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Noether-Theorem in der QM
 
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Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 02. Feb 2016 20:28    Titel: Noether-Theorem in der QM Antworten mit Zitat

Hallo!

In einem Experimentalphysik-Skript (Teilchenphysik) wird das Noether-Theorem der QM auf eine Weise formuliert, die bei mir Mißtrauen hervorruft. Und zwar ist das im wesentlichen der Satz von Stone, allerdings wird die Symmetrietransformation dadurch charakterisiert, daß die Wellenfunktion die Normierungsbedingung


[Notation ist Original, sorry dafür]

erfüllt (in einer Fußnote steht noch explizit, daß man über den Raum und die Zeit integriert). Für mich ergibt das keinen Sinn... Ich dachte, der Zustand zum Zeitpunkt t sei als L²-Funktion über dem Raum R³ darstellbar. Aber es ist ja , also würde so eine Beschreibung ja bedeuten, daß Teilchen in der Zeit lokalisiert sind... Hä??

Wird tatsächlich in der relativistischen QM so ein Formalismus benutzt oder ist das einfach nur Unsinn?

In meiner QM-Vorlesung kam das Noethertheorem nie vor. Ich habe allerdings in einem Theo-QM Skript von einem Professor, dem ich sehr vertraue, nachgesehen und dort wird es über dem R³ formuliert. Und in der QFT benutzt man ja einfach das Noethertheorem der klassischen Feldtheorie und quantisiert dann die Ströme.
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8583

Beitrag jh8979 Verfasst am: 03. Feb 2016 21:01    Titel: Antworten mit Zitat

Ist das Skript irgendwo öffentlich zu finden?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Feb 2016 01:45    Titel: Antworten mit Zitat

Ich kenne die entsprechende Formulierung in der QM so, dass eine Symmetrietransformation als unitäre Transformation



mit







formuliert wird, wobei Omega eine Symmetrie von H generiert und demnach eine Erhaltungsgröße darstellt.

Das ist aber die kanonische Sichtweise, nicht unmittelbar die Noethersche.

_________________
Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 04. Feb 2016 17:21    Titel: Antworten mit Zitat

Danke Euch für die Antworten!

@TomS: Den Satz von Stone kannte ich auch, aber mir war nicht unmittelbar bewußt, daß man auf diese Weise die richtigen Erhaltungsgrößen bekommt (für Energie, Impuls und Drehimpuls zumindest). Insofern war das schon eine Erkenntnis für mich, aber der Viererformalismus ruft eben Mißtrauen hervor bei mir. Im Skript stand ein Verweis auf Thomson, Modern Particle Physics, aber dort stehen nur korrekte Aussagen in der Dirac-Notation, keine ausgeschriebenen Integrale.
Also das, was Du geschrieben hast, deckt sich ungefähr mit dem, was im Thomson und auch in dem anderen Skript steht.

@jh8979: Ja, das Skript ist im Netz zu finden, aber ich würde den Link ungern öffentlich posten, um niemanden anzuschwärzen. Du bekommst aber eine PN von mir.
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8583

Beitrag jh8979 Verfasst am: 04. Feb 2016 19:52    Titel: Antworten mit Zitat

Jayk hat Folgendes geschrieben:

@jh8979: Ja, das Skript ist im Netz zu finden, aber ich würde den Link ungern öffentlich posten, um niemanden anzuschwärzen. Du bekommst aber eine PN von mir.

Ignorier die halbe Seite aus der der d4x-Integral-Quatsch steht einfach. Das ist weder richtig, noch wird das für das was kommt benötigt (und es steht so auch nicht in dem Buch, das am Anfang der Seite angegeben wird).
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 04. Feb 2016 20:27    Titel: Antworten mit Zitat

jh8979 hat Folgendes geschrieben:

Ignorier die halbe Seite aus der der d4x-Integral-Quatsch steht einfach. Das ist weder richtig, noch wird das für das was kommt benötigt (und es steht so auch nicht in dem Buch, das am Anfang der Seite angegeben wird).


Danke! smile
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8583

Beitrag jh8979 Verfasst am: 04. Feb 2016 20:56    Titel: Antworten mit Zitat

PS: Wenn Dir ein Experimentalphysiker etwas über Theorie erzählt (so wie hier) und es Dir merkwürdig vorkommt, ist es fast immer angebracht den Experimentalphysierk zu ignorieren Augenzwinkern

(Gilt auch umgekehrt fast immer für Experimentalphysiker, wenn Theoretiker Ihnen was über das Experiment erzählen wollen Augenzwinkern )
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 04. Feb 2016 22:16    Titel: Antworten mit Zitat

jh8979 hat Folgendes geschrieben:
PS: Wenn Dir ein Experimentalphysiker etwas über Theorie erzählt (so wie hier) und es Dir merkwürdig vorkommt, ist es fast immer angebracht den Experimentalphysierk zu ignorieren Augenzwinkern


Haha, danke! Big Laugh Ich hatte übrigens erstmal den Tutor dazu gefragt. Der hat aber gesagt, er könne als Experimentalphysiker die Frage nicht beantworten, ich solle mal einen Theoretiker fragen.
Ich hatte eben nur befürchtet, daß mir vielleicht etwas aus der rel. QM entgangen ist. Ich habe nichtrel. QM und QFT gehört, aber keine rel. QM (die rel. QM mit der Dirac- und KG-Gleichung für Wellenfunktionen ist ja auch eine historische Theorie, also hab ich mir gedacht, daß ich die nicht unbedingt hören muß).

jh8979 hat Folgendes geschrieben:

(Gilt auch umgekehrt fast immer für Experimentalphysiker, wenn Theoretiker Ihnen was über das Experiment erzählen wollen Augenzwinkern )


Ja, klar. Aber die meisten Theoretiker, die ich kenne, geben das mit einer gesunden Portion Selbstironie zu, daß sie von Experimenten keine Ahnung haben.^^
(ich kenne allerdings auch ein paar Ausnahmen)
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8583

Beitrag jh8979 Verfasst am: 04. Feb 2016 22:32    Titel: Antworten mit Zitat

Jayk hat Folgendes geschrieben:
(die rel. QM mit der Dirac- und KG-Gleichung für Wellenfunktionen ist ja auch eine historische Theorie, also hab ich mir gedacht, daß ich die nicht unbedingt hören muß).

Das ist nicht so falsch smile auch wenn man da trotzdem was lernen kann smile
Zitat:

jh8979 hat Folgendes geschrieben:

(Gilt auch umgekehrt fast immer für Experimentalphysiker, wenn Theoretiker Ihnen was über das Experiment erzählen wollen Augenzwinkern )

Ja, klar. Aber die meisten Theoretiker, die ich kenne, geben das mit einer gesunden Portion Selbstironie zu, daß sie von Experimenten keine Ahnung haben.^^

Die meisten Ex-Physiker, die ich kenne, tun das umgekehrt auch ... wie Dein Übungsgruppenleiter z.B.... (und wie ich die Person, die Dein Skript verfasst hab kenne, würde ich sagen, dass es da auch der Fall ist, wenn man nachfragt. Das Skript ist ja offensichtlich nur ein schneller Zusammenschrieb und nicht wirklich als Veröffentlichung gedacht)...
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 05. Feb 2016 22:07    Titel: Antworten mit Zitat

Jayk hat Folgendes geschrieben:
... mir war nicht unmittelbar bewußt, daß man auf diese Weise die richtigen Erhaltungsgrößen bekommt.

Bekommt man auch nicht, da habe ich dich leider in die falsche Richtung geschickt.

Die Gleichungen zeigen, was es in der QM bedeutet, wenn eine Erhaltungsgröße Q vorliegt. Sie sagen nichts darüber aus, wie man Q konstruiert! Ich denke, dies funktioniert immer über über das Noether-Theorem, d.h. die Bestimmung von Q (oder einen erhaltenen Strom j) als klassischer Größe plus anschließender Quantisierung.

Die o.g. Gleichungen entsprechen ja der Gleichung {H,Q} = 0 der Hamiltonschen Formulierung der klassischen Physik. Ihre Gültigkeit besagt letztlich, dass keine Anomalie vorliegt, d.h. dass {H, Q} = 0 in der Form [H,Q] = 0 gültig bleibt.
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 05. Feb 2016 23:47    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Jayk hat Folgendes geschrieben:
... mir war nicht unmittelbar bewußt, daß man auf diese Weise die richtigen Erhaltungsgrößen bekommt.

Bekommt man auch nicht, da habe ich dich leider in die falsche Richtung geschickt


Wieso sagt das nichts darüber aus, wie ich die Erhaltungsgröße konstruiere? Wenn ich eine stark-stetige unitäre Gruppe



habe, dann sagt doch der Satz von Stone, daß sie einen selbstadjungierten Generator hat:

.

Dann kann ich doch umgekehrt daraus konstruieren:

.

Oder? Was funktioniert daran nicht?

Ich habe aber noch eine Frage dazu: Ist der Ansatz über das Noether-Theorem allgemeingültig? Also bekommt man immer eine Erhaltungsgröße? Also mir ist schon klar, was das Noether-Theorem aussagt. Aber mir ist nicht klar, wieso ich durch Quantisierung eine Erhaltungsgröße im quantenmechanischen Sinn bekomme... In der QFT muß man doch immer solche Kunstgriffe wie normalgeordnete Operatorprodukte anwenden. Und wir haben auch immer explizit den Nachweis der Erhaltung geführt, soweit ich mich erinnere.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 06. Feb 2016 11:01    Titel: Antworten mit Zitat

Jayk hat Folgendes geschrieben:
Wieso sagt das nichts darüber aus, wie ich die Erhaltungsgröße konstruiere?

Wenn U oder Q bekannt sind, dann kannst du das eine aus dem anderen konstruieren, insofern gebe ich dir recht.

Die Frage ist, wie du vorgehst, wenn du nur die Lagrangefunktion und deren Symmetrie kennst; das ist m.E. noch ein Schritt vorher.

Anders ausgedrückt: von der Symmetrie einer Lagrangedichte zur erhaltenen Ladung führt dich eine längere Rechnung, während im kanonischen Formalismus alles eins ist; ich wüsste jedenfalls nicht, wie ich die Symmetrie von H anders hinschreibend sollte, als unter Verwendung eines Generators = der erhaltenen Ladung.

Jayk hat Folgendes geschrieben:
Ist der Ansatz über das Noether-Theorem allgemeingültig? ... Aber mir ist nicht klar, wieso ich durch Quantisierung eine Erhaltungsgröße im quantenmechanischen Sinn bekomme... In der QFT muß man doch immer solche Kunstgriffe wie normalgeordnete Operatorprodukte anwenden.

Du hast recht.

Zunächst mal folgt gemäß Noethertheorem immer eine klassische Erhaltungsgröße Q. Wenn ich diese in einen Operator überführe und dabei garantieren kann, dass die Quantisierung die Gleichung [H,Q] = 0 sowie alle weiteren derartigen Relationen erfüllt, dann liegt auch eine quantenmechanische Erhaltungsgröße vor, andernfalls spricht man von einer Anomalie; dazu mir ist kein Fall in der QM bekannt.

In der QFT ist es tatsächlich möglich, dass Anomalien entstehen. So folgen im Rahmen der QCD z.B. mehrere klassische Erhaltungsgrößen wie die Farbladungen, jeder Flavor sowie die axiale Ladung. Die Renormierung oder die Untersuchung des Pfadintegrals zeigen, dass nicht sowohl Farbladung als auch axiale Ladung erhalten sein können; da die Farbladung der lokalen Eichsymmetrie entspricht, die für die Konsistenz der Theorie zwingend ist, muss die Erhaltung der axialen Ladung zugunsten der Farbladung aufgegeben werden, d.h. die QCD enthält eine axiale Anomalie, die globale axiale Symmetrie wird durch Quanteneffekte gebrochen. Dies hat physikalisch relevante Effekte: die globale Flavorsymmetrie führt im Grenzfall verschwindender Quarkmasse / für sehr kleine Quarkmassen zu masselosen / sehr leichten, pseudoskalen Mesonen; das zur axialen Symmetrie gehörige eta'-Meson ist jedoch etwa so schwer wie das Proton.

Umgekehrt schöpft das Noethertheorem nicht alle erhaltenen Ladungen aus.
1) Ich bin mir nicht sicher, ob die dynamischen Symmetrien wie SO(4) für das Wasserstoffatom oder SU(3) für den 3-dim. harm. Oszillator aus dem Noethertheorem abgeleitet werden können, da die Symmetrien im Phasenraum, nicht im Konfigurationsraum formuliert sind
2) Aus Quantenfeldtheorien kenne ich topologische Ladungen, die sicher nichts mit dem Noethertheorem zu tun haben.
3) Im Rahmen der QFT wird die BRST-Quantisierung sowie der Batalin–Vilkovisky Formalismus verwendet. Ich denke, dies hängt mit einer erweiterten Symmetriestruktur zusammen, die nicht mehr einer Liealgebra entspricht (lokale Supersymmetrie, graded Lie-algebras, ...). Das klingt für mich nach einer algebraischen Verallgemeinerung und hat nichts mit der Quantisierung zu tun, ich bin da jedoch kein Experte.
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 06. Feb 2016 17:19    Titel: Antworten mit Zitat

TomS, danke für die ausführliche Antwort! smile

Falls es Dich interessiert: Im Scheck Band 3 wird eine Verallgemeinerung des Noether-Theorems auf Phasenraumsymmetrien gegeben (Abschnitt 3.1.2 "Verallgemeinerter Satz von Noether"). Ich weiß aber nicht, wie leistungsfähig dieser Satz ist.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 06. Feb 2016 17:41    Titel: Antworten mit Zitat

Können damit die o.g. Symmetrien SO(4) und SU(n) sowie deren Erhaltungsgrößen diskutiert werden?


Zur U(1) * SU(n) des n-dim. harmonischen Oszillators: diese findet man durch Hinschauen:












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Jayk



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Beitrag Jayk Verfasst am: 07. Feb 2016 19:32    Titel: Antworten mit Zitat

Angeblich ja. Aber es wird nicht weiter darauf eingegangen, nur ein Literaturverweis auf Boccaletti Theory of Orbits gegeben (für den Lenz-Runge-Vektor). Ich werde mir das morgen mal in der Bibliothek ausleihen. Im Inhaltsverzeichnis in der Amazon-Vorschau habe ich zumindest den n-dimensionalen harmonischen Oszillator als Anwendung zum Noethertheorem gefunden.
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 08. Feb 2016 00:25    Titel: Antworten mit Zitat

Zum Lenz-Runge-Vektor habe ich das hier gefunden:
https://esc.fnwi.uva.nl/thesis/centraal/files/f296738066.pdf

Übrigens habe ich festgestellt, daß je nach Literatur eine leicht unterschiedliche Version des Noether-Theorems hergeleitet wird. Ich kannte die Version mit Diffeomorphismen auf dem Konfigurationsraum, aber z.B. im Fließbach wird von Anfang an die allgemeinere Version hergeleitet.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18110

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Feb 2016 07:17    Titel: Antworten mit Zitat

OK, wenn die Variation der q auch die Geschwindigkeiten umfassen darf, ist das Noethertheorem anwendbar und ausreichend. Danke.
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