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Expansion und Lichtgeschwindigkeit
 
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surfun
Gast





Beitrag surfun Verfasst am: 04. Aug 2017 12:37    Titel: Expansion und Lichtgeschwindigkeit Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Ich habe eine Frage zur beobachteten beschleunigten Expansion. Es heißt, dass die Galaxien sich schneller entfernen (der Raum zwischen uns schneller expandiert, je weiter sie weg sind. Dies wird als Beweis dafür herangezogen, dass das Universum mit immer höherer Geschwindigkeit expandiert.
Nun ist es aber doch selbst bei rückläufiger Expansionsgeschwindigkeit logisch, dass die weiter entfernten Galaxien einen höheren Redshift haben, als die näheren, da sie sich ja relativ zu diesen IMMER schneller von uns fortbewegen, egal ob die Expansionsgeschwindigkeit insgesamt zu- oder abnimmt.
Zudem: beobachtet man ein Objekt in einer Entfernung von sagen wir mal 5 Mrd Lichtjahren, sieht man das Objekt ja dort, wo es sich vor 5 Mrd Jahren befunden hat, womit eine tatsächliche Lokalisierung gar nicht möglich ist. Außerdem sieht man das Objekt nicht nur an der Position, sondern auch in dem Bewegungszustand, in dem es sich vor 5 Mrd Jahren befunden hat. Im Prinzip wäre es doch möglich, dass sich diese immens weit entfernten Objekte nur noch sehr langsam von uns entfernen.
Sicher müsste dann auch ein solcher Effekt bei näheren Objekten zu beobachten sein, jedoch ist es doch so, dass man über die aktuelle Bewegung weit entfernter Objekte nicht mit Sicherheit gültige Aussagen formulieren kann.
Hat sich da bei mir ein Denkfehler eingeschlichen?

Liebe Grüße,
Sascha

Meine Ideen:
s.o.
surfun
Gast





Beitrag surfun Verfasst am: 04. Aug 2017 12:47    Titel: p.s. Antworten mit Zitat

man könnte doch auch argumentieren: "selbstverständlich haben die 5 Mrd LJ entfernten Objekte eine höhere Rotverschiebung als die nahen, vor 5 Mrd Jahren entfernten sie sich ja auch noch mit einer viel höheren Geschwindigkeit."
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 04. Aug 2017 19:42    Titel: Re: Expansion und Lichtgeschwindigkeit Antworten mit Zitat

surfun hat Folgendes geschrieben:
Es heißt, dass die Galaxien sich schneller entfernen (der Raum zwischen uns schneller expandiert, je weiter sie weg sind. Dies wird als Beweis dafür herangezogen, dass das Universum mit immer höherer Geschwindigkeit expandiert.


Hast Du dafür eine Quelle?
surfun
Gast





Beitrag surfun Verfasst am: 04. Aug 2017 21:06    Titel: Re: Expansion und Lichtgeschwindigkeit Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
surfun hat Folgendes geschrieben:
Es heißt, dass die Galaxien sich schneller entfernen (der Raum zwischen uns schneller expandiert, je weiter sie weg sind. Dies wird als Beweis dafür herangezogen, dass das Universum mit immer höherer Geschwindigkeit expandiert.


Hast Du dafür eine Quelle?


Messung der Rotverschiebung bei Supernovae und Cepheiden? Wird einem doch bei jeder Gelegenheit vermittelt.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 04. Aug 2017 22:47    Titel: Antworten mit Zitat

Ich meine eine zitierfähige Quelle - also irgend eine Publikation mit der von Dir erwähnten Beweisführung.
surfun
Gast





Beitrag surfun Verfasst am: 05. Aug 2017 09:23    Titel: Antworten mit Zitat

Soweit ich weiß, wurde 2011 dafür der Nobelpreis vergeben.
Das gilt doch als allgemein anerkannt..
www (dot) spektrum.de/magazin/die-expansionsgeschwindigkeit-des-universums/820581
oder Wikipedia (Expansion Des Universums)
vielleicht habe ich den Satz auch nur falsch formuliert... die gemessene Rotverschiebung wird als beweis herangezogen. Also dass der Wert höher ist, als erwartet.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 05. Aug 2017 09:49    Titel: Antworten mit Zitat

Beschleunigte Expansion bedeutet nicht, dass die Expansionsrate (der Begriff "Geschwindigkeit ist hier irreführend) mit der Entfernung zunimmt, sondern dass sie - bezogen auf ein bestimmtes Modell - mit der Zeit zunimmt.

Für die kosmologische Rotverschiebung z in einem homogenen und isotropen Universum mit Skalenfaktor a gilt



Die Rotverschiebung ist also ein Indikator für das Anwachsen des Skalenfaktors a(t), also der "Größe" des Univesums. Ein damals (then) ausgesandtes Photon, das bis zu uns hier und jetzt (now) gelangt ist, erfährt die "kosmologische Expansion" sozusagen durch Streckung seiner Wellenlänge; damit wächst z, je weiter der Zeitpunkt der Emission in der Vergangenheit liegt, da damals das Universum kleiner war.

Abhängig vom zeitlichen Verlauf des Skalenfaktors a(t) hat das Photon dabei unterschiedliche Entfernungen zurückgelegt; offensichtlich geht die Entfernung - deren Definition in einem expandierenden Universum nicht eindeutig ist - aber nicht direkt in die Berechnung von z ein.

Ich habe dazu einen kleinen Beitrag geschrieben, der das veranschaulichen soll.

https://www.physikerboard.de/topic,43356,86f7273727376124345e59117e0e16f3,-faq---kosmologische-expansion---ameise-auf-einem-gummiband.html

Die o.g. Überlegung ist allgemein gültig für alle homogenen und isotropen kosmologischen Modelle, unabhängig von der genauen Form von a(t). Wenn dir das klar ist, können wir uns im folgenden über beschleunigte Expansion unterhalten. Diese ist abhängig von der Form der Funktion a(t), gilt also nur für spezielle kosmologische Modelle.

EDIT: Die Formel für die Rotverschiebung enthält ausschließlich den Quotienten des zur Emission bzw. Absorption gültigen Wert des Skalenfaktors; sie enthält nicht den zeitlichen Verlauf von a(t), und sie kann demnach nichts darüber aussagen, wie das Universum von einer kleinen zu einer großen Ausdehnung gelangt ist. D.h. anhand der Rotverschiebung kann man z.B. nicht direkt zwischen einer konstanten und einer variablen Expansionsrate unterscheiden. Dazu muss man weitere Annahmen für spezifische Modelle betrachten.


Zuletzt bearbeitet von TomS am 06. Aug 2017 00:00, insgesamt 2-mal bearbeitet
Günther



Anmeldungsdatum: 23.11.2010
Beiträge: 305

Beitrag Günther Verfasst am: 05. Aug 2017 12:04    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Beschleunigte Expansion bedeutet nicht, dass die Expansionsrate (der Begriff "Geschwindigkeit ist hier irreführend) mit der Entfernung zunimmt, sondern dass sie - bezogen auf ein bestimmtes Modell - mit der Zeit zunimmt.

Die Expansionsrate, genannt Hubble-Parameter, nimmt mit der Zeit ab, solange das Universum expandiert und ist konstant bei exponentieller Expansion (de Sitter).

Das Universum expandiert beschleunigt, wenn die 2. Ableitung des Skalenfaktors nach der Zeit positiv ist. Das meint wohl surfun und das gilt als gesichert.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 05. Aug 2017 13:18    Titel: Antworten mit Zitat

Günther hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Beschleunigte Expansion bedeutet nicht, dass die Expansionsrate (der Begriff "Geschwindigkeit ist hier irreführend) mit der Entfernung zunimmt, sondern dass sie - bezogen auf ein bestimmtes Modell - mit der Zeit zunimmt.

Die Expansionsrate, genannt Hubble-Parameter, nimmt mit der Zeit ab, solange das Universum expandiert und ist konstant bei exponentieller Expansion (de Sitter).

Das Universum expandiert beschleunigt, wenn die 2. Ableitung des Skalenfaktors nach der Zeit positiv ist.

Ja.

Aber man muss verstehen, dass dies eine lokale Betrachtung bzw. Definition ist, die bei Homogenität und Isotropie an einem Ort des Universum erfolgt, und zunächst nichts mit der nicht-lokalen Betrachtung des den Raum durchlaufenen Photons zu tun hat. Letzteres führt zwar zur Rotverschiebung, aber die Definition der Beschleunigung erfolgt unabhängig davon.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5044

Beitrag DrStupid Verfasst am: 05. Aug 2017 13:42    Titel: Antworten mit Zitat

surfun hat Folgendes geschrieben:
Also dass der Wert höher ist, als erwartet.


Das ist etwas vollkommen anderes. Die Antwort auf Deine Frage

surfun hat Folgendes geschrieben:
Hat sich da bei mir ein Denkfehler eingeschlichen?


lautet demnach: Ja, Du denkst, dass man aus der Zunahme der Rotverschiebung mit der Entfernung auf eine beschleunigte Expansion schließt. Tatsächlich schließt man darauf (wie Du jetzt selbst schreibst), weil die Rotverschiebung stärker zunimmt, als ohne beschleunigte Expansion zu erwarten wäre.

Wenn Du dafür nach einer einfachen Erklärung suchst, dann muss ich Dich leider enttäuschen. Die Rotverschiebung ergibt sich aus der Expansion des Raumes während der Zeit, die das Licht von seiner Quelle bis zu uns gebraucht hat. Diese Zeit hängt neben der ursprünglichen Entfernung selbst auch vom Verlauf der Expansion ab. Mit den wenigen verfügbaren Daten ist es nicht möglich, den zeitlichen Verlauf der Expansion allein aus Beobachtungen zu rekonstruieren. Man muss die möglichen Ergebnisse zusätzlich auf das eingrenzen, was nach unserem Wissen physikalisch möglich ist. Die daraus resultierenden kosmologischen Modelle vergleicht man dann mit den Beobachtungen und passt die jeweiligen Parameter entsprechend an. Einfacher geht das leider nicht.

Um zu bestimmen, wie stark sich die Expansion des Universums genau verlangsamt (dass sie sich verlagsamt galt als sicher), haben Perlmutter, Schmidt und Riess das Licht weit entfernter Supernovae vermessen (Cepheiden wären dafür völlig ungeeignet) und dann ausgerechnet, wie ein kosmologisches Modelle beschaffen sein muss, um zu den Beobachtungen zu passen. Das überraschende Ergebnis war ein beschleunigt expandierendes Universum. Anfangs haben sie noch an einen Fehler geglaubt, aber je mehr sie gemessen und gerechnet haben, um so eindeutiger wurde, dass sich die Expansion des Universums mit der Zeit beschleunigt. Heute ist das auch von unabhängiger Seite (z.B. durch Messungen an der kosmischen Hintergrundstrahlung) bestätigt.
surfun
Gast





Beitrag surfun Verfasst am: 07. Aug 2017 04:55    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Tatsächlich schließt man darauf (wie Du jetzt selbst schreibst), weil die Rotverschiebung stärker zunimmt, als ohne beschleunigte Expansion zu erwarten wäre.


Ja, in der Tat wollte ich bloß auf den 'höher als erwartet'-Wert der Rotverschiebung bei weit entfernten Objekten hinaus - und dessen Aussagekraft. Um nochmal zusammenzufassen:
Bei weit entfernten Objekten ist der Wert also höher als erwartet, was jedoch m.E. nicht auf eine Beschleunigung der Expansion hindeutet, da das Licht dieser Obekte ja auch länger braucht, um zu uns zu gelangen und uns dementsprechend das Momentum des Objekts (im Verhältnis zur Erde) vor eben dieser Zeit verrät.
Also: wenn die Rotverschiebung bei einem Objekt in 10Mrd LJ Entfernung gemessen wird, bedeutet das doch, dass das Ergebnis die Expansion vor 10Mrd Jahren widerspiegelt.
Müsste es demnach nicht so sein, dass es ein Indikator für ein immer schneller expandierendes Universum wäre, wenn sich stattdessen die erdnahen Objekte schneller entfernen würden, als erwartet (da diese ja Messungen der Expansion zu einem jüngeren Zeitpunkt zulassen)?
Das war mein Gedankengang (wohl blöd formuliert, weil noch im Halbschlaf...ich hoffe, ich konnte mich hier verständlicher machen) und ich wollte lediglich wissen, ob es ein Denkfehler ist, wenn ich davon ausgehe, dass uns ein XY LJ entferntes Objekt lediglich Informationen über die Expansion vor XY Jahren vermitteln kann.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 07. Aug 2017 07:57    Titel: Antworten mit Zitat

surfun hat Folgendes geschrieben:
Bei weit entfernten Objekten ist der Wert also höher als erwartet, was jedoch m.E. nicht auf eine Beschleunigung der Expansion hindeutet, da das Licht dieser Obekte ja auch länger braucht, um zu uns zu gelangen und uns dementsprechend das Momentum des Objekts (im Verhältnis zur Erde) vor eben dieser Zeit verrät.

Es ist komplizierter als das, was du dir vorstellst.

Aus einer einzigen Beobachtung eines Sternes folgt zunächst nur dessen Rotverschiebung, so wie wir sie hier und jetzt messen. Zur Bestimmung der Entfernung des Sternes (zum Zeitpunkt der Emission des Lichts) sowie zur Bestimmung der Lichtlaufzeit sind zusätzliche Modellannahmen notwendig.

surfun hat Folgendes geschrieben:
... wenn die Rotverschiebung bei einem Objekt in 10Mrd LJ Entfernung gemessen wird, bedeutet das doch, dass das Ergebnis die Expansion vor 10Mrd Jahren widerspiegelt.

Der Entfernungsbegriff ist in einem expandierenden Univesum nicht eindeutig. Bereits die Aussage "ein Objekt in 10Mrd LJ Entfernung" erfordert also weitere Annahmen.

Und s.o.: wenn du diese Entfernung aufgrund weiterer Modellannahmen bestimmen kannst, dann besagt die Rotverschiebung für dieses Objekt zunächst etwas über das Verhältnis der Größe des Universums von damals beim Zeitpunkt der Lichtemission zum Zeitpunkt heute bei der Absorption.


surfun hat Folgendes geschrieben:
Müsste es demnach nicht so sein, dass es ein Indikator für ein immer schneller expandierendes Universum wäre, wenn sich stattdessen die erdnahen Objekte schneller entfernen würden, als erwartet.

Es wäre natürlich schön, wenn man das so einfach messen könnte, aber das funktioniert aus mehreren Gründen in der Praxis nicht.

Wenn du dir meine o.g. Formel für 1+z ansiehst, dann stellst du fest, dass für nahe beieinanderliegende Zeiten für Emission und Absorption der Wert von z sehr nahe bei Null liegt, d.h. unterhalb der Messgenauigkeit; für nahe beieinanderliegende Zeiten und demnach Orte überwiegen die zufälligen Bewegungen der Sterne, die nicht exakt "mit dem expandierenden Universum mitschwimmen"; für nahe beieinanderliegende Orte gehören die beobachteten Sterne lokalen, gravitativ gebundenen Strukturen wie der Milchstraße an, d.h. ihre Bewegung entspricht überhaupt nicht diesem "Mitschwimmen".

Man muss also zwingend auf weit entfernte Objekte zurückgreifen, so dass auf diesen extrem großen Skalen das kosmologische Prinzip der Homogenität und Isotropie des Universum überhaupt vernünftig anwendbar ist.
Ich



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Wohnort: Mintraching

Beitrag Ich Verfasst am: 07. Aug 2017 09:14    Titel: Antworten mit Zitat

surfun hat Folgendes geschrieben:
DrStupid hat Folgendes geschrieben:
Tatsächlich schließt man darauf (wie Du jetzt selbst schreibst), weil die Rotverschiebung stärker zunimmt, als ohne beschleunigte Expansion zu erwarten wäre.


Ja, in der Tat wollte ich bloß auf den 'höher als erwartet'-Wert der Rotverschiebung bei weit entfernten Objekten hinaus - und dessen Aussagekraft.
Wenn ihr jetzt noch Quellen für das "höher als erwartet" sucht, dann löst sich das Rätsel.
https://en.wikipedia.org/wiki/Accelerating_expansion_of_the_universe#Supernova_observation
surfun
Gast





Beitrag surfun Verfasst am: 08. Aug 2017 07:04    Titel: Antworten mit Zitat

ok, dass das bei Objekten innerhalb der Milchstraße oder Andromeda nicht funktioniert, ist schon klar. Ich dachte auch eher an den nächsten Galaxienhaufen o Ä.
Da ich kein Physiker bin, bin ich wohl um einiges zu naiv an die Thematk herangegangen. Danke für eure Geduld und die verständliche Erklärung.
Ich



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Wohnort: Mintraching

Beitrag Ich Verfasst am: 08. Aug 2017 10:29    Titel: Antworten mit Zitat

Moment, dann hast du meinen Link nicht gelesen oder nicht verstanden: Die Beobachtung ist nicht, dass die Rotverschiebung größer ist als erwartet. Sie ist kleiner als erwartet. Und damit passt doch alles wieder mit deiner Intuition zusammen.
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