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Reflexion an Metall/Gewebe im Ultraschall
 
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Feivel123



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
Beiträge: 4

Beitrag Feivel123 Verfasst am: 05. Aug 2015 05:17    Titel: Reflexion an Metall/Gewebe im Ultraschall Antworten mit Zitat

Hallo liebe Physiker,

ich arbeite derzeit an einem Ultraschallgeraet und versuche, mir die Messungen zu erklaeren.

Messobjekt ist ein Stahlkatheter in umliegendem Gewebe. Dieser wird einmal via Ultraschall hoher Schallenergie und einmal via Ultraschall niedriger Energie untersucht.
Waehrend bei hoher Energie Kathether und umliegendes Gewebe deutlich abgebildet werden, ist bei niedriger Energie nur noch der Katheter sichtbar.

Auf den ersten Blick ersheint das wahrscheinlich trivial: Impedanzunterschied des Katheters zur Umgebung ist wesentlich groesser als im umliegenden Gewebe selbst, dadurch hoehere Reflexion, die auch bei kleineren Eingangsintensitaeten sichtbar ist. Ich moechte den Vorgang der Reflexion aber richtig durchdringen, und mich nicht nur auf die Kenngroesse der Impedanz stuetzen. Seltsamerweise finde ich aber nichts, was den Vorgang der Reflexion weiter ausfuehrt- weder in papern, noch in der Literatur. Bin ich gerade komplett betriebslind? Ich wuerde mich ueber Hinweise und Ratschlaege sehr freuen.

(Die meisten paper beziehen sich nur auf die Absorption und ueberspringen die scheinbar triviale Reflexion, siehe z.B. "Attenuation, scattering, and absorption of ultrasound in the skull bone", die zwar nicht auf Metall, aber immerhin Knochen im Ultraschall eingehen)

https://www.researchgate.net/publication/221729265_Attenuation_scattering_and_absorption_of_ultrasound_in_the_skull_bone?enrichId=rgreq-5935a52b-a9b0-4c76-a4a9-c9c8313f32fd&enrichSource=Y292ZXJQYWdlOzIyMTcyOTI2NTtBUzoxNjgyNTI1Mjk0NTUxMDRAMTQxNzEyNTkzNzI1Mw%3D%3D&el=1_x_2


Viele Gruesse und vielen Dank fuer eure Hilfe
Feivel

(PS: Entschuldigt die fehlenden Umlaute, die gibt die Tastatur leider nicht her)[/url]

(tldr: Ich suche vermutlich den Zusammenhang zwischen Schallenergie und Impedanz)

Zwei Beiträge zusammengefasst, damit Antwortzähler auf Null steht. Steffen
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3403

Beitrag ML Verfasst am: 05. Aug 2015 13:39    Titel: Re: Reflexion an Metall/Gewebe im Ultraschall Antworten mit Zitat

Hallo,

Feivel123 hat Folgendes geschrieben:

Auf den ersten Blick ersheint das wahrscheinlich trivial: Impedanzunterschied des Katheters zur Umgebung ist wesentlich groesser als im umliegenden Gewebe selbst, dadurch hoehere Reflexion, die auch bei kleineren Eingangsintensitaeten sichtbar ist.

Ja, das würde ich auch so sehen.

Zitat:

Ich moechte den Vorgang der Reflexion aber richtig durchdringen, und mich nicht nur auf die Kenngroesse der Impedanz stuetzen.


Die Betrachtung mit den "akustischen Impedanzen" taugt letztlich nur für ausgedehnte ebene Grenzflächen mit einer senkrecht einfallenden ebenen Welle und setzt voraus, dass beide Medien Flüssigkeiten oder Gase sind. Für die Anordnung mit dem Katheter im Gewebe ist das ein sehr einfaches Modell, das aber wahrscheinlich qualitativ richtige Ergebnisse liefert.

Ich gehe zunächst davon aus, dass sich im Gewebe nur Longitudinalwellen ausbreiten können. Diese Annahme ist in Flüssigkeiten korrekt, stimmt aber für Gewebe nur näherungsweise.

Die einlaufende Longitudinalwelle trifft auf den Katheter und bewirkt:
a) eine reflektierte Longitudinalwelle
b) eine transmittierte Longitudinalwelle
c) eine transmittierte Transversalwelle
d) eine Oberflächenwelle

Die reflektierte Longitudinalwelle strahlt direkt ab und macht erfahrungsgemäß den größten Anteil des reflektierten Signals aus. Anteile der anderen Wellen können mit Verzögerung (z. B. nach mehrfacher Reflexion) aber auch zurückreflektiert werden.

Die Größe, die die reflektierte Longitudinalwelle ganz wesentlich bestimmt, ist die Normalspannung an der Grenzfläche. (Bei einer genaueren Betrachtung wären die Schubspannungen ebenfalls zu betrachten.) Diese hängt von der einlaufenden Welle sowie den Materialparametern der beiden angrenzenden Medien ab.

Für belastbare Ergebnisse wirst Du aufgrund der komplizierten Zusammenhänge in der Regel halbanalytische oder numerische Simulationen bemühen müssen.



Viele Grüße
Michael
Feivel123



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
Beiträge: 4

Beitrag Feivel123 Verfasst am: 06. Aug 2015 08:22    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Michael,

danke dir fuer deine Antwort.

Zitat:
...und setzt voraus, dass beide Medien Flüssigkeiten oder Gase sind.

Das verstehe ich nicht. Warum sollte die Veranschaulichung mittels der Impedanz nicht fuer Fluessigkeit-Festkoerper bzw. Gewebe-Metall gelten?
(In meiner bisherigen Betrachtung habe ich das Gewebe naeherungsweise als Wasser betrachtet, da die Schallgeschwindigeit im Gewebe nur minimal variiert)


Bei Metall waere ich automatisch von einer gleichzeitigen Scherung ausgegangen - das wird auch in vielen papern als Anteil der Absorption ausfuehrlich besprochen. Da mich wirklich nur die reflektierten Wellen interessieren (auch Artefakte lasse ich in meinen Ueberlegungen noch komplett aussen vor), habe ich das noch nicht weiter verfolgt.
Das deckt sich ja mit deiner Erlaeuterung, schoen :-)

Rienstra leitet (mit vielen Rahmenbedingungen, die eigentlich nur bei Fluessigkeiten, noch besser bei Luft funktionieren) einen direkten Zusammenhang zwischen Energie und Impedanz her, der da lautet


mit der Geschwindigkeit der Teilchen v und dem Normalenvektor n_S, der in die Oberflaeche S hineinzeigt; Z ist die Impedanz.

Auch damit tue ich mich etwas schwer. Die Energie nimmt zwar radial durch die Vergroesserung der insgesamt durchstrahlten Flaeche ab, aber prinzipiell haette ich ja so einen linearen Zusammenhang zwischen Energie und Impedanz. D.h.: Halbiere ich die Energie, so halbiere ich (unter Vernachlaessigung des unterschiedlichen Radius) auch die Impedanz. Beim Metall mit einer hoheren Impedanz (bedingt in der Formel durch das verschiedene v?) macht das natuerlich weniger aus, als im Gewebe. Verstehe ich das richtig, oder bin ich gerade komplett auf dem Holzweg?

(Quelle: http://www.win.tue.nl/~sjoerdr/papers/boek.pdf, Seite 37, Kapitel 3.2.1)



Den von dir erwaehnten Ansatz mit der Normalspannung hatte ich schon einmal bedacht, da aber nichts zu gefunden.

Eine analytische Loesung ist fuer mich gar nicht notwendig, ich moechte das ganze rein qualitativ einordnen (im Sinne von: "Aufgrund des Effekts X, den eine erhoehte Schallenergie an der Oberflaeche ausloest, kommt es zu Resultat Y. Das ganze ist formal beschrieben durch Z"..)

Ich habe jetzt noch einmal einen ganzen Tag lang Literatur gewaeltzt, und finde nur sehr wenig - ist die Frage so trivial, oder so unhandlich, dass das nicht ausfuehrlich besprochen wird? Mit den Erlaeuterungen zur Absorption koennte man hingegen eine ganze Bibliothek fuellen.

Danke dir nochmals fuer deine Ansaetze. Ich wuerde mich freuen, nochmal von dir (und auch jedem anderen) zu hoeren!

Feivel
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3403

Beitrag ML Verfasst am: 06. Aug 2015 21:59    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

Feivel123 hat Folgendes geschrieben:

Zitat:
...und setzt voraus, dass beide Medien Flüssigkeiten oder Gase sind.

Das verstehe ich nicht. Warum sollte die Veranschaulichung mittels der Impedanz nicht fuer Fluessigkeit-Festkoerper bzw. Gewebe-Metall gelten?
(In meiner bisherigen Betrachtung habe ich das Gewebe naeherungsweise als Wasser betrachtet, da die Schallgeschwindigeit im Gewebe nur minimal variiert)

Die Rechnungen mit den Impedanzen gehen davon aus, dass die Energie in der akustischen Welle entweder als Longitudinalwelle reflektiert oder als Longitudinalwelle transmittiert wird.

Modenwandlungen an der Grenzfläche, d. h. die teilweise Umwandlung von Longitudinal- in Transversalwellen und umgekehrt, werden nicht berücksichtigt. Du erkennst das daran, dass bei der Impedanz einzig die Longitudinalwellengeschwindigkeit verwendet wird, die Transversalwellengeschwindigkeit aber nicht.

Zitat:

Bei Metall waere ich automatisch von einer gleichzeitigen Scherung ausgegangen - das wird auch in vielen papern als Anteil der Absorption ausfuehrlich besprochen.

Scherung hat mit Absorption aber nicht so allzu viel zu tun.

Zitat:
D.h.: Halbiere ich die Energie, so halbiere ich (unter Vernachlaessigung des unterschiedlichen Radius) auch die Impedanz.

Das verstehe ich nicht. Die akustische Impedanz ist eine Materialeigenschaft. Wieso sollte sich diese mit der Energie ändern?
In der Formel steht übrigens nicht direkt eine Energie, sondern eine Strahlungsleistung.

Zitat:

Beim Metall mit einer hoheren Impedanz (bedingt in der Formel durch das verschiedene v?) macht das natuerlich weniger aus, als im Gewebe. Verstehe ich das richtig, oder bin ich gerade komplett auf dem Holzweg?

Ich befürchte, dass Du hier auf dem Holzweg bist.

Der erste Ansatz war aber an sich richtig. Der Katheter reflektiert den Schall besser als Gewebe (Streuung) oder Übergänge zwischen zwei Gewebeschichten (Mischung aus Streuung und Reflexion). Insofern gehen die Gewebereflexionen bei niedriger Intensität im Rauschen unter bzw. werden von der Software (z. B. wegen des Unterschreitens eines Schwellenwertes) nicht angezeigt.

Zitat:
Den von dir erwaehnten Ansatz mit der Normalspannung hatte ich schon einmal bedacht, da aber nichts zu gefunden.

Siehe PN.

Zitat:
Eine analytische Loesung ist fuer mich gar nicht notwendig, ich moechte das ganze rein qualitativ einordnen (im Sinne von: "Aufgrund des Effekts X, den eine erhoehte Schallenergie an der Oberflaeche ausloest, kommt es zu Resultat Y. Das ganze ist formal beschrieben durch Z"..)

Die Geschichte mit der höheren Impedanz ist qualitativ schon richtig und wird auch keinen Widerspruch von irgendwem hervorrufen. Als Anschauungsmodell für kompliziertere Fragenstellungen taugt das Impedanzmodell aber eher nicht.


Viele Grüße
Michael
Feivel123



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
Beiträge: 4

Beitrag Feivel123 Verfasst am: 14. Aug 2015 04:50    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Modenwandlungen an der Grenzfläche, d. h. die teilweise Umwandlung von Longitudinal- in Transversalwellen und umgekehrt, werden nicht berücksichtigt.

Ok, da gehe ich mit. Ich konnte nur bisher keine qualitative Einordnung machen, wie stark sich das auf die Intensitaet im Ultraschallbild auswirkt. Ich wuerde, gerade auch weil dieser Uebergang in der Literatur nicht ausgiebig besprochen wird, davon ausgehen, dass der Anteil an der Reflektion klein ist, da die umgewandelten Wellen schnell absorbiert werden (siehe unten).

Zitat:
Scherung hat mit Absorption aber nicht so allzu viel zu tun.

Im Paper "Attenuation, scattering, and absorption of ultrasound in the skull bone" von Gianmarco Pinton
(https://www.researchgate.net/publication/221729265_Attenuation_scattering_and_absorption_of_ultrasound_in_the_skull_bone?enrichId=rgreq-5935a52b-a9b0-4c76-a4a9-c9c8313f32fd&enrichSource=Y292ZXJQYWdlOzIyMTcyOTI2NTtBUzoxNjgyNTI1Mjk0NTUxMDRAMTQxNzEyNTkzNzI1Mw%3D%3D&el=1_x_3)

wird der Einfluss der Modenumwandlung in Scherwellen und die damit verbundene Absorption recht ausfuehrlich besprochen. Oder habe ich dich missverstanden?

Zitat:
Die akustische Impedanz ist eine Materialeigenschaft.

Schon :-). Ich traue mich aber noch einmal ein wenig weiter auf den Holzweg hinaus. Diese Definition baut auf die lineare Beschreibung der Impedanz auf - fuer Schallwellen grosser Amplitude ist die Schallgeschwindigkeit im Festkoerper jedoch nicht nur eine Materialeigenschaft, sondern eben auch vom akustischen Druck, der widerum von der Wellenamplitude abhaengt. Diese nichtlineare Beschreibung fuehrt letztendlich zu einer hoeheren Frequenz der Welle ungleich der Senderfrequenz und wirkt sich so auch auf Absorptions- und Reflektionsverhalten aus. Wobei sich wieder die Frage stellt, ob der Effekt nicht auch im Metall nahezu vernachlaessigt werden kann, in anderen Materialien wird er das ja.. D'accord?
(Ich beziehe mich mit der Erklaerung auf Kapitel 6 der lectures von Dr. Cox vom University College London, http://www.ucl.ac.uk/medphys/staff/people/bcox/USlecturenotes_Jan2013.pdf)


_____
Danke dir fuer die Diskussion! Hier habe ich keine Mitphysiker, um ueber das Thema zu sprechen, da verrennt man sich dann sehr schnell in solche Sachen wie mein obiger Bezug auf Rienstra, der natuerlich quatsch ist.

Qualitativ habe ich jetzt, so hoffe ich, einen ganz guten Ueberblick. Ich werde in der weiteren Beschreibung alle nichtlinearen Effekte ohne allzugrosse Bauchschmerzen erst einmal weglassen.
Um das Thema fuer mich abzuschliessen, moechte ich jetzt noch eine formelle Beschreibung fuer die Intensitaet als Funktion der Energie (bzw. Leistung) meines Schallkopfes finden. Das scheint so trivial zu sein, dass ich in der Literatur noch nichts explizites gefunden habe..
(Was mich verwirrt, aber jetzt gerade will sich mir der wohl triviale(?) Zusammenhang nicht formell erschliessen)

Das ganze moechte ich dann noch mit drei Messreihen ueberpruefen:
Intensitaet des Gegenstandes im US-Bildes als Fkt. der Energie von
i)Metall im Wasserphantom
ii) Metall im Gewebe
iii) Gewebe selbst.


Danke nocheinmal fuer die hilfreiche Diskussion meiner Ansaetze, ueber weitere Hinweise (gerade im Bezug auf die formelle Beschreibung Intensitaet als Fkt. der Energie) wuerde ich mich freuen!

Feivel
Feivel123



Anmeldungsdatum: 05.08.2015
Beiträge: 4

Beitrag Feivel123 Verfasst am: 15. Aug 2015 01:42    Titel: Antworten mit Zitat

... Ich war so fixiert auf die Idee, dass Metall in hochamplituden Schallwellen eine herausragende Eigenschaft hat, dass ich den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen hab. Und wenn ich sämtliche Nichtlinearität einfach ignoriere, dann kann ichs ja einfach so machen:

Ich gebe einfach die Intensität als Funktion der Eindringtiefe an, rechne den an der Grenzfläche reflektierten Anteil aus, dann nochmal das ganze Spiel mit der Intensität als Funktion der Eindringtiefe, und fertig gerupft ist das Huhn.
Also die im Vorpost erwähnten Experimente tiefenmoduliert. Ich gehe davon aus, dass ich mindestens 20dB runtergehen muss, um einen erwähnenswerten Unterschied zu sehen. Oder ich suche mir einen See, der tief genug ist.. :-)


Jedenfalls habe ich auf diese Weise sehr viel über Schallwellen gelernt. Ich berichte dann Anfang nächster Woche.
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