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Gravitationstunnel mit Ostabweichung
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Celestina_Shepherd
Gast





Beitrag Celestina_Shepherd Verfasst am: 23. März 2024 11:10    Titel: Gravitationstunnel mit Ostabweichung Antworten mit Zitat

Hallo,

wenn man am Äquator einen theoretischen Gravitationstunnel bohrt und einen Körper fallen lässt, dann müsste doch die sogenannte „Ostabweichung“ dazu führen, dass der Körper am Erdmittelpunkt vorbeistürzt. – Natürlich müsste der Tunnel dann exakt wie die theoretische Fallkurve gekrümmt gebohrt werden!

Nimmt man einfach mal an, dass hier der freie Fall reibungslos verläuft und die Dichte in der Erdkugel homogen (also konstant) ist, wie nahe würde der Körper wohl dem Erdmittelpunkt kommen? Und um welchen Winkel (Längengrad) verdreht würde der Körper wieder neben dem einstigen Startpunkt zurückpendeln?

Ich habe mal versucht, das zu simulieren und komme auf einen Minimalabstand von ca. 374100m und einen Verdrehwinkel von 21,12° bei einer Fallzeit von 5068 Sekunden. Ich wollte nun wissen, ob ich überhaupt im Rahmen der richtigen Ergebnisse lieg (???).

Meine Randbedingungen waren:
Radius Erde: 6378000 m
Erdbeschleunigung am Äquator: 9,80 m/s²
Umfangsgeschwindigkeit am Äquator: 463,82125 m/s
Dichte konstant (ca. 5,5 g/cm³)

Frage:
Wurde das schon mal irgendwo gerechnet? Bzw. gäbe eine direkte Berechnungsmöglichkeit (z.B. durch gelöste Integrale) mit der man sich eine Simulation über Zeitschrittfolgen ersparen könnte?

Bin für jeden Hinweis dankbar!!!

Grüße
von Celestina
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5873

Beitrag Myon Verfasst am: 23. März 2024 13:04    Titel: Antworten mit Zitat

Ich denke, das kommt sehr gut hin.

In einem mitrotierenden System müsste man die Gravitationskraft, die Zentrifugalkraft und die Corioliskraft berücksichtigen. Das wird aber kompliziert, da in einem kartesischen Koordinatensystem bei einer Abweichung die beiden ersten Kräfte nicht mehr in Richtung einer der Koordinatenachsen zeigen.

Einfacher wird es, wenn man das Problem in einem Inertialsystem betrachtet.

Bei der folgenden Rechnung wird vereinfacht angenommen, dass die Erde kugelförmig sei und die Dichteverteilung homogen. Wenn M die Erdmasse, R der Erdradius und m die Probemasse ist, so wirkt auf die Probemasse die Gravitationskraft



Die potentielle Energie der Probemasse ist also (bei Ep=0 am Erdmittelpunkt)



Wenn r_n die Geschwindigkeit am Punkt der Bahn ist, der am nächsten beim Erdmittelpunkt liegt, folgt aus der Drehimpulserhaltung



wobei omega die Winkelgeschwindigkeit der Erde ist. Aus der Energieerhaltung folgt



Aus den letzten beiden Gleichungen erhält man nach etwas Umformen



Löst man die Gleichung auf, erhält man



Dabei wurde mit einem mittleren Erdradius von R=6371km und einer Erdmasse von 5.972*10^24kg gerechnet.

Die Winkelabweichung folgt einfach aus der Periode der Schwingung (T=5060s) und der Winkelgeschwindigkeit der Erde:

Celestina_Shepherd
Gast





Beitrag Celestina_Shepherd Verfasst am: 23. März 2024 14:57    Titel: Antworten mit Zitat

Myon hat Folgendes geschrieben:
Ich denke, das kommt sehr gut hin.

...

Aus den letzten beiden Gleichungen erhält man nach etwas Umformen



Löst man die Gleichung auf, erhält man



Dabei wurde mit einem mittleren Erdradius von R=6371km und einer Erdmasse von 5.972*10^24kg gerechnet.

Die Winkelabweichung folgt einfach aus der Periode der Schwingung (T=5060s) und der Winkelgeschwindigkeit der Erde:



Hallo Myon,

vielen Dank für den genialen Ansatz, die Energie-Erhaltung und den Drehimpulssatz ins Spiel zu bringen!!!

Als positive Lösungen für die extremalen Radien ergeben sich damit:



und



Mit meinen Werten komme ich dann auf den Minimalradius von ca. 374200 Meter, also nur 100 Meter von der Simulation abweichend. Hätte niemals gedacht, dass ich mittels einer eher plumpen Simulation (nur in Excel erstellt), so nah an die Wahrheit herankomme.

Also noch mal vielen Dank für diese Bestätigung!

Grüße von
Celestina
Myon



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Beiträge: 5873

Beitrag Myon Verfasst am: 23. März 2024 15:56    Titel: Antworten mit Zitat

Celestina_Shepherd hat Folgendes geschrieben:
Als positive Lösungen für die extremalen Radien ergeben sich damit: (...)

Genau. Wobei - dass man den Ausdruck für das minimale r so stark und schön vereinfachen kann, war mir gar nicht aufgefallen. Die zweite Lösung r=R ergibt auch Sinn, denn auch dort stehen Radius und Geschwindigkeit senkrecht aufeinander, womit die Gleichung für die Drehimpulserhaltung auch dort richtig ist.
TomS
Moderator


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Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 24. März 2024 10:59    Titel: Antworten mit Zitat

Schönes Problem und schöne Lösung.

Ich habe folgendermaßen argumentiert:





Das sind die beiden Erhaltungsgrößen, d.h. sie sind immer identisch mit den Werten aus den Anfangsbedingungen





wobei omega und Omega für die Erdrotation und die Oszillation im Potential stehen.

Nun setzt man





in E ein und löst die quadratische Gleichung



mit





Das ist euer Ergebnis.

Eliminiert man außerdem die Zeitableitungen mittels



und setzt in E ein, so erhält man eine DGL für phi, die man mittels Trennung der Variablen integrieren kann:





d.h. die Ablenkung des Winkels vom Startpunkt bis zum minimalen Radius.

Die Lösung habe ich noch nicht überprüft.

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Myon



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Beitrag Myon Verfasst am: 24. März 2024 15:50    Titel: Antworten mit Zitat

Das Problem erinnert auch ein wenig an ein Foucault-Pendel. Lässt man ein solches Pendel an einem der Pole aus ausgelenkter Lage los, ergibt sich eine ähnliche Bahnkurve, nur natürlich mit viel kleinerer Periode.

In einem Inertialsystem entspricht die Bewegung einem zweidimensionalen harmonischen Oszillator. Die Bahn ist eine geschlossene Kurve mit



wobei sich die Amplitude A aus



ergibt.

Damit erhält man wieder den minimalen Abstand vom Erdmittelpunkt



Für die Bahnkurve (x',y') im mitrotierenden System müsste man die Bahn noch mit Kreisfrequenz omega rotieren, d.h.



(Der Plot sieht aus, als handele es sich um eine geschlossene Kurve, was natürlich nicht der Fall ist. Nach 8.5 Perioden kehrt die Bahn aber mit weniger als 1° Abweichung fast zum Ausgangspunkt zurück.)



plot_bahnkurve.png
 Beschreibung:
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plot_bahnkurve.png


TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 24. März 2024 16:23    Titel: Antworten mit Zitat

Ich wollte die selbe Lösung vorschlagen, verstehe aber deinen Ansatz nicht.

Man verwendet die allgemeine Lösung in kartesischen Koordinaten



und bestimmt die Konstanten aus den Anfangsbedingungen.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 31. März 2024 20:28, insgesamt einmal bearbeitet
Myon



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Beitrag Myon Verfasst am: 24. März 2024 17:22    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, mein Ansatz oben war nicht allgemeingültig. Ich ging vom Tunnelproblem aus, dass der Körper bei t=0 fallen gelassen wird und die x-Achse durch den Startpunkt geht. Der Körper befindet sich sozusagen am Aphel - als ganz schiefer Vergleich.

Dann ist bei t=0 die x-Auslenkung maximal, x(0)=R, und die y-Auslenkung geht durch den Nulldurchgang, wobei die Geschwindigkeit gleich der Umlaufgeschwindigkeit der Erde ist.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 25. März 2024 07:14    Titel: Antworten mit Zitat









Jedenfalls ein völlig anderer Lösungsweg; schöne Bestätigung.

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Celestina_Shephard
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Beitrag Celestina_Shephard Verfasst am: 25. März 2024 09:28    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Schönes Problem und schöne Lösung.

...



d.h. die Ablenkung des Winkels vom Startpunkt bis zum minimalen Radius.

Die Lösung habe ich noch nicht überprüft.



Interessantes Integral!!!
Egal, welche Integrationsgrenzen ich einsetze, ich bekomme immer eine Konstante Pi heraus.




Danke auch für die weiteren Ausführungen, die in Richtung des Foucault-Pendels gehen.

Grüße von
Celestina
TomS
Moderator


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Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 25. März 2024 09:51    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, das sieht man recht leicht mittels Substitution






Außerdem passt es zu





für



und damit




Dass der Ansatz mittels der expliziten Lösung für den harmonischen Oszillator recht einfach funktioniert, ist irgendwie klar. Der zuerst diskutierte Ansatz hat aber seine Betechtigung, denn er funktioniert für beliebige Potentiale, auch für 1/r und Streuung im Außenraum, bis hin zur Berechnung der Periheldrehung des Merkurs gemäß der ART in post-Newtonscher Approximation; man lernt mehr daraus.

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Myon



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Beiträge: 5873

Beitrag Myon Verfasst am: 25. März 2024 10:48    Titel: Antworten mit Zitat

Das Integral und dessen Herleitung wollte ich mir heute auch noch anschauen und zu verstehen versuchen.

Lässt man den Körper übrigens nicht am Äquator, sondern bei der geografischen Breite lambda fallen, läuft alles analog





Ja, das geht nur bei diesem Potential so einfach, und das andere Vorgehen funktioniert viel allgemeiner. Ich finde es trotzdem noch schön. Besonders, wenn man zuerst wie ich den Fehler macht und versucht, im mitrotierenden System und mit Scheinkräften zu überlegen, denn dann wird es viel komplizierter. Sobald man die Situation "von aussen", in einem Inertialsystem, betrachtet, wird es anschaulich.
TomS
Moderator


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Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 25. März 2024 13:23    Titel: Antworten mit Zitat

Myon hat Folgendes geschrieben:
Das Integral und dessen Herleitung wollte ich mir heute auch noch anschauen und zu verstehen versuchen.

Wie gesagt, man schreibt E als Funktion von r und phi', löst nach phi' auf vereinfacht geeignet.

Ich bin ehrlicherweise überrascht gewesen, dass mein Ergebnis inkl. des Vorfaktors 1/2 gleich richtig war – hätte ich nicht erwartet 🙃

Die Form des Integrals war aber überzeugend, auch dass die Faktorisierung des Nenners auf die selben Nullstellen des Polynoms führt wie zuvor, hat mein Vertrauen bestärkt.

Jedenfalls eine schöne Zusammenarbeit hier.

Myon hat Folgendes geschrieben:
Lässt man den Körper übrigens nicht am Äquator, sondern bei der geografischen Breite lambda fallen …

Danke.

Myon hat Folgendes geschrieben:
Ja, das geht nur bei diesem Potential so einfach, und das andere Vorgehen funktioniert viel allgemeiner. Ich finde es trotzdem noch schön. Besonders, wenn man zuerst wie ich den Fehler macht und versucht, im mitrotierenden System und mit Scheinkräften zu überlegen, denn dann wird es viel komplizierter.

Ist das so? Dann schaue ich mir das nicht an 😁

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Celestina_Shepherd
Gast





Beitrag Celestina_Shepherd Verfasst am: 26. März 2024 09:24    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

ich habe mich mal an den Versuch herangewagt, die Erdkugel nicht als homogenen Körper zu betrachten, sondern den Dichteverlauf als linear anzunehmen. Gemäß den geologischen Modellen soll im Erdinnern eine Dichte von ca. 13000 kg/m³ vorliegen.



mit X = 9981 m/kg³ und Y = 3019 kg/m³.

Die Funktion der Masse ist dann:




mit

mittlere Dichte der Erde
Masse der Erde

Somit ergibt sich für die Gewichtskraft:




und damit die potentielle Energie



mit


Der Energieerhaltungssatz führt zu der Gleichung:



Schreibt man für



resultiert letztendlich die Gleichung:



Eine Lösung für den minimalen Radius ist dann:



wobei die Gesamtzeit für das Hin- und Herpendeln nur noch 4650 Sekunden beansprucht und die Winkeldifferenz bei 15.45° liegt. (Simulation mit meiner Excel-Berechnung)

Setzt man für





ein, dann liegt die Bestimmungsgleichung für die homogene Erdkugel vor, also




Grüße von
Celestina
Celestina_Shepherd
Gast





Beitrag Celestina_Shepherd Verfasst am: 28. März 2024 11:03    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

wenn ich mir die Gleichung zur Berechnung von r_min anschaue, dann kommt mir folgender Gedanke. Der kleinste Abstand vom Erdmittelpunkt errechnet sich mit



wobei die Winkelgeschwindigkeit für eine Erdkugel mit homogener Dichteverteilung als konstant vorausgesetzt wird. Die Rotation der Erde mit ist hingegen eine von der vorgegebenen Masseverteilung der Erde unabhängige Variable, die auch anders hätte ausfallen können. Wenn z.B. keine Erdrotation vorliegen würde, dann würde der Tunnel geradlinig durch den Erdmittelpunkt verlaufen mit r_min = 0. Die Zeit des freien Falles einmal quer durch die Erde ist dann T = 5068s / 2 = 2534 s. Und da ist, bleibt diese Fallzeit immer dieselbe, egal wie schnell die Erde rotiert, wobei sich ein Punkt am Äquator nicht schneller als die erste kosmische Geschwindigkeit bewegen darf.



Nun könnte man für die verschiedensten Erdrotationen die entsprechenden r_min berechnen und wüsste zugleich, wie weit die beiden Endpunkte des Tunnels voneinander entfernt sind (z.B. als Winkel in Bogenmaß).



oder als Bogenstück:



Sämtliche „Tunnel-Kurven“ in Abhängigkeit von der Erdrotation sind somit isochrone Verläufe durch die Erdkugel, da sie immer 2534 Sekunden für einen Durchlauf von Erdoberfläche zur Erdoberfläche benötigen.

Meine Annahme ist nun, dass ein fallender Körper, der sich von A nach B bewegt und bei dem nur die Gravitation als Gewichtskraft wirkt (es wirken also keine Reaktionskräfte durch die Tunnelwandführung ein!), sich entlang einer Brachistochrone bewegt. Und wenn das zutreffen sollte, dann ist man schnell bei den Hypozykloiden als Lösung für den Tunnelverlauf. Die folgende Arbeit beschäftigt sich mit jenen Brachistochronen innerhalb der Erdkugel, wobei der Einfluss der Erddrehung nicht berücksichtigt wird!

"Brachistochrone inside the Earth": The Gravity Train
von Amanda Maxham
physics.unlv.edu/~maxham/gravitytrain.pdf

Der in dieser Arbeit definierte Abrollkreis innerhalb des Erdkreises hat den Radius b. Bezogen auf die isochronen Tunnelverläufe (als Funktion von ) würde sich dieser so berechnen:



Die Frage ist nun, ob dieses Analogon (Hypozykloide) für die Beschreibung der Tunnelverläufe wirklich herangezogen werden kann? Könnte ja sein, dass sich die Kurven zueinander nur sehr ähneln?

Andererseits kann durch dieses Gedankenexperiment schon mal eine Aussage getroffen werden, wie der freie Fall am Äquator aussehen würde, wenn sich die Erde etwa 17mal schneller drehen würde (Tangentialgeschwindigkeit liegt kurz vor der Fluchtgeschwindigkeit). Ein fallender Körper würde sich dann sehr, sehr langsam entlang einer Zykloiden bewegen, also eine geringe Tiefe erreichen und schließlich wieder nach oben steigen. Danach würde der Freie-Fall-Zyklus erneut beginnen und sich entlang der Erdoberfläche weiter fortsetzen. Doch das Problem jener „Erdenbewohner“ läge eher darin, nicht die Bodenhaftung zu verlieren. Augenzwinkern

Grüße von
Celestina
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 28. März 2024 11:53    Titel: Antworten mit Zitat

Celestina_Shepherd hat Folgendes geschrieben:
Andererseits kann durch dieses Gedankenexperiment schon mal eine Aussage getroffen werden, wie der freie Fall am Äquator aussehen würde, wenn sich die Erde etwa 17mal schneller drehen würde [...]


... und trotzdem noch kugelförmig wäre. In Wirklichkeit könnte sie im homogenen Fall höchstens 9 mal so schnell rotieren. Aber wenn man das berücksichtigt, dann wird die ganze Sache drastisch komplizierter.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 28. März 2024 12:25    Titel: Antworten mit Zitat

Ich sehe den Zusammenhang zwischen dem bisher betrachteten Problem und der Brachistochrone nicht.

(1) Wir betrachten bisheriger den freien Fall im Gravitationsfeld im Inneren einer homogenen Kugel, d.h. gesucht ist – ausgehend von Anfangsbedingungen für Ort und Geschwindigkeit – die Bahnkurve sowie insbs. minimaler Radius und Endpunkt.

(2) Die Brachistochrone betrachtet nicht den freien Fall, sondern gesucht ist – ausgehend den Randbedingungen für Start und Ziel – die Bahnkurve mit der minimalen Zeit, die i.A. keiner Lösung von (1) entspricht.

Man könnte sich fragen, unter welchen Voraussetzungen (1) und (2) die selbe Lösung haben, also wann der freie Fall eine Brachistochrone liefert.

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Celestina_Shepherd
Gast





Beitrag Celestina_Shepherd Verfasst am: 28. März 2024 14:06    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich sehe den Zusammenhang zwischen dem bisher betrachteten Problem und der Brachistochrone nicht.

(1) Wir betrachten bisheriger den freien Fall im Gravitationsfeld im Inneren einer homogenen Kugel, d.h. gesucht ist – ausgehend von Anfangsbedingungen für Ort und Geschwindigkeit – die Bahnkurve sowie insbs. minimaler Radius und Endpunkt.

(2) Die Brachistochrone betrachtet nicht den freien Fall, sondern gesucht ist – ausgehend den Randbedingungen für Start und Ziel – die Bahnkurve mit der minimalen Zeit, die i.A. keiner Lösung von (1) entspricht.

Man könnte sich fragen, unter welchen Voraussetzungen (1) und (2) die selbe Lösung haben, also wann der freie Fall eine Brachistochrone liefert.



Punkt (2) würde ich sofort unterschreiben, dass im Allgemeinen die Lösungen aus (1) keine Brachistochronen liefern müssen. Deswegen habe ich mich vorsichtig nur mit einer Vermutung geäußert. Jedoch im Speziellen würde ich in diesem besonderen Problemfall davon ausgehen, dass sämtliche isochronen Kurven des freien Falls zugleich als Brachistochronen betrachtet werden können. Denn wenn ich meine simulierten Kurven über die Hypozykloiden lege, finde ich visuell keine Abweichungen. Der relative Fehler liegt wahrscheinlich noch unter 1 Promille. Das is zwar noch lange kein Beweis, aber es sagt schon etwas über die sehr große Ähnlichkeiten der verglichenen Kurven aus.

Vielleicht kann ja jemand meine Vermutung entkräften? Mir fehlt da leider das mathematische Rüstzeug. Wäre schon interessant, ob das Analogon zutriftt oder nicht?

Grüße von
Celestina
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 28. März 2024 15:53    Titel: Antworten mit Zitat

Ich sehe den Zusammenhang, versuche jedoch auch noch, das Problem klarer zu fassen.

Wir haben bisher eine Klasse von Lösungen betrachtet, die ausgehend von einer speziellen Anfangsbedingung – Anfangspunkt P, radiale Geschwindigkeit gleich null sowie tangentiale Geschwindigkeit entsprechend Rotation der Erdoberfläche – konstruiert wurden. Damit ist der Endpunkt Q der Bahnkurve des frei fallenden Körpers eindeutig definiert.

Wenn du nun ausgehend vom selben Anfangspunkt P einen anderen Endpunkt Q* erreichen möchtest, dann musst du irgendetwas an diesen Bedingungen ändern: entweder die Anfangsbedingungen, d.h. eine andere Geschwindigkeit, oder du verabschiedest dich vom freien Fall; änderst du daran nichts, änderst du auch Q nicht.

Andererseits wissen wir unter zu Verwendung der allgemeinen Relativitätstheorie, dass von allen möglichen Kurven zwischen zwei Punkten P und Q diejenige Kurve die längste (kürzeste war falsch) Eigenzeit aufweist, die dem kräftefreien Fall entspricht.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 28. März 2024 17:40, insgesamt 3-mal bearbeitet
Celestina_Shepherd
Gast





Beitrag Celestina_Shepherd Verfasst am: 28. März 2024 17:08    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

...
Wenn du nun ausgehend vom selben Anfangspunkt P einen anderen Endpunkt Q* erreichen möchtest, dann musst du irgendetwas an diesen Bedingungen ändern: entweder die Anfangsbedingungen, d.h. eine andere Geschwindigkeit, oder du verabschiedest dich vom freien Fall; änderst du daran nichts, änderst du auch Q nicht.


Genau. Wenn ich einen anderen Punkt Q* erreichen will, dann muss ich entweder (bei verbleibenden Bedingungen) einen Zwang gegen den vorliegenden freien Fall einbringen (z.B. durch geänderte Tunnelkurve) oder aber ich ändere die Anfangsbedingung in der Form, dass ich ein anderes wähle und mich dann wieder in einem Freien-Fall-Szenario befinde, wobei die Zeit des Fallens konstant bleibt.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Andererseits wissen wir unter zu Verwendung der allgemeinen Relativitätstheorie, dass von allen möglichen Kurven zwischen zwei Punkten P und Q diejenige Kurve die kürzeste Eigenzeit aufweist, die den kräftefreien Fall entspricht.


Ich glaube, hier liegt ein kleiner Flüchtigkeitsfehler vor, weil in der ART nicht das Fermat'sche Prinzip zum Tragen kommt. Bei einer Bewegung durch ein Schwerefeld gilt: "Ein Objekt bewegt sich stets in der Weise von einem Ort zum anderen, daß eine mit ihm beförderte Uhr eine längere Zeit anzeigt, als sie auf jeder anderen möglichen Bahnkurve anzeigen würde." - Das ist ein Zitat aus "Physikalische Fingerübungen für Fortgeschrittene" Kap.6.7- R.P. Feynman - Es gilt also das Prinzip der maximalen Eigenzeit, wenn die Betrachtungen in der gekrümmten Raumzeit angestellt werden.

Ich denke, mit diesem Problem kann man sich durchaus längere Zeit auseinandersetzen, wenn man einen Beweis (Pro oder Kontra?) erbringen wollte. Bestimmt keine leichte Angelegenheit. - Jetzt würde ich aber sagen: Genießt erst einmal das lange Oster-Wochenende!!!

Vielen Dank für die bisherigen Kommentare!

Grüße von
Celestina
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 28. März 2024 17:42    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für den Hinweis, hab den Fehler korrigiert.

Und auch dir ein schönes Osterwochenende.

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18083

Beitrag TomS Verfasst am: 28. März 2024 18:11    Titel: Antworten mit Zitat

Celestina_Shepherd hat Folgendes geschrieben:
Ich denke, mit diesem Problem kann man sich durchaus längere Zeit auseinandersetzen, wenn man einen Beweis (Pro oder Kontra?) erbringen wollte.

Zunächst mal müsste man einige Zeit damit verbringen, die sinnvollen Hypothesen präzise zu formulieren.

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Celestina_Shepherd
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Beitrag Celestina_Shepherd Verfasst am: 28. März 2024 22:16    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

mir würde genügen, wenn die folgende Hypothese auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft würde.

PROBLEM:

Gegeben sei die Erdkugel mit der Masse M und dem Radius R sowie einer homogenen Masseverteilung im Inneren.

Die erste kosmologische Geschwindigkeit sei somit:



mit



Ein Startpunkt A auf dem Äquator ist definiert mit der Koordinate:



wobei der Erdmittelpunkt im Ursprung liegt.



Ein Zielpunkt B auf dem Äquator habe die Koordinaten:




HYPOTHESE:

Wenn die Erde mit der Winkelgeschwindigkeit



rotieren würde, dann wird der Bahnverlauf (Tunnel) eines frei fallenden Körpers von A nach B (durch die Erde hindurch) über eine Hypozykloide beschrieben, gemäß:





mit



und




Der fallende Körper nähert sich dann dem Erdmittelpunkt bis auf den Radius



und die Zeit des freien Falls von A nach B ist





Ich hoffe, dass ich nicht noch irgendeinen Fehler hier eingebaut habe. Aber so sähe meine Vermutung aus.

Grüße von
Celestina
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 29. März 2024 07:34    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn ich dich richtig verstehe, möchtest du die Bedingung der Minimalkurve gar nicht betrachten und ausschließlich die geometrische Formen vergleichen.

Jetzt bin ich mir nicht sicher weswegen du

Celestina_Shepherd hat Folgendes geschrieben:
Wenn die Erde mit der Winkelgeschwindigkeit



rotieren würde …


und

Celestina_Shepherd hat Folgendes geschrieben:




mit



mit phi und theta einführst

und nicht unmittelbar die Gleichungen (24) und (25) aus https://www.physics.unlv.edu/~maxham/gravitytrain.pdf verwendest.

Außerdem verstehe ich nicht, wie du die Bedingung des freien Falls weiterhin aufrecht erhalten möchtest. Das kannst du nur entweder
a) für die von uns oben abgeleiteten spezielle Lösungen tun, wobei b und phi nicht mehr frei wählbar sind, oder
b) indem du die speziellen Anfangsbedingungen für die Geschwindigkeit aufgibst.


Dann: ich modifiziere die Gleichungen (24) und (25) aus dem verlinkten PDF, indem ich



einführe, um sie mit unserem Ansatz vergleichen zu können; ähnlich müsste man für b vorgehen.

Die Idee ist, Spezialfälle zu betrachten.

1. Anfangsbedingungen





Das gilt auch für deine Gleichungen, wenn ich



identifiziere.

Und damit handelt es sich im PDF sowie bei deiner Hypothese immer um eine andere Klasse von Bahnkurven als die bisher von uns betrachteten. Oder ich verstehe etwas grundsätzlich nicht.

2. Energieerhaltung

3. Impulserhaltung

Habe ich dann nicht mehr betrachtet.


Ganz allgemein betrachtet hast du zwei Mengen von Bahnkurven, und es geht darum jeweils die Spezialfälle herauszufinden, die die Schnittmenge definieren, bzw. umgekehrt, die nicht in dieser Schnittmenge liegen können.

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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 29. März 2024 09:14    Titel: Antworten mit Zitat

Andersherum: mich persönlich hätte eher interessiert, für welche Klasse von Kurven die von uns gefunden auch Extremalkurven bzgl. der Zeit sind. Da unsere Kurven jedoch eindeutige Lösungen sind, müssen wir die Bedingen lockern, um überhaupt eine Klasse von Kurven diskutieren zu können.

Festhalten sollten wir an
- Energieerhaltung

Lockern könnten wir
- Drehimpulserhaltung
- Anfangsbedingungen

Letzteres ist heikel, da andere Anfangsgeschwindigkeiten trivialerweise zu anderen Zeiten führen. Ich werde mir mal die selben Anfangsgeschwindigkeiten sowie natürlich die selben P und Q ansehen und dabei nicht mehr die Drehimpulserhaltung fordern.

Außerdem ist mir folgendes aufgefallen: man erhält sicher die selben Zeiten zwischen P und Q, wenn man statt der oben berechneten Kurven einfach die Rotation des Körpers mit der Erdrotation, fixiert an der Erdoberfläche mit Radius r(t) = R betrachtet; dabei gilt neben der Energie- auch die Drehimpulserhaltung. Das ist zwar wieder eine andere Klasse von Kurven, aber es zeigt, dass die Frage nach Extrema nicht-trivial ist.

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Celestina_Shepherd
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Beitrag Celestina_Shepherd Verfasst am: 29. März 2024 11:17    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

als Randbemerkung hätte ich vielleicht noch ergänzen müssen, dass die Herleitungen der Hypozykloiden von A. Maxham sich nur auf einen Spezialfall beziehen, wenn die Erde still stehen würde (Anfangsgeschwindigkeit v=0, weil ). Insofern kann man nur eine einzige gemeinsame Lösung für die beiden unterschiedlichen Problemstellungen identifizieren, nämlich der geradlinige freie Fall durch das Erdzentrum mit .

Daher muss besonders darauf geachtet werden, dass auch die Weg-Zeitgesetzmäßigkeiten von beim „Gravity-Train“ und bei meinem Problem nichts gemeinsam haben. Deswegen kommen beim „Gravity-Train“ für die unterschiedlichen Brachistochronen unterschiedliche Fall- bzw. Fahrzeiten heraus, während bei meinem Problem bei unterschiedlichen „Frei-Fall-Situationen“ (in Abhängigkeit von ) stets dieselbe konstante Fallzeit gefordert ist. Daher ist für mich noch unbekannt. Oder anders ausgedrückt, müsste so gewählt werden, dass sich folgendes ergibt:



wobei v* nicht das v vom „Gravity-Train ist! Diese Bedingung () muss für alle gelten. Man könnte diese Aussage auch als Prüfbedingung verwenden, wenn man hypothetisch voraussetzt, dass für meine Problemstellung der freie Fall die Kurvenform einer Hypozykloide annimmt.

Um meine Hypothese zu entkräften, bedarf es eigentlich nur ein einziges Szenario zu finden, mit der die Prüfbedingung falsifiziert wird. Zum Beispiel für …



und der dazugehörigen Hypozykloiden-Vorschrift:





bzw.






Vielleicht ist das ja eine Herangehensweise, um diesen Hypothesen-Ansatz frühzeitig ad acta zu legen oder gar in die Tonne zu treten. Augenzwinkern

Grüße von
Celestina
Celestina_Shepherd
Gast





Beitrag Celestina_Shepherd Verfasst am: 29. März 2024 11:46    Titel: Antworten mit Zitat

Celestina_Shepherd hat Folgendes geschrieben:








Als Prüfkurve lässt sich dann noch vereinfachen zu:





Grüße von
Celestina
Celestina_Shepherd
Gast





Beitrag Celestina_Shepherd Verfasst am: 29. März 2024 11:49    Titel: Antworten mit Zitat

Celestina_Shepherd hat Folgendes geschrieben:
...



Grüße von
Celestina



Korrektur!!!

TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 29. März 2024 12:01    Titel: Antworten mit Zitat

Können wir das nochmal etwas eindampfen?

Celestina_Shepherd hat Folgendes geschrieben:
… würde genügen, wenn die folgende Hypothese auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft würde.

… wird der Bahnverlauf eines frei fallenden *) Körpers von A nach B beschrieben, gemäß:





*) müssen wir evtl. noch geeignet formulieren, z.B. die Drehimpulserhaltung aufgeben, jedoch Energieerhaltung behalten.

Den Parameter b können wir noch unbestimmt stehen lassen.

Deine Aussage
Celestina_Shepherd hat Folgendes geschrieben:
Wenn die Erde mit der Winkelgeschwindigkeit



rotiert

ersetzen wir durch die Festlegung einer geeigneten Anfangsbedingung für die Geschwindigkeit.

Ok?

Du setzt m.E. zu viele Details voraus, die uns zu Beginn nicht interessieren, wodurch die Fragestellung sehr kompliziert wird und wir eventuell sogar Lösungen verlieren.


Außerdem s.o. – dein Ansatz funktioniert m.E. nicht, da v(0) = 0 gilt. Wie gehst du damit um? Oder interessiert dich die von uns gefundene Lösung nicht mehr? Ich verstehe immer noch nicht, ob und wie du später den Zusammenhang herstellen möchtest.

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Beitrag Celestina_Shepherd Verfasst am: 29. März 2024 13:48    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Können wir das nochmal etwas eindampfen?
...

*) müssen wir evtl. noch geeignet formulieren, z.B. die Drehimpulserhaltung aufgeben, jedoch Energieerhaltung behalten.

Den Parameter b können wir noch unbestimmt stehen lassen.

Deine Aussage
Celestina_Shepherd hat Folgendes geschrieben:
Wenn die Erde mit der Winkelgeschwindigkeit



rotiert

ersetzen wir durch die Festlegung einer geeigneten Anfangsbedingung für die Geschwindigkeit.

Ok?

Du setzt m.E. zu viele Details voraus, die uns zu Beginn nicht interessieren, wodurch die Fragestellung sehr kompliziert wird und wir eventuell sogar Lösungen verlieren.


Außerdem s.o. – dein Ansatz funktioniert m.E. nicht, da v(0) = 0 gilt. Wie gehst du damit um? Oder interessiert dich die von uns gefundene Lösung nicht mehr? Ich verstehe immer noch nicht, ob und wie du später den Zusammenhang herstellen möchtest.



Ich verstehe allmählich, was dich an meiner Vorgehensweise stört. Ich setze etwas "Fertiges" vor und stelle plump die Vermutung an, dass es für mein Problem Gültigkeit haben könnte. Ist natürlich nicht sehr elegant und, da stimme ich zu, findet man keine Lösungen, die mehr Allgemeingültigkeit abdecken.

Wie gesagt, ich traue mir das Lösen dieser komplexen Bewegungsgleichungen nicht zu, da ich beruflich weder in der Physik noch in der Mathematik beheimatet bin. Bei solchen Problem ist bei mir schnell Schluss. Insofern lasse ich mich gerne von den Profis beraten, wie man am besten herangehen sollte. Ich bin einverstanden, wenn als Anfangsbedingung das einfließt und das "b" noch offen gelassen wird, was heißt, dass ich den Zielpunkt B noch nicht voraussetze.

Ich bin ja wirklich gespannt, wohin diese "Reise" noch führt? Wahrscheinlich werde ich von der dahintersteckenden Mathematik erschlagen werden, aber ich kann ja mal schauen, wie weit ich da noch mitkommen kann.

Der "Worst-Case" wäre wohl, wenn das Problem nur numerisch gelöst werden kann. Dann könnte man auch nur einen numerischen Abgleich zu der Hypothese machen, und dieser fiele aus meiner Sicht ziemlich gering aus, wäre aber dann weiterhin kein gültiger Beweis.

Grüße von
Celestina
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 29. März 2024 14:12    Titel: Antworten mit Zitat

Nein, das stört mich überhaupt nicht.

Ich sehe nur, dass deine Vermutung in der vorliegenden Form nicht sinnvoll ist.

Wir hatten oben eine Lösung





mit





Dein Ansatz





liefert jedoch





Aufgrund der letzten Gleichung haben die beiden Lösungensmengen außer einer trivialen Lösung nichts gemein.

Ursache ist, dass die Ableitung nach t Null liefert, wenn ein Sinus stehen bleibt, aber auch dann Null liefert, wenn der Cosinus stehen bleibt, da sich wegen der Vorzeichen



die Terme nach dem Ableiten für t=0 wegheben. Der Cosinus liefert beidemale 1, die Ableitung von theta ist identisch, also hebt sich das weg.


Deine Idee ist interessant! Letztlich ist es die Fragestellung, was haben die Lösungsmengen zweier unterschiedlicher Probleme gemein? Aber damit da was sinnvolles rauskommt, muss man die Problemstellung weit genug fassen.

Beispiel: Gegeben seien Lösungen zweier Bewegungsgleichungen, einmal Parabeln und einmal Ellipsen. Frage: In welchen Fällen sind diese identisch? Antwort: nie! Fassen wir das Problem jedoch weit genug, so stellt sich heraus, dass die bekannte Wurfparabel lediglich die Näherung an einen kleinen Ausschnitt einer Kepler-Ellipse darstellt.

Das Problem ist also noch gar nicht die Lösung bzw. die Berechnung für deine Vermutung, sondern einige geeignete Formulierung.

Evtl. verstehe ich aber auch noch nicht genau, worauf du hinauswillst. Deswegen reite ich so auf der Formulierung rum.

Ich sehe im wesentlichen zwei verschiedene Stoßrichtungen: einerseits die Frage nach der geometrischen Form der Kurven, unabhängig davon in welcher Zeit und mit welcher Geschwindigkeit sie durchlaufen werden; andererseits die Frage nach den Kurven mit der minimalen Zeit, und inwiefern diese Idee wieder auftaucht, wenn man eine völlig andere Fragestellung betrachtet, nämlich die Lösung zunächst ohne Betrachtung der minimalen Zeit. Beides ist interessant, und beide Stoßrichtungen haben auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun.

Dann muss man auf die Details achten: Im zunächst betrachteten Fall erhalten wir für eine bestimmte Anfangsbedingung eine einzige und eindeutige Lösung; für diese eindeutige Lösung ist die Frage, ob sie die Zeit minimiert, offensichtlich sinnlos, da wir überhaupt nicht mit anderen Lösungen vergleichen können. Wir müssen also die Kriterien, die uns zu dieser Lösung geführt haben, geeignet aufweichen: Den Energiesatz werden wir nicht verwerfen, die Erhaltung des Drehimpulses wird für andere Formen der Röhren nicht gelten und muss daher aufgegeben werden; lternativ könnte man auch die Anfangsgeschwindigkeit anders festlegen, jedoch variiert man damit letztlich auf ziemlich triviale Weise die Zeit.

Im der zuletzt von dir diskutierten Vermutung muss man den Ansatz zumindest dahingehend erweitern, dass er bezüglich der Anfangsbedingungen kompatibel wird; das ist meiner Meinung nach nicht der Fall, und deswegen braucht man aus gar nicht erst zu rechnen beginnen.

Mich interessiert an der Diskussion daher zunächst, ob man für zwei völlig unterschiedliche Problemstellungen die Voraussetzungen so weit fassen kann, das gemeinsame Lösungen existieren.

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Beitrag Celestina_Shepherd Verfasst am: 29. März 2024 15:30    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Nein, das stört mich überhaupt nicht.

Ich sehe nur, dass deine Vermutung in der vorliegenden Form nicht sinnvoll ist.

Wir hatten oben eine Lösung





mit






Ich glaube, da liegt bei mir dann wohl der Knackpunkt. Die ganze Zeit denke ich in einem mit rotierenden Koordinaten-System. Und da ich meine berechneten Koordinaten permanent rotieren lasse, fällt bei mir der Körper anfangs senkrecht durch die Erdoberfläche und hat hinsichtlich dieses Bezugssystems KEINE Anfangsgeschwindigkeit.

Deshalb komme ich mit den Bahnkurven der "Gravity-Train" wunderbar zurecht. Die elliptischen Bahnen hatte ich gar nicht mehr in petto. Diese eignen sich natürlich glänzend, um den Minimalabstand zum Erdmittelpunkt zu berechnen. Da ist der "Klebstoff" bzw. der Zusammenhang zwischen meiner Vermutung und dem "Gravity-Train-Problem", weil ich trotz vorhandenem keine Anfangsgeschwindigkeit wahrnehmen kann, sobald das KS mit rotiert. Und deswegen konnte ich für die Analogiebetrachtung das uminterpretieren hin zu unterschiedlichen Zielpunkten B bzw. Winkeln .

Grüße von
Celestina
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 29. März 2024 15:42    Titel: Antworten mit Zitat

Das Problem ist, dass die Bewegungsgleichungen im rotierenden System eklig werden.

Egal. Wichtiger ist, worauf du letztlich hinauswillst.

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Beitrag Celestina_Shepherd Verfasst am: 29. März 2024 18:38    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:


...
Wir hatten oben eine Lösung





mit






Wenn man für diese Gleichung eine Drehtransformation durchführt um , dann kommt man genau auf die Hypozykloiden, wie ich sie beschrieben habe, nur dass mein und ist, weil ich ein anderes System gewählt habe.

Nach der Transformation setzt man folgende Terme ein, um auf die Hypothesen-Gleichung zu kommen:





sowie



und das ergibt dann (für mein System):





Insofern kann man die Analogie anwenden.

Was mich anfangs etwas irritiert hat, dass die rotierten Gleichungen für den "plot_bahnkurve.png" (von Myon) so gar nichts mit dem Verlauf der Hypozykloiden zu tun haben??? Daher war etwas vorsichtig gewesen, darauf aufzusatteln.

Ich bin zumindest erst einmal zufrieden, dass sich die Gleichungen ineinander überführen lassen.

Grüße von
Celestina
Celestina_Shepherd
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Beitrag Celestina_Shepherd Verfasst am: 29. März 2024 19:51    Titel: Antworten mit Zitat

Celestina_Shepherd hat Folgendes geschrieben:

...

Was mich anfangs etwas irritiert hat, dass die rotierten Gleichungen für den "plot_bahnkurve.png" (von Myon) so gar nichts mit dem Verlauf der Hypozykloiden zu tun haben??? Daher war ich etwas vorsichtig gewesen, darauf aufzusatteln.
...


Ich denke, die Gleichungen wurden in die falsche Drehrichtung transformiert, daher meine Irritation.

Grüße von
Celestina
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 29. März 2024 20:38    Titel: Antworten mit Zitat

Also wenn ich dich richtig verstehe, dann gelten deine Gleichungen im mitrotierenden System, und du kannst sie auch ins ruhende System transformieren.

Oder du könntest umgekehrt die Lösungen der Bewegungsgleichung ins rotierende System transformieren.

Dann schreib doch mal diese Gleichungen







sowie deine im selben System ein, damit wir sie nebeneinander sehen.

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 29. März 2024 20:47    Titel: Antworten mit Zitat

Trotzdem, ich lasse immer noch nicht locker bei der Fragestellung.

Deine Gleichung beschreibt Bahnkurven minimaler Zeit zwischen Punkten A und B auf einem Kreis. Bis auf den Fall, dass A und B gegenüberliegen, handelt es sich nicht um Lösungen der Bewegungsgleichung für den freien Fall – außer eventuell für speziell angepasste Anfangsbedingungen.

Die Lösung der Bewegungsgleichung beschreibt keine Bahnkurven minimaler Zeit, solange nicht die Bedingungen gelockert werden, um überhaupt mehrere Lösungen zu erhalten.

Damit bleibt zunächst nur die Option, dass die Bahnkurve minimaler Zeit zwischen A und dem gegenüberliegenden Punkt zugleich die Lösung der Bewegungsgleichung für den freien Fall darstellt.

Außerdem sehe ich noch die Option, dass die Bahnkurve minimaler Zeit zwischen A und einem anderen Punkt ebenfalls zugleich die Lösung der Bewegungsgleichung für den freien Fall darstellt, wobei zu prüfen wäre, wie dies durch Anpassen der Anfangsbedingungen erreicht wird.

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Beitrag Celestina_Shepherd Verfasst am: 29. März 2024 23:10    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Also wenn ich dich richtig verstehe, dann gelten deine Gleichungen im mitrotierenden System, und du kannst sie auch ins ruhende System transformieren.

Oder du könntest umgekehrt die Lösungen der Bewegungsgleichung ins rotierende System transformieren.

Dann schreib doch mal diese Gleichungen







sowie deine im selben System ein, damit wir sie nebeneinander sehen.


Hier sei nun die Umformung bzgl.





Transformation um den Winkel







mit



bzw.



ergibt das





und lässt sich vereinfachen zu





nun sei



bzw.



dann resultieren die beiden Gleichungen ( 38 ) und ( 39 ) aus „Gravity-Train“





Darüber hinaus kann man sich nun auch die Zeitgleichung ( 32 ) vorknöpfen. Setzt man dort folgende Ausdrücke ein



und



sowie



dann schmilzt diese Gleichung zusammen zu



Und da beim „Gravity-Train“ gilt, zeigt sich somit



womit die isochrone Aussage bzgl. der transformierten Gleichungen ebenfalls überprüft wäre.

Grüße von
Celestina
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 30. März 2024 10:00    Titel: Antworten mit Zitat

Super, damit hast du gezeigt, dass die Lösung zum freien Fall für die nicht-rotierende Erde zugleich eine bzgl. der Zeit extremale Lösung ist.

Jetzt die Frage, wie du deine Vermutung für die rotierende Erde erweitern möchtest.

Die anderen von dir betrachteten Kurven sind sicher keine Lösungen zum freien Fall. Andersherum könnte man natürlich untersuchen, ob die Lösungen zum freien Fall auch bzgl. der Zeit extremale Lösungen sind; dafür sehe ich zwar weder offensichtliche physikalische noch mathematische Anhaltspunkte, aber das muss ja nichts heißen.

Oder lassen wir’s damit gut sein?

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 30. März 2024 11:04    Titel: Antworten mit Zitat

Zu letzterem sähe die Vorgehensweise wie folgt aus:

Wir wissen, dass für die T entlang einer beliebigen Kurve C gilt



Da wir die Endpunkte festhalten wollen und man sinnvollerweise die Kurve C und damit r mittels des Winkels parametrisiert, bietet sich die Winkeldarstellung an





Die Energieerhaltung halten wir aufrecht (die Drehimpulserhaltung nicht; wir verwenden sie einfach nicht, andernfalls erhalten wir immer nur die eine bereits bekannte Lösung)





und damit



Einsetzen liefert



Dieses Funktional, also die Zeit in Abhängigkeit von der Funktion r des Winkels phi wird auch im PDF untersucht.

Ich formuliere nun eine Hypothese, die man untersuchen könnte:

Für die rotierende Erde, unter Beachtung der Energieerhaltung (bereits implementiert), soll gezeigt werden, ob oder ob nicht die gefundenen Lösungen für den freien Fall bei identischen Anfangsbedingungen ebenfalls die Zeit minimieren.

D.h. wir setzen





wobei die kleine Variation rho die Anfangsbedingungen nicht ändern soll.

Dann ist zu zeigen, ob oder ob nicht ein Extremum vorliegt, d.h.



d.h. ob oder ob nicht die erste Ableitung



verschwindet.

Die Aufgabe ist demnach, beliebige kleine Variationen der gefundenen Lösung für den freien Fall zu parametrisieren, das Integral bis in erster Ordnung in diesen Variationen zu entwickeln und zu prüfen, ob diese erste Ordnung verschwindet.

Das ist exakt die selbe Vorgehensweise wie im verlinkten Paper, außer dass wir nicht die Funktion r von phi selbst betrachten, sondern die bekannte Funktion mit kleinen Variationen.
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