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Bremsweg? Aufprall eines Seecontainers
 
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SmartySmarty



Anmeldungsdatum: 31.07.2009
Beiträge: 4

Beitrag SmartySmarty Verfasst am: 02. Okt 2009 10:39    Titel: Bremsweg? Aufprall eines Seecontainers Antworten mit Zitat

Hallo,

also ich habe folgendes Problem:

Ich möchte die Bremsbeschleunigung bei einem Aufprall von einem Container berechnen. Die Container werden beim Verladen/Stapeln, beispielsweise auf ein Schiff, ab einer Höhe von 1 m ausgeklinkt.
Bedeutet für einen freien Fall aus einem Meter Höhe eine Aufprallgeschwindigkeit von ca. 4,43m/s (berechnet mit v=a*Wurzel(2*h/g) mit g=9,81m/s²).
Um nun die Bremsbeschleunigung zu berechnen brauche ich aber den Bremsweg. Da ich aber nicht weiß inwieweit sich die Container ellastisch verformen kann ich diesen nicht ermitteln.
Hat jemand eine Idee wie ich annährend, ohne zu großen Aufwand auf das richtige Ergebnis kommen könnte? Hilfe

Beste Grüße
xkris



Anmeldungsdatum: 06.10.2005
Beiträge: 281
Wohnort: LÜbeck

Beitrag xkris Verfasst am: 02. Okt 2009 13:18    Titel: Antworten mit Zitat

Ich glaub nicht, dass dir hier jemand diese Frage beantworten kann. Hier sind einfach zu viele Unbekannte im Spiel. Das ist auch eher eine Frage für Machinenbauer, die haben für alles Mögliche Näherungsformeln, vielleicht auch für herunterfallende Seecontainer Big Laugh

Das Thema ist aber eher was für numerische Simulationen.
SmartySmarty



Anmeldungsdatum: 31.07.2009
Beiträge: 4

Beitrag SmartySmarty Verfasst am: 05. Okt 2009 08:21    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

also die einzige Möglichkeit die mir noch einfällt wäre es den Container in 3D zu konstruieren und dann mit Ansys das ganze simulieren, blos das dauert natürlich.. . Falls ich mir die Zeit nehmen sollte, schreib ich was bei rumm kam.

Beste Grüße
Gajeryis



Anmeldungsdatum: 08.10.2009
Beiträge: 194
Wohnort: CH - Bern

Beitrag Gajeryis Verfasst am: 09. Okt 2009 01:08    Titel: Antworten mit Zitat

Ein kleines Modell kann man sich schon überlegen.

Sobald der Container in die Ladefläche/Abstellfläche reindrückt, treten Kontaktkräfte auf. Am einfachsten ist das Modell der linearen Feder:



wobei k die Federkonstante und s die Verschiebung des stellvertretenden Massepunktes vom Ort zum Zeitpunkt der Erstberührung darstellt.

Der Bremsweg ist die Auslenkung der Feder bei gestoppter Bewegung, sprich, die gesamte kinetische Energie wurde in (elastische) Deformationsenergie umgewandelt.

Die Deformationsenergie rechnet sich wie folgt:


der Ausdruck wird integriert:


Die kinetische Energie ist bekannterweise:



Die beiden gleichsetzen und nach maximale Auslenkung auflösen:



Die maximale Bremsbeschleunigung beträgt:



Soweit mal zum Formellen des Modells. Rechenmöglichkeiten mit Zahlenbeispielen folgen im nächsten Post.

btw, Smarty: Die Aufprallgeschwindigkeit hast du korrekt gerechnet.

Mein erster latex-formatierter Post überhaupt. Bis man da alle Klammern richtig gesetzt hat... uff. Der nächste Post könnte dauern. Augenzwinkern
Gajeryis



Anmeldungsdatum: 08.10.2009
Beiträge: 194
Wohnort: CH - Bern

Beitrag Gajeryis Verfasst am: 09. Okt 2009 04:03    Titel: Antworten mit Zitat

Erstes Modell - starrer Container, starre Ladefläche, Auslenkung = Tiefgang des Schiffes

Bei zusätzlicher Masse auf dem Schiff muss diese Gewichtskraft durch eine Erhöhung des Auftriebs kompensiert werden. Nach Archimedes taucht das Schiff somit tiefer ein, die Auftriebskraft entspricht dem verdrängten Wasservolumen.

Die Auftriebskraft beträgt:



Ich gehe von einem Containerschiff mit der Grundfläche 397m x 56m (Abschätzung nach wikipedia: Emma Maersk Klasse).
Ausserdem gehe ich nachfolgend von einem 20-ft-ISO-Container aus: LxBxH = 6.1m x 2.44m x 2.6m, max. Masse: 24 t (Quelle wieder wikipedia).

Dies ergibt für die maximale Beschleunigung:



Hinweis, weshalb die Masse des Schiffes keinen Einfluss hat:
Ich bin von einem komplett unelastischen Stoss ausgegangen. Dabei geht die komplette kinetische Energie des Containers auf Schiff & Container über, wodurch das gesamte Schiff nach unten ausgelenkt wird.
Würde ich mit einem elastischen Stoss rechnen, würde nur ein Teil der kinetischen Energie auf das Schiff übergehen, der Container würde zurückspicken, die Bremsbeschleunigung wäre markant grösser.

Einfluss hat aber die Grundfläche des Schiffes. Analog dazu könnt ihr euch den Unterschied zwischen einem Kopfsprung und einem Bauchplatscher beim Turmspringen vor Augen führen: Wo ist wohl die Bremsbeschleunigung grösser? ^^



Zweites Modell - starre Ladefläche, starres Schiff bzw. starrer Boden, Auslenkung = Deformation des Containers

In diesem Modell wird berechnet, wie stark sich der Container in der Höhe zusammenstaucht und welche Beschleunigung der repräsentative Massenpunkt erfährt. Den Massenpunkt führe ich der Einfachheit halber im geometrischen Mittelpunkt des umhüllenden Quaders ein. Der Massenpunkt bewegt sich dadurch um die Hälfte dessen, wieviel sich der gesamte Container zusammenstaucht.

Die Kontaktkraft ergibt sich nach Hook'schem Gesetz:



E ist das Verformungsmodul von Stahl, liegt bei etwa 20 GPa.
A ist die Querschnittsfläche, welche die Axialbelastung aufnimmt. Ich habe diese auf etwa 0.1 Quadratmeter geschätzt.
H ist die Höhe der Stahlwand, ich setze sie auf 2.0m, da der Boden und der Deckel des Containers aufgrund der grösseren Starrheit für die Verformung vernachlässigbar sind.

Die Zusammenstauchung ergibt sich aus:



Die Verschiebung des Massenpunktes ist:



Damit ergibt sich die maximale Beschleunigung des Massenpunktes:



Da solch ein Stahlcontainer äusserst starr ist, war eine derart hohe Beschleunigung zu erwarten. Ein 24t-Kasten fallen lassen ist nun mal nicht gesund. Augenzwinkern

Dritttes Modell - starrer Container, starres Schiff, Auslenkung = Deformation der darunterliegenden Container

In einem Containerschiff sind im Oberdeck bis zu 8 Container aufeinandergestapelt. Lässt man den obersten Container auf die darunterliegenden fallen, federn diese den Fall ab.

Rechnerisch haben wir einen ähnlichen Fall wie in Modell zwei, doch nun sind





wobei n die Anzahl darunterliegender Container darstellt. Ich setze n = 7.

Die Zwischenschritte lasse ich hier aus, die Bremsbeschleunigung des Containers beträgt:




Modellzusammenführung

Die einzelnen Beschleunigungen einzeln zu betrachten war ja schön und gut. Bringt aber nur bedingt viel. Denn tatsächlich überträgt sich der Impuls des Containers auf alle drei Modellsysteme. Anders gesagt:
Der Massenpunkt drückt drei seriell angeordnete Federn zusammen. Für die effektive Maximalbeschleunigung brauchen wir somit ein Ersatzsytem.

Seriell angeordnete Federn können wie folgt vereinfacht werden:




(auch genannt: harmonisches Mittel)

Eingesetzt in die Gleichung für die maximale Beschleunigung ergibt sich nach Umformung:





Dadurch ergibt sich eine effektive maximale Beschleunigung von




Fazit

Als erste Abschätzung scheint das Modell einen realistischen Wert anzugeben. (Plausibilitätskontrolle)
Für nähere Betrachtungen wäre eine Finite-Elemente-Berechnung natürlich angebracht, da nicht alle vereinfachenden Annahmen realitätsgetreu genug sind. Zudem habe ich hier z.T. mit ungenauen Werten gerechnet.

Eine weitere Eigenschaft für Anprallsituationen ist auch, dass Systeme steifer reagieren als (wie hier) statisch gerechnet.
Erklärbar ist dies, wenn wir uns den Energieübertrag nochmal ansehen. In meinem Modell habe ich die komplette kinetische Energie in die Deformationsenergie überführt. In der Realität geht aber ein beträchtlicher Betrag an Energie verloren: plastische Deformation der Kontaktflächen, Schallerzeugung, Wellenschlag bei Veränderung des Tiefgangs, Luftverwirbelung, etc. Diesen Energieverlust nenne ich U.




Die Auslenkung wird kleiner, die Anprallgeschwindigkeit bleibt aber annähernd gleich...



Es ist somit gezeigt, dass sich die Beschleunigung tatsächlich erhöht, obwohl (oder gerade weil) eigentlich weniger kinetische Energie in die Deformation übertragen wird, während der Anprall an sich gleich stark bleibt.

Hinweis für Intressierte: In der aktuellen Schweizer Baunorm (SIA 262) können bei der Bemessung eines Bauwerkes für die Situation Anprall die Querschnittswiderstände (bzw. der Widerstand des Betonstahls) gegenüber dem statischen Fall um 15% erhöht gerechnet werden. Das ist gleichbedeutend mit einem (für den Stahl) um 15% steiferen Verhalten, was in obiger Rechnung etwa einem Anteil von 25% der kinetischen Energie entspricht, der als Energieverlust (U) verpufft.


So. Ich hoffe, Smarty geholfen zu haben. (Wenn du Fragen hast: einfach hier in den Thread damit.)

Ich möchte nochmals betonen: Die Zahlenbeispiele sind nur Überschlagsrechnungen, keine genauen Daten. Zudem könnte das Modell noch stärker verfeinert werden... dafür habe ich aber nun wirklich keine Lust. ;-)

Wünsche allen noch viel Spass!

greets Gajeryis
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