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Messproblem und allgemein Messungen in der Quantenmechanik - Seite 3
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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18119

Beitrag TomS Verfasst am: 11. Jun 2021 11:41    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich habe das Buch "Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik." Ich kann nochmal schauen, was dort genau über den Meßprozeß behauptet wird, wenn dich das interessiert.

Das wäre sehr nett.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Jun 2021 12:06    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Dieser Schlußfolgerung entgehst du nicht einfach durch Verweis auf den unscharfen Begriff "Messung". Du mußt bestreiten, daß in diesem konkreten Einzelfall eine Ortsmessung stattfindet, obwohl wir aus den Ionisationsereignissen zweifellos irgendeine Ortsinformation erhalten. (Die ist zwar nicht exakt, aber das ist nicht der Punkt.)

Nein, man kann sich nur rauswinden, indem man bestreitet, daß in der Nebelkammer der Ort ionisierender Teilchen gemessen wird. Das ist zwar logisch möglich, aber recht unplausibel und meines Wissens tut das auch keiner.


"Näherungsweise gerade Bahnen" ist keine Eigenschaft von Zuständen.

Letzteres bestreite ich; "Näherungsweise gerade Bahnen" wäre nach meinem Verständnis exakt das Ergebnis von Mott.


Das ist keine Eigenschaft des Zustands, sondern folgt nur aus der kompletten Zeitentwicklung dieses Zustands. Meine Frage war aber konkret, welcher Zustand dem Kollapspostulat zufolge unmittelbar nach der Ionisation vorliegt. (Zu dem Zeitpunkt nahm ich noch an, es gäbe Einwände gegen Ballentines Formulierung des Postulats. Aber das war offensichtlich nicht der Fall.) Es ist m.E. aber in jedem Fall sinnlos zu behaupten eine gegebene Wellenfunktion beschreibe eine "gerade Bahn".


Zitat:

Ansonsten: können wir nochmal einfach zusammenfassen?

Versuch:

Da aus einer exakt scharfen Ortsmessung je Einzelmessung (Ionisation) mittels Projektion auf einen exakten Ortseigenzustand eine auslaufende s-Welle folgt, und somit sicher keine (näherungsweise) gerade Bahn resultieren kann, muss die Annahme der exakt scharfen Ortsmessung bzw. der Projektion für die Nebelkammer falsch sein.


Ja. Wobei natürlich nicht so klar ist, was genau das Kollapspostulat für ungenaue Messungen eigentlich impliziert. Mein Punkt ist aber, daß diese Mehrdeutigkeit nicht relevant ist. Und zwar aus genau diesem Grund:

Zitat:

Ohne es exakt gerechnet zu haben, denke ich, dass dies auch für unscharfe jedoch weiterhin isotrope Ortsmessungen gilt, aus denen ebenfalls s-Wellen folgen.


Ja, das denke ich auch.

Zitat:

Um mit der Beobachtung verträglich zu sein, muss der Unterraum derart definiert sein, dass die (lokal vorliegende) Anisotropie der einlaufenden Welle in irgendeiner Weise für die auslaufende Welle erhalten bleibt.


Genau. Und damit weichen wir nicht nur immer weiter von der Behauptung des Projektionspostulats ab, sondern die Aussage über den Endzustand wird auch immer unspezifischer, bis wir komplett aufgeben müssen und einfach die Schrödingergleichung konsultieren.

bassiks scheint zu behaupten, das Projektionspostulat sei damit nicht widerlegt, weil ja schließlich eine "Projektion" auf irgendeinen Zustand |u> sicher richtig ist. Damit vergißt er anscheinend aber seine eigene Formulierung des Projektionspostulats, die explizit fordert, daß |u> ein Eigenzustand zum gemessenen Eigenwert ist.


Zuletzt bearbeitet von index_razor am 11. Jun 2021 12:12, insgesamt einmal bearbeitet
bassiks



Anmeldungsdatum: 11.08.2010
Beiträge: 194

Beitrag bassiks Verfasst am: 11. Jun 2021 12:10    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Oje, nein, du hast das Argument vollkommen falsch verstanden. 3) ist eine Folgerung aus 1) und 2). Ballentine sagt 3) ist falsch. Deshalb muß eine der Voraussetzungen 1) oder 2) ebenfalls falsch sein. Kein Mensch bestreitet meines Wissens, daß es sich hier um eine Ortsmessung handelt. Also muß 1) falsch sein.


Aber das ist doch genau das was ich meinte. Der Schluss 1 ist falsch ist meines Erachtens nach nicht gerechtfertigt. Die Folgerung von 2 auf 3 ist falsch. Eine Ortsmessung wie sie in der Nebelkammer passiert ist eben nicht nur eine Projektion auf einen Ortseigenzustand. Und feil aus 2 nicht 3 folgt, kann aus 3) ist falsch nicht 1) ist falsch folgen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, er sagt, das Resultat einer Ortsmessung mit Ergebnis () kann nicht die Präparation eines Ortseigenzustands zum Eigenwert x sein. (Es kann übrigens auch nicht die Präparation eines Wellenpakets mit Breite sein.)


Genau. Das sagt er. Aber damit widerlegt er nicht das Kollapspostulat, da das Postulat nicht sagt das Ergebnis einer Ortsmessung sei ein Ortseigenzustand, weil es Ortsmessung einfach nicht sauber definiert. Es sagt dass der Zustand des Systems danach ein Eigenzustand des gemessenen Operators ist. Es behauptet aber nicht dass dieser Operator bei der Nebelkammer der Ortsoperator ist. Ich glaube wir sind gar nicht soweit voneinander entfernt was Ballentine gezeigt hat, wir haben wohl nur unterschiedliche Meinungen was das Kollapspostulat tatsächlich aussagt.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, man kann sich nur rauswinden, indem man bestreitet, daß in der Nebelkammer der Ort ionisierender Teilchen gemessen wird. Das ist zwar logisch möglich, aber recht unplausibel und meines Wissens tut das auch keiner.


Das bestreitet sicher niemand. Ich bestreite aber dass dies durch Projektion auf einen Ortseigenzustand korrekt beschrieben wird. Das ist auch genau das was Ballentine macht. Nur schließe ich nicht daraus dass das Kollapspostulat falsch ist, denn ich sehe nicht inwiefern das Kollapspostulat behauptet dass hier Ortseigenzustände benutzt werden müssen und nicht auf |u> projeziert werden darf.

EDIT:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

bassiks scheint zu behaupten, das Projektionspostulat sei damit nicht widerlegt, weil ja schließlich eine "Projektion" auf irgendeinen Zustand |u> sicher richtig ist. Damit vergißt er anscheinend aber seine eigene Formulierung des Projektionspostulats, die explizit fordert, daß |u> ein Eigenzustand zum gemessenen Eigenwert ist.


Nein hab ich nicht. |u><u|u>=1|u>. Der Eigenwert ist 1. Wenn du |u> kennst kannst du das in eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf dem Ortsraum umrechnen. Du wirst aber auch eine Verteilung im Impulsraum erhalten die nicht isotrop ist.
Was wäre denn der Eigenwert zum Ortsoperator wenn man diesen verwendet?
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Jun 2021 12:30    Titel: Antworten mit Zitat

bassiks hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Oje, nein, du hast das Argument vollkommen falsch verstanden. 3) ist eine Folgerung aus 1) und 2). Ballentine sagt 3) ist falsch. Deshalb muß eine der Voraussetzungen 1) oder 2) ebenfalls falsch sein. Kein Mensch bestreitet meines Wissens, daß es sich hier um eine Ortsmessung handelt. Also muß 1) falsch sein.


Aber das ist doch genau das was ich meinte. Der Schluss 1 ist falsch ist meines Erachtens nach nicht gerechtfertigt. Die Folgerung von 2 auf 3 ist falsch.


Nein, du hast es immer noch nicht verstanden: 1) und 2) implizieren die falsche Aussage 3). Was folgt daraus über 1), wenn 2) richtig ist?

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, er sagt, das Resultat einer Ortsmessung mit Ergebnis () kann nicht die Präparation eines Ortseigenzustands zum Eigenwert x sein. (Es kann übrigens auch nicht die Präparation eines Wellenpakets mit Breite sein.)


Genau. Das sagt er. Aber damit widerlegt er nicht das Kollapspostulat, da das Postulat nicht sagt das Ergebnis einer Ortsmessung sei ein Ortseigenzustand,


Doch genau das sagt es. Zum Beweis könnte ich sogar dich selbst zitieren.

Zitat:

weil es Ortsmessung einfach nicht sauber definiert.


Das ist komplett irrelevant: Der Begriff "homo sapiens" ist auch nicht scharf definiert. Trotzdem sind bestimmte Aussagen über homo sapiens mit Sicherheit falsch.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, man kann sich nur rauswinden, indem man bestreitet, daß in der Nebelkammer der Ort ionisierender Teilchen gemessen wird. Das ist zwar logisch möglich, aber recht unplausibel und meines Wissens tut das auch keiner.


Das bestreitet sicher niemand. Ich bestreite aber dass dies durch Projektion auf einen Ortseigenzustand korrekt beschrieben wird.


Damit bestreitest du die Aussage des Projektionspostulats.

Zitat:

Das ist auch genau das was Ballentine macht. Nur schließe ich nicht daraus dass das Kollapspostulat falsch ist, denn ich sehe nicht inwiefern das Kollapspostulat behauptet dass hier Ortseigenzustände benutzt werden müssen und nicht auf |u> projeziert werden darf.


Das ist rätselhaft. Siehst du es vielleicht wenn ich das entsprechende Wort in deiner eigenen Aussage hervorhebe?

bassiks hat Folgendes geschrieben:

Das Projektionspostulat sagt das nach einer Messung der Zustand des Systems in dem Eigenzustand ist, welcher zum Messwert (Eigenwert) gehört.


Was impliziert dies nun deiner Ansicht nach über eine Situation in der der Meßwert der Ort x ist?

bassiks hat Folgendes geschrieben:

EDIT:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

bassiks scheint zu behaupten, das Projektionspostulat sei damit nicht widerlegt, weil ja schließlich eine "Projektion" auf irgendeinen Zustand |u> sicher richtig ist. Damit vergißt er anscheinend aber seine eigene Formulierung des Projektionspostulats, die explizit fordert, daß |u> ein Eigenzustand zum gemessenen Eigenwert ist.


Nein hab ich nicht. |u><u|u>=1|u>.



Wir reden von einer Ortsmessung, nicht von einer Messung der Observablen |u><u|.
bassiks



Anmeldungsdatum: 11.08.2010
Beiträge: 194

Beitrag bassiks Verfasst am: 11. Jun 2021 13:27    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, du hast es immer noch nicht verstanden: 1) und 2) implizieren die falsche Aussage 3).


Nein tun sie nicht, nur wenn du 2) umschreibst in

"2) Die Nebelkammer mißt den Ort ionisierender Teilchen (einmal pro Ionisation). Diese Messung wird durch den Ortsoperator beschrieben."

Und dann stimme ich dem auch zu, so führt das ganze zu Widersprüchen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Doch genau das sagt es. Zum Beweis könnte ich sogar dich selbst zitieren.


Nein. Es sagt der Zustand des Systems nach der Messung entspricht dem Eigenzustand des gemessenen Eigenwerts des Operators. Es macht aber keine Aussage darüber wie dieser Operator aussieht. Ballentine redet von einer Ortsmessung und assoziiert das mit dem Ortsoperator. Kann man machen, führt zu widersprüchen. Ich sage der Operator ist |u><u|, der Eigenwert 1, |u> der Zustand nach der Messung und es gibt dann auch keinen Widerspruch. Ballentine hat also gezeigt dass der Ortsoperator hier nicht geeignet ist um die "Messaperatur" Nebelkammer zu beschreiben.

Bevor das jetzt auf ein "doch das tut es" "nein das tut es nicht" rausläuft: Unter der Annahme das Kollapspostulat macht tatsächlich eine Aussage darüber welcher Operator anzuwenden ist, und dieser Operator sei in dem Fall der Nebelkammer der Ortsoperator, dann stimme ich dir zu. Unter dieser Annahme hätte Ballentine recht, und die Nebelkammer würde das Kollapspostulat widerlegen.
Ich sehe aber nicht wo das Kollapspostulat die Anwendung des Ortsoperators in diesem Fall fordert.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Das ist komplett irrelevant: Der Begriff "homo sapiens" ist auch nicht scharf definiert. Trotzdem sind bestimmte Aussagen über homo sapiens mit Sicherheit falsch.


Das ist nicht irrelevant, aber läuft auf das oben hinaus. Gerade beim Messproblem sind scharfe Definitionen sehr wichtig.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Wir reden von einer Ortsmessung, nicht von einer Messung der Observablen |u><u|.


Wie begründest du denn den Einsatz des Ortsoperators?
Meiner Ansicht nach schreibt dir das Kollapspostulat nicht vor den Ortsoperator zu verwenden. Er liefert auch widersprüchliche Ergebnisse und generell scheint er nicht geeignet zu sein das Experiment zu beschreiben.

ich finde du unterstellst hier dem Kollapspostulat mehr Aussagekraft als es hat, um es dadurch zu widerlegen.

Wenn du mir zeigen kannst an welcher Stelle das Kollapspostulat die Anwendung des Ortsoperators im Fall der Nebelkammer fordert, dann sind meine obigen Ausführungen widerlegt und ich muss dir zustimmen.

Ich fürchte aber das wird schwierig, denn ein Satz wie "Eine Ionisation in der Nebelkammer ist eine Ortsmessung" reicht hier nicht, weil Ortsmessung nicht sauber definiert ist.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Jun 2021 13:51    Titel: Antworten mit Zitat

bassiks, das Projektionspostulat besagt (im wesentlichen):

(P) "Nach einer Messung der Observablen A, die den Wert a ergibt, befindet sich das System im Eigenzustand |a> des Operators, der zur Observable A gehört." (Falls du mir nicht glaubst, suche ich mal eine entsprechende Quelle heraus, aber eigentlich finde ich es weniger wichtig, welche Aussage du als "Kollapspostulat" bezeichnest.)

Es besagt nicht, daß sich das System in einem Eigenzustand zu irgendeinem Eigenwert irgendeines Operators befindet (was ohnehin eine inhaltsleere Behauptung ist).

Hier geht es ausschließlich um Aussage (P), alle anderen Aussagen sind irrelevant.

Jetzt mußt du in (P) nur noch "A" durch "Ort" ersetzen und damit nochmal Ballentines Argument durchdenken.
bassiks



Anmeldungsdatum: 11.08.2010
Beiträge: 194

Beitrag bassiks Verfasst am: 11. Jun 2021 14:02    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
bassiks, das Projektionspostulat besagt (im wesentlichen):

(P) "Nach einer Messung der Observablen A, die den Wert a ergibt, befindet sich das System im Eigenzustand |a> des Operators, der zur Observable A gehört." (Falls du mir nicht glaubst, suche ich mal eine entsprechende Quelle heraus, aber eigentlich finde ich es weniger wichtig, welche Aussage du als "Kollapspostulat" bezeichnest.)

Es besagt nicht, daß sich das System in einem Eigenzustand zu irgendeinem Eigenwert irgendeines Operators befindet (was ohnehin eine inhaltsleere Behauptung ist).

Hier geht es ausschließlich um Aussage (P), alle anderen Aussagen sind irrelevant.


Ok da hast du mich wohl falsch verstanden. Ich verstehe (P) genau so. Der letzte Satz ist mein Problem:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Jetzt mußt du in (P) nur noch "A" durch "Ort" ersetzen und damit nochmal Ballentines Argument durchdenken.


Warum? Wieso muss hier A durch Ort ersetzt werden. Wie kommst du darauf dass hier eine reine, durch den Ortsoperator beschriebene "Ortsmessung" vorliegt? Warum nicht |u><u|, |u><u| ist der Operator der zu meiner "Nebelkammermessung" passt. Wo wird gefordert dass es sich im Rahmen der Nebelkammer rein um eine Ortsmessung im Sinne von "ersetze A durch Ort" handelt? Ballentine hat ja gezeigt dass dies offensichtlich nicht der Fall ist, aber (P) verlangt auch nicht dass es A=Ort sein muss oder?
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Jun 2021 14:07    Titel: Antworten mit Zitat

bassiks hat Folgendes geschrieben:

Ok da hast du mich wohl falsch verstanden. Ich verstehe (P) genau so. Der letzte Satz ist mein Problem:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Jetzt mußt du in (P) nur noch "A" durch "Ort" ersetzen und damit nochmal Ballentines Argument durchdenken.


Warum? Wieso muss hier A durch Ort ersetzt werden.


Weil in der Nebelkammer der Ort der Ionisierungsereignisse gemessen wird.

Zitat:

Wie kommst du darauf dass hier eine reine, durch den Ortsoperator beschriebene "Ortsmessung" vorliegt?


Ich rede nicht von einer "reinen" Ortsmessung, was auch immer das sein soll. Ich wende nur Aussage (P) auf die Situation an, in der ich Ortsinformation über ein Teilchen registriere.

Zitat:

Warum nicht |u><u|, |u><u| ist der Operator der zu meiner "Nebelkammermessung" passt.


Weil die Registrierung der Ionisationsorte mir keine Information über die Observable |u><u| liefert. Ansonsten hättest du ja schon längst mitgeteilt, wie |u> aussieht. Stattdessen betonst du aber immer, daß du das gar nicht kannst.

Dein Standpunkt scheint zu sein, daß man jede beliebige Situation als "Messung" jeder beliebigen Observablen ansehen kann. Das ist absurd.
bassiks



Anmeldungsdatum: 11.08.2010
Beiträge: 194

Beitrag bassiks Verfasst am: 11. Jun 2021 14:13    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Ich rede nicht von einer "reinen" Ortsmessung, was auch immer das sein soll. Ich wende nur Aussage (P) auf die Situation an, in der ich Ortsinformation über ein Teilchen registriere.


Ortsinformation ja, aber nicht den Ort.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Weil die Registrierung der Ionisationsorte mir keine Information über die Observable |u><u| liefert.


Natürlich tun sie das. Du erhälst eine Raumregion in der das Teilchen ist. Würdest du |u> analytisch bestimmen können, könntest du dir diese Raumregion auch ausrechnen. Die Nebelkammer liefert dir also genau das. Was sie dir nicht liefert ist ein Ort x als Eigenwert zum Ortsoperator, weshalb ich mich noch immer Frage warum du diesen Operator benutzen willst.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Dein Standpunkt scheint zu sein, daß man jede beliebige Situation als "Messung" jeder beliebigen Observablen ansehen kann. Das ist absurd.


Ja so könnte man es wohl formulieren (nicht das mit jeder beliebigen Observable, aber dass man jede beliebige Situation irgendwie mit dem Kollapspostulat behandeln kann). Und das ganze geht weil eben (P) so wenig über Messungen aussagt, dafür kann ich aber nichts. Deshalb ist es ja so schwer das Kollapspostulat loszuwerden. Man kann es nur sehr schwer dingfest machen.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Jun 2021 14:22    Titel: Antworten mit Zitat

bassiks hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Ich rede nicht von einer "reinen" Ortsmessung, was auch immer das sein soll. Ich wende nur Aussage (P) auf die Situation an, in der ich Ortsinformation über ein Teilchen registriere.


Ortsinformation ja, aber nicht den Ort.


Nein, aber eine Ortsmessung liegt genau dann vor, wenn ich Ortsinformation erhalte.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Weil die Registrierung der Ionisationsorte mir keine Information über die Observable |u><u| liefert.


Natürlich tun sie das. Du erhälst eine Raumregion in der das Teilchen ist.


Die Raumregion, die ich aus dem Meßergebnis erhalte, verrät mir aber nicht den korrekten Zustand |u>. Dazu muß ich die Schrödingergleichung lösen. Die Annahme, daß |u> ein Wellenpaket am Ort x (mit Breite gleich oder ungleich null) ist, ist falsch.
bassiks



Anmeldungsdatum: 11.08.2010
Beiträge: 194

Beitrag bassiks Verfasst am: 11. Jun 2021 14:34    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, aber eine Ortsmessung liegt genau dann vor, wenn ich Ortsinformation erhalte.


Bitte was?
Das heißt deiner Auffassung nach muss ich jedesmal auf einen Ortseigenzustand projezieren wenn ich Ortsinformation erhalte?
Sry, aber das finde ich nun absurd. Wenn ich ein Teilchen in einer Box habe, und mit Sicherheit weiß es befindet sich darin, dann müsste ich es deiner Auffassung nach auf einen Ortseigenzustand projezieren?
Du merkst vermutlich nun selber wo das Problem liegt, denn diese Box kann ich beliebig groß oder klein wählen. Ab welcher Boxgröße würdest du denn jetzt deine Ortsmessung (=Projektion auf Ortseigenzustand) durchführen?

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Die Raumregion, die ich aus dem Meßergebnis erhalte, verrät mir aber nicht den korrekten Zustand |u>. Dazu muß ich die Schrödingergleichung lösen. Die Annahme, daß |u> ein Wellenpaket am Ort x (mit Breite gleich oder ungleich null) ist, ist falsch.


Ja. Das hat TomS auch am Anfang mal geschrieben. Man muss hier einfach schon wissen was rauskommt (in dem Fall |u>) um den Kollaps anzuwenden. Das ist natürlich ein eigenes Thema und auch nicht die Frage um die es gerade geht.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Jun 2021 14:40    Titel: Antworten mit Zitat

bassiks hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, aber eine Ortsmessung liegt genau dann vor, wenn ich Ortsinformation erhalte.


Bitte was?
Das heißt deiner Auffassung nach muss ich jedesmal auf einen Ortseigenzustand projezieren wenn ich Ortsinformation erhalte?


Nein, wenn die Information eine endliche Unsicherheit besitzt, nicht unbedingt. Aber das ändert nicht viel an Ballentines Schlußfolgerung.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Die Raumregion, die ich aus dem Meßergebnis erhalte, verrät mir aber nicht den korrekten Zustand |u>. Dazu muß ich die Schrödingergleichung lösen. Die Annahme, daß |u> ein Wellenpaket am Ort x (mit Breite gleich oder ungleich null) ist, ist falsch.


Ja. Das hat TomS auch am Anfang mal geschrieben. Man muss hier einfach schon wissen was rauskommt (in dem Fall |u>) um den Kollaps anzuwenden.


Nein, um das Postulat anzuwenden, muß man nicht wissen welcher Zustand herauskommt, sondern nur welcher Meßwert erhalten wurde.
bassiks



Anmeldungsdatum: 11.08.2010
Beiträge: 194

Beitrag bassiks Verfasst am: 11. Jun 2021 14:50    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, wenn die Information eine endliche Unsicherheit besitzt, nicht unbedingt. Aber das ändert nicht viel an Ballentines Schlußfolgerung.


Das ändert alles. Mit dieser wagen Definition kann ich auch sagen ich muss hier gar nicht projezieren. (P) verlangt das nicht von mir. Ich will wissen warum ich hier auf einen Ortseigenzustand projezieren muss. Entweder ich muss es tun, dann hat Ballentine recht mit seiner Schlussfolgerung, aber dann will ich aus wissen warum ich hier auf einen Ortseigenzustand projezieren muss. Oder ich muss es nicht tun, dann hat Ballentine gezeigt dass ich es gar nicht darf, weil ich sonst inkonsistente Ergebnisse erhalte.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Jun 2021 14:59    Titel: Antworten mit Zitat

bassiks hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, wenn die Information eine endliche Unsicherheit besitzt, nicht unbedingt. Aber das ändert nicht viel an Ballentines Schlußfolgerung.


Das ändert alles.


Nein, wenn die Unsicherheit beträgt, behauptet das Kollapspostulat eine Projektion auf



Das ist in diesem Fall genauso falsch.
bassiks



Anmeldungsdatum: 11.08.2010
Beiträge: 194

Beitrag bassiks Verfasst am: 11. Jun 2021 15:04    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, wenn die Unsicherheit beträgt, behauptet das Kollapspostulat eine Projektion auf



Das ist in diesem Fall genauso falsch.


Ok. Noch ein Operator ausgeschlossen. War das nun der Operator den (P) verlangt? Wenn ja warum?

PS: Das klingt jetzt gemeiner als ich es meine. Ich denke einfach dass die Versuche das Kollapspostulat im allgemeinen zu widerlegen zwangsläufig daran scheitern dass es eben diese Dinge offen lässt. Da kommt halt wieder der Pudding und die Wand. Ich will damit auch nicht Ballentines Arbeit schlecht machen. Ich finde das selbst höchst unbefriedigend, weshalb ich ja Everett bevorzuge.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18119

Beitrag TomS Verfasst am: 11. Jun 2021 15:46    Titel: Antworten mit Zitat

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
"Näherungsweise gerade Bahnen" ist keine Eigenschaft von Zuständen.

Letzteres bestreite ich; "Näherungsweise gerade Bahnen" wäre nach meinem Verständnis exakt das Ergebnis von Mott.

Das ist keine Eigenschaft des Zustands, sondern folgt nur aus der kompletten Zeitentwicklung dieses Zustands.

So habe ich das gemeint.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Da aus einer exakt scharfen Ortsmessung je Einzelmessung (Ionisation) mittels Projektion auf einen exakten Ortseigenzustand eine auslaufende s-Welle folgt, und somit sicher keine (näherungsweise) gerade Bahn resultieren kann, muss die Annahme der exakt scharfen Ortsmessung bzw. der Projektion für die Nebelkammer falsch sein.

Ja. Wobei natürlich nicht so klar ist, was genau das Kollapspostulat für ungenaue Messungen eigentlich impliziert. Mein Punkt ist aber, daß diese Mehrdeutigkeit nicht relevant ist. Und zwar aus genau diesem Grund:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Ohne es exakt gerechnet zu haben, denke ich, dass dies auch für unscharfe jedoch weiterhin isotrope Ortsmessungen gilt, aus denen ebenfalls s-Wellen folgen.

Ja, das denke ich auch.

Prima.

Zitat:
Um mit der Beobachtung verträglich zu sein, muss der Unterraum derart definiert sein, dass die (lokal vorliegende) Anisotropie der einlaufenden Welle in irgendeiner Weise für die auslaufende Welle erhalten bleibt.

Genau. Und damit weichen wir nicht nur immer weiter von der Behauptung des Projektionspostulats ab, sondern die Aussage über den Endzustand wird auch immer unspezifischer, bis wir komplett aufgeben müssen und einfach die Schrödingergleichung konsultieren.

Genau.

Das war schon immer mein Einwand, seit ich mich mit der Dekohärenz befasst habe: In komplizierteren Fällen kann man offenbar kein generisches Kollapspostulat formulieren; allerdings liefert die Schrödingergleichung / Dekohärenz exakt die Struktur, auf die man projizieren sollte. Aber wenn man den Weg einmal beschritten hat, stellt man doch fest, dass man überhaupt nicht mehr projizieren muss ;-)

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bassiks



Anmeldungsdatum: 11.08.2010
Beiträge: 194

Beitrag bassiks Verfasst am: 11. Jun 2021 15:58    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Das war schon immer mein Einwand, seit ich mich mit der Dekohärenz befasst habe: In komplizierteren Fällen kann man offenbar kein generisches Kollapspostulat formulieren; allerdings liefert die Schrödingergleichung / Dekohärenz exakt die Struktur, auf die man projizieren sollte. Aber wenn man den Weg einmal beschritten hat, stellt man doch fest, dass man überhaupt nicht mehr projizieren muss ;-)


Darauf läuft es hinaus ja. Thumbs up!
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Jun 2021 16:06    Titel: Antworten mit Zitat

bassiks hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, wenn die Unsicherheit beträgt, behauptet das Kollapspostulat eine Projektion auf



Das ist in diesem Fall genauso falsch.


Ok. Noch ein Operator ausgeschlossen. War das nun der Operator den (P) verlangt? Wenn ja warum?


Alle beteiligten Operatoren sind immer noch dieselben. (P) verlangt eine Projektion auf den zugehörigen Ortseigenraum, damit eine unmittelbar folgende Ortsmessung mit Sicherheit wieder denselben Meßwert ergibt. (Da der Ort kontinuierlich und seine Messung somit unsicher ist, muß der Wert natürlich nur innerhalb des gegebenen kleinen Intervalls liegen.)
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18119

Beitrag TomS Verfasst am: 11. Jun 2021 16:32    Titel: Antworten mit Zitat

Ich stelle meine o.g. Hypothese in Frage!

Ausgangspunkt ist eine s-Welle.



Bei eine Ortsmessung bei r_0 mit einer gewissen Unschärfe Delta r projiziere ich auf ein entsprechendes Kugelvolumen im Ortsraum:





Innerhalb eines genügend kleinen Kugelvolumens und genügend weit vom Zentrum der s-Welle entfernt unterscheidet sich die Kugelwelle jedoch lokal kaum von einer ebenen Welle.

Aufgrund der Tatsache, dass das Zentrum der s-Welle und das Zentrum der Projektion nicht identisch sind, erhält man nach Projektion eine anistrope Ausbreitung bzgl. des Zentrums der Projektion.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 11. Jun 2021 16:36, insgesamt einmal bearbeitet
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 11. Jun 2021 16:33    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:

Genau.

Das war schon immer mein Einwand, seit ich mich mit der Dekohärenz befasst habe: In komplizierteren Fällen kann man offenbar kein generisches Kollapspostulat formulieren; allerdings liefert die Schrödingergleichung / Dekohärenz exakt die Struktur, auf die man projizieren sollte. Aber wenn man den Weg einmal beschritten hat, stellt man doch fest, dass man überhaupt nicht mehr projizieren muss ;-)


Mit Dekohärenz wird zumindest auch bassiks Einwand hinfällig, daß der gemessene Operator nicht eindeutig ist.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 12. Jun 2021 12:08    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich habe das Buch "Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik." Ich kann nochmal schauen, was dort genau über den Meßprozeß behauptet wird, wenn dich das interessiert.

Das wäre sehr nett.


Ich skizziere mal von Neumanns Aussagen, die einen Zusammenhang zur Diskussion haben. Verschiedene Aspekte des Meßprozesses werden über mehrere Kapitel verstreut behandelt. Und ich habe bis jetzt nur einen Teil überflogen.

Seine initiale Motivation für das Projektionspostulat (obwohl er dies, soweit ich sehe, an keiner Stelle exakt so formuliert, wie es heute oft getan wird) ist interessanterweise ein handfestes physikalisches Argument, nämlich die unmittelbare Reproduzierbarkeit von Meßergebnissen. Die Forderung leitet v. Neumann aus einer Analyse von Experimenten zum Compton-Effekt ab und das Argument geht ungefähr so: im Experiment werden Elektron und Photon mit bekannten Anfangswerten für Energie und Impuls gestreut. Nach der Streuung werden, typischerweise mit geringer zeitlicher Verzögerung, die kinematischen Variablen beider auslaufender Teilchen gemessen. Auf Grund der Erhaltungssätze kann dabei die zweite Messung als Wiederholung der ersten aufgefaßt werden, die dasselbe Ergebnis liefert.

Daraus zieht v. Neumann die Erkenntnis, daß, obwohl die Vorhersagen der Meßergebnisse einer Observablen aus einem gegebenen Zustand bei jeder Messung streuen, die Ergebnisse aufeinanderfolgender Messungen derselben Observablen im allgemeinen statistisch korreliert sind. (Seine Behauptung ist sogar stärker, "daß -s Wert wohl bei der ersten Messung streut, aber jede unmittelbar nachfolgende Messung gezwungen ist, ein Resultat zu ergeben, das mit demjenigen der ersten übereinstimmt.") Das Resultat seiner Analyse faßt er dann folgendermaßen zusammen:

Wenn sich also das System zunächst in einem Zustande befindet, in dem der Wert von nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden kann, so wird dieser Zustand durch eine Messung M von [...] in einen anderen Zustand übergeführt: nämlich in einen, in dem der Wert von eindeutig feststeht. Der neue Zustand, in den M das System versetzt, hängt übrigens nicht nur von der Anordnung von M ab, sondern auch vom Meßresultat von M (das im alten Zustande nicht kausal vorausgesagt werden konnte) -- denn der Wert von im neuen Zustande muß ja gerade diesem M-Resultat gleich sein.

Das ist die erste allgemeine Aussage über den Meßprozeß, die ich finden konnte. Sie enthält bereits alle wesentlichen Elemente des Projektionspostulats: 1) die akausale Änderung des Zustands, deren Ergebnis i.a. vom erhaltenen Meßwert abhängt und 2) die Eigenschaft des Endzustands mit Sicherheit den gerade erhaltenen -Wert zu ergeben. Aber es ist noch nicht die komplette Behauptung des Projektionspostulats, da der Endzustand nicht festgelegt, sondern nur allgemein durch Bedingung 2) charakterisiert wird. In den späteren Abschnitten geht es soweit ich sehe dann hauptsächlich um Punkt 1) und die Notwendigkeit eines akausalen Eingriffs in die Zustandsevolution im Zuge einer Messung sowie sein Verhältnis zur Schrödingergleichung. Darauf können wir gern später nochmal zurückkommen.

Im folgenden wird aber zunächst diskutiert, in welchem Maße der Endzustand nach der Messung durch Eigenschaft 2) festgelegt wird. Zuerst wird gezeigt, daß die Beziehung



(nicht v. Neumanns Notation auf der rechten Seite) eine notwendige Bedingung für den Endzustand mit Eigenschaft 2) ist, wobei der gemessene Wert x in I liegt. Die Operatoren



bilden die zum Operator der Observable gehörige Spektralschar. Falls x ein Eigenwert ist, bedeutet dies genau , also ist ein Eigenzustand von zu x. Und im allgemeinen liegt der Zustand unmittelbar nach der Messung im Bild des Projektors .

Das Ergebnis der Analyse v. Neumanns ist folgendes:

A) Wenn ein reines und einfaches Punkspektrum besitzt, kann jeder Meßwert als beliebig genau angesehen und mit einem Eigenwert identifiziert werden. Der Endzustand ist in diesem Fall der zum Meßwert gehörige (eindeutige) Eigenzustand des Operators zum Eigenwert .

B) Wenn das Punktspektrum nicht einfach ist, gilt dasselbe, aber der Endzustand kann in diesem Fall nicht eindeutig aus 2) bestimmt werden. Er ist eine Linearkombination der zu x gehörigen Eigenzustände mit unbekannten Koeffizienten. (So wie das Projektionspostulat üblicherweise aufgefaßt wird, ist es also stärker als v. Neumanns Behauptung an dieser Stelle. Dieser Unterschied spielte in der Diskussion bisher keine Rolle.)

C) Wenn kein reines Punktspektrum vorliegt, gelten die obigen Aussagen für die Eigenwerte. Kontinuierliche Werte können nicht genau gemessen werden. Aber wenn man das Kontinuum in Intervalle von der Größe der Meßgenauigkeit einteilt, dann läßt sich dieser Fall auf A) oder B) zurückführen, indem man stattdessen von der Messung der Größe spricht mit dem reinen Punktspektrum für .

Zusammenfassend gilt also: Nach einer exakten -Messung liegt entweder der eindeutige Eigenzustand des Operators zum erhaltenen Eigenwert vor oder eine Linearkombination von Eigenzuständen desselben Eigenwerts. Eine ungenaue Messung von (z.B. im Fall eines kontinuierlichen Spektrums) entspricht der genauen Messung von wie oben definiert.

Ich habe mich jetzt hauptsächlich auf den Aspekt konzentriert, über den hier m.E. die größte Verwirrung bestand, nämlich den eigentlichen Inhalt des Projektionspostulats. Die folgenden Abschnitte enthalten noch viel mehr über den Meßprozeß insbesondere den Zusammenhang zwischen der kausalen Schrödingergleichung und der akausalen Änderung des Zustands während der Messung. Wenn ich das richtig sehe konzentriert sich v. Neumann dabei aber hauptsächlich auf den Fall "nichtselektiver Messungen", d.h. die Teilensembles, in denen ein bestimmter Meßwert mit Sicherheit vorliegt, werden wieder zu einem Gemisch



zusammengefaßt. Ein wichtiges Resultat dieser Untersuchung scheint zu sein, daß es keine physikalische Rolle spielt, an welcher Stelle genau der "Heisenbergschnitt" vorgenommen wird.

Gibt es irgendwelche Fragen von besonderem Interesse, die wir noch anhand v. Neumanns Text erörten sollen?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18119

Beitrag TomS Verfasst am: 12. Jun 2021 14:54    Titel: Antworten mit Zitat

Erst mal danke!

Ja, folgendes wäre interessant: das Projektionspostulat in einem abgeschlossenen System bestehend aus i) quantenmechanischem Subsystem mit Eigenbasis |x> und Eigenwerten x zu einer zu messenden Observablen X und ii) Messgerät mit zugehörigen Zeigerzuständen Z_x.

Ich kenne das Argument, dass nach unitärer Zeitentwicklung im Zuge der Messung eines Eigenwertes a ein Kollaps der Form



erfolgt.

Wie genau stellt von Neumann dies dar?

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 15. Jun 2021 13:44    Titel: Antworten mit Zitat

Ich sehe keinen prinzipiellen Unterschied in von Neumanns Behandlung des Meßprozesses in zusammengesetzten Systemen. Das letzte Kapitel ist besonders der Frage gewidmet, ob es eine physikalische Rolle spielt, wie groß der Anteil der Meßapparatur ist, den man "kausal", also mittels Schrödingergleichung, modelliert.

Soweit ich verstehe, behauptet von Neumann gezeigt zu haben, daß es physikalisch egal ist, ob man nur das System oder auch die Meßapparatur oder sogar die Physiologie des ablesenden Experimentators in das Modell einbezieht. Er geht aber anscheinend davon aus, daß der Meßprozeß notwendigerweise eine Art akausale Änderung im Zuge der nichtmodellierten Wahrnehmung irgendeines "Beobachters" enthalten muß. Der "beobachtende Teil" darf also folglich nicht mit der Physiologie des Experimentators identifiziert werden. Was aber genau diesen "beobachtenden" Teil ausmacht, wird m.E. nicht besonders deutlich.

Aber da es ohnehin egal ist, an welcher Stelle man diesen Beobachter abgrenzt, sieht er offenbar kein Problem in dieser Annahme. (Ich habe aber zugebenermaßen das ganze Kapitel nur recht oberflächlich gelesen.)
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