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Gezeiten - was genau ist daran falsch? - Seite 2
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antaris



Anmeldungsdatum: 12.12.2022
Beiträge: 477
Wohnort: In einem chaotischen Universum

Beitrag antaris Verfasst am: 07. Jan 2024 04:28    Titel: Antworten mit Zitat

In dieser Beschreibung finde ich so einiges wieder, was hier diskutiert wurde. Da sind auch 2 Animationen drin. Ist das denn die richtige Beschreibung der Gezeitenkräfte zwischen Erde und Mond (Sonne)?

https://www.biologie-seite.de/Biologie/Gezeiten?utm_content=cmp-true

Auszug:
Zitat:
Zwei Himmelskörper würden sich infolge der gegenseitigen Anziehung aufeinander zu bewegen und zusammenprallen. Ein stabiler Abstand besteht, wenn sie gegeneinander umlaufen. Dabei ist die Anziehungskraft als Radialkraft, die für das Umlaufen nötig ist, „verbraucht“.

Das bedeutet, dass zum Beispiel die Anziehungskraft des Mondes primär durch den Umlauf der Erde um den mit dem Mond gemeinsamen Schwerpunkt (Abbildung links) kompensiert ist. Im Bezugssystem der Erde ist als Folge dieses Umlaufs eine der Anziehungskraft entgegen gerichtete Fliehkraft feststellbar. Diese wirkt überall in gleicher Größe, denn alle Punkte der Erde rotieren auf Kreisen gleichen Radius’ (Abbildung rechts). Die Anziehungskraft ist aber in verschiedenen Punkten der Erde verschieden groß, generell auf der dem Mond zugewandten Seite größer als auf der abgewandten Seite. Im Schwerpunkt wird sie von der Fliehkraft aufgehoben, sonst verbleibt eine kleine, Gezeitenkraft genannte Resultierende, die fast überall nach außen (nach „oben“) gerichtet ist. Sie ist an zwei gegenüberliegenden Stellen der Erdoberfläche am größten, nämlich dort, wo sie von der durch die Schwerpunkte von Erde und Mond gehenden Linie durchstoßen wird (oft wird dieser Größtwert selbst als Gezeitenkraft bezeichnet). Sie zeigt dort radial nach außen. Folglich entsteht ein Flutberg nicht nur auf der dem Mond zugewandten Oberfläche der Erde sondern auch gegenüber.

Bei Betrachtung von außerhalb der Erde aus werden nur Anziehungs- beziehungsweise Gravitationskräfte gegeneinander verrechnet, nämlich die örtlich verschiedenen Kräfte zu der im Schwerpunkt der Erde wirkenden Kraft. Das macht deutlich, dass die Gezeitenkraft zwar eine Folge der Gravitation, aber nur eine dieser nachgeordneten ist. Die Gezeitenkraft ist somit auch wesentlich kleiner als die verursachende Gravitationskraft.


oder hier auf Welt der Physik:
https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/atmosphaere/meere/gezeiten/

Zitat:
Auf der Seite der Erde, die sich dem Mond zuwendet, ist die Gravitationskraft, die er auf die Erde ausübt, etwas größer als im Erdmittelpunkt. Die Erdkruste gibt diesem Kräfteunterschied kaum nach, aber das Wasser der Ozeane folgt dem Zerren der Mondgravitation – das Wasser bewegt sich zum Mond hin und bildet einen Flutberg.

Auf der entgegengesetzten Seite der Erde aber verhält es sich gerade umgekehrt. Dort ist die Anziehung des Mondes etwas geringer als im Erdmittelpunkt. Darum verliert dort das Wasser sozusagen den Boden unter sich und der Meeresspiegel hebt sich an – das Wasser bewegt sich also vom Mond weg und bildet einen zweiten Flutberg.

...

Spielt für Ebbe und Flut nicht auch die Fliehkraft der Erde bezüglich des Erde-Mond-Systems eine Rolle? Immer noch wird sie häufig zur Erklärung des zweiten Flutbergs auf der mondabgewandten Seite herangezogen. Doch die Berücksichtigung der Fliehkraft macht die Erklärung nur umständlicher, ohne dass die Fliehkraft für das Zustandekommen der Gezeiten von Bedeutung wäre.
antaris



Anmeldungsdatum: 12.12.2022
Beiträge: 477
Wohnort: In einem chaotischen Universum

Beitrag antaris Verfasst am: 07. Jan 2024 05:16    Titel: Antworten mit Zitat

Vereinfacht wie in der angehangenen Skizze gezeigt, verursacht rein durch Gravitation?


Gezeiten.jpg
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Gezeiten.jpg


ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3405

Beitrag ML Verfasst am: 07. Jan 2024 09:09    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

antaris hat Folgendes geschrieben:
Vereinfacht wie in der angehangenen Skizze gezeigt, verursacht rein durch Gravitation?

Ursache ist, wie gesagt, der Unterschied der Gravitation auf beiden Seiten.
Die Flutberge sind übrigens auf beiden Seiten in guter Näherung gleich groß (auf der abgewandten Seite nur minimal kleiner).

Viele Grüße
Michael
Myon



Anmeldungsdatum: 04.12.2013
Beiträge: 5892

Beitrag Myon Verfasst am: 07. Jan 2024 10:28    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:
Ursache ist, wie gesagt, der Unterschied der Gravitation auf beiden Seiten.

M. E. reicht dies alleine zur Erklärung der Flutberge nicht aus. Natürlich, in einem Inertialsystem wirkt von aussen auf die Erde nur die Gravitationskraft des Mondes bzw. der Sonne, und der Gradient ist relevant. Der zweite Punkt aber ist, dass in einem Inertialsystem die Beschleunigung infolge der Drehung des Erde-Mond-Systems einerseits und der Eigendrehung der Erde anderseits unterschiedlich ist an verschiedenen Orten innerhalb und auf der Erde. Nur im Erdmittelpunkt würde sich eine Probemasse ungefähr (wahrscheinlich nicht einmal das genau) bewegen gemäss



(genau wird die Gleichung im Erdmittelpunkt erst, wenn die Gravitationskraft über das ganze Volumen der Erde gemittelt wird; und natürlich gilt das 2. Newtonsche Gesetz überall, wenn auch die Graviationskraft der Erde und Druckkräfte innerhalb der Erde berücksichtigt werden.).
Insbesondere werden Punkte auf der mondzu- und abgewandten Seite verschieden beschleunigt, sodass dort "resultierende Kräfte" übrigbleiben.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 07. Jan 2024 13:57    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:
Hallo,

antaris hat Folgendes geschrieben:
Vereinfacht wie in der angehangenen Skizze gezeigt, verursacht rein durch Gravitation?

Ursache ist, wie gesagt, der Unterschied der Gravitation auf beiden Seiten.
Die Flutberge sind übrigens auf beiden Seiten in guter Näherung gleich groß (auf der abgewandten Seite nur minimal kleiner).


genau genommen ist die Ursache - wie auch in oben von antaris verlinkten "Welt der Physik"-Artikel, die Differenz der Gravitationskraft am jeweiligen Ort und der Gravitationskraft im Erdschwerpunkt.
D.h. zu der Gravitationskraft wird das Negative der Gravitationskraft Erdschwerpunkt addiert und wir erhalten ein Kraftfeld, das so aussieht:

weltderphysik.de/media/?tx_wdpmedia_pi2%5Baction%5D=image&tx_wdpmedia_pi2%5Bcontroller%5D=Gallery&tx_wdpmedia_pi2%5Bimage%5D=254&cHash=a63545cdeee37c534237852959e65cc1

Da haben wir nun Pfeile, die in Richtung der Wasserverschiebung und teilweise vom Mond weg zeigen und das sieht nicht nur zufällig aus, wie die Resultierende der Gravitationskraft und der Fliehkraft in dem im Eingangsbeitrag verlinken Video.
Denn wenn sich die Erde auf einer Kreisbahn bewegen soll, muss ja die Gravitationskraft im Erdschwerpunkt der nötigen Zentripedalkraft entsprechen, die die Erde auf diese Kreisbahn zu zwingen/beschleunigen, und das Negative der Zentripedalkraft entsprich im beschleunigten Bezugssystem Zentrifugal- oder Fliehkraft.
Mittels der Gleichgewichtsbedingung, dass sich Fliehkraft und Gravitation im Erdschwerpunkt gerade aufheben (oder dass die Gravitationskraft im Erdschwerpunkt diejenige ist, die die Erde auf eine passende Kreisbahn bringt), können wir dann das bestimmen, was DrStupid IMO den inhomogenen Anteil des Gravitationsfeldes nennt, der letztlich für die Verformung zuständig ist und der eben auf der mondabgewandten Seite vom Mond wegzieht.

Die verschiedenen Erklärungen erscheinen mir also äquivalent.
Dass das Kraftfeld, wie in in dem BAW-Video ab 1:10 zu sehen, auf der mondabgewandten Seite einen Flutberg auftürmen soll, scheint mir für einen Schüler nicht unmittelbar verständlich, da ja alle Pfeile zum Mond zeigen.
Dass es das Kraftfeld aus den grünen Pfeilen ab 4:14 tut, dagen durchaus.
Und dann braucht man eben eine Methode, wie man auf die grünen Pfeile kommt, oder eine Erklärung, warum man gerade den weißen Pfeil im Erdschwerpunkt von allen anderen weißen Pfeilen abzieht um die grünen zu erhalten.
Im Video wird das mit der Zentrifugalkraft gemacht.

Im linearen freien Fall kann man analog die Gravitationskraft auf den Schwerpunkt von der Gravitationskraft an jeder Stelle abziehen und erhält den Verformungsanteil der Gravitationskraft bezüglich des Schwerpunktes.
Wäre das aber nicht äquivalent zu einer Beschreibung im beschleunigten Bezugssystems des Schwerpunkts, wo dann die Verformungskräfte als Scheinkräfte auftreten?
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3405

Beitrag ML Verfasst am: 07. Jan 2024 14:22    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:

genau genommen ist die Ursache - wie auch in oben von antaris verlinkten "Welt der Physik"-Artikel, die Differenz der Gravitationskraft am jeweiligen Ort und der Gravitationskraft im Erdschwerpunkt.

Das kann man so sehen, und in diesem Sinne sind ja auch die "Gezeitenkräfte" definiert.

Allerdings wird der Subtrahend (die Gravitationskraft im Erdschwerpunkt) für alle Punkte der Erde gleichermaßen verrechnet. Er wirkt also insgesamt wie ein hinzugefügtes homogenes Kraftfeld. Man kann diesen Term weglassen, ohne dass sich an den Gezeiten etwas ändert. (Der Term hat eine wesentliche Bedeutung bei der Rotation von Erde/Mond um ihren gemeinsamen Schwerpunkt -- da braucht man ihn wirklich; bei den Gezeiten ist er entbehrlich, aber wenn man ihn aus didaktischen Gründen dazunehmen will: gerne.).

Das BAW-Video, die Erklärungen von TomS und Dr. Stupids Erklärungen sind m. E. in Ordnung. Wir hatten das Thema vor geraumer Zeit ja auch schonmal heiß diskutiert. Ich glaube, TomS hat es damals angeregt.

Das Video von Leifi/TerraX ist hingegen gruselig. Das gehört in die Tonne.



Viele Grüße
Michael
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5054

Beitrag DrStupid Verfasst am: 07. Jan 2024 15:05    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Dass das Kraftfeld, wie in in dem BAW-Video ab 1:10 zu sehen, auf der mondabgewandten Seite einen Flutberg auftürmen soll, scheint mir für einen Schüler nicht unmittelbar verständlich, da ja alle Pfeile zum Mond zeigen.


Das Verständnisproblem resultiert daraus, dass dieses Feld nicht nur zur Deformartion, sondern auch zu einer Beschleunigung der Erde in Richtung Mond führt Diese beiden Effekte muss man voneinander trennen.

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Im Video wird das mit der Zentrifugalkraft gemacht.


Es wird mit Zentrifugalkräften aus mehreren verschiedenen Bezugssystemen gemacht. Das sieht zwar auf den ersten Blick einleuchtend aus, aber ich wette, dass die Autoren des Videos mächtig ins Schwitzen geraten würden, wenn man sie erklären müssten, warum das hier zulässig ist.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 07. Jan 2024 15:20    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:
Hallo,

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:

genau genommen ist die Ursache - wie auch in oben von antaris verlinkten "Welt der Physik"-Artikel, die Differenz der Gravitationskraft am jeweiligen Ort und der Gravitationskraft im Erdschwerpunkt.

Das kann man so sehen, und in diesem Sinne sind ja auch die "Gezeitenkräfte" definiert.

Allerdings wird der Subtrahend (die Gravitationskraft im Erdschwerpunkt) für alle Punkte der Erde gleichermaßen verrechnet. Er wirkt also insgesamt wie ein hinzugefügtes homogenes Kraftfeld.
Man kann diesen Term weglassen, ohne dass sich an den Gezeiten etwas ändert.


Was meinst Du mit "den Term weglassen"?

a.) Den homogenen Teil nicht abziehen und mit dem ganzen Gravitationsfeld arbeiten?

b.) Oder den entsprechenden Anteil bei der Gravitationskraft weglassen, also abziehen und nur den Verformungsanteil betrachten?
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 07. Jan 2024 15:25    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Im Video wird das mit der Zentrifugalkraft gemacht.


Es wird mit Zentrifugalkräften aus mehreren verschiedenen Bezugssystemen gemacht.


Inwiefern?
Weil da jeder Punkt seinen eigenen Kreis beschreibt?
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 07. Jan 2024 16:48    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Es wird mit Zentrifugalkräften aus mehreren verschiedenen Bezugssystemen gemacht. Das sieht zwar auf den ersten Blick einleuchtend aus, aber ich wette, dass die Autoren des Videos mächtig ins Schwitzen geraten würden, wenn man sie erklären müssten, warum das hier zulässig ist.


Das halte ich für einen wichtigen Punkt, wenn man das Thema Gezeiten in der Schule erklärt: die Erdbewegung (ohne Eigenrotation) ist bezüglich des Schwerpunkts von Erde-Mond (ca. 3/4 des Erdradius vom Erdmittelpunkt entfernt) vergleichbar mit einer "Exzenter"-Bewegung (siehe Bild). Auch der Mittelpunkt der Erde beschreibt dort einen solchen Kreis, man erhält in dem Erd-Mond-Schwerpunktsystem ein konstantes "Zentrifugalfeld" der Erde. Die Gravitationskräfte von Erde-Mond sind nun in diesem Bezugssystem relativ zu dem Gravitationszentrum der Erde zu betrachten (das einen konstanten Abstand zum Mondschwerpunkt hat). So lassen sich dann diese Gravitationskräfte zusammen mit dem Zentrifugalfeld zu resultierende Kräfte bezüglich Erdschwerpunkt addieren (siehe Skript).



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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18157

Beitrag TomS Verfasst am: 07. Jan 2024 17:24    Titel: Antworten mit Zitat

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das ohne Skizzen und Formeln nichts wird. Eine gute Erklärung im FAQ-Bereich würde uns und viele Mitleser voranbringen.
_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 07. Jan 2024 18:34    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das ohne Skizzen und Formeln nichts wird.


Ist Deiner Meinung nach noch etwas ungeklärt?
Ich



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Beiträge: 913
Wohnort: Mintraching

Beitrag Ich Verfasst am: 07. Jan 2024 19:25    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Dein Punkt war

Ich hat Folgendes geschrieben:
[...] dass die Gravitation einen Gegenspieler braucht, um einen Flutberg von der Erde weg zu ziehen. Das ist nun mal die Fliehkraft [...]


und das ist falsch. Die Fliehkraft ist nicht in der Lage einen Flutberg von der Erde weg zu ziehen. Sie zieht den gesamten Äquator von der Erde weg und führt so zur Abbplattung (wenn sie nicht durch geeignete Corioliskräfte kompensiert wird).
Wovon redest du? Es ging doch nicht um die Erdrotation, sondern um den Orbit.
Zitat:
Im Falle des linear mitbeschleunigten Systems ist es so, dass das homogene Feld der Scheinkräfte und der homogene Anteil des Gravitationsfeldes sich gegenseitig aufheben. Keines von beiden bewirkt eine Deformation und zusammen bewirken sie nicht einmal mehr eine Beschleunigung. Übrlig bleibt der inhomogene Anteil des Gravitationsfeldes als alleinige Ursache der Deformation.
Schmarrn. Laut Aufgabenstellung gibt es die Gravitationskraft und eine Scheinkraft.
Im Beispiel ohne Rotation: Man hält den Erdmittelpunkt fest. In dem Bezugssystem gibt es genau zwei interessierende Kräfte - Gravitationskraft und homogene Trägheitskraft. Die eine zieht alles hin zum Mond, die andere zieht alles weg vom Mond. Wenn ich die Trägheitskraft wegdenke, gibt es enen riesigen Flutberg auf der Mondseite. Wenn ich die Gravitationskraft wegdenke, gibt es einen riesigen Flutberg auf der anderen Seiten. Erst wenn ich beide kombiniere, habe ich einen kraftfreien Erdmittelpunkt und einen Flutberg auf jeder Seite.

Die Kraft, die alles hin zum Mond zieht, kann keinen Wasserberg weg vom Mond ziehen. Das muss die Trägheitskraft machen, die auf der abgewandten Seite stärker ist als die Gravitation.

Keine Ahnung, warum du da noch rumdiskutierst. Mir reicht's auf jeden Fall.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18157

Beitrag TomS Verfasst am: 07. Jan 2024 20:08    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass das ohne Skizzen und Formeln nichts wird.

Ist Deiner Meinung nach noch etwas ungeklärt?

In diesem Thread werden teilweise unklare und missverständliche Meinungen ausgetauscht. Nichts mit Substanz, keine Skizze, keine Gleichung.

Wenn dich morgen jemand nach einer einfachen Erklärung für die Gezeiten fragt, welchen Beitrag würdest du verlinken oder zitieren?

_________________
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antaris



Anmeldungsdatum: 12.12.2022
Beiträge: 477
Wohnort: In einem chaotischen Universum

Beitrag antaris Verfasst am: 07. Jan 2024 21:04    Titel: Antworten mit Zitat

Unter "Häufigkeit und Größe der Gezeiten" gibt es Berechnungen und unter "Entstehung der Gezeiten" wird das Zusammenspiel zwischen Gravitation und Fliehkraft erläutert.

https://www.biologie-seite.de/Biologie/Gezeiten?utm_content=cmp-true

Zitat:
Es ist intuitiv nicht einzusehen, dass die Fliehkraft durch die Erdbewegung um den Systemschwerpunkt an jedem Punkt der Erde identisch sein soll. Aus eigener Erfahrung weiß jeder, dass die Fliehkraft mit steigender Geschwindigkeit (das zu schnelle Auto wird aus der Kurve getragen) oder abnehmendem Radius (zu enge Kurvenfahrt gelingt nicht) zunimmt. Betrachten wir nun also alle auftretenden Kräfte im bewegten Erde-Mond System (Schätzwerte):

    Schwerkraft der Erde, Beschleunigung 9806,65 mm/s²
    Rotation der Erde um den Erdmittelpunkt, Beschleunigung 33,9 mm/s²
    Revolution der Erde um den Systemschwerpunkt, Beschleunigung 0,0332 mm/s²
    Mondgravitation, Beschleunigung von 0,0321 bis 0,0343 mm/s²


Addiert man all diese Kräfte unter Berücksichtigung der Richtung, in die sie wirken (vektoriell), erhält man für jeden Punkt der Erde einen Beschleunigungswert und damit die Gezeitenkräfte. Beschleunigungen treten immer dann auf, wenn der Bewegungszustand eines Objektes geändert wird. Das bedeutet, das Objekt muss die Geschwindigkeit oder die Bewegungsrichtung ändern. Durch die Trägheit übt jede beschleunigte Masse eine der Beschleunigung entgegengesetzte Kraft aus. Wollen wir also die Fliehkraft untersuchen, müssen wir nur alle Geschwindigkeits- und Richtungsänderungen berücksichtigen. Fasst man die Geschwindigkeit und die Bewegungsrichtung zu einem Vektor zusammen, kann man beide Aspekte in einem Rechenschritt erfassen. Das Problem reduziert sich somit auf die Addition von Vektoren. Es ist dabei egal, in welcher Reihenfolge wir addieren, das Ergebnis bleibt gleich.

...

Wir wählen uns drei Punkte auf der Erdoberfläche relativ zum Mond:

    (A) nächster Punkt (mondnah)
    (B) fernster Punkt (mondfern)
    (C) Zwischenpunkt


Alle drei Punkte liegen auf demselben Breitengrad. Der Zwischenpunkt liegt auf der Erdoberfläche, in der Mitte zwischen mondnahem und mondfernem Punkt.

A. Am mondnahen Punkt erzeugt das Gravitationsfeld eine Beschleunigung von etwa 0,0343 mm/s². Das ist etwas mehr als die bis jetzt berechnete Fliehkraft.
Die Beschleunigung ist gen Mond gerichtet, also entgegengesetzt der Fliehkraft. Wir müssen also einfach beide Werte subtrahieren. Die Differenz von 0,0011 mm/s² entspricht einer winzigkleinen Beschleunigung in Richtung Mond.

B. Auf der anderen Seite der Erde beträgt die Mondgravitation nur etwa 0,0321 mm/s². Die Richtungen bleiben gleich, wir subtrahieren also wieder und erhalten -0,0011 mm/s². Diesmal ist also die Fliehkraft stärker und die resultierende Beschleunigung zeigt vom Mond weg.

C. Im Zwischenpunkt können wir nicht einfach die Beträge subtrahieren, denn Fliehkraft und Gravitation zeigen nicht in die gleiche Richtung. Deswegen lautet das Ergebnis auch nicht null, sondern es ergibt sich eine winzige Beschleunigungskomponente in Richtung Erdinneres.


Das erklärt dann auch warum beide Tidenberge fast genau gleich groß sind.
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3405

Beitrag ML Verfasst am: 07. Jan 2024 21:55    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Wenn dich morgen jemand nach einer einfachen Erklärung für die Gezeiten fragt, welchen Beitrag würdest du verlinken oder zitieren?


Ich würde mangels besserer Alternative diesen Text
https://de.wikipedia.org/wiki/Gezeiten#Erkl%C3%A4rung_der_Gezeitenkr%C3%A4fte mit dem Video des BAW nehmen.

Viele Grüße
Michael
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 07. Jan 2024 21:57    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Wenn dich morgen jemand nach einer einfachen Erklärung für die Gezeiten fragt, welchen Beitrag würdest du verlinken oder zitieren?


Falls es um die Gezeiten auf der Erde geht, würde ich den Film vom BAW verlinken und dann darauf hinweisen, dass es zu der Addition der Fliehkraft zur lokalen Gravitationskraft die Alternative gibt, von der lokalen Gravitationskraft die Gravitationskraft im Schwerpunkt abzuziehen.
Das könnte ich dann mit dieser Abbildung illustrieren:

de.wikipedia.org/wiki/Gezeitenkraft#/media/Datei:Gezeitenkraft_Inertialsystem_Koerpersystem.png

Das kann man dann verallgemeinern und auch den linearen freien Fall erwähnen.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5054

Beitrag DrStupid Verfasst am: 07. Jan 2024 23:34    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hat Folgendes geschrieben:
Wovon redest du? Es ging doch nicht um die Erdrotation, sondern um den Orbit.


Ich rede von beliebigen Zentrifugalkräften. Es ist egal, ob das System mit der Erde oder den Schwerpunkten von Erde und Mond oder mit irgend einer anderen Geschwindigkeit rotiert. Dieses Kraftfeld lässt sich immer in zwei Komponenten zerlegen - eine homogene, die den Körper nicht deformiert und nur beschleunigt und eine inhomogene, die ihn in alle Richtungen gleich stark radial von seinem Zentrum weg auseinander zieht. Es gibt keine Komponente, die ihn strecken oder nur eine Seite vom Rest weg ziehen könnte.

Ich hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich die Trägheitskraft wegdenke, gibt es enen riesigen Flutberg auf der Mondseite.


Nein, es gibt dann die gleichen zwei Flutberge wie mit Trägheitskraft, aber die Erde wird zusätzlich in Richtung Mond beschleunigt.

Ich hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich die Gravitationskraft wegdenke, gibt es einen riesigen Flutberg auf der anderen Seiten.


Nein, es gibt dann überhaupt keinen Flutberg und die Erde wird vom Mond weg beschleunigt.

Ich hat Folgendes geschrieben:
Die Kraft, die alles hin zum Mond zieht, kann keinen Wasserberg weg vom Mond ziehen.


Das wird durch Wiederholung nicht richtiger.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 08. Jan 2024 01:45    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Ich hat Folgendes geschrieben:
Die Kraft, die alles hin zum Mond zieht, kann keinen Wasserberg weg vom Mond ziehen.


Das wird durch Wiederholung nicht richtiger.


IMO ist die Aussage richtig, beruht aber eventuell auf einem Missverständnis:

Der inhomogene Anteil des Gravitationsfeldes ist zwar auf der mondabgewandten Seite vom Mond weggerichtet, allerdings beschreibt er da ja ein Kraftdefizit:
Das ist die Kraft, die fehlt, um sich genauso wie der Schwerpunkt der Erde zu bewegen, daher bleibt der abgewandte Flutberg bei seiner Beschleunigung auf den Mond hin hinter der Erde zurück, die stärker beschleunigt wird.
Es wird also nicht der Wasserberg weg vom Mond gezogen, sondern die Erde in Richtung des Mondes vom Wasserberg.
Im linearen Fall ist das IMO leicht nachzuvollziehen: die Erde beschleunigt schneller zum Mond hin, als der abgewandte Flutberg, dadurch sieht es von der Erde aus so aus, als würde er in Gegenrichtung zum Mond von der Erde weggezogen, dabei wird er nur weniger stark zum Mond hingezogen, als die Erde.
Im Rotationsfall ist die vom Mond weg gerichtete inhomogene Kraft diejenige, die bei der tatsächlichen Anziehungskraft fehlt, um den Mond auf die gleiche Kreisbahn wie den Erdschwerpunkt zu bringen.
D.h. auch hier bleibt der abgewandte Flutberg aufgrund zu geringer Anziehungskraft hinter der Erde zurück, nur eben nicht linear, sondern in Bezug auf die Kreisbahn.
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 08. Jan 2024 08:28    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:

Ich hat Folgendes geschrieben:
Die Kraft, die alles hin zum Mond zieht, kann keinen Wasserberg weg vom Mond ziehen.


Das wird durch Wiederholung nicht richtiger.


IMO ist die Aussage richtig, beruht aber eventuell auf einem Missverständnis:

Der inhomogene Anteil des Gravitationsfeldes ist zwar auf der mondabgewandten Seite vom Mond weggerichtet, allerdings beschreibt er da ja ein Kraftdefizit


oder anders ausgedrückt:
Er (der inhomogene Anteil des Gravitationsfeldes) beschreibt eine relative (in Sinne einer Differenz) Kraft, bezogen auf die Kraft, die auf den Erdschwerpunkt wirkt.
Ist das nicht auch eine Scheinkraft? Die wirkt ja auch nicht zwischen zwei Körpern (z.B Erde und Flutberg) sondern ist die Differenz unterschiedlicher Kraftwirkungen auf verschiedene Körper, so dass es so scheint, als wirke zwischen diesen (z.B. Erde und Flutberg) eine Kraft, weil die unterschiedlich beschleunigt werden.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18157

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jan 2024 09:02    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Das ist die Kraft, die fehlt, um sich genauso wie der Schwerpunkt der Erde zu bewegen, daher bleibt der abgewandte Flutberg bei seiner Beschleunigung auf den Mond hin hinter der Erde zurück, die stärker beschleunigt wird.

Das ist irreführend. Wäre dem so, müsste die Erde ja ihre Ozeane langsam verlieren.

Außerdem ist vermutlich ein zweiter Denkfehler enthalten. Es ist nicht die zum Mond hin bzw. die vom Mond wegweisende Komponente der Gezeitenkraft, d.h. die nahe der höchsten Tide radial wirkende Komponente, die im wesentlichen für die Gezeiten verantwortlich ist, sondern die tangentiale Komponente. Die Gezeitenkraft hebt die Erde bzw. das Wasser nicht an, sie führt zu einer tangentialen Strömung. Anheben von Wasser kann nicht funktionieren.

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Es wird also nicht der Wasserberg weg vom Mond gezogen, sondern die Erde in Richtung des Mondes vom Wasserberg.

Die Erde wird durch die Gravitationskraft des Mondes angezogen. Das führt zum Keplerorbit ihres Massenmittelpunkt. Dieser wird nicht durch die Gezeitenkraft angezogen oder beschleunigt, da die Gezeitenkraft für den Massenmittelpunkt Null ist.

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Im linearen Fall ist das IMO leicht nachzuvollziehen … Im Rotationsfall

Die reine Gezeitenkraft in einem Inertialsystem hat ausschließlich gravitative Ursachen, deswegen ist diese Unterscheidung falsch.

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Frankx



Anmeldungsdatum: 04.03.2015
Beiträge: 985

Beitrag Frankx Verfasst am: 08. Jan 2024 09:25    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Der inhomogene Anteil des Gravitationsfeldes ist zwar auf der mondabgewandten Seite vom Mond weggerichtet, allerdings beschreibt er da ja ein Kraftdefizit:
Das ist die Kraft, die fehlt, um sich genauso wie der Schwerpunkt der Erde zu bewegen, daher bleibt der abgewandte Flutberg bei seiner Beschleunigung auf den Mond hin hinter der Erde zurück, die stärker beschleunigt wird.


Das ist doch im Prinzip auch der Grund für die Spaghettifizierung eines Körpers bei Annäherung an ein schwarzes Loch?

TomS hat Folgendes geschrieben:
Das ist irreführend. Wäre dem so, müsste die Erde ja ihre Ozeane langsam verlieren.


Nur wenn die Inhomogenität des Mondgravitationsfeldes so groß ist, dass der Streckeffekt die Kräfte des Erdgravitationsfeldes übersteigt.


.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18157

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jan 2024 10:54    Titel: Antworten mit Zitat

Frankx hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Wäre dem so, müsste die Erde ja ihre Ozeane langsam verlieren.

Nur wenn die Inhomogenität des Mondgravitationsfeldes so groß ist, dass der Streckeffekt die Kräfte des Erdgravitationsfeldes übersteigt.

Nein, einfach rein logisch, "wenn der abgewandte Flutberg bei seiner Beschleunigung auf den Mond hin hinter der Erde zurückbleibt, die stärker beschleunigt wird" zutreffen würde.

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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5054

Beitrag DrStupid Verfasst am: 08. Jan 2024 12:58    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Es ist nicht die zum Mond hin bzw. die vom Mond wegweisende Komponente der Gezeitenkraft, d.h. die nahe der höchsten Tide radial wirkende Komponente, die im wesentlichen für die Gezeiten verantwortlich ist, sondern die tangentiale Komponente. Die Gezeitenkraft hebt die Erde bzw. das Wasser nicht an, sie führt zu einer tangentialen Strömung. Anheben von Wasser kann nicht funktionieren.


Hier müssen wir klar definieren, worüber wir reden - über die realen Gezeiten oder über ideale Gezeiten im hydrostatischen Gleichgewicht. In den Präsentationen, die hier verlinkt wurden, geht es um letzteres und im hydrostatischen Gleichgewicht gibt es keine tangentialen Kräfte. In diesem Fall wird die Oberfläche tatsächlich angehoben und abgesenkt. Eventuelle tangentiale Bewegungen finden tief im Erdinneren statt und sind so klein, dass man sie vernachlässigen kann. So funktionieren die Erdgezeiten.

Die Gezeiten, die man tatsächlich an den Küsten der Ozeane beobachten kann, kommen dadurch zustande, dass die Erdoberfläche kein Geoid ist, weil sie im Wesentlichen aus solidem Gestein besteht. Nur das flüssige Wasser versucht sich dem Geiod perfekt anzupassen, wird daran aber durch die Geologie gehindert und gezwungen horizontal zu fließen. Das ist ein sehr komlexer Prozess, den wir hier nicht sinnvoll diskutieren können.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jan 2024 13:49    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Hier müssen wir klar definieren, worüber wir reden - über die realen Gezeiten oder über ideale Gezeiten im hydrostatischen Gleichgewicht.

Ok.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
In den Präsentationen, die hier verlinkt wurden, geht es um letzteres und im hydrostatischen Gleichgewicht gibt es keine tangentialen Kräfte.

Natürlich gibt es immer eine tangentiale Komponente der Gezeitenkraft. Wie sollte die verschwinden?

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Die Gezeiten, die man tatsächlich an den Küsten der Ozeane beobachten kann, kommen dadurch zustande, dass die Erdoberfläche kein Geoid ist, weil sie im Wesentlichen aus solidem Gestein besteht. Nur das flüssige Wasser versucht sich dem Geiod perfekt anzupassen, wird daran aber durch die Geologie gehindert und gezwungen horizontal zu fließen. Das ist ein sehr komlexer Prozess, den wir hier nicht sinnvoll diskutieren können.

Stimmt.

Das ändert aber nichts daran, dass auch für einen perfekten Rotationsellipsoid der Flutberg mit der Verbindungslinie Erde-Mond mitwandert. Und dazu muss Wasser tangential fließen, es kann nicht einfach nur horizontal angehoben und abgesenkt werden (im Extremfall, d.h. bei sehr geringer Meerestiefe, werden bei Ebbe Teile der Oberfläche wasserfrei; später kehrt das Wasser mit der Flut zurück – ohne tangentiales Fließen geht das nicht).

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 08. Jan 2024 14:12    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Natürlich gibt es immer eine tangentiale Komponente der Gezeitenkraft. Wie sollte die verschwinden?


Im hydrostatischen Gleichgewicht wirkt die Resulierende aller Kräfte überall senkrecht zur Oberfläche. Das ist gleichbedeutend damit, dass es sich um eine Äquipotentialfläche handelt.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Das ändert aber nichts daran, dass auch für einen perfekten Rotationsellipsoid der Flutberg mit der Verbindungslinie Erde-Mond mitwandert. Und dazu muss Wasser tangential fließen, es kann nicht einfach nur horizontal angehoben und abgesenkt werden (im Extremfall, d.h. bei sehr geringer Meerestiefe, werden bei Ebbe Teile der Oberfläche wasserfrei; später kehrt das Wasser mit der Flut zurück – ohne tangentiales Fließen geht das nicht).


Davon abgesehen, dass es bei einem perfekten Rotationsellipsoid keine Flutberge gäbe, muss das Wasser nur deshalb horizontal fließen, weil die feste Erdoberfläche vom Geiod abweicht. Wäre die Erde komplett flüssig, dann würde sich die Oberfläche nur heben und senken. Tangentile Bewegungen würden sich über das gesamte Volumen verteilen und wären vollkommen vernachlässigbar. Genau das passiert - wie schon gesagt - bei den Erdgezeiten. Das Gestein kann nicht fließen und folgt trotzdem ziemlich genau den Deformationen, die man bei einer kompett flüssigen Erde erwarten würde.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jan 2024 15:15    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Natürlich gibt es immer eine tangentiale Komponente der Gezeitenkraft. Wie sollte die verschwinden?

Im hydrostatischen Gleichgewicht wirkt die Resulierende aller Kräfte überall senkrecht zur Oberfläche. Das ist gleichbedeutend damit, dass es sich um eine Äquipotentialfläche handelt.

Vermutlich reden wir vom gleichen.

Ich spreche nicht einer "resutierenden Kraft" und nicht von hydrostatischen Gleichgewicht, sondern einfach von der Gezeitenkraft. Dieser ist unabhängig von der Wasserverteilung, Gleichgewicht oder Ungleichgewicht … immer identisch.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Das ändert aber nichts daran, dass auch für einen perfekten Rotationsellipsoid der Flutberg mit der Verbindungslinie Erde-Mond mitwandert. Und dazu muss Wasser tangential fließen, es kann nicht einfach nur horizontal angehoben und abgesenkt werden (im Extremfall, d.h. bei sehr geringer Meerestiefe, werden bei Ebbe Teile der Oberfläche wasserfrei; später kehrt das Wasser mit der Flut zurück – ohne tangentiales Fließen geht das nicht).

… muss das Wasser nur deshalb horizontal fließen, weil die feste Erdoberfläche vom Geiod abweicht.

Was meinst du mit "Geiod"?

Der perfekte Rotationsellipsoid folgt aus der Rotation der Erde um die eigene Achse. Die Flutberge folgen aus der Gezeitenkraft, verursacht durch den Mond. Dies stellt eine additive Verformung dar, der das Wasser nahezu instantan folgt, also fließt.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wäre die Erde komplett flüssig …

… bestünde also z.B. vollständig aus Wasser, einer inkompressiblen Flüssigkeit, sähe die Situation natürlich anders aus.

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Beitrag willyengland Verfasst am: 08. Jan 2024 18:09    Titel: Antworten mit Zitat

Zu deinem FAQ:
Die Sonne willst du vernachlässigen.
Ok, aber die Sonnen-Gezeiten sind immerhin noch 50% so stark wie die des Mondes.
Man kann die Anteile aber einzeln berechnen, denke ich.

Zitat:
Allgemein bewirken eine Deformation des Rotationsellipsoids (der Erdkruste sowie tieferer Schichten) sowie eine stärkere Deformation des Wassers im Vergleich zum Rotationsellipsoid.

Da fehlt was.

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Beitrag DrStupid Verfasst am: 08. Jan 2024 20:14    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich spreche nicht einer "resutierenden Kraft" und nicht von hydrostatischen Gleichgewicht, sondern einfach von der Gezeitenkraft. Dieser ist unabhängig von der Wasserverteilung, Gleichgewicht oder Ungleichgewicht … immer identisch.


Die Gezeitenkraft ist nicht unabhängig von der Verteilung. Erstens ändert sich mit der Masseverteilung das Gravitationsfeld und zweitens hängen die Gezeitenkräfte an der Oberfläche natürlich davon ab, wo sich die Oberfläche in diesem Feld befindet.

Darüber hinaus ist die Gezeitenkraft nur der Weg zum Ziel. Wir wollen wissen, welche Form die Oberfläche unter der Wirkung dieser Kraft annimmt. Das führt zum hydrostatischen Gleichgewicht. Dabei liegen alle Punkte der Oberfläche auf gleichem Potential. Das wiederum bedeutet, dass an keinem Punkt der Oberfläche horizontale Kräfte wirken.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Was meinst du mit "Geiod"?


Das war ein Tippfehler. Ich meinte natürlich das Geoid (https://de.wikipedia.org/wiki/Geoid) - allerdings nicht statisch, sondern dynamisch, unter Berücksichtigung der zeitlichen Änderung des Potentials.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Dies stellt eine additive Verformung dar, der das Wasser nahezu instantan folgt, also fließt.


Die Erdkruste schafft das problemlos ohne zu fließen und das Wasser fließt auch nur deshalb, weil ihm die Erdkruste mit ihrer vom Geoid abweichenden Oberfläche im Weg ist. Aber wie ich schon sagte, können wir diese Gezeitenströmungen hier nicht sinnvoll diskutieren. Dazu müssten wir die lokale Geographie berücksichtigen. Wir können hier nur die Deformation der kompletten Erde ohne Berücksichtigung der Struktur ihrer festen Oberfläche behandeln - und selbst das nur mit diversen Näherungen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wäre die Erde komplett flüssig …

… bestünde also z.B. vollständig aus Wasser, einer inkompressiblen Flüssigkeit, sähe die Situation natürlich anders aus.


Nicht wirklich. Auf großen Skalen verhält sich die Erde so, als wenn sie vollständig aus einer inkompressiblen Flüssigkeit bestehen würde. Sie hat nicht einmal eine nennenswerte Viskosität.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jan 2024 21:29    Titel: Antworten mit Zitat

willyengland hat Folgendes geschrieben:
Zu deinem FAQ:
Die Sonne willst du vernachlässigen.
Ok, aber die Sonnen-Gezeiten sind immerhin noch 50% so stark wie die des Mondes.
Man kann die Anteile aber einzeln berechnen, denke ich.

Es geht zunächst mal ums Prinzip, und dazu betrachte ich nur einen externen Körper.

Ja, die Gezeitenkräfte für mehrere externe Körper addieren sich prinzipiell, aber das setzt natürlich rein praktisch voraus, dass die exakte Erdbahn unter dem Einfluss aller Körper bekannt ist.

willyengland hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Allgemein bewirken eine Deformation des Rotationsellipsoids (der Erdkruste sowie tieferer Schichten) sowie eine stärkere Deformation des Wassers im Vergleich zum Rotationsellipsoid.

Da fehlt was.

Klar.

Ich ergänze bzw. korrigiere das. Dankeschön!

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TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jan 2024 22:07    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Wir wollen wissen, welche Form die Oberfläche unter der Wirkung dieser Kraft annimmt. Das führt zum hydrostatischen Gleichgewicht. Dabei liegen alle Punkte der Oberfläche auf gleichem Potential. Das wiederum bedeutet, dass an keinem Punkt der Oberfläche horizontale Kräfte wirken.

Dann schau dir bitte mal eine graphische Darstellung der Gezeitenkräfte an: https://www.reddit.com/r/gifs/comments/20lz58/this_illustrates_how_the_moon_causes_tides_on_the/

Im Erde-Mond-System weisen sie zur Verbindungslinie Erde-Mond hin; sie führen zu einem Fließen des Flutbergs um die Erde, synchronisiert mit der Erde-Mond-Rotation. Wenn – für einen idealisiert starren Rotationsellipsoid mit einer dünnen Wasserschicht – der Flutberg um diesen herumfließt, dann fließt er um diesen herum. Was soll er sonst machen? Wenn – auf der Erde, im Pazifik, weitab von Küsten – der Flutberg mit einer Höhe von ca. einem Meter mit dem Mond synchronisiert über den Ozean wandert, wie soll er das tun ohne Fließbewegung?



DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Die Erdkruste schafft das problemlos ohne zu fließen und das Wasser fließt auch nur deshalb, weil ihm die Erdkruste mit ihrer vom Geoid abweichenden Oberfläche im Weg ist.

Nö. Wasser fließt, weil es flüssig ist, die Erde nicht, weil es sich um einen elastischen Festkörper handelt.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Auf großen Skalen verhält sich die Erde so, als wenn sie vollständig aus einer inkompressiblen Flüssigkeit bestehen würde. Sie hat nicht einmal eine nennenswerte Viskosität.

Nö. Siehe z.B. hier: https://www.spektrum.de/lexikon/geowissenschaften/erdgezeiten/4239

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Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 08. Jan 2024 22:50    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Das ist die Kraft, die fehlt, um sich genauso wie der Schwerpunkt der Erde zu bewegen, daher bleibt der abgewandte Flutberg bei seiner Beschleunigung auf den Mond hin hinter der Erde zurück, die stärker beschleunigt wird.

Das ist irreführend. Wäre dem so, müsste die Erde ja ihre Ozeane langsam verlieren.


ist Dir klar, was ich damit aussagen wollte?

TomS hat Folgendes geschrieben:

Außerdem ist vermutlich ein zweiter Denkfehler enthalten. Es ist nicht die zum Mond hin bzw. die vom Mond wegweisende Komponente der Gezeitenkraft, d.h. die nahe der höchsten Tide radial wirkende Komponente, die im wesentlichen für die Gezeiten verantwortlich ist, sondern die tangentiale Komponente. Die Gezeitenkraft hebt die Erde bzw. das Wasser nicht an, sie führt zu einer tangentialen Strömung. Anheben von Wasser kann nicht funktionieren.


kannst Du im Zusammenhang, in dem ich das schrieb, denken, warum ich mich auf die radial wirkende Komponente bezog?


TomS hat Folgendes geschrieben:

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Es wird also nicht der Wasserberg weg vom Mond gezogen, sondern die Erde in Richtung des Mondes vom Wasserberg.

Die Erde wird durch die Gravitationskraft des Mondes angezogen. Das führt zum Keplerorbit ihres Massenmittelpunkt. Dieser wird nicht durch die Gezeitenkraft angezogen oder beschleunigt, da die Gezeitenkraft für den Massenmittelpunkt Null ist.


schrieb ich irgendwo, dass der Massenmittelpunkt der Erde durch die Gezeitenkraft beschleunigt wird?
Kann man im Kontex meiner anderen Texte tatsächlich auf die Idee kommen, dass ich das meine?

TomS hat Folgendes geschrieben:

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Im linearen Fall ist das IMO leicht nachzuvollziehen … Im Rotationsfall

Die reine Gezeitenkraft in einem Inertialsystem hat ausschließlich gravitative Ursachen, deswegen ist diese Unterscheidung falsch.


Was ist denn das für eine merkwürdige Begründung?
Weil die Gezeitenkraft in einem Inertialsystem nur durch die Gravitation verursacht wird, kann man eine Bewegung von Mond und Sonne die einen gemeinsamen Schwerpunkt umkreisen nicht von einem linearen freien Fall von Erde und Mond unterscheiden und insbesondere kann das jeder Mensch gleich gut nachvollziehen?
DrStupid



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Beitrag DrStupid Verfasst am: 08. Jan 2024 23:08    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Dann schau dir bitte mal eine graphische Darstellung der Gezeitenkräfte an: https://www.reddit.com/r/gifs/comments/20lz58/this_illustrates_how_the_moon_causes_tides_on_the/

Im Erde-Mond-System weisen sie zur Verbindungslinie Erde-Mond hin


Das sind nur die Gezeitenkräfte des Mondes. Es wirken aber auch noch die Gezeitenkräfte der Erde selbst. Alles zusammen wirkt im hydrostatischen Gleichgewicht senkrecht zur Oberfläche.

TomS hat Folgendes geschrieben:
sie führen zu einem Fließen des Flutbergs um die Erde


Der fließt nicht, sondern er wandert um die Erde, in dem er sich vorne hebt und hinten senk - wie eine La-Ola-Welle. Eine signifikante horizontale Bewegung gibt es nur in den flachen Küstenbereichen.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wenn – für einen idealisiert starren Rotationsellipsoid mit einer dünnen Wasserschicht – der Flutberg um diesen herumießt, dann fließt er um diesen herum.


Die Erde ist aber kein starrer Rotationsellipsoid. Die Tidenwellen läuft durch den Erdmantel und die darauf schwimmende Erdkruste und die Ozeane heben und senken sich entsprechend mit. Nur an den Küsten schwappt das Wasser spürbar hin und her.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Wenn – auf der Erde, im Pazifik, weitab von Küsten – der Flutberg mit einer Höhe von ca. einem Meter mit dem Mond synchronisiert über den Ozean wandert, wie soll er das tun ohne Fließbewegung?


Im Wesentlichen dadurch, dass dieser Flutberg auch über den Meeresboden wandert. Was dann noch an Tiefenänderung übrig bleibt, verteilt sich über eine so hohe Wassersäule, dass man die horizontale Bewegung komplett vernachlässigen kann. Und selbst dafür sind keine nennenswerten horizontalen Gezeitenkräfte notwendig, weil die Dämpfung so klein ist, dass die erzwungene Schwingung fast synchron mit der Erregerfrequenz ist. Die winzige Phasenverschiebung spielt zwar eine Rolle beim Drehimpulstransfer zwischen Erde und Mond, aber in dieser Diskussion ist sie vollkommen irrelevant. Hier können wir davon ausgehen, dass sich die Erde komplett im hydrostatiachen Gleichgewicht befindet - und damit genau die Form hat, bei der keine horizontalen Käfte wirken. Das ist auch gleichzeitig der Ansatz für die Berechnung der Form aus dem Kraftfeld.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Nö. Wasser fließt, weil es flüssig ist, die Erde nicht, weil es sich um einen elastischen Festkörper handelt.


Nö, auf den Skalen über die wir hier reden, verhält sich die Erde wie ein Fluid. Deshalb befindet sie sich im hydrostatischen Gleichgewicht, was übrigens sogar zur Definition von Planeten gehört.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Jan 2024 23:43    Titel: Antworten mit Zitat

Es gibt keine Gezeitenkräfte der Erde auf sich selbst, weil Gezeitenkräfte auf einen Körper E per definitionem externe gravitative Kräfte verursacht durch einen anderen Körpers X sind.

Auch dass hier nichts tangential fließen soll, ist falsch. Die Tiden der Erskruste bewegen sich im Dezimeter-Bereich, die des Wassers im Meter-Bereich (für tiefe Ozeane, nicht für Küsten). Das Anheben des Meeresbodens um einige Dezimeter kann jedoch nicht das Wasser um einen Meter anheben.

Das gilt selbst für einen ideal starren Körper plus Wasser; ersterer hebt das Wasser unter dem Einfluss einer Gezeitenkraft Nullkommanullnull Meter an, es existiert also ausschließlich ein wandernder Flutberg, der der Gezeitenkraft folgt. Dass damit kein makroskopischer tangentialer Transport einzelner Moleküle über den Ozean verbunden ist, ist natürlich klar; das gilt z.B. auch für Wellen im tiefen Ozean.

EDIT: Ich finde die folgende Darstellung nicht schlecht, wäre aber glücklicher, wenn ich dazu mehr Artikel von Physikern finden würde … https://thenauticalalmanac.com/Bowditch-%20American%20Practical%20Navigator/Chapt-09%20TIDES%20AND%20TIDAL%20CURRENTS.pdf

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ML



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Beitrag ML Verfasst am: 09. Jan 2024 00:12    Titel: Rolle der Erdrotation Antworten mit Zitat

Hallo TomS,

die Rolle der Erdrotation ist für die Gezeiten zunächst vernachlässigbar, wie Du schreibst, aber umgekehrt haben die Gezeiten einen Einfluss auf die Erdrotation (Stichwort: gebundene Rotation). Dieser Punkt wäre in der FAQ m. E. gut aufgehoben.

Wenn ich den Mechanismus richtig verstehe, dann führt die Eigenrotation der Erde dazu, dass der Flutberg* nicht ganz exakt auf der Linie Erdmittelpunkt/Mondmittelpunkt, sondern etwas weiter östlich liegt.
Das bietet für den Mond die Gelegenheit, gravitativ ein Drehmoment auf die Erde auszuüben, wodurch deren Rotation verlangsamt und der Mond (unter Drehimpulserhaltung) beschleunigt wird**.

Am Ende wäre es dann wichtig, dass wir von der "Zwei-Buckel-Theorie" weg hin zur Wirklichkeit für die Hoch- und Niedrigwasser kommen, die ungefähr durch das beigefügte GIF gezeigt wird. Dort sieht man, dass anstelle der zwei Buckel amphidromische Punkte kommen, um die sich die Orte mit Hoch- bzw. Niedrigwasser drehen.

Ich meine, die zwei Buckel werden sicher durch die Landmassen behindert, so dass es zu dieser komplizierteren Struktur kommt. Auf dem Bild sieht man aber auch ganz gut den Einfluss der Corioliskraft (Drehrichtung auf der Nord- und Südhalbkugel). Müsste man die Corioliskraft nicht auch haben, wenn die ganze Erde komplett wasserbedeckt wäre und man dann mit zwei Flugbergen drüberhuscht?



Viele Grüße
Michael



* Hier weiß ich schon nicht, ob das Wasser oder der Festkörper entscheidend sind.

** Das ist zunächst auch nur eine Schulbucherklärung. Sie wirkt für mich erst mal plausibel. Wber wir wissen ja, wie viele Fallstricke in den Schulbüchern versteckt sind.

*** Bildquelle: http://www.freegrab.net/Tide%20waves.gif



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Tide waves.gif




Zuletzt bearbeitet von ML am 09. Jan 2024 00:26, insgesamt 3-mal bearbeitet
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Jan 2024 00:16    Titel: Re: Rolle der Erdrotation Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:
… die Rolle der Erdrotation ist für die Gezeiten zunächst vernachlässigbar, wie Du schreibst, aber umgekehrt haben die Gezeiten einen Einfluss auf die Erdrotation (Stichwort: gebundene Rotation). Dieser Punkt wäre in der FAQ m. E. gut aufgehoben.

Guter Punkt, kommt später. Evtl. muss ich ja nicht alles alleine schreiben …

ML hat Folgendes geschrieben:
…Wenn ich den Mechanismus richtig verstehe, dann führt die Eigenrotation der Erde dazu, dass der Flutberg* nicht ganz exakt auf der Linie Erdmittelpunkt/Mondmittelpunkt, sondern etwas weiter östlich liegt.
Das bietet für den Mond die Gelegenheit, gravitativ ein Drehmoment auf die Erde auszuüben, wodurch deren Rotation verlangsamt und der Mond (unter Drehimpulserhaltung) beschleunigt wird.

Ja, das sind zwei Punkte. Zum einen das "Hinterherlaufen der Gezeiten hinter der Gezeitenkraft", Größenordnung 3° wenn ich mich recht erinnere. Zum anderen der von dir genannte Effekt.

ML hat Folgendes geschrieben:
(Das ist zunächst auch nur eine Schulbucherklärung. Sie wirkt für mich erst mal plausibel. Wber wir wissen ja, wie viele Fallstricke in den Schulbüchern versteckt sind.)

Und auch in anderen Veröffentlichungen. Deswegen versuche ich zunächst, falsche Erklärungen auszuschließen.

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Qubit



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Beitrag Qubit Verfasst am: 09. Jan 2024 00:39    Titel: Antworten mit Zitat

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:

Weil die Gezeitenkraft in einem Inertialsystem nur durch die Gravitation verursacht wird, kann man eine Bewegung von Mond und Sonne die einen gemeinsamen Schwerpunkt umkreisen nicht von einem linearen freien Fall von Erde und Mond unterscheiden und insbesondere kann das jeder Mensch gleich gut nachvollziehen?


Tatsächlich sind die Betrachtung von (inertialer) Trägheit(sbewegung) und (nicht-inertialer) Trägheitskraft äquivalent.

Letztlich bekommt man für die Bewegung im Mondgravitationsfeld für jeden Punkt der Erde eine resultierende Beschleunigung der Art von



Hierbei ist die Gravitationsbeschleunigung des Mondes am Erdort x.

Jetzt kann man den zweiten Term entweder

1. "inertial" deuten, als Gravitationsbeschleunigung des Erdschwerpunktes.

Oder, da die Gesamtbeschleunigung dort gerade Null ist,
2. als konstante Zentrifugalbeschleunigung
Aruna_Gast
Gast





Beitrag Aruna_Gast Verfasst am: 09. Jan 2024 07:28    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:

Weil die Gezeitenkraft in einem Inertialsystem nur durch die Gravitation verursacht wird, kann man eine Bewegung von Mond und Sonne die einen gemeinsamen Schwerpunkt umkreisen nicht von einem linearen freien Fall von Erde und Mond unterscheiden und insbesondere kann das jeder Mensch gleich gut nachvollziehen?


Tatsächlich sind die Betrachtung von (inertialer) Trägheit(sbewegung) und (nicht-inertialer) Trägheitskraft äquivalent.



1.) Das ist mir klar, das hatte ich z.B. hier selbst geschrieben:

Aruna_Gast hat Folgendes geschrieben:
Falls es um die Gezeiten auf der Erde geht, würde ich den Film vom BAW verlinken und dann darauf hinweisen, dass es zu der Addition der Fliehkraft zur lokalen Gravitationskraft die Alternative gibt, von der lokalen Gravitationskraft die Gravitationskraft im Schwerpunkt abzuziehen.
Das könnte ich dann mit dieser Abbildung illustrieren:

de.wikipedia.org/wiki/Gezeitenkraft#/media/Datei:Gezeitenkraft_Inertialsystem_Koerpersystem.png



in der verlinken Abbildung aus dem Wikipediaartikel zur Gezeitenkraft sind die alternativen Konstruktionsmöglichkeiten der Gezeitenkraft im Inertialsystem und im mitbewegten Bezugssystem graphisch dargestellt.


2.) inwiefern beantwortet das meine obige Frage? Es ging darum, dass TomS behauptet hatte, eine Unterscheidung des Falles der Rotation von Mond und Erde umeinander vom linearen freien Fall von Mond auf die Erde in Bezug auf die Nachvollziehbarkeit (z.B. durch Schüler) meines Erklärungsversuchs, warum eine rein anziehende Wechselwirkung wie die Gravitation eine Kraft erzeugt, die vom Mond weg zeigt, falsch sei.

Ausgangspunkt war diese Aussage von Ich:

Zitat:
Die Kraft, die alles hin zum Mond zieht, kann keinen Wasserberg weg vom Mond ziehen.


DrStupid war der Ansicht, diese Aussage sei falsch.
Ich bin der Ansicht diese Aussage ist richtig, sehe aber keinen Widerspruch dazu, dass die Gezeitenkraft in an der mondabgewandten Seite der Erde vom Mond weg zeigt, da das ja nicht die Kraft ist, die vom Mond auf den Flutberg ausgeübt wird.
Im linearen freien Fall ist das IMO leicht nachzuvollziehen, da ja da die Erde inklusive Wasserberg sich auf den Mond zu bewegt.
Im Rotationsfall ist das IMO (z.B. für einen durchschnittlichen Schüler der 11. Klasse) nicht so leicht nachzuvollziehen, da sich Abstand Erde-Mond bei der Annahme einer Kreisbahn nicht verändert.
DrStupid



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Beiträge: 5054

Beitrag DrStupid Verfasst am: 09. Jan 2024 09:08    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Es gibt keine Gezeitenkräfte der Erde auf sich selbst, weil Gezeitenkräfte auf einen Körper E per definitionem externe gravitative Kräfte verursacht durch einen anderen Körpers X sind.


Die Gravitationskräfte der Erde beeinflussen ihre Form. Wenn Du sie ignorierst, nur weil sie nicht der Definition von Gezeitenkräften entsprechen, dann hast Du schon am Start vertloren. Einem Körper in einem Graitationsfeld ist es egal, ob das Feld nur von außen oder auch von ihm selbst stammt.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Auch dass hier nichts tangential fließen soll, ist falsch.


Vor allem ist es irrelevant. Entscheidend ist die Form des Gleichgewichtskörpers. Die Frage, wie das Material in diese Form kommt, ist viel zu kompliziert um sie hier zu diskutieren.

TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Tiden der Erskruste bewegen sich im Dezimeter-Bereich, die des Wassers im Meter-Bereich (für tiefe Ozeane, nicht für Küsten).


Ich habe Dir schon weiter oben gesagt, dass Du Dich entscheiden musst, ob Du über ideale Gezeiten sprechen willst (die im Dezimeterbereich liegen) oder über reale Gezeiten (die im Meterbereich liegen). Ich rede hier ausdrücklich nur von idealen Gezeiten.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 09. Jan 2024 09:49    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Es gibt keine Gezeitenkräfte der Erde auf sich selbst, weil Gezeitenkräfte auf einen Körper E per definitionem externe gravitative Kräfte verursacht durch einen anderen Körpers X sind.

Die Gravitationskräfte der Erde beeinflussen ihre Form. Wenn Du sie ignorierst …

Das tue ich nicht.

Ich verwende allenfalls die Näherung, dass ich 1) zunächst die Deformation der Erde alleine (ohne Mond etc.) betrachte, 2) anschließend die Deformation aufgrund externer Gezeitenkräfte, und 3) zuletzt keine Deformation der Erde aufgrund der Eigengravitation, jetzt unter Berücksichtigung der Deformation (2). Das ist sicher zu rechtfertigen, da (2) auf Effekte im Bereich einiger Meter führt, (3) also nochmal deutlich darunter liegt.

Zeige mir bitte eine Quelle, die anders argumentiert.

Und akzeptiere doch einfach, dass ich hier
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
weil sie nicht der Definition von Gezeitenkräften entsprechen

einfach auf eine sauber Definition Wert lege, damit wir hier nicht völlig im Chaos versinken.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Auch dass hier nichts tangential fließen soll, ist falsch.

Vor allem ist es irrelevant. Entscheidend ist die Form des Gleichgewichtskörpers. Die Frage, wie das Material in diese Form kommt, ist viel zu kompliziert um sie hier zu diskutieren.

Es ist nicht irrelevant sondern falsch.

Es geht nicht um eine quantitative Diskussion, sondern um die prinzipielle Feststellung, dass Gezeiten – auch idealisierte Gezeiten für einen zunächst perfekten Rotationsellipsoiden – mit tangentialen Strömungen zusammenhängen. Das wusste schon Laplace.

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Die Tiden der Erskruste bewegen sich im Dezimeter-Bereich, die des Wassers im Meter-Bereich (für tiefe Ozeane, nicht für Küsten).

Ich habe Dir schon weiter oben gesagt, dass Du Dich entscheiden musst, ob Du über ideale Gezeiten sprechen willst (die im Dezimeterbereich liegen) oder über reale Gezeiten (die im Meterbereich liegen). Ich rede hier ausdrücklich nur von idealen Gezeiten.

Danke für's selektive, sinnentstellende Zitieren.

Es ging um ein einfaches Argument, dass die Idee, ideale oder reale Gezeiten würden rein aus vertikalem Heben des Wassers ohne horizontale Strömung folgen, falsch ist.

Die Idee, dass in einen stationären Gleichgeeichtsszustand nichts fließt, stammt eventuell aus der Betrachtung des mitrotierenden Bezugsystems; das verwende ich jedoch nirgendwo (da es nichts hilft, sondern fälschlicherweise die Relevanz von Zentrifugalkräften suggeriert). Außerdem ist es ohnehin ziemlich fragwürdig, denn mit der selben Argumentation würde folgen, dass im mitrotierenden Bezugsystem Erde und Mond ortsfest sind und sich nicht bewegen …

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