RegistrierenRegistrieren   LoginLogin   FAQFAQ    SuchenSuchen   
Zeitoperator in der Quantenmechanik
 
Neue Frage »
Antworten »
    Foren-Übersicht -> Quantenphysik
Autor Nachricht
Kelvin1995
Gast





Beitrag Kelvin1995 Verfasst am: 12. Nov 2021 16:51    Titel: Zeitoperator in der Quantenmechanik Antworten mit Zitat

In der Quantenmechanik ordnet man Messgrößen wie den Ort hermitesche Operatoren zu. Die Zeit ist doch auch eine Messgröße und trotzdem behält sie in der Quantenmechanik die Rolle eines Parameters.

Warum ist das so und kann man die Quantenmechanik auch mit einem Zeitoperator formulieren?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Nov 2021 18:22    Titel: Antworten mit Zitat

Das "Problem" ist m.E. offen; es gibt diverse mathematische Schwierigkeiten bei der Konstruktion eines Zeit-Operators.

Andererseits ist es im eigentlichen Sinne gar kein Problem.

Wozu benötigen wir Observablen und diesen zugeordnete selbstadjungierte Operatoren?

Weil die Quantenmechanik in ihrer orthodoxen Interpretation behauptet, dass wenn eine Observable an einen Quantensystem gemessen wird, der Messwert einem der Eigenwerte a des zugehörigen selbstadjungierten Operators A entspricht.

Tatsache ist aber, dass die Zeit nie in diesem Sinne als Observable auftritt, da sie nie am Quantensystem selbst gemessen wird, sondern immer auf einer externen Uhr, die nicht zum betrachteten Quantensystem gehört. Damit benötigt man zu dieser völlig anders gearteten "Observablen" Zeit auch keinen selbstadjungierten Operator, der auf das Quantensystem angewendet werden sollte, an dem die "Observable" Zeit gar nicht gemessen wird.

Damit ist - zumindest in der orthodoxen Interpretation - die Frage nach einem Zeitoperator m.E. ziemlich künstlich.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
bestbenutzer232423425
Gast





Beitrag bestbenutzer232423425 Verfasst am: 12. Nov 2021 23:55    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Tatsache ist aber, dass die Zeit nie in diesem Sinne als Observable auftritt, da sie nie am Quantensystem selbst gemessen wird, sondern immer auf einer externen Uhr, die nicht zum betrachteten Quantensystem gehört. Damit benötigt man zu dieser völlig anders gearteten "Observablen" Zeit auch keinen selbstadjungierten Operator, der auf das Quantensystem angewendet werden sollte, an dem die "Observable" Zeit gar nicht gemessen wird.


Gilt das generell, auch fuer relativistische Quantenmechanik? Dort ist, nehme ich an, die Zeit dann auch eben die des beobachtenden Bezugssystems?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Nov 2021 08:22    Titel: Antworten mit Zitat

Letzteres ist korrekt.

Die relativistische Quantenmechanik nimmt eine seltsame Zwitterstellung ein. Einerseits basiert sie auf der SRT, d.h. ihre grundlegenden Gleichungen - die Dirac- und die Klein-Gordon-Gleichung - verwenden explizit eine kovariante Notation für Wellenphänome auf der Raumzeit. Andererseits zeichnet sie (je Bezugsystem) die Zeitkoordinate ebenfalls aus, wenn aus der ursprüngliche Dirac-Gleichung



die entsprechende Schrödingergleichung mit Hamiltonian H als



abgeleitet wird.

Man beachte, dass dies für ein Skalarfeld und die Klein-Gordon-Gleichung nicht möglich ist, ebenso nicht für das elektromagnetische Feld und die Maxwellschen Gleichungen. Deswegen ist die relativistische Quantenmechanik in sich ohnehin nicht wirklich schlüssig, man benötigt letztlich die QED.

Relativistische Quantenfeldtheorien sind jedoch bzgl. ihrer Axiomatik / ihrer grundlegenden Postulate ohnehin weitgehend auf Sand gebaut - funktionieren aber komischerweise praktisch sehr gut. In ihnen besteht weder der Bedarf für einen Orts- noch für einen Zeitoperator - auch wenn es wohl auch hier Physiker gibt, die ihre Zeit darauf ver(sch)wenden.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Kelvin1995
Gast





Beitrag Kelvin1995 Verfasst am: 13. Nov 2021 17:51    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Relativistische Quantenfeldtheorien sind jedoch bzgl. ihrer Axiomatik / ihrer grundlegenden Postulate ohnehin weitgehend auf Sand gebaut - funktionieren aber komischerweise praktisch sehr gut. In ihnen besteht weder der Bedarf für einen Orts- noch für einen Zeitoperator - auch wenn es wohl auch hier Physiker gibt, die ihre Zeit darauf ver(sch)wenden.


Heißt das es gibt noch keine mathematisch stringente Quantenfeldtheorie?

Kann es sein, dass dem so ist, da die QFTs effektive Theorien einer (noch unbekannten) tieferliegenden Theorie sind und gewisse inkonsistente Aspekte Artefakte einer Näherung in dieser tieferliegenden Theorie sind?

Ich bin leider bei den QFTs noch nicht bei der Renormalisierungstheorie angekommen, weshalb ich sowas noch nicht beurteilen kann.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 13. Nov 2021 18:36    Titel: Antworten mit Zitat

Kelvin1995 hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:

Relativistische Quantenfeldtheorien sind jedoch bzgl. ihrer Axiomatik / ihrer grundlegenden Postulate ohnehin weitgehend auf Sand gebaut - funktionieren aber komischerweise praktisch sehr gut. In ihnen besteht weder der Bedarf für einen Orts- noch für einen Zeitoperator - auch wenn es wohl auch hier Physiker gibt, die ihre Zeit darauf ver(sch)wenden.


Heißt das es gibt noch keine mathematisch stringente Quantenfeldtheorie?


Nein, das heißt es nicht. Es ist allerdings kein Modell einer wechselwirkenden Quantenfeldtheorie in vier Dimensionen bekannt. Freie Quantenfeldtheorien sind natürlich kein Problem. Aus physikalischer Sicht sind sie selbstverständlich nur begrenzt interessant, aber dafür sind sie mathematisch stringent. Modelle in weniger als drei Raumdimensionen gibt es meines Wissens auch. Für das Standardmodell gibt es nur störungstheoretische Definitionen, d.h. man definiert freie Felder auf einem Fockraum mit den passenden Transformationseigenschaften unter der Poincaregruppe, erklärt das ganze zum Wechselwirkungsbild und rechnet darin Übergangsamplituden als formale Potenzreihen in den Kopplungsparametern aus. Dieses Verfahren ist nicht mathematisch stringent.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18094

Beitrag TomS Verfasst am: 13. Nov 2021 18:51    Titel: Antworten mit Zitat

Es gibt insbs. 2-dim. Theorien, die super-renormierbar oder sogar endlich sind. Endlich Theorien gibt es n.W.n. auch auf Basis der SUSY.

Auf realistische Theorien trifft dies jedoch leider nicht zu, diese sind mathematisch nicht wirklich sinnvoll definiert.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Neue Frage »
Antworten »
    Foren-Übersicht -> Quantenphysik