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Jupp_@
BeitragVerfasst am: 26. Jul 2023 16:19    Titel:

Vielen Dank,

also bleibt es dabei wie schon vor 15 Jahren, Obacht bei Wikipedia.
TomS
BeitragVerfasst am: 26. Jul 2023 14:50    Titel:

Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
Hier mal das Zitat aus Wikipedia zur Quantengravitation:

"Quantum gravity requires a reconciliation of both relativity and quantum physics. It has been suggested that "A classical notion of a causal structure is ... untenable in any framework compatible with the basic principles of quantum mechanics and classical general relativity," along with a Bell-type theorem providing a basis by which this could in principle be experimentally tested.[31] "

Das ist eine sehr spezielle Sichtweise, die keineswegs allgemein akzeptiert ist.

Nun kann man darüber streiten, was genau "A classical notion of a causal structure" bedeutet. Natürlich wird es nicht einfach die bekannte Struktur aus der ART sein. Aber es kann durchaus eine verallgemeinerte mathematische Struktur sein, die tatsächlich strikt ist, d.h. wenn zwischen zwei "Elementen der Theorie" A und B eine mathematische Relation "A geht B kausal voran" besteht, dann bedeutet dies automatisch "B geht A nicht kausal voran".

Insofern ist eine derartige Theorie der Quantengravitation im gewöhnlichen Sinne kausal, auch wenn die mathematischen Objekte völlig neuartig sind und nichts mit der ART zu tun haben.

Es gibt Ansätze, die dies quasi als Startpunkt haben

https://en.wikipedia.org/wiki/Causal_sets
https://en.wikipedia.org/wiki/Causal_dynamical_triangulation
Jupp_@
BeitragVerfasst am: 26. Jul 2023 13:32    Titel:

Dank für die gute Erklärung zu dem Feynmann Diagramm.

Hier mal das Zitat aus Wikipedia zur Quantengravitation:

"Quantum gravity requires a reconciliation of both relativity and quantum physics. It has been suggested that "A classical notion of a causal structure is ... untenable in any framework compatible with the basic principles of quantum mechanics and classical general relativity," along with a Bell-type theorem providing a basis by which this could in principle be experimentally tested.[31] "
TomS
BeitragVerfasst am: 26. Jul 2023 12:44    Titel:

Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
1. Bewegt sich das Elektron im Feynmann Diagramm wirklich mit der Zeit rückwärts?

Nein.

Elektronen und Positronen bewegen sich vorwärts in der Zeit.

Diese internen Linie (Propagatoren, "virtuelle Teilchen") sind mathematisch Ausdrücke bzw. Rechenregeln, die ohnehin nur in einer bestimmten Näherung gültig sind, nicht mal ansatzweise dem entsprechen, was man in der Quantenfeldtheorie als "Teilchen bezeichnen" würde usw.


In einen Behälter fließt sowohl Wasser zu, als auch Wasser ab. Die Menge (Masse) des Wassers bezeichne ich mit M, den Zu- bzw. Abfluss pro Zeit mit mu.

Dann erhalte ich für einen infinitesimal kurzen Zeitabschnitt mittels Taylor-Entwicklung bis zur ersten Ordnung



Zu- und Abfluss seien bekannt; für den Abfluss setze ich explizit ein Minuszeichen an:



Einsetzen liefert



Damit folgt



Jetzt fließt das Wasser in beiden in Fällen in den Behälter hinein, einmal jedoch rückwärts in der Zeit.

Rock


Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
2. Dort stand zur Quantengravitation, dass eine Kausalstruktur in jedem Fall unvereinbar für eine zukünftige Quantengravitationstheorie ist.

Was genau stand da? Kannst du das zitieren?

Das ist zumindest für einige Fälle zur Quantengravitation schlicht falsch, und für andere evtl. missverständlich formuliert.
Jupp_@
BeitragVerfasst am: 26. Jul 2023 12:32    Titel:

Vielen Dank für die Links, dort werde ich mal in Ruhe lesen.

Auf der englischen Wikipedia Seite (wikipedia.org/wiki/Retrocausality) habe ich auch mal bezüglich Retrokausalität gelesen (wie gesagt, ich bin kein Fan davon). Nun sind mir noch zwei Fragen dazu eingefallen:

1. Bewegt sich das Elektron im Feynmann Diagramm wirklich mit der Zeit rückwärts?


2. Dort stand zur Quantengravitation, dass eine Kausalstruktur in jedem Fall unvereinbar für eine zukünftige Quantengravitationstheorie ist. Impliziert das nun, dass die zukünftigen Modelle für Quantengravitation alle retrokausal sind oder kann man dies zum aktuellen Zeitpunkt noch überhaupt nicht sagen?

Ansonsten erstmal vielen Dank an TomS, dass er meine Fragen beantwortet hat.
TomS
BeitragVerfasst am: 26. Jul 2023 11:55    Titel:

Ich habe mich nie besonders für diese Ideen erwärmen können, weil ich der Meinung bin, dass man deutlich weniger bizarre Ideen noch keineswegs erschöpfend untersucht hat.

Hier zwei Links:

https://plato.stanford.edu/entries/qm-retrocausality/
https://en.wikipedia.org/wiki/Wheeler%E2%80%93Feynman_absorber_theory
Jupp_@
BeitragVerfasst am: 26. Jul 2023 11:08    Titel:

Weiß hier jemand zufällig, wie es sich mit der mikroskopischen Vergangenheit in den retrokausalen Qm Interpretationen verhält? Wird dann auch die klassische Welt retrokausal beschrieben? Das wäre ja eigentlich komplett im Widerspruch zur klassischen Physik.
TomS
BeitragVerfasst am: 26. Jul 2023 09:19    Titel:

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
Zur Teilchenvorstellung: ich sehe es auch nicht so problematisch, den naiven Teilchenbegriff aufzugeben.

Nun, daraus resultiert das Problem der Lokalisierung: wie entstehen aus delokalisierten "wellenartigen" Zuständen, die wir zur Berechnung nutzen müssen, strikt eindeutig lokalisierte "teilchenartige Detektorereignisse", so wie wir sie beobachten.

Es ist das heute schwerste Landtier, hat graue Haut, Stoßzähne, einen Rüssel und trompetet manchmal herum.

Man darf es aber nicht einen Elefanten nennen.

Weil es kein Elefant ist.

Niemand hat je ein tatsächlich lokalisiertes Teilchen an sich gemessen oder gesehen, immer nur ein lokalisiertes Detektorereignis als kollektives Phänomen vieler Detektorfreiheitsgrade (getriggert durch etwas, was wir als Teilchen bezeichnen). Ein isoliertes Teilchen ist eine Idealisierung. Auch die quantenfeldtheoretische Beschreibung eines (beispielsweise) Photons ist eine mathematische Idealisierung.

Ein Großteil der Schwierigkeiten der Interpretationen der Quantenmechanik gehen darauf zurück, dass insbs. im Zuge des Messprozesses über Teilchen geredet wird, also ob es da wirklich so etwas wie klassische Teilchen gäbe; das ist Quatsch. Auch der Begriff "Welle-Teilchen-Dualismus" ist Quatsch, weil es einfach falsch ist, dass "das Quantenobjekt im Zuge der Messung als Teilchen erscheint"; nee, tut es eben nicht.

Der zerstörte Porzellanladen ist kein Elefant.
Sonnenwind
BeitragVerfasst am: 26. Jul 2023 08:40    Titel:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
Zur Teilchenvorstellung: ich sehe es auch nicht so problematisch, den naiven Teilchenbegriff aufzugeben.

Nun, daraus resultiert das Problem der Lokalisierung: wie entstehen aus delokalisierten "wellenartigen" Zuständen, die wir zur Berechnung nutzen müssen, strikt eindeutig lokalisierte "teilchenartige Detektorereignisse", so wie wir sie beobachten.

Es ist das heute schwerste Landtier, hat graue Haut, Stoßzähne, einen Rüssel und trompetet manchmal herum.

Man darf es aber nicht einen Elefanten nennen.
Jupp_@
BeitragVerfasst am: 26. Jul 2023 08:21    Titel:

Wie gehen dann die Interpretationen, die retrokausal sind, mit der mikroskopisch, klassisch beschreibbaren Vergangenheit um? Wird die auch verändert?
TomS
BeitragVerfasst am: 26. Jul 2023 07:51    Titel:

Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
Dann sind so manche Erklärungen, dass bestimmte Experimente der Qm "Retrokausalität" begründen würden (Delayted Choice etc) eigentlich auch nicht haltbar, oder?

Es gibt Interpretationen, die Retrokausalität beinhalten.

M.M.n. ist das Problem jedoch nicht die Retrokausalität, sondern zunächst eine unpassende Interpretation der Quantenmechanik (meist irgendwie doch mittels eines naiven Teilchenbildes), die einen zu derartigen Kunstgriffen zwingt.

Ich wüsste nicht, dass MWI oder CHI Retrokausalität benötigen.

Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
Zur Teilchenvorstellung: ich sehe es auch nicht so problematisch, den naiven Teilchenbegriff aufzugeben.

Nun, daraus resultiert das Problem der Lokalisierung: wie entstehen aus delokalisierten "wellenartigen" Zuständen, die wir zur Berechnung nutzen müssen, strikt eindeutig lokalisierte "teilchenartige Detektorereignisse", so wie wir sie beobachten.

Diese Frage ist offen (insofern man nicht mit der MWI glücklich ist).
Jupp_@
BeitragVerfasst am: 26. Jul 2023 07:24    Titel:

Dann sind so manche Erklärungen, dass bestimmte Experimente der Qm "Retrokausalität" begründen würden (Delayted Choice etc) eigentlich auch nicht haltbar, oder? Dort werden dann die Zustände dann ja auch einfach nur "festgelegt ", verändert wird an der Vergangenheit nichts.

Ansonsten wären mir eh keine physikalischen Theorien bekannt, die was an der Vergangenheit ändern (fände ich auch wirklich widersprüchlich, wenn es so wäre).

Zur Teilchenvorstellung: ich seh es auch nicht so problematisch, den naiven Teilchenbegriff aufzugeben.
Jupp_@
BeitragVerfasst am: 26. Jul 2023 07:05    Titel:

Alles klar, danke.
TomS
BeitragVerfasst am: 25. Jul 2023 22:24    Titel:

Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
Um dann auf mein Problem zu kommen (angeblich unbestimmte Vergangenheit bei der CHI), würde ich nun sagen, dass die CHI eigentlich keine Aussage darüber macht, weil sie ja gar nicht sagt, was real passiert ist.

So sehe ich das auch.

(Ohne die Originalarbeiten der Kritiker gelesen zu haben)

Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
Zu der Option c). Wenn ich alles streng instrumentalistisch sehe, kann ich darüber zumindest gar nichts sagen, da ich ja nur Messergebnisse berechne, die ich später beobachte. Somit kann ich auf dieser minimalistischen Ebene allenfalls die Diskussion darüber vermeiden.

Ja.

Wobei ich das insgs. unkritisch sehe. Das Problem, "ob das Teilchen durch diesen oder jenen oder beide Spalten geht" ist nur deswegen ein Problem, weil man über ein "Teilchen" redet. Wenn man dieses Bild aufgibt, löst sich dieses Problem in nichts auf.

Es bleibt ein anderes Problem, nämlich die Lokalisierung ausgedehnter Zustände in "teilchenartigen Detektorereignissen". Das ist ein echtes Problem.
Jupp_@
BeitragVerfasst am: 25. Jul 2023 19:14    Titel:

Der Phasenraum in der klassischen Mechanik ist mir durchaus bekannt, deine Ausführungen klingen verständlich.

Stimmt das, was ich zuvor geschrieben habe, trotzdem?
TomS
BeitragVerfasst am: 25. Jul 2023 18:03    Titel:

Nochmal vorab:


In der klassischen Mechanik für ein Punktteilchen verwendet man den sogenannte Phasenraum, der von den Ortskoordinaten x und den Impulskoordinaten p aufgespannt wird. Wir betrachten eine Fragestellung wie

"hat ein Teilchen eine bestimmte Energie E?"

Für den harmonischen Oszillator ist die Energie E gegeben durch



Für festes E wird dadurch eine Ellipse in x,p im Phasenraum festgelegt.

Liegt der Zustand des Teilchens auf dieser Ellipse, so lautet die Antwort auf diese Frage "ja", andernfalls "nein".

(das Teilchen durchläuft bei einer Oszillationsbewegung genau eine derartige Ellipse mit fester Energie)


In der Quantenmechanik verwendet man den sogenannte Hilbertraum, der von abstrakten Basisvektoren aufgespannt wird und normalerweise unendlich-dimensional ist. Die Zustandsvektoren im Hilbertraum sind üblicherweise normiert; man sich den Hilbertraum in einfachen Fällen als Oberfläche der endlich-dimensionalen Einheitskugel vorstellen.

Wir betrachten wieder die Fragestellung wie

"hat das System eine bestimmte Energie E?"

Für den quantenmechanischen harmonischen Oszillator ist liefert der sogenannte Hamiltonoperator



Eigenzustände = ausgezeichnete Basisvektoren; diese repräsentieren spezielle physikalische Zustände mit fester Energie; in Ket-Schreibweise



mit n=0,1...

(ist das System in einem Eigenzustand, so weist sein Zustandsvektor auf einen immer festen Punkt auf der Kugeloberfläche)

Anstatt nun zu prüfen, wo ein klassisches Teilchen im Phasenraum sitzt (auf der Energie-Ellipse oder nicht), prüfen wir, welchen Zustand das Teilchen hat. Dazu bilden wir das Skalarprodukt aus dem fraglichen Basisvektor zu fester Energie und dem tatsächlichen Zustand (außerdem müssen wir das Absolutquadrat bilden).

Formal schreiben die Physiker dies als





Die erste Gleichung ist einfach dieses Skalarprodukt, und das entspricht in der linearen Algebra / Vektorechnung einfach der Koordinate von psi bzgl. des Basisvektors n.

Sind der Zustandsvektor psi und der Basisvektor n parallel, so liefert die zweite Gleichung "eins", und die Antwort auf die Frage lautet "ja";
sind der Zustandsvektor und der Basisvektor n orthogonal, so liefert die zweite Gleichung "null", und die Antwort auf die Frage lautet "nein".

Nun denn; der Zustand als Linearkombination der ersten beiden Eigenzustände n=0 und n=1





liefert für n=0,1...



mit



auf die Fragen

"hat das System die bestimmte Energie des n-ten Zustandes?"

für die Werte n = 0, 1, 2 ...

die Antworten "*", "*", "nein", ...

Die Antworten "*" entsprechen der Tatsache, dass der Zustand eine nicht-verschwindende Komponenten mit der jeweiligen Energie hat, jedoch auch andere. D.h., er hat keine feste Energie.

Die Frage ist ungeschickt gestellt, üblicherweise würde man in der Quantenmechanik eher fragen

"mit welcher Wahrscheinlichkeit liegt in diesem Zustand psi die Energie des 0-ten Zustandes vor?"

Die Antwort lautet




Zurück zur klassischen Mechanik und der Ellipse im Phasenraum. Auch hier könnte man eine derartige Frage stellen, d.h.

"mit welcher Wahrscheinlichkeit hat das Teilchen eine bestimmte Energie E?"

Betrachtet man die Ellipse, so existieren im Gegensatz zur Quantenmechanik nur genau zwei Antwortmöglichkeiten: "null" oder "eins".
Jupp_@
BeitragVerfasst am: 25. Jul 2023 13:40    Titel:

Danke für deine Antwort.

Um dann auf mein Problem zu kommen ( angeblich unbestimmte Vergangenheit bei der CHI), würde ich nun sagen, dass die CHI eigentlich keine Aussage darüber macht, weil sie ja gar nicht sagt, was real passiert ist. Oder?

Zu der Option c). Wenn ich alles streng instrumentalistisch sehe, kann ich darüber zumindest gar nichts sagen, da ich ja nur Messergebnisse berechne, die ich später beobachte. Somit kann ich auf dieser minimalistischen Ebene allenfalls die Diskussion darüber vermeiden.
TomS
BeitragVerfasst am: 25. Jul 2023 12:49    Titel:

Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
Das heißt dann aber im Umkehrschluss, dass ich nach einer Messung weiß, was in diesem speziellen Fall passiert ist?

Nein, das heißt es nicht.

Zunächst musst du dich davon verabschieden, dass die Messung irgendetwas Spezielles ist. Das wurde von Bohr eingeführt, weil er meinte, behaupten zu müssen, Messungen könnten nicht quantenmechanisch verstanden werden. Das glaubt heute eigentlich keiner mehr (schau dir die Newtonsche Axiome; da steht such nicht plötzlich speziell "Kutsche" drin).

Dann heißt es bewusst Consistent Histories, nicht Unique Histories. Im Zuge einer Messung stelle ich die Frage nach der Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen hier zu detektieren; oder ich stelle die weitere Frage, es später dort zu detektieren. Beides kann aber durchaus verträglich damit sein, dass es vorher
a) durch den ersten und nicht durch den zweiten
b) durch den zweiten und nicht durch den ersten
c) durch beide
Spalten gegangen ist (streng genommen stellen wir die Frage an die Wellenfunktion bzw. den Zustandsvektor, nicht an ein Teilchen). Wenn ich jedoch zuvor eine Messung an dem Spalten vornehme, dann ändere ich die Historie, darf zwar die selben Fragen stellen, erhalte jedoch andere Antworten.

Die CHI dreht sich überhaupt nicht darum, herauszufinden, was real passiert oder passiert ist, sie dreht sich darum, einen vollständig konsistenten und allgemeingültigen wahrscheinlichkeitstheoretischen Mechanismus zu entwickeln, für den bestimmte Fragen zulässig und andere unzulässig sind, und innerhalb dessen Messungen einen Spezialfall darstellen.

Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
… und wenn ich zb mit dem Auto an ein bestimmtes Ziel fahre, gibt es in der Regel dafür auch mehrere Wege. Gefahren bin ich trotzdem nur einen.

In der CHI beschreibt der Zustand aber immer nur Wahrscheinlichkeiten.

Es kann natürlich sein, dass ein Detektorsignal zulässt, dass alle drei (a - c) möglich waren, jedoch ein weiteres (d) sicher ausgeschlossen werden kann. Aber dass du eine klassisch unliebsame Option (c) immer los wirst, gilt in keiner Interpretation.
Jupp_@
BeitragVerfasst am: 25. Jul 2023 10:49    Titel:

Das heißt dann aber im Umkehrschluss, dass ich nach einer Messung weiß, was in diesem speziellen Fall passiert ist?

Vielleicht habe ich ja völlig falsche Vorstellungen. Aber wie gesagt, wenn ich das auch meine makroskopische Realität übertrage, bekomme ich schon Kopfschmerzen (Zumal diese ja klassisch deterministisch beschreibbar ist; und wenn ich zb mit dem Auto an ein bestimmtes Ziel fahre, gibt es in der Regel dafür auch mehrere Wege. Gefahren bin ich trotzdem nur einen. Also wäre es sinnfrei, die Wahrscheinlichkeitfür die anderenanzugeben. Wahrscheinlich verstehe ich aber einfach nur etwas falsch.)
TomS
BeitragVerfasst am: 25. Jul 2023 09:46    Titel:

Der Artikel ist in Teilen recht gut, an anderen Stellen schlecht. Das auseinander zu halten ist schwierig.

Evtl. schaue ich mir mal die Originalpublikationen an.

Generell: Die CHI sagt nie, was real passiert, sie gibt für alles nur Wahrscheinlichkeiten an; Messungen sind dabei nur ein Spezialfall. Insofern sehe ich erst mal kein Problem darin, auch für die Wahrscheinlichkeiten anzusetzen. Wenn man beim Galtonbrett mit einem Startpunkt für eine Kugel ein Ergebnis hat, kann man diesem Ergebnis auch mehrere Geschichten zuweisen.
Jupp_@
BeitragVerfasst am: 25. Jul 2023 08:16    Titel:

Hier ist ein Link dazu: wissenschaft.de/astronomie-physik/drei-klettersteige-zum-quanten-olymp/

Dort geht es um mehrere Interpretationen, ab der Hälfte dann ca um die CHI (habe das www entfernt, da ich keinen link senden darf als Gast).
TomS
BeitragVerfasst am: 25. Jul 2023 07:44    Titel:

Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
Konntest du noch neue Erkenntnisse zur CHI gewinnen?

Nur, was ich bisher geschrieben habe.

Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass mein Englisch zu schlecht ist, um den Artikel gut verstehen zu können.

Dann nutze doch mal google, deepl oder OpenAI für eine Übersetzung. Man lernt das recht schnell.

Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
Waren die Sorgen bezüglich der Vergangenheit unbegründet?

Ich sehe da kein Problem. Evtl. hast du ja einen Link zu der fraglichen Aussage.
Jupp_@
BeitragVerfasst am: 25. Jul 2023 07:30    Titel:

Konntest du noch neue Erkenntnisse zur CHI gewinnen? Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass mein Englisch zu schlecht ist, um den Artikel gut verstehen zu können. Waren die Sorgen bezüglich der Vergangenheit unbegründet?
TomS
BeitragVerfasst am: 24. Jul 2023 20:47    Titel:

Ich habe jetzt mal begonnen, diesen Artikel https://plato.stanford.edu/entries/qm-consistent-histories/ zu lesen.

Zunächst mal ist wichtig, dass die CHI immer fundamental stochastisch ist.

Zum zweiten wird sehr klar der formale Unterschied zwischen klassischen und quantenmechanischen Eigenschaften herausgestellt.
Jupp_@
BeitragVerfasst am: 24. Jul 2023 17:04    Titel:

Alles klar,

falls du etwas genaueres weißt, würde es mich interessieren. Ich hatte nur mal ein Auszug von Maudlin darüber gelesen, dort äußerte er sich in diese Richtung.
TomS
BeitragVerfasst am: 24. Jul 2023 15:46    Titel:

Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
Kannst du vielleicht die Consistent Histories nochmal erläutern?

Muss ich mir selbst nochmal detaillierter anschauen, aber dass
Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
… behauptet wird, dass die Vergangenheit unbestimmt ist …

und dass
Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
… wenn ich Handlungen, die ich in der Vergangenheit getan habe, nun auf einmal doch nicht getan habe …

sagt sie m.E. nicht.
TomS
BeitragVerfasst am: 24. Jul 2023 14:50    Titel:

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
Im Falle der Quantenmechanik führt bereits die Annahme der Lokalisierung – oder anderer klassischer Eigenschaften, siehe Bell, Kochen-Specker u.a. – zu explizit falschen Vorhersagen.

Vielleicht ist ein Kollaps auf eine Delta-Funktion auch etwas zu hart für eine Nebelkammer.

Sicher.

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Was schmerzlich fehlt ist eine ordentliche dissipative Schrödingergleichung … Wenn ich mal viel Zeit habe kann ich das vorführen.

Gerne.

Aber grundsätzlich: erstens gibt es diverse Ansätze zur Modifizierung der Schrödingergleichung; aber zweitens muss man sich immer überlegen, wie man die Unitarität rettet – bzw. wenn nicht, was das bedeutet.
Sonnenwind
BeitragVerfasst am: 24. Jul 2023 13:55    Titel:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Im Falle der Quantenmechanik führt bereits die Annahme der Lokalisierung – oder anderer klassischer Eigenschaften, siehe Bell, Kochen-Specker u.a. – zu explizit falschen Vorhersagen.

Vielleicht ist ein Kollaps auf eine Delta-Funktion auch etwas zu hart für eine Nebelkammer. Was schmerzlich fehlt ist eine ordentliche dissipative Schrödingergleichung. Ich habe selbst eine hergeleitet, indem ich quasi das Pferd von hinten her aufgezäumt habe. Aus gedämpften ebenen Wellen bei räumlich konstanter viskoser Dämpfung kann man eine DGL aufstellen und sie ist im Wesentlichen die Schrödingergleichung mit einem Zusatzterm proportional der Dämpfung und der ersten Raumableitung der psi-Funktion. Sieht ein bisschen so aus wie die Einkopplung des Vektorpotentials in die Schrödingergleichung bzw. Pauli-Gleichung.

Wenn ich mal viel Zeit habe kann ich das vorführen.
Jupp_@
BeitragVerfasst am: 24. Jul 2023 13:51    Titel:

Hallo TomS,

Kannst du vielleicht die Consistent Histories nochmal erläutern? Wieso wird zb bei dieser Interpretation behauptet, dass die Vergangenheit unbestimmt ist, und wie kann das überhaupt mit unserer Alltagserfahrung in Einklang gebracht werden (wäre doch unsinnig wenn ich Handlungen, die ich in der Vergangenheit getan habe, nun auf einmal doch nicht getan habe). Oder verstehe ich etwas falsch ?
TomS
BeitragVerfasst am: 24. Jul 2023 11:43    Titel:

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Vielmehr dachte ich, dass Kollapsmodelle beschreiben, wie der von Kollapsinterpretationen postulierte Kollaps denn aussehen soll.

Nein.

Kollapsinterpretationen verwenden die Schrödingergleichung und postulieren zusätzlich einen Kollaps (der der Schrödingergleichung mathematisch widerspricht). Kollapsmodelle modifizieren die Schrödingergleichung, so dass mathematisch ein Kollaps resultiert.

Aruna hat Folgendes geschrieben:
… wenn der Kollaps anhand von existierenden Modellen beschreibbar wäre, könnte man doch auf das Axiom, dass den Kollaps postuliert verzichten, bzw. es wäre keines mehr, weil es sich aus der Theorie ergibt.

Wie gesagt, die Modelle modifizieren die Schrödingergleichung; aber ja, unter dieser Annahme ist kein weiteres Kollapspostulat mehr notwendig.

Und nein, nach allgemeinem Verständnis kann der Kollaps nicht aus der Theorie folgen. Die einzige mir bekannte abweichende Meinung ist eben die Thermal Interpretation sowie einige Arbeiten, auf denen diese aufbaut.


Aruna hat Folgendes geschrieben:
Daraus folgere ich, dass die Standardinterpretation, die ja eine Kollapsinterpretation ist, ohne dieses Schlüsselelement durchaus mit Dekohärenz vereinbar wäre, solange die nicht etwas postuliert, das dem Ansatz der Dekohärenz widerspricht.

M.W.n. war dies gerade der Antrieb für die Consistent Histories, also eine verbesserte Standardinterpretation.

Das Problem mit Standardinterpretation und Dekohärenz ist etwas subtil.

Zunächst postuliert von Neumann den Kollaps in einen Zustand mit eindeutigem Eigenwert der gemessenen Observablen plus eindeutigem makroskopischen Zeigerzustand. Das ist – siehe oben – ohnehin problematisch. Dann verwendet von Neumann den Zeigerzustand wie einen Einteilchen-Zustand, jedoch wissen wir von der Dekohärenz, dass es ein komplizierter Vielteilchen-Zustand ist, und dass der wesentliche Effekt von den Umgebungsfreiheitsgraden stammt.

Nimmt man das ernst, fällt nicht nur das Kollapspostulat, sondern auch das Postulat, dass Messwert = Eigenwert ist. Die Dekohärenz besagt, dass für bestimmte makroskopische Systeme – die wir Messgeräte nennen dürfen – eine geeignete Verschränkung zwischen Freiheitsgraden des Messgerätes und Freiheitsgraden des (zu messenden) Subsystems resultiert; das ist ein emergenter Effekt. Anders gesagt: eine Messung bzw. ein Messgerät ist dahingehend ein Spezialfall, dass sie makroskopische, zeitlich stabile Strukturen herstellen, bei denen eine Korrelation zwischen den makroskopischen und gewissen mikroskopischen "Eigenschaften" vorliegt (ein Stuhl ist ein stabiles makroskopisches Quantensystem, auf dem man sitzen kann).

Es bleibt also für die Messung wenig übrig, was noch zu postulieren wäre.


Aruna hat Folgendes geschrieben:
Dekohärenz berücksichtigen und erklären, wie es zu einem einzelnen Messergebnis kommt, ohne die Schrödingergleichung zu modifizieren?

Dekohärenz erklärt, wie die Zustände aussehen, die als Ergebnis der Messung resultieren.

Dekohärenz erklärt, dass und warum bestimmte ausgezeichnete Zustände resultieren. Betrachten wir ein Spinsystem, das ich in den Basen {up,down}, {left,right} oder anderen rotierten Basen beschreiben kann. Wieso resultiert immer ein Messergebnis in einer bestimmten Zeigerbasis, z.B. {UP, DOWN}? Weil bestimmte Konstruktionen zu genau einer Basis führen, die stabil unter Dekohärenz ist.

Dekohärenz erklärt nicht, dass genau ein Messergebnis der vielen möglichen resultiert, und damit natürlich auch nicht, welches.

Betrachten wir einen Detektor mit Detektorelementen n, wobei wir das Subsystem des Detektors ohne Umgebungsfreiheitsgrade mittels einer reduzierten Dichtematrix beschreiben. Dann resultiert aus der Messung exakt eines Teilchens im idealisierten Einteilchen-Zustand psi eine reduzierten Dichtematrix



wobei symbolisch



für die reduzierte Dichtematrix eines Detektorelementes mit erfolgter Detektion steht,



für die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Detektorelement anspricht, und

… für Interferenzterme, in denen zwei (oder mehr) Detektorelemente das Teilchen messen – was natürlich aufgrund der Dekohärenz praktisch Null ist.

Außerdem sind die "Zweige" der reduzierte Dichtematrix in sehr guter Näherung orthogonale Projektoren



(evtl. muss das für POVMs verallgemeinert werden)

Aber was wir jedoch tatsächlich beobachten ist eben soetwas wie



für genau ein Detektorelement. Und das liefert die Dekohärenz nicht.

Dazu benötigt man
- doch wieder eine Art Kollaps
- oder die Consistent Histories
- oder die vielen Welten, d.h. eine je Detektorelement
- oder die TI mit dem Versprechen, diese Eindeutigkeit erklären zu können.
TomS
BeitragVerfasst am: 24. Jul 2023 10:59    Titel:

Ohne irgendeine Form des quantenmechanischen Kollaps, weil dazu weder die Notwendigkeit noch die Möglichkeit der mathematischen Formulierung existiert. In deinem Fall liegen schlicht nur Teilchen vor, also was sollte da wie und warum kollabieren?


1) Der Kollaps resultiert – vereinfacht gesprochen nach von Neumann – daher, dass die Mathematik der Quantenmechanik, d.h. konkret die unitäre Zeitentwicklung, einen Zustand



liefert, man jedoch zu einer Observablen A zugehörige Messwerte = Eigenwerte a misst, und meint, im Zuge einer ersten Messung eines speziellen Wertes und anschließend wiederholter Messungen die Reduktion



ansetzen zu müssen.

Wie gesagt, dies wird aus vielen Gründen kritisch gesehen.


2) Es bleibt jedoch die Notwendigkeit, zu erklären, wie und warum innerhalb eines Systems mit präparierten Subsystemen "Teilchen" und "Messgeräten" immer lokalisierte, "teilchenartige Detektorereignisse" resultieren, obwohl wir nach allgemeinem Verständnis delokalisierte Zustände präparieren.


Wie gesagt, (1) ist für ein Photon unzutreffend, da
i. bei der Detektion eines Photons die sogenannte Observable A nicht als Ortsoperator angesetzt werden kann, da dieser mathematisch nicht existiert
ii. es experimentell nicht zutreffend ist, dass der Ort des Photons gemessen wird; gemessen wird z.B. der Ort einer Schwärzung auf einer Photoplatte
iii. das Photon sich nach der Messung nicht in einem Ortseigenzustand befinden kann – zum einen wg. (i, ii), zum anderen weil es nicht mehr existiert.

Diese übliche Erzählung (1) zum Messprozess ist bei genauerem Hinsehen völliger Humbug!!

Räumt man damit auf, so bleibt dennoch (2), z.B. im einfachen Fall eines einzelnen Photons, das durch einen Strahlteiler auf zwei räumlich getrennte Lichtwege geschickt wird – also delokalisiert ist – jedoch nach Zusammenführen der Lichtwege durch Spiegel sowie ggf. Interferenz an genau einem von zwei wiederum räumlich getrennten Detektoren lokalisiert detektiert wird. Die Dekohärenz liefert in einfachen Modellen einen mathematischen Ausdruck, den man als "Detektorereignis bei A" oder "Detektorereignisse bei B" interpretieren kann, während man im realen Experiment eben z.B. "Detektorereignisse bei B" beobachtet. Eine Lokalisierung des Photons bereits unterwegs kann bekanntermaßen experimentell ausgeschlossen werden, wenn man außerdem Interferenzeffekte betrachtet.

Jenseits der ganzen unzureichenden Darstellung nach Kopenhagen und von Neumann bleibt diese Problem ungelöst.


Im Falle der Quantenmechanik führt bereits die Annahme der Lokalisierung – oder anderer klassischer Eigenschaften, siehe Bell, Kochen-Specker u.a. – zu explizit falschen Vorhersagen. In deinem Fall darf ich jedoch ohne Probleme annehmen, dass die Teilchen immer lokalisiert sind, ich lediglich nicht weiß, wo.
Sonnenwind
BeitragVerfasst am: 24. Jul 2023 10:13    Titel:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Also ist logisch hergeleitet, dass die subjektive Interpretation die richtige ist, da sie klassisch wie quantenmechanisch funktioniert.

Nein, es ist logisch lediglich hergeleitet, dass eine subjektive Interpretation möglich ist, nicht jedoch, dass sie die alleinig mögliche ist.

Nehmen wir eine hypothetische Mechanik, die ich "fast-klassische-Mechanik" nennen möchte. In ihr bewegen sich die Teilchen hauptsächlich klassisch, bekommen aber zusätzlich Poisson-verteilte Stöße aus einer zufälligen Richtung, deren Ursache völlig unbekannt ist. Dann könnten wir trotzdem eine Wahrscheinlichkeitsverteilung angeben. Wir hätten aber eine lineare Wahrscheinlichkeitsüberlagerung ohne das Interferenz-Gedöns.

Wie würde man in diesem Modell den Übergang des Potenziellen in das Faktische mathematisch modellieren? Mit oder ohne Kollaps?
TomS
BeitragVerfasst am: 23. Jul 2023 21:03    Titel:

In der Quantenfeldtheorie existiert für masselose Teilchen kein Ortsoperator (für massebehaftete funktioniert dies angeblich auch in der QFT).

Dann gibt es zu den von Neumannschen projektiven Messungen die verallgemeinerten unscharfen Messungen, bei denen POVMs tatsächlich keine selbstadjungierten Operatoren liefern (da bin ich kein Experte).

Ein weiteres Problem ist das Mott-Problem für die sukzessiven Ortsmessungen in der Nebelkammer. Wendet man das Projektionspostulat an, so resultiert aus der ersten Ortsmessung ein im Impulsraum isotroper Zustand, aus dem keine gerichtete Spur folgen kann. Mott löste dies ohne jegliche Annahme eines Messprozesses (ich vermute, man kann dies mittels POVMs beschreiben).

Die Probleme sind noch etwas anders gelagert. Zum Beispiel ist die Aussage, das System befinde sich nach der Messung einer Observablen A mit Eigenwert a im entsprechenden Eigenzustand, in einigen Fällen offensichtlich falsch (siehe Mott). Misst man an einem Zustand eines Photons dessen Energie, sie wird das Photon absorbiert und seine Energie irgendwie auf die Freiheitsgrade des Detektors übertragen, d.h. nach der Messung existiert kein Photon mehr, das sich in irgendeinem Energie-Eigenzustand befinden könnte.
Janos
BeitragVerfasst am: 23. Jul 2023 19:49    Titel:

TomS hat Folgendes geschrieben:

Weil [...] die Gleichsetzung von Eigen- und Messwerten in diversen Fällen zu explizit falschen Resultaten führt – auch wenn sich das immer noch nicht überall herumgesprochen hat.


Kannst du einen oder mehrere der Fälle angeben, in denen die Messung einer Observablen, der ein selbstadjungierter Operator zugeordnet ist, zu Messwerten führt, die keine verallgemeinerten Eigenwerte sind?
TomS
BeitragVerfasst am: 23. Jul 2023 18:16    Titel:

Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich den instrumentalistischen Zugang zur Physik nehme, kann mir dann die Interpretation nicht fast egal sein? Dann habe ich doch schlichtweg einen Mechanismus, mit dem ich Messergebnisse berechnen kann.

Ja.

Wenn man bestimmte (ontische) Fragen nicht stellt, kommt man mit einer minimalistischen Interpretation zu Messergebnissen und Wahrscheinlichkeiten gut klar.

Jupp_@ hat Folgendes geschrieben:
Ob Kollaps oder kein Kollaps - wäre dann ja egal, weil mir mein Werkzeug ja eh nichts zur Ontologie liefert.

Nein.

Weil zumindest der naive Kollaps d.h. das von Neumannsche Projektionspostulat sowie die Gleichsetzung von Eigen- und Messwerten in diversen Fällen zu explizit falschen Resultaten führt – auch wenn sich das immer noch nicht überall herumgesprochen hat.
TomS
BeitragVerfasst am: 23. Jul 2023 18:01    Titel:

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Ich verstehe nicht, warum man so ablehnend gegen meine Idee ist, das mit der klassischen Mechanik zu vergleichen.

Weil das folgende …
Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Wenn wir eine chaotische Strömung haben und die Strömungsgeschwindigkeit messen wollen, dann ist sie solange in einem Nebel, bis sie jemandem bewusst wird. Für jemanden außerhalb des Labors ist sie immernoch im Nebel.

Durch die Bewusstwerdung lichtet sich der Nebel, aber nicht für jeden gleich.

… in der klassischen Mechanik möglich aber nicht zwingend ist. Man kann klassischen Systemen und Subsystemen gewisse Eigenschaften zuschreiben, was bei quantenmechanischen Systemen schlichtweg zum Widerspruch mit dem Experiment führt. D.h. gewisse ontische Behauptungen sind in der klassischen Mechanik zulässig, in der Quantenmechanik sicher falsch.

Es ist aber letztlich völlig irrelevant, was wir uns auf Basis unserer Alltagsbegriffe für die Quantenmechanik vorstellen. Vieles in der Diskussion um die angeblichen Rätsel der Quantenmechanik beruht auf der völlig fehlgeleiteten (positivistischen) Idee, dass sich die Natur nach unseren Kategorien der Wahrnehmung richtet.

https://en.m.wikipedia.org/wiki/Kochen–Specker_theorem

Sonnenwind hat Folgendes geschrieben:
Also ist logisch hergeleitet, dass die subjektive Interpretation die richtige ist, da sie klassisch wie quantenmechanisch funktioniert.

Nein, es ist logisch lediglich hergeleitet, dass eine subjektive Interpretation möglich ist, nicht jedoch, dass sie die alleinig mögliche ist.
Jupp_@
BeitragVerfasst am: 23. Jul 2023 16:57    Titel:

Jetzt nochmal an die Experten: ist die Vergangenheit in der Consistent Histories wirklich so unbestimmt? Wenn ja, wie kann man das dann überhaupt mit seiner eigenen Vergangenheit in Einklang bringen?
Ich finde leider nicht so viele Infos zu der Interpretation.


Jetzt noch eine zweite Frage: Wenn ich den instrumentalistischen Zugang zur Physik nehme, kann mir dann die Interpretation nicht fast egal sein? Dann habe ich doch schlichtweg einen Mechanismus, mit dem ich Messergebnisse berechnen kann. Ob Kollaps oder kein Kollaps - wäre dann ja egal, weil mir mein Werkzeug ja eh nichts zur Ontologie liefert.
Sonnenwind
BeitragVerfasst am: 23. Jul 2023 13:28    Titel:

Ich verstehe nicht, warum man so ablehnend gegen meine Idee ist, das mit der klassischen Mechanik zu vergleichen.

Wenn wir eine chaotische Strömung haben und die Strömungsgeschwindigkeit messen wollen, dann ist sie solange in einem Nebel, bis sie jemandem bewusst wird. Für jemanden außerhalb des Labors ist sie immernoch im Nebel.

Durch die Bewusstwerdung lichtet sich der Nebel, aber nicht für jeden gleich.

Also ist logisch hergeleitet, dass die subjektive Interpretation die richtige ist, da sie klassisch wie quantenmechanisch funktioniert.
Aruna
BeitragVerfasst am: 23. Jul 2023 13:25    Titel:

TomS hat Folgendes geschrieben:
Zunächst: sind wir uns einig, dass Kollapsmodelle eine ggü. der Quantenmechanik modifizierte Dynamik enthalten, die den Kollaps als Ergebnis der normalen Zeitentwicklung beinhaltet, während Kollapsinterpretationen die unitäre Dynamik der Quantenmechanik nicht modifizieren, jedoch einen zusätzlichen Kollaps postulieren?


Ich hatte bisher zwischen beidem nicht dahingehend differenziert, dass ich die als grundsätzlich unterschiedlich oder gegensätzlich betrachtete.
Vielmehr dachte ich, dass Kollapsmodelle beschreiben, wie der von Kollapsinterpretationen postulierte Kollaps denn aussehen soll.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Die offensichtliche Schwäche letzterer ist ja, dass der Kollaps als Bestandteil der Axiome auftritt, jedoch im Licht der Dekohärenz nicht vollständig formuliert werden kann. Von Neumann hat sein Projektionspostulat klar formuliert. Zur Berücksichtigung der Dekohärenz müsste man es modifizieren im Sinne von „im Zuge einer Messung erfolgt ein Kollaps in einen Zustand, der mittels detaillierter Modelle zu berechnen ist“. Was wäre das denn für eine Axiomatik??


Ich kenne mich mit Axiomatik nicht so gut aus, aber,
wenn der Kollaps anhand von existierenden Modellen beschreibbar wäre, könnte man doch auf das Axiom, dass den Kollaps postuliert verzichten, bzw. es wäre keines mehr, weil es sich aus der Theorie ergibt.
Hattest Du nicht in einer anderen Diskussion darauf hingewiesen, dass man die bornsche Regel aus der Theorie herleiten kann und daher nicht postulieren müsse, oder habe ich etwas falsch verstanden?

TomS hat Folgendes geschrieben:

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Es geht IMO um die Modifikation der Kollapsmodelle, so dass die mit der Dekohärenz vereinbar sind. (weiter oben wird dargestellt, wo die Probleme liegen). Wenn diese vereinbar sind, dann ist die Interpretation einer Wechselwirkung als Kollaps in einen einzelnen (quasiklassischen) Zustand eben mit der Dekohärenz vereinbar und die viele-Welten-Interpretation Theorie nicht zwingend.

Inwiefern vereinbar? Epistemisch? Ja, in gewisser Weise, wenn ich ein funktionierendes Kollapsmodell habe, und eine Kollapsinterpretation auf die Dekohärenz anwende.


Ursprünglich ging es um die Frage, warum in Wikipedia steht, dass die Kopenhagener Deutung und das Dekohärenzprogramm unvereinbar seien.
Ich habe den in Wikipeda als Referenz verlinkten Artikel nach den Schlagworten durchsucht, um herauszufinden, wie das gemeint sei und
es stellte sich heraus, dass die Kopenhagener Deutung als Variante der Standardinterpretation angesehen wird, mit dem zusätzlichen Postulat, dass man eine Messung nur mit klassischen Konzepten beschreiben könne:

Zitat:
Bekanntlich postuliert die Standardinterpretation ("orthodoxe" Quantenmechanik), dass jede Messung einen diskontinuierlichen Bruch in der unitären Zeitentwicklung verursacht Entwicklung des Zustands durch den Kollaps der gesamten Wellenfunktion auf einen ihrer Terme in der Zustandsvektor Expansion (eindeutig bestimmt durch die Eigenbasis der gemessenen Observablen), der einen einzelnen Term in der
Überlagerung auswählt, der das Ergebnis darstellt. Die Art
des Kollapses wird überhaupt nicht erklärt, und somit bleibt die Definition der Messung unklar. Makroskopische Überlagerungen sind nicht a priori verboten,
werden aber nie beobachtet, da jede Beobachtung eine messungsähnliche Wechselwirkung nach sich ziehen würde. Im Folgenden werden wir auch eine "Kopenhagener" Variante der Standardinterpretation betrachten, die ein weiteres Schlüsselelement hinzufügt, indem sie postuliert
die Notwendigkeit von klassischen Konzepten zur Beschreibung von
Quantenphänomene, einschließlich Messungen


Daraus folgere ich, dass die Standardinterpretation, die ja eine Kollapsinterpretation ist, ohne dieses Schlüsselelement durchaus mit Dekohärenz vereinbar wäre, solange die nicht etwas postuliert, das dem Ansatz der Dekohärenz widerspricht.

TomS hat Folgendes geschrieben:

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Das sind IMO nur Beispiele für verschiedene Interpretationen und der TE hat ja nach der Vereinbarkeit von Interpretationen mit der Dekohärenz gefragt.
Ich entnehme dem Zitat, dass viele Interpretationen mit der Dekohärenz vereinbar sind, auch solche, von denen ich noch nie gehört habe.

Ich würde mich dennoch auf moderne Interpretationen beschränken, da diese zumindest die Chance hatten, die Dekohärenz zu berücksichtigen.


Dekohärenz berücksichtigen und erklären, wie es zu einem einzelnen Messergebnis kommt, ohne die Schrödingergleichung zu modifizieren?
TomS
BeitragVerfasst am: 23. Jul 2023 11:05    Titel:

Zunächst: sind wir uns einig, dass Kollapsmodelle eine ggü. der Quantenmechanik modifizierte Dynamik enthalten, die den Kollaps als Ergebnis der normalen Zeitentwicklung beinhaltet, während Kollapsinterpretationen die unitäre Dynamik der Quantenmechanik nicht modifizieren, jedoch einen zusätzlichen Kollaps postulieren?

Die offensichtliche Schwäche letzterer ist ja, dass der Kollaps als Bestandteil der Axiome auftritt, jedoch im Licht der Dekohärenz nicht vollständig formuliert werden kann. Von Neumann hat sein Projektionspostulat klar formuliert. Zur Berücksichtigung der Dekohärenz müsste man es modifizieren im Sinne von „im Zuge einer Messung erfolgt ein Kollaps in einen Zustand, der mittels detaillierter Modelle zu berechnen ist“. Was wäre das denn für eine Axiomatik??

Unabhängig davon, dass wir wissen, dass das Projektionspostulat teilweise modifiziert bzw. sogar aufgegeben werden muss.

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Es geht IMO um die Modifikation der Kollapsmodelle, so dass die mit der Dekohärenz vereinbar sind. (weiter oben wird dargestellt, wo die Probleme liegen). Wenn diese vereinbar sind, dann ist die Interpretation einer Wechselwirkung als Kollaps in einen einzelnen (quasiklassischen) Zustand eben mit der Dekohärenz vereinbar und die viele-Welten-Interpretation Theorie nicht zwingend.

Inwiefern vereinbar? Epistemisch? Ja, in gewisser Weise, wenn ich ein funktionierendes Kollapsmodell habe, und eine Kollapsinterpretation auf die Dekohärenz anwende.

Aruna hat Folgendes geschrieben:
Das sind IMO nur Beispiele für verschiedene Interpretationen und der TE hat ja nach der Vereinbarkeit von Interpretationen mit der Dekohärenz gefragt.
Ich entnehme dem Zitat, dass viele Interpretationen mit der Dekohärenz vereinbar sind, auch solche, von denen ich noch nie gehört habe.

Ich würde mich dennoch auf moderne Interpretationen beschränken, da diese zumindest die Chance hatten, die Dekohärenz zu berücksichtigen. Und ich würde Kollapsinterpretationen aus den genannten Gründen ausklammern.

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