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Quantendarwinismus
 
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GuteLaune
Gast





Beitrag GuteLaune Verfasst am: 14. Jun 2023 12:43    Titel: Quantendarwinismus Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Hallo ihr lieben Physiker.
Im Wikipedia Artikel zum Thema Interpretationen der Quantenmechanik stand unter dem Thema Dekohärenz ein paar Aspekte zum sogenannten Quantentendarwinismus.

Dieses Konzept würde anscheinend beschreiben, wie sich mit der Dekohärenz und einem Selektionsprinzip die klassische Welt ergibt. Dies würde ja auch implizieren, dass Darwinsprinzipe über die Biologie hinaus gültig wären. Man findet einige Aspekte dazu im Wikipedia Artikel zum Darwinismus unter dem Punkt universeller Darwinismus.

Doch ist das überhaupt noch wissenschaftlich? In der Physik wird ja auch ansonsten in den Theorien nicht von Selektionsprinzipien geredet.


Meine Ideen:
Ich wüsste nicht, wie ich die Darwinismus Thesen auf andere Bereiche der Physik anwenden soll. Zudem kann ich dieses These doch auch nicht wirklich experimentell testen. Ist es also eher eine philosophische Ansicht?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18109

Beitrag TomS Verfasst am: 14. Jun 2023 13:12    Titel: Antworten mit Zitat

Der Quantendarwinismus ist keine identische Kopie des Darwinismus, wobei lediglich Wörter aus der Biologie ersetzt werden, sondern nach meinem Verständnis eine Adaption auf die Quantenmechanik.

Ich kann mangels Literatur nicht beurteilen, ob das Konzept an sich recht dürftig ist, oder lediglich der Wikipedia-Artikel. Jedenfalls erscheint es mir zumindest momentan so zu sein, dass es für eine Sammlung quantenmechanischer Mechanismen nicht eines besonderen Namens bedarf.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
GuteLaune
Gast





Beitrag GuteLaune Verfasst am: 14. Jun 2023 13:54    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank für die Antwort.

Was ist ansonsten von dem universellen Darwinismus zu halten? Ist das ein wissenschaftliches Prinzip oder eher Metaphysik?
GuteLaune
Gast





Beitrag GuteLaune Verfasst am: 14. Jun 2023 18:00    Titel: Antworten mit Zitat

Im englischen Wikipedia Artikel zum universellen Darwinismus gewinnt man fast den Eindruck, dass der Darwinismus das Prinzip schlechthin sei und in allen Bereichen vertreten sei (bis zum gesamten Universum).

Ist das aber so wissenschaftlich vertretbar?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18109

Beitrag TomS Verfasst am: 15. Jun 2023 06:57    Titel: Antworten mit Zitat

Darwinismus in der Biologie und nach Kenntnisstand Darwins war nach meinem Verständnis - ich bin kein Biologe - noch keine wissenschaftliche Hypothese. Eine solche müsste nach Popper spezifische experimentell überprüfbare und insbs. falsifizierbare Hypothesen aufstellen. Nach meinem Verständnis hat Darwin jedoch keine neuen Vorhersagen entwickelt sondern lediglich Erklärungsansätze für bekannte Phänomene geliefert; insbs. der Genotyp und dessen Mutationsmechanismus waren ihm jedoch unbekannt.

Darwinismus heute - also Evolutionsbiologie - liefert zumindest für den Genotyp konkrete Vorhersagen. Die Verknüpfung mit dem Phänotyp ist jedoch weder Eins-zu-Eins noch vollständig verstanden. Deswegen muss man da genau hinsehen, in wie weit konkrete überprüfbare Hypothesen oder lediglich Erklärungen ex post vorliegen. Deswegen ist der Darwinismus vielleicht zu hoch gegriffen, man muss das weiterhin für einzelne Phänomene oder Bereiche betrachten (wie gesagt, ich bin kein Biologe).

Ein universeller Darwinismus ist für mich eine vernünftige Idee - wenn bestimmte Prämissen präzise formuliert sind und in den jeweils betrachteten Fällen auch tatsächlich zutreffen. Energieerhaltung ist auch eine vernünftige Idee, wenn die Prämissen eines abgeschlossen Systems und der Zeittranslationsinvarianz vorliegen.

Im Falle evolutionärer Algorithmen hat man einen sich reproduzierenden Genotyp und dessen zufällige Mutationen, sowie den einem Selektionsdruck ausgesetzten Phänotyp. So hat man den Algorithmus entwickelt.

Im Falle von sich reproduzierenden Universen würde ich mal vorsichtig Zweifel anmelden, ob da alle Prämissen so klar sind. Und auch bei einer kulturellen Evolution bin ich skeptisch: was genau ist der Genotyp? und inwiefern sind dessen Mutationen zufällig statt zielgerichtet? Natürlich entwickeln sich Kulturen, aber ist das wirklich im engeren Sinne die Evolution im Sinne Darwins? Oder deformiert man Begriffe so lange, bis sie zu passen scheinen?

Generell habe ich bei einigen Leuten da ein komisches Gefühl. Dennet hat zum Beispiel eine klare Agenda gegen Intelligent Design. Nun bin ich als Wissenschaftler selbst auch gegen diese Geisteshaltung, nur deswegen ist noch lange nicht jede Idee gegen Intelligent Design schon eine wissenschaftliche Idee. Eine derartige Agenda setze ich jedoch nicht nur mittels akribischer wissenschaftlicher Arbeit durch, es braucht auch eine Vermarktungsstrategie.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
GuteLaune
Gast





Beitrag GuteLaune Verfasst am: 15. Jun 2023 09:16    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen Dank für deine Antwort.

Deine Einwände bezüglich den sich selbst reproduzierenden Universen zb würde ich auch teilen. Gerade in diesem Bereich wissen wir doch viel zu wenig, um entsprechende Prämissen ableiten zu können.
Oder zur kulturellen Evolution: wenn ich die Sachen so weit deformiere, bis es passt, ist es in meinen Augen nicht mehr wissenschaftlich. Dabei geht doch sämtliche Präzision verloren.

Deshalb würde ich jetzt einfach mal sagen, dass sich Darwins Ideen auf einige Bereiche adaptieren lassen - aber bei weitem auf nicht alle.
CarstenP



Anmeldungsdatum: 10.06.2023
Beiträge: 46

Beitrag CarstenP Verfasst am: 15. Jun 2023 19:12    Titel: Antworten mit Zitat

Das, was Darwin behauptet (!) hat, ist deswegen eine Theorie, kein Gesetz. Darwin hat außerdem nie gesagt, dass er mit allem Recht hat. Teile von Darwins Behauptungen sind ja auch inzwischen widerlegt. Trotzdem hat Darwin eine bis heute recht stabile Theorie entwickelt, die auch unter den Kriterien von Naturwissenschaften recht gut aussieht. Wie gesagt, ein paar Aspekte wurden schon widerlegt, weswegen man Darwins Behauptungen zerlegen sollte, nämlich in eine Menge von widerlegten Behauptungen und eine Mege von bis heute "nur" falsifizierbaren Behauptungen.
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