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Schwache Wechselwirkung, W+Z-Bosonen
 
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HellRaiser



Anmeldungsdatum: 04.06.2011
Beiträge: 19

Beitrag HellRaiser Verfasst am: 04. Jul 2011 14:03    Titel: Schwache Wechselwirkung, W+Z-Bosonen Antworten mit Zitat

Hallo,
Ich habe ein allgemeines Verständnisproblem bei der schwachen WW.
Betrachten wir ein freies Neutron, das in einer gewissen Zeit spontan zerfällt.
Der Zerfall beruht auf der Umwandlung eines der u-Quarks des Neutrons in ein d-Quark (oder anders herum?). Dabei vermittelt ein Z-Boson diesen Prozess.
Ich habe mich allgemein mit den "Austauschteilchen" der Wechselwirkungen befasst, das ganze ist für die el. magn. WW mit dem Photon relativ einfach zu verstehen, denn das liegt ja ungefähr in unserem Erfahrungs- bzw. Beobachtungsbereich.
Das Photon hat keine Ruhemasse, die W und Z-Bosonen hingegen fast die Ruhemasse eines Ag-Atomkerns!
Wie kann das sein? Woher kommt die große Masse beim Zerfall eines Neutrons, das ja immerhin ungefähr nur 1/108 der Masse eines Silberatoms besitzt?
Hat das etwas mit der beim Zerfall freiwerdenden Energie zu tun, bzw. kann ich das hier überhaupt mit dem Zerfall von Atomkernen vergleichen?

Meine Idee:
Das ist alles, sofern ich richtig liege, Quantenfeldtheorie. Könnte die theoretische Riesenmasse der W+Z-Bosonen etwas mit ihrer "Virtualität" zu tun haben? Also dass sie eigentlich nicht existieren, jedoch zur Erklärung benötigt und errechnet wurden?
Oder liegt das diesmal wirklich an der Energie-Zeit-Unschärferelation? Dazu müsste dann der "Austauschprozess" unglaublich schnell vonstatten gehen, sodass genug Energie (ungefähr die Masse eines Ag-Atoms) "geborgt" werden kann? Aber was passiert dann mit dieser Energie?

Vielen Dank für eure Hilfe!
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18163

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jul 2011 15:59    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, die große Masse stört nicht, gerade weil die Teilchen virtuell sind.

Betrachte den Betazerfall eines freien d-Quarks in ein u-Quark; dabei entsteht ein virtuelles W-Boson (kein Z, da sich ja die el. Ladung des Quarks ändert) sowie im Endzustand = aus dem Zerfall des W-Boson ein Elektron sowie ein Antineutrino.

Hier der Betazerfall eines Protons, aber der eines freien d-Quarks ist besser zur Diskussion geeignet: http://de.wikipedia.org/wiki/Betazerfall

Nun muss an jedem Vertex der Viererimpuls (= Energie und Impuls) erhalten sein. D.h. sowohl der Viereimpuls des d-Quarks als auch der des W-Bosons als auch der des Gesamtsystems Elektron + Antineutrino ist identisch.

Nun gilt aber m² = E² - p² wobei m hier die jeweilige invariante Masse darstellt. Da nun E und p immer gleich bleiben, müsste auch m für alle derartigen Prozesse immer gleich sein - was aber nicht sein kann! D.h. das virtuelle W-Boson hat eine Masse m, die nicht der tatsächlichen physikalischen Masse entspricht; die Masse eines virtuellen Teilchens kann praktisch beliebige Werte annehmen (sogar negatives m² ist möglich) daher ja auch der Begriff virtuell.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
HellRaiser



Anmeldungsdatum: 04.06.2011
Beiträge: 19

Beitrag HellRaiser Verfasst am: 04. Jul 2011 20:25    Titel: Antworten mit Zitat

Hmm...
Ich glaube ich muss erstmal was über virtuelle Teilchen lesen, das kommt mir alles spanisch vor Big Laugh
Was ist denn ein Viereimpuls? Kann man das einfach und schnell erklären, oder sollte ich mich erstmal allgemein über virtuelle Teilchen informieren?
Also das alle Impulse erhalten bleiben, ist klar.
Zitat:
´Nun gilt aber m² = E² - p² wobei m hier die jeweilige invariante Masse darstellt. Da nun E und p immer gleich bleiben, müsste auch m für alle derartigen Prozesse immer gleich sein - was aber nicht sein kann! D.h. das virtuelle W-Boson hat eine Masse m, die nicht der tatsächlichen physikalischen Masse entspricht; die Masse eines virtuellen Teilchens kann praktisch beliebige Werte annehmen (sogar negatives m² ist möglich) daher ja auch der Begriff virtuell.

Rein mathematisch verstehe ich das, aber was genau kann ich mir unter einem virtuellen Teilchen vorstellen?
Wären die Bosonen der schwachen WW mit Photonen als Austauschteilchen der el.magn. WW in einem analogen Beispiel irgendwie vergleichbar? Ich kann mir da nur sehr wenig drunter vorstellen...
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18163

Beitrag TomS Verfasst am: 04. Jul 2011 23:07    Titel: Antworten mit Zitat

Man sollte sich unter virtuellen Teilchen auch nicht zu viel vorstellen, das wird zwar gerne in populärwissenschaftliche Darstellungen getan, führt aber teilw. zur Verwirrung, weil man eben immer an reale Teilchen denkt. Bereits die einfache Frage, wie der Austausch eines Teilchens zu einer anziehenden Kraft führen kann, ist in diesem Bild nicht vorstellbar.

Mathematisch ist ein virtelles Teichen, das zwischen zwei Teilchen ausgetauscht wird (siehe ein Feynmandiagramm), ein Integral über einen komplizierten Ausdruck, der alle erlaubten Teilchen enthält; erlaubt bedeutet dabei, dass die Viererimpulse und z.B. die Ladung erhalten ist.

Der Viererimpulsist einfach die Zusammenfassung von (Energie, Impuls) zu einem formal vierdimensionalen Vektor.

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Zuletzt bearbeitet von TomS am 05. Jul 2011 00:27, insgesamt einmal bearbeitet
HellRaiser



Anmeldungsdatum: 04.06.2011
Beiträge: 19

Beitrag HellRaiser Verfasst am: 04. Jul 2011 23:56    Titel: Antworten mit Zitat

Feynmandiagramme hab ich mir vor längerer Zeit mal angeschaut, und da kamen die Austauschteilchen, bzw. die virtuellen Teilchen drin vor.
Ich glaube, ich müsste mal nachlesen, warum da was ausgetauscht werden muss.
Das geht aber schon ziemlich tief rein in die Quantenfeldtheorie, das werde ich so auf die schnelle nicht verstehen können. Hab mir von Roger Penrose mal dieses A Guide to the laws of the Universe angeschafft, das werde ich mal durcharbeiten, dann bekomme ich hoffentlich mal einen Überblick über diese ganzen Theorien.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18163

Beitrag TomS Verfasst am: 05. Jul 2011 00:45    Titel: Antworten mit Zitat

Noch eine Anmerkung: Feynmandiagramme und virtuelle Teilchen entstehen im Zuge eines mathematischen Formalismus, der Störungstheorie genannt wird; dabei handelt es sich um eine sukkzessive Näherung bestimmter Amplituden, wobei eine Art Entwicklung in der Kopplungskonstanten, also nach Potenzen von g, g², g³, ... durchgeführt wird.

Es gibt jedoch auch physikalische Prozesse, die explizit nicht-perturbativ, d.h. nicht in g entwickelbar sind, da sie mit 1/g oder 1/g² skalieren. Insbs. ist das Color-Confinement der QCD nicht störungstheoretisch erklärbar.

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HellRaiser



Anmeldungsdatum: 04.06.2011
Beiträge: 19

Beitrag HellRaiser Verfasst am: 05. Jul 2011 09:49    Titel: Antworten mit Zitat

ok... das geht dann weit über mein Wissen hinaus, das wird nicht so einfach.
Von der Störungstheorie hab ich schonmal was in ner Quantenvorlesung für Chemiker gehört, da wurde aber nicht weiter drauf eingegangen...
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18163

Beitrag TomS Verfasst am: 05. Jul 2011 13:06    Titel: Antworten mit Zitat

Die Störungstheorie im Rahmen der Quantenmechnaik (und Chemie) und die im Rahmen der Quantenfeldtheorie (mit ihren Feynmandiagrammen) sind zwei verschiedene Paar Schuhe; letztere ist um Größenordnungen aufwändiger
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