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Senkrechter Wurf
 
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Brillant



Anmeldungsdatum: 12.02.2013
Beiträge: 1973
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Beitrag Brillant Verfasst am: 02. März 2020 17:47    Titel: Senkrechter Wurf Antworten mit Zitat

Angeregt durch einen Beitrag mit demselben Titel interessiert mich, ob ein senkrecht nach oben beschleunigter Gegenstand auf seinen Startpunkt zurückfällt.

Wenn wir Wind und Wetter rausnehmen, bewegt sich der aufsteigende Gegenstand mit der Horizontalgeschwindigkeit weiter wie der Erdboden. Da die Kreisbahn immer größer wird, je höher er steigt, müsste er gegenüber einem Beobachter, der genau nach oben schaut, doch zurückbleiben. Also nicht mehr senkrecht über seinem Startpunkt.

Und ich vermute, beim Zurückfallen verfehlt er seinen Startpunkt. Ist das so?
Mathefix



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
Beiträge: 5874
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Beitrag Mathefix Verfasst am: 02. März 2020 19:57    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, wg. der Coriolisbeschleunigung.
Brillant



Anmeldungsdatum: 12.02.2013
Beiträge: 1973
Wohnort: Hessen

Beitrag Brillant Verfasst am: 03. März 2020 10:29    Titel: Antworten mit Zitat

Vor meinem inneren Auge habe ich noch eine Vorführung von „Jugend forscht“ aus den 1960er Jahren. Wie müsste ein Tunnel durch die Erde verlaufen, damit ein fallender Gegenstand die Tunnelwand nicht berührt.

Ein Plattenspieler, darüber in der Mitte aufgehängt ein Trichter mit Sand. Der Trichter wurde am Rand der Platte mit einem Elektromagneten gehalten. Plattenspieler gestartet, Strom abgestellt. Und der Trichter legte eine Sandspur auf die Platte, die deutlich am Mittelpunkt der Platte vorbei führte.

So etwas Anschauliches, vielleicht eine Kurve, würde ich für meine Frage wünschen. Es hätte ja sein können, dass beim Zurückfallen der Gegenstand wieder aufholt.

Denn wenn er aufgehängt wäre, etwa an einem hohen Turm, müsste er beim Fallen ja der Erddrehung vorauseilen.

Jetzt fällt mir ein, solche Versuche (Gegenstand wird nach oben geschossen und fällt wieder runter) gibt es ja im Bremer Fallturm. Muss mal schauen, ob ich dort die Antwort finde. In den Versuchen geht es allerdings darum, 2 sec Schwerelosigkeit zu generieren.

Edit: Uups, da habe ich aber schwer untertrieben: „Mit dem Katapultsystem, das von ZARM-Ingenieuren entwickelt wurde, ist im Fallturm Bremen eine verlängerte Experimentdauer von 9,3 Sekunden möglich - ein Vorteil, den weltweit kein anderes Fallsystem bieten kann.“

Edit2: Ich habe da einfach mal angerufen. In der Tat verfehlt der Gegenstand seinen Startpunkt um 15 mm. Eine Bananenkurve, die unten offen ist. Habe vergessen zu fragen, in welcher Richtung.

Edit3: Bin wirklich am Grübeln. Im Fallturm ist Luft und die könnte dem Gegenstand Widerstand bieten, wenn er seitlich ausweichen will. Zieht ihn also mit sich. 9,3 sec Flug und 15mm ... Was wäre, wenn der Versuch im Vakuum stattfände? ... Hat sich erledigt: „Hochleistungspumpen sorgen im Vorfeld dafür, dass die Fallröhre beinahe vollständig luftleer ist, so dass zum Zeitpunkt des Versuchs nur ein Zehntausendstel des normalen Luftdrucks im Turm vorhanden ist.”

Schlussfrage: Warum holt der Gegenstand beim Fallen die „verlorene“ Strecke nicht wieder auf? Ich gehe davon aus, dass der der Zielpunkt gegenüber dem Startpunkt zurückbleibt und nicht vorläuft. Am Äquator müsste das wohl noch deutlicher ausfallen.
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 03. März 2020 12:47    Titel: Antworten mit Zitat

Rechne es doch einfach aus:

Die Coriolisbeschleunigung für einen senkrecht zur Erdoberfläche abgeschossener Körper beträgt:

ac = 2*v'*w*cos(phi)

mit

v' = v0 - gt

w: Winkelgeschwindigkeit der Erdrotation
v': Geschwindigkeit des Körpers gemessen im Ruhesystem der Erde
v0: Abschussgeschwindigkeit
g: Erdbeschleunigung
phi: Winkel des Breitengrades

Die Abweichung aufgrund der Corioliskraft ergibt sich dann durch zweimalige Integration von ac(t) bezüglich t von t=0 bis t_max.

Viele Grüße,
Nils
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18188

Beitrag TomS Verfasst am: 03. März 2020 12:49    Titel: Antworten mit Zitat

Ich würde das nicht mittels Corioliskraft berechnen, sondern in einem ruhenden Inertialsystem, in dem sich der Stein geradlinig bewegt, jedoch die Erde rotiert.
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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Brillant



Anmeldungsdatum: 12.02.2013
Beiträge: 1973
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Beitrag Brillant Verfasst am: 03. März 2020 12:57    Titel: Antworten mit Zitat

Nils Hoppenstedt hat Folgendes geschrieben:
Rechne es doch einfach aus:
Hallo Nils, ich bin hier im physikerboard, der Titel beschränkt sich nicht auf theoretische Physik.

Will sagen: Mit Formeln habe ich es nicht so. Kannst du das in deutscher Sprache erklären?

Ich erinnere mich an Beschleunigung und Bremsung von Gegenständen (Fahrzeugen) auf der Ebene. Soweit ich verstanden habe, ist die Bremsung eine negative Beschleunigung. Bei gleichem Absolutwert ist die Beschleunigungs- und Bremsstrecke gleich lang.

Oder habe ich schon das mißverstanden?
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 03. März 2020 13:16    Titel: Antworten mit Zitat

Brillant hat Folgendes geschrieben:

Will sagen: Mit Formeln habe ich es nicht so. Kannst du das in deutscher Sprache erklären?


Achso, sorry.

Brillant hat Folgendes geschrieben:

Schlussfrage: Warum holt der Gegenstand beim Fallen die „verlorene“ Strecke nicht wieder auf?


Beim Aufsteigen erhält der Körper aufgrund der Coriolisbeschleunigung eine Quergeschwindigkeit, diese ist dann am höchsten Punkt am größten. Beim Herunterfallen wird diese Quergeschwindigkeit zwar wieder gebremst, ist aber erstmal noch ein gutes Stück der Fallstrecke positiv. Die restliche Fallstrecke reicht dann einfach nicht mehr aus um die quer versetzte Strecke rückgängig zu machen.
Mathefix



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
Beiträge: 5874
Wohnort: jwd

Beitrag Mathefix Verfasst am: 03. März 2020 15:40    Titel: Antworten mit Zitat

Nils Hoppenstedt hat Folgendes geschrieben:
Brillant hat Folgendes geschrieben:

Will sagen: Mit Formeln habe ich es nicht so. Kannst du das in deutscher Sprache erklären?


Achso, sorry.

Brillant hat Folgendes geschrieben:

Schlussfrage: Warum holt der Gegenstand beim Fallen die „verlorene“ Strecke nicht wieder auf?


Beim Aufsteigen erhält der Körper aufgrund der Coriolisbeschleunigung eine Quergeschwindigkeit, diese ist dann am höchsten Punkt am größten. Beim Herunterfallen wird diese Quergeschwindigkeit zwar wieder gebremst, ist aber erstmal noch ein gutes Stück der Fallstrecke positiv. Die restliche Fallstrecke reicht dann einfach nicht mehr aus um die quer versetzte Strecke rückgängig zu machen.


Kleiner Beitrag

Zitat (cosmos-indirekt)

Eine alte Frage, über die schon im 17. Jhdt. Marin Mersenne spekulierte, ist die, wo eine senkrecht nach oben geschossene Kanonenkugel wieder am Boden ankommt – ohne Berücksichtigung von Luftbewegung und Luftwiderstand. Durch die Corioliskraft wird die Kugel während der Aufwärtsbewegung nach Westen und während der Abwärtsbewegung nach Osten beschleunigt. Dadurch entsteht beim Aufstieg eine westliche Geschwindigkeitskomponente, die im Umkehrpunkt ihr Maximum erreicht, und beim Abstieg wegen der ostwärts gerichteten Corioliskraft gleichermaßen wieder abnimmt. Unten erreicht sie wieder den Wert Null. So hat während des gesamten Fluges die Geschwindigkeit eine nach Westen gerichtete Komponente. Im Ergebnis wird die Kugel daher nach Westen abgelenkt. Bei 50° geographischer Breite beträgt bei einer Anfangsgeschwindigkeit von 100 m/s (Steighöhe ca. 500 m) die Westablenkung 65 cm.
Nils Hoppenstedt



Anmeldungsdatum: 08.01.2020
Beiträge: 2019

Beitrag Nils Hoppenstedt Verfasst am: 03. März 2020 15:58    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn man die oben angegebene Formel für die Coriolisbeschleunigung

ac(t) = 2*w*cos(phi)*(v0 - gt)

zweimal nach t integriert, erhält man für die Ablenkung:

x(t) = 2*w*cos(phi)*(1/2*v0*t² - 1/6*g*t³)

Beim Wiederauftreffen, also bei t = 2*v0/g, ist die Ablenkung also:

x = 4/3*w*cos(phi)*v0³/g²

Nils
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 03. März 2020 19:32    Titel: Antworten mit Zitat

Jetzt kann sich der Fragesteller ja auch mal überlegen, ob bei einem Fallexperiment von einem sehr hohen (geraden) Turm ein Fallkörper vor oder nach Richtung der Erddrehung vom Fusspunkt aufschlägt.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18188

Beitrag TomS Verfasst am: 03. März 2020 19:37    Titel: Antworten mit Zitat

Und das kann er leicht ohne Corialiskraft tun - siehe Beispiel Plattenspieler.
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Brillant



Anmeldungsdatum: 12.02.2013
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Beitrag Brillant Verfasst am: 03. März 2020 19:47    Titel: Antworten mit Zitat

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Jetzt kann sich der Fragesteller ja auch mal überlegen,
Das ist mir klar. Der Fallkörper hat oben die gleiche Winkelgeschwindigkeit wie der Fußpunkt, aber wegen des größeren Umfangs seiner höheren Umlaufbahn eine höhere Absolutgeschwindigkeit in m/s

Beim Fallen behält er die Horizontalgeschwndigkeit bei, ist also schneller als der Fusspunkt und trifft in Bewegungsrichtung vor ihm auf.

Die Bezeichnung Osten und Westen finde ich hilfreich. Er trifft östlich des Fußpunktes auf. Richtung Morgenland und sieht den Sonnenaufgang etwas eher als der Fußpunkt.
Brillant



Anmeldungsdatum: 12.02.2013
Beiträge: 1973
Wohnort: Hessen

Beitrag Brillant Verfasst am: 03. März 2020 19:58    Titel: Antworten mit Zitat

Nils Hoppenstedt hat Folgendes geschrieben:
Beim Aufsteigen erhält der Körper aufgrund der Coriolisbeschleunigung eine Quergeschwindigkeit, diese ist dann am höchsten Punkt am größten.
Bezogen auf die Lotlinie zum Fußpunkt. Richtig?

Nils Hoppenstedt hat Folgendes geschrieben:
Beim Herunterfallen wird diese Quergeschwindigkeit zwar wieder gebremst, ist aber erstmal noch ein gutes Stück der Fallstrecke positiv.


Diesen Teil habe ich nicht verstanden. Wenn beim Hochschießen die Corioleskraft von Anfang an wirkt, warum dann beim Zurückfallen verzögert?

Der Körper hat auf der höheren Umlaufbahn immer noch seine ursprüngliche Horizontalgeschwindigkeit und kommt mit dieser wieder runter. Ist die Aufstiegszeit unterschiedlich der Fallzeit? In der Luft kann ich das verstehen, der Luftwiderstand beschränkt die Fallgeschwindigkeit, die bei Abschuss durchaus überschritten werden kann.


Zuletzt bearbeitet von Brillant am 03. März 2020 20:10, insgesamt einmal bearbeitet
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18188

Beitrag TomS Verfasst am: 03. März 2020 20:01    Titel: Antworten mit Zitat

Brillant hat Folgendes geschrieben:
Corioleskraft von Anfang an wirkt ...

Ist dir klar, dass es zwei äquivalente Betrachtungsweisen gibt, eine mit und eine ohne Corioliskraft?

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Brillant



Anmeldungsdatum: 12.02.2013
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Beitrag Brillant Verfasst am: 03. März 2020 20:12    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Brillant hat Folgendes geschrieben:
Corioleskraft von Anfang an wirkt ...

Ist dir klar, dass es zwei äquivalente Betrachtungsweisen gibt, eine mit und eine ohne Corioliskraft?
Nein, nicht klar.

Die Corioleskraft wirkt nur beim Aufstieg? Und beim Fallen eine andere? Welche ist das?
Qubit



Anmeldungsdatum: 17.10.2019
Beiträge: 829

Beitrag Qubit Verfasst am: 03. März 2020 20:34    Titel: Antworten mit Zitat

Brillant hat Folgendes geschrieben:

Beim Fallen behält er die Horizontalgeschwndigkeit bei, ist also schneller als der Fusspunkt und trifft in Bewegungsrichtung vor ihm auf.


Ja, bei Betrachtung in Radialkoordinaten ist die Tangentialgeschwindigkeit vom ruhenden Betrachter aus konstant.
Andererseits ist hier die Kreisbahn des Fusspunkts bei der Erddrehung aber auch kürzer. smile
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