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Kollapspostulat mathematisch unsinnig? - Seite 2
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Seltener
Gast





Beitrag Seltener Verfasst am: 24. Nov 2023 19:48    Titel: Antworten mit Zitat

Die Diskussion des Projektionspostulats für den Fall kontinuierlicher Messwerte findet man übrigens schon bei von Neumann selbst (S. 115, letzter Abschnitt: "Wir sahen: ..."). Es läuft dort auf dasselbe hinaus wie Sakurais Gl. (1.6.5).
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 24. Nov 2023 21:52    Titel: Antworten mit Zitat

Danke, werde ich nachlesen. Mir war tatsächlich nicht klar, dass das schon bei von Neumann diskutiert wurde.

Seltener hat Folgendes geschrieben:
Der Unterraum, auf den ich projiziere, gehört nicht zu mehreren Eigenwerten, sondern zu gar keinem Eigenwert, weil alle Werte aus [p-e, p+e] aus dem kontinuierlichen Spektrum stammen.

Stimmt, habe das oben korrigiert.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 25. Nov 2023 07:51    Titel: Antworten mit Zitat

Also zusammenfassend:

Bei der Messung einer "kontinuierlichen" Größe wie dem Ort x mit Auflösung epsilon wird ein verallgemeinerter Kollaps







inkl. Normierung betrachtet.

Für die Projektoren gilt



Dabei ist x ein Spektralwert aus dem kontinuierlichen Spektrum. Beide Zustände sind normierbar.

Mir war nicht klar, dass dies bereits bei von Neumann diskutiert wurde.

Damit bleibt folgende Feststellungen, die dann keine Kritik an von Neumann darstellt, jedoch weiterhin an vielen Lehrbüchern und Skripten:

Bsp.:

https://ocw.mit.edu/courses/22-51-quantum-theory-of-radiation-interactions-fall-2012/9cdcc3c1e36da2ae3e2f925d5b435ab6_MIT22_51F12_Ch3.pdf

Zitat:
The value of the measurement of an observable is one of the observable eigenvalues. The probability of obtaining one particular eigenvalue is given by the modulus square of the inner product of the state vector of the system with the corresponding eigenvector. The state of the system immediately after the measurement is the normalized projection of the state prior to the measurement onto the eigenvector subspace.

Nein.

Das Ergebnis ist nicht einfach eine Zahl aus dem Spektrum, sondern diese Zahl plus die Auflösung. Die Wahrscheinlichkeit wird i.A. nicht bzgl. eines Eigenvektors berechnet, auch nicht bzgl. eines "verallgemeinerten Eigenvektors", sondern bzgl. des o.g. Zielzustandes. Ein Kollaps erfolgt i.A. ebenfalls weder in einen Eigenzustand (der im Falle des kontinuierlichen Spektrums nicht vorliegt) noch in einen "verallgemeinerten Eigenzustand" (der nicht normierbar wäre, was an anderer Stelle explizit gefordert wird), sondern in den o.g. Zielzustand. Darüberhinaus liefert die Messung i.A. keine orthonormierten Zielzustände (wird auch häufig behauptet), da für



gilt:



Damit führen auch wiederholte Messungen der selben Observablen i.A. nicht zum selben Messergebnis und nicht zum selben Zielzustand. Zunächst liefert die wiederholte Messung die Möglichkeit zweier unterschiedlicher Messwerte



und zum zweiten liefert die zweite Projektion nicht den selben Zielzustand, da


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Zuletzt bearbeitet von TomS am 29. Nov 2023 06:36, insgesamt 2-mal bearbeitet
Seltener
Gast





Beitrag Seltener Verfasst am: 25. Nov 2023 10:31    Titel: Antworten mit Zitat

Die unmittelbare Wiederholbarkeit des Messergebnisses ist so ziemlich genau der Grund für das Kollapspostulat. Deswegen sind die Intervalle bei von Neumann disjunkt und die Messung entscheidet nur in welchem Intervall der Wert liegt. Eine Wiederholung ergibt nach dem Kollaps dasselbe Intervall, also innerhalb der Messgenauigkeit denselben Wert.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 25. Nov 2023 12:44    Titel: Antworten mit Zitat

Passt.

Das bedeutet aber wiederum, dass wir es in keinster Weise irgendwie mit einer Messung der Observablen x zu tun haben, sondern dass der Projektor E diese Rolle übernimmt.

Ich bestreite ja keineswegs, dass man dies mathematisch konsistent so betrachten kann. Nur – so wird es eben in den seltensten Fällen dargestellt.

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Seltener
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Beitrag Seltener Verfasst am: 25. Nov 2023 18:21    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Das bedeutet aber wiederum, dass wir es in keinster Weise irgendwie mit einer Messung der Observablen x zu tun haben, sondern dass der Projektor E diese Rolle übernimmt.


Hä? Du hast eine Menge 100g Gewichte und 1 Körper unbekannter Masse. Mit Balkenwaage machst du nun folgende Beobachtung. 10 100g-Stücke sind leichter als der Körper, 11 100g-Stücke sind schwerer als der Körper. Ist dieses Experiment in "keinster Weise irgendwie eine Messung der Masse des Körpers"? Ich gehe davon aus Du verstehst die Analogie zu von Neumann.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 25. Nov 2023 19:24    Titel: Antworten mit Zitat

Nein, verstehe ich in diesem Kontext nicht.

Ich betrachte eine Messung an einem Teilchen.

Nehme ich x als Observable, muss ich gemäß Projektionspostulat auf den Eigenzustand zum Eigenwert = Messwert projizieren. Nach der Messung läge also ein "Ortseigenzustand" vor, d.h. eine delta-Funktion. Das ist aber kein Eigenzustand, und nicht normierbar – im Widerspruch zu anderen Axiomen. Das ist Corbis Problem.

Nutze ich E als Observable und projiziere wie oben, erhalte ich einen normierbaren Eigenzustand – aber einen solchen zu E, nicht zu x. Alles gut. E ist die Observable.

Das entspricht auch der Praxis: jedem Detektorarray, Pixel … wird ein derartiger Projektor zugeordnet; einer registriert das Teilchen, anschließend ist es im entsprechenden Eigenzustand.

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Seltener
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Beitrag Seltener Verfasst am: 25. Nov 2023 19:48    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Nein, verstehe ich in diesem Kontext nicht.

Ich betrachte eine Messung an einem Teilchen.

Nehme ich x als Observable, muss ich gemäß Projektionspostulat auf den Eigenzustand zum Eigenwert = Messwert projizieren.


Nein, musst du nicht. Du und Corbi ihr geht von falschen Annahmen aus. Fangen wir mal weiter vorne an. Bei von Neumann ist der Kollaps kein Postulat, sondern eine Folgerung aus der ANNAHME, dass bei der zweiten Messung mit Sicherheit derselbe Wert herauskommt wie bei der ersten (angenommen es ist nur wenig Zeit vergangen). Nun fragt sich von Neumann, was kann ich über den Zustand nach der Messung aus dieser Annahme ableiten? Beim Punktspektrum und nichtentarteten Eigenwerten muss Xpsi = x psi sein. Also hat man nach der Messung einen Eigenzustand.
Das BEWEIST also von Neumann, er postuliert es nicht. (Bei Messung von entarteten Eigenwerten können wir aus dem Ergebnis den Zustand nicht ableiten. S.114)

Im kontinuierlichen Fall stellen wir zunächst fest, dass wir für keine endliche Messunsicherheit den Wert exakt bestimmen können und führen das ganze dann auf den Fall des Punktspektrum zurück indem wir die Messung von



betrachten. Das heißt wir können eine exakte Messung von F(X) vornehmen und sie entspricht der angenäherten Messung von X (S.115 unten). Das Kollaps"postulat" nach von Neumann erfordert nirgendwo, dass man für die Messung von X auf delta-Funktionen projiziert.

Lies es mal selbst nach, dann reden wir nicht dauernd aneinander vorbei.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 26. Nov 2023 00:10    Titel: Antworten mit Zitat

Seltener hat Folgendes geschrieben:
Du und Corbi ihr geht von falschen Annahmen aus.

Nein.

Wir gehen nicht von falschen Annahmen aus, wir gehen von dem aus, was man häufig liest, und Corbi kommt bereits im ersten Beitrag zu den richtigen Schlussfolgerungen:
1) physikalische Zustände werden durch normierbare Zustände repräsentiert
2) eine Messung liefert als Messwert immer einen Eigenwert
3) nach einer Messung befindet sich das System im entsprechenden Eigenzustand
4) später werden "verallgemeinerten Eigenzustände" zu Ort und Impuls betrachtet, ohne dass (1 - 3) revidiert werden.

Und das zusammen ist inkonsistent.

Corbi stellt das in seinem Einfangspost völlig zurecht fest.

Dass du uns darauf hinweist, dass diese Darstellung falsch ist, ist nicht notwendig, das wissen wir. Dass du darüberhinaus darauf hinweist, dass es bei von Neumann korrekt dargestellt ist, ist natürlich hilfreich.

Seltener hat Folgendes geschrieben:
Bei von Neumann ist der Kollaps kein Postulat, sondern eine Folgerung aus der ANNAHME, dass bei der zweiten Messung mit Sicherheit derselbe Wert herauskommt wie bei der ersten.

In der Literatur wird dies dennoch als Projektions- oder Kollapspostulat bezeichnet, nicht als Theorem.

Seltener hat Folgendes geschrieben:
Das Kollaps"postulat" nach von Neumann erfordert nirgendwo, dass man für die Messung von X auf delta-Funktionen projiziert.

Es wird aber häufig so dargestellt.

Ansonsten – gelungener Einstieg unter neuem Namen aber mit dem alten Stil. Gerne seltener.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 27. Nov 2023 22:32, insgesamt einmal bearbeitet
Noch seltenerer
Gast





Beitrag Noch seltenerer Verfasst am: 26. Nov 2023 08:04    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Seltener hat Folgendes geschrieben:
Du und Corbi ihr geht von falschen Annahmen aus.

Nein.

Wir gehen nicht von falschen Annahmen aus, wir gehen von dem aus, was man häufig liest, und Corbi kommt bereits im ersten Beitrag zu den richtigen Schlussfolgerungen:

1) physikalische Zustände werden durch normierbare Zustände repräsentiert
2) eine Messung liefert als Messwert immer einen Eigenwert
3) nach einer Messung befindet sich das System im entsprechenden Eigenzustand
4) später werden "verallgemeinerten Eigenzustände" zu Ort und Impuls betrachtet, ohne dass (1 - 3) revidiert werden.

Und das zusammen ist inkonsistent.


Achso, dann geht ihr also nicht von falschen sondern von inkonsistenten Annahmen aus.

Zitat:

Es wird aber häufig so dargestellt.

Ansonsten – gelungener Einstieg unter neuem Namen aber mit dem alten Stil. Gerne seltener.


Verstehe ich nicht ganz. Aber im Forum wo ausgerechnet Du die Stilpolizei bist, bin ich ganz sicher seltener.
Corbi



Anmeldungsdatum: 17.07.2018
Beiträge: 296

Beitrag Corbi Verfasst am: 27. Nov 2023 18:09    Titel: Antworten mit Zitat

Also, dass sich das Kollapspostulat über auch ohne existente Eigenvektoren über das Spektralmaß formulieren lässt war mir vorher nicht bewusst und hilft schonmal weiter!
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Die Natur beginnt eben nicht mit Elementen, so wie wir genötigt sind mit Elementen zu beginnen - Ernst Mach


Zuletzt bearbeitet von Corbi am 28. Nov 2023 14:10, insgesamt einmal bearbeitet
Günther



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Beitrag Günther Verfasst am: 28. Nov 2023 10:32    Titel: Antworten mit Zitat

Was spricht gegen Zeilinger's Auffassung wonach ein mathematisches Konstrukt (die Wellenfunktion als solches aufgefasst) nicht kollabiert?

Die Born'sche Regel liefert Wahrscheinlichkeiten. Woran würde man festmachen, dass die Wellenfunktion mehr ist als ein mathematisches Konstrukt?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 28. Nov 2023 10:48    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
Was spricht gegen Zeilinger's Auffassung wonach ein mathematisches Konstrukt (die Wellenfunktion als solches aufgefasst) nicht kollabiert?

Die Born'sche Regel liefert Wahrscheinlichkeiten. Woran würde man festmachen, dass die Wellenfunktion mehr ist als ein mathematisches Konstrukt?

Es ging doch gar nicht um mehr als dieses Konstrukt.

Ja, die Bornsche Regel liefert Wahrscheinlichkeiten, und das Argument für den Kollaps folgt letztlich genau daraus.

Ich formuliere das mal mittels der oben eingeführten Projektoren. Ich habe disjunkte Ortsdetektoren n=1,2… und die entsprechenden orthogonalen Projektoren E_n.



Vor der ersten Messung gilt für die Wahrscheinlichkeit einer Detektion bei n



Im Spezialfall eindimensionaler Unterräume mit



ist das gerade



d.h. die Wahrscheinlichkeit für n entspricht gerade dem Erwartungswert der jeweiligen Observablen E_n. Das ist gerade die Bornsche Regel.

Nach der ersten Detektion bei einem speziellen k erwartet man für eine unmittelbar darauffolgende Messung "den selben Ort", also



Der Kollaps aufgrund der ersten Messung von k besagt



wobei die entsprechende Neu-Normierung durchgeführt wird. Damit gilt für die zweite Messung unter Verwendung des kollabierten Zustandes



Der Kollaps stellt also genau das sicher: unmittelbar aufeinanderfolgende Messungen der selben Observablen führen auf den selben Messwert, bzw. unmittelbar nach einer Messung wissen wir sicher, welcher Wert vorliegt und in einer erneuten Messung auftreten muss. Letztlich entspricht das gerade einer bedingten Wahrscheinlichkeit, das Auftreten des zweiten Messwertes n unter der Voraussetzung, dass ein erster Messwert k vorlag.

Meint Zeilinger nicht vielmehr, dass man den Kollaps ausschließlich als mathematisches Werkzeug betrachten solle, nicht als tatsächlich realen Vorgang?

Zitat:
Die Annahme, dass sich diese Wahrscheinlichkeitswellen tatsächlich im Raum ausbreiten, ist also nicht notwendig - denn alles, wozu sie dienen, ist das Berechnen von Wahrscheinlichkeiten. Es ist daher viel einfacher und klarer, die Wellenfunktion ψ nicht als etwas Realistisches zu betrachten, das in Raum und Zeit existiert, sondern lediglich als mathematisches Hilfsmittel, mit Hilfe dessen man Wahrscheinlichkeiten berechnen kann. Zugespitzt formuliert, wenn wir über ein bestimmtes Experiment nachdenken, befindet sich ψ nicht da draußen in der Welt, sondern nur in unserem Kopf.


EDIT: Nehmen wir an, die o.g. Detektorelemente wären mittels isolierter Moleküle realisiert, wobei die Absorption eines Photons mit Verfärbung des Moleküls dessen Ortsmessung entspricht. Wir haben also z.B. hinter einem Doppelspalt einen Detektor, der für ein Photon immer ein lokalisiertes Detektorereignis erzeugt, obwohl wir anhand von Interferenzexperimenten zeigen können, dass wir ein Photon eben nicht immer lokalisiert beschreiben können. Irgendwie und irgendwo existiert also ein Mechanismus – und sei es nur ein gedankliches Konstrukt – der den Übergang von einem delokalisierten zu einem lokalisierten Zustand beschreibt. Dies nicht als realen Prozess aufzufassen, eliminiert nicht die Notwendigkeit dieses Übergangs.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 29. Nov 2023 08:10, insgesamt 11-mal bearbeitet
Günther



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Beitrag Günther Verfasst am: 28. Nov 2023 21:53    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Meint Zeilinger nicht viel mehr, dass man den Kollaps ausschließlich als mathematisches Werkzeug betrachten solle, nicht als tatsächlich realen Vorgang?

Ich verstehe ihn so, dass das mathematische Werkzeug die Wellenfunktion ist und der Kollaps nicht mehr als eine bloße Denknotwenigkeit, die aus dem Nachweis eines Teilchens an einem Ort folgt, s.u.


TomS hat Folgendes geschrieben:

Zitat:
Die Annahme, dass sich diese Wahrscheinlichkeitswellen tatsächlich im Raum ausbreiten, ist also nicht notwendig - denn alles, wozu sie dienen, ist das Berechnen von Wahrscheinlichkeiten. Es ist daher viel einfacher und klarer, die Wellenfunktion ψ nicht als etwas Realistisches zu betrachten, das in Raum und Zeit existiert, sondern lediglich als mathematisches Hilfsmittel, mit Hilfe dessen man Wahrscheinlichkeiten berechnen kann. Zugespitzt formuliert, wenn wir über ein bestimmtes Experiment nachdenken, befindet sich ψ nicht da draußen in der Welt, sondern nur in unserem Kopf.


Dieses Zitat findet sich in Zeilinger's Buch Einsteins Schleier, Seite 194.

Weiter unten auf derselben Seite:

Zitat:
Klarerweise hat in dem Moment, in dem wir das Teilchen an einem Ort nachgewiesen haben, die Kugelwelle überhaupt keinen Sinn mehr, denn die Wahrscheinlichkeit, es woanders zu finden, ist ja dann Null. Dieser Kollaps der Wellenfunktion ist aber dann nicht etwas, was im wirklichen Raum stattfindet. Sondern er ist eine ganz simple Denknotwendigkeit, da ja die Wellenfunktion nichts anderes ist, als als unser Hilfsmittel zur Berechnung von Wahrscheinlichkeiten.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 28. Nov 2023 22:22    Titel: Antworten mit Zitat

Dann sind wir uns einig bei dem, was Zeilinger meint – aber wahrscheinlich nicht einig dabei, dass bzw. warum er der Meinung ist, damit sei alles irgendwie ok. Das ist es für mich ganz und gar nicht, und da muss ich noch nicht mal eine ontische Interpretation bemühen, die Problematik folgt bereits aus einer anderen Überlegung: wenn wir zur Berechnen für Quantensysteme normalerweise die unitäre Schrödingergleichung nutzen, warum verwenden wir dann in speziellen Situationen bzw. für spezielle Quantensysteme – im Widerspruch dazu – manchmal einen nicht-unitären Kollapses? Diese Frage – ohne eine ontische Interpretation – ist nach vor offen.

Anyway, das war nicht Corbis Frage.

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Günther



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Beitrag Günther Verfasst am: 29. Nov 2023 10:29    Titel: Antworten mit Zitat

Er nennt das selbst minimalistisch, soll vermutlich heißen, mehr brauchts nicht.
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 29. Nov 2023 12:19    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
Er nennt das selbst minimalistisch, soll vermutlich heißen, mehr brauchts nicht.

Mehr braucht's nicht für was?

Stimmst du mir zu, dass meine Frage …
TomS hat Folgendes geschrieben:
wenn wir zur Berechnen für Quantensysteme normalerweise die unitäre Schrödingergleichung nutzen, warum verwenden wir dann in speziellen Situationen bzw. für spezielle Quantensysteme manchmal einen nicht-unitären Kollapses?

… offen ist, dass Zeilinger sie nicht beantwortet sondern aus einer gewissen minimalistischen Perspektive betrachtet für irrelevant hält?

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Beitrag TomS Verfasst am: 29. Nov 2023 13:24    Titel: Antworten mit Zitat

Frage in einem multiple Choice Test:

Ein Gamma-Quant wechselwirkt mit einem größeren Quantensystem. Die Wechselwirkung zwischen beiden wird beschrieben durch



wobei die Erzeuger und Vernichter d für lokalisierte Quantenpunkte stehen, und wobei angenommen wird, dass für den Photonzustand näherungsweise ein Ansatz mittels Superposition lokalisierter Zustände und entsprechender Erzeuger und Vernichter a möglich ist.

Zunächst sei das Gesamtsystem in einem initialen Zustand



In welchem der folgenden Zielzustände





befindet sich das System nach erfolgter Wechselwirkung?

Hinweis: Verwenden Sie Störungstheorie erster Ordnung.

Wichtig: Begründen Sie Ihre Antwort durch eine kurze Skizze der Berechnung.

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Günther



Anmeldungsdatum: 23.11.2010
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Beitrag Günther Verfasst am: 29. Nov 2023 16:46    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Günther hat Folgendes geschrieben:
Er nennt das selbst minimalistisch, soll vermutlich heißen, mehr brauchts nicht.

Mehr braucht's nicht für was?

Stimmst du mir zu, dass meine Frage …
TomS hat Folgendes geschrieben:
wenn wir zur Berechnen für Quantensysteme normalerweise die unitäre Schrödingergleichung nutzen, warum verwenden wir dann in speziellen Situationen bzw. für spezielle Quantensysteme manchmal einen nicht-unitären Kollapses?

… offen ist, dass Zeilinger sie nicht beantwortet sondern aus einer gewissen minimalistischen Perspektive betrachtet für irrelevant hält?

So wie Zeilinger sich ausdrückt - Kollaps ist simple Denknotwendigkeit -, hält er ihn für irrelevant. Aber vergessen wir nicht, es ist ein populärwissenschaftliches Buch ... .

Dein Argument ist vermutlich stichhaltig, insbesondere dann, wenn es sich aus dem QM-Formalismus ableitet (und nicht aus deren Interpretation), allein meine magere fachliche Kompetenz reicht nicht aus, dies zu beurteilen.

Ferner ist zu bedenken, dass Zeilinger's Auffassung eine Interpretation ist. Als solche wäre sie allerdings nicht widerlegbar. Ich denke, er ist mit der QM hinreichend vertraut um ein solches Risiko (widerlegt zu werden) einzugehen.


Zuletzt bearbeitet von Günther am 29. Nov 2023 17:04, insgesamt 3-mal bearbeitet
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 29. Nov 2023 16:59    Titel: Antworten mit Zitat

Alles gut! Danke.
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