachten hier am besten, auch wenn wir von Dominosteinen reden, immer nur Kippvorgänge und nicht Rutschvorgänge. Dann brauchen wir gar keine Reibungskräfte mitberücksichtigen, weil wir einfach annehmen, die Haftreibungskraft sei immer groß genug, damit auch der Dominostein immer nur kippt und nicht rutscht. Denn die Zielscheibe rutscht ja auch nie.

simtob hat Folgendes geschrieben:
Im Endeffekt muss eine mindest-Winkelgeschwindigkeit erzielt werden. Diese errechnet sich zu: mrv/(mr²+I)

Okay, nehmen wir mal als Kriterium die Winkelgeschwindigkeit, die die Zielscheibe bzw. der Dominostein durch den Stoß erhält. Die Formel, die du da gefunden hast, erhält man aus dem Ansatz für die Drehimpulserhaltung, wenn wir annehmen wollen, dass die Kugel in der Zielscheibe stecken bleibt.

Mit deiner Deutung dieser Formel bin ich allerdings noch nicht einverstanden, denn da fehlt noch eine Fallunterscheidung. Ob die Winkelgeschwindigkeit nach dem Stoß



größer oder kleiner wird, wenn man das r vergrößert, das kommt nämlich ganz darauf an, wie groß die Masse der Kugel im Vergleich zu der Masse der Zielscheibe ist. Denn das bestimmt, welcher der beiden Terme im Nenner dominiert.

Zu welchen zwei verschiedenen Ergebnissen kommst du

a) Im Fall einer sehr leichten Zielscheibe
b) im Fall einer sehr schweren Zielscheibe?
simtob



Anmeldungsdatum: 19.11.2007
Beiträge: 7
Wohnort: Hamburg

Beitrag simtob Verfasst am: 11. Feb 2008 18:17    Titel: Antworten mit Zitat

Ich nehme mal statt leicht oder schwer Zielscheiben mit kleinem oder großem Trägheitsmoment, denn das ist ja der Term im Nenner über den Du sprichst. m ist ja im Zähler und im Nenner die Masse der Kugel. Leider kenne ich keine genauen Zahlenwerte, habe aber mal mit Vermutungen zwei Fälle geplottet (siehe pdf-File). Blau: sehr kleines Trägheitsmoment, Rot: sehr großes Trägheitsmoment.
Qualitativ ergibt sich dieselbe Kurve, jedoch ist das Maximum und der Entsprechende r-Wert ein anderer.
Für die Kurve habe ich m=0,01 kg, v=500m/s veranschlagt.
Die X-Achse zeigt den Wert für r, die Y-Achse die entsprechende Winkelgeschwindigkeit.
Trägheitsmoment blau: 0,005 rot: 2,0



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dermarkus
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Beitrag dermarkus Verfasst am: 11. Feb 2008 19:06    Titel: Antworten mit Zitat

Welche Aussagen bekommst du damit in den Fällen a) und b) für den Bereich von r, der für einen Fall, wie wir ihn betrachten wollen, interessant ist?

Du kannst dazu entweder deine Plots oder aber, noch viel einfacher, direkt die Formeln anschauen und auswerten.
simtob



Anmeldungsdatum: 19.11.2007
Beiträge: 7
Wohnort: Hamburg

Beitrag simtob Verfasst am: 11. Feb 2008 22:44    Titel: Antworten mit Zitat

Je kleiner das Trägheitsmoment im Verhältnis zu Masse der Kugel, desto eher wird die Zielscheibe bei einem Treffer näher zur Drehachse leichter kippen, als bei einem Treffer weiter oben. Ist das Trägheitsmoment groß, so ergibt sich ein signifikanter Bereich, in dem die Winkelgeschwindigkeit näherungsweise proportional zu r ist. Auf die Zielscheibe lässt sich diese Erkenntnis nur eingeschränkt übertragen, da die Posion der Drehachse im Verhältnis zum "Trefferfenster" und das Trägheitsmoment nicht wirklich bekannt sind. Aber wenn der Fall der roten Kurve der Realität eher entspricht, so hielte ich eine Anordnung für sinnvoll, bei der r-max ungefähr in der Mitte der Zielscheibe und damit die Treffereffektivität am oberen und unteren Rand ungefähr gleich sind.
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 12. Feb 2008 00:59    Titel: Antworten mit Zitat

Einverstanden; den Fall der leichten Zielscheibe
simtob hat Folgendes geschrieben:
Je kleiner das Trägheitsmoment im Verhältnis zu Masse der Kugel, desto eher wird die Zielscheibe bei einem Treffer näher zur Drehachse leichter kippen, als bei einem Treffer weiter oben.

kann man in der Formel am leichtesten sehen, wenn man mit der Annahme



das I vernachlässigt und die Winkelgeschwindigkeit dann proportional zu 1/r wird. (Das ist deine blaue Kurve im Bereich oberhalb deines Diagramms, sagen wir mal im Bereich von z.B. ca. r=0,5 bis r=1 in deinem Diagramm)

Wir sehen also, je nach Größe des Trägheitsmomentes der Zielscheibe bekommen wir ein unterschiedliches Verhalten.

Ich denke, man kann annehmen, dass so ein Projektil wenige Gramm wiegt.

Magst du nun vielleicht sogar mal versuchen, ein bisschen zu googeln und nachzuforschen, wie so eine Zielscheibe typischerweise aussieht oder aufgebaut ist, wieviel sie wiegt, wie weit sie von ihrer Drehachse entfernt ist, und/oder ähnliches? Damit könntest du dann nämlich eindeutig entscheiden, welcher der beiden Fälle (Zielscheibe leicht oder schwer im Vergleich der Trägheitsmomente) hier vorliegt, und ob du der Aussage des Sportmoderators zustimmen kannst.
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