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index_razor
BeitragVerfasst am: 15. Jun 2021 13:44    Titel:

Ich sehe keinen prinzipiellen Unterschied in von Neumanns Behandlung des Meßprozesses in zusammengesetzten Systemen. Das letzte Kapitel ist besonders der Frage gewidmet, ob es eine physikalische Rolle spielt, wie groß der Anteil der Meßapparatur ist, den man "kausal", also mittels Schrödingergleichung, modelliert.

Soweit ich verstehe, behauptet von Neumann gezeigt zu haben, daß es physikalisch egal ist, ob man nur das System oder auch die Meßapparatur oder sogar die Physiologie des ablesenden Experimentators in das Modell einbezieht. Er geht aber anscheinend davon aus, daß der Meßprozeß notwendigerweise eine Art akausale Änderung im Zuge der nichtmodellierten Wahrnehmung irgendeines "Beobachters" enthalten muß. Der "beobachtende Teil" darf also folglich nicht mit der Physiologie des Experimentators identifiziert werden. Was aber genau diesen "beobachtenden" Teil ausmacht, wird m.E. nicht besonders deutlich.

Aber da es ohnehin egal ist, an welcher Stelle man diesen Beobachter abgrenzt, sieht er offenbar kein Problem in dieser Annahme. (Ich habe aber zugebenermaßen das ganze Kapitel nur recht oberflächlich gelesen.)
TomS
BeitragVerfasst am: 12. Jun 2021 14:54    Titel:

Erst mal danke!

Ja, folgendes wäre interessant: das Projektionspostulat in einem abgeschlossenen System bestehend aus i) quantenmechanischem Subsystem mit Eigenbasis |x> und Eigenwerten x zu einer zu messenden Observablen X und ii) Messgerät mit zugehörigen Zeigerzuständen Z_x.

Ich kenne das Argument, dass nach unitärer Zeitentwicklung im Zuge der Messung eines Eigenwertes a ein Kollaps der Form



erfolgt.

Wie genau stellt von Neumann dies dar?
index_razor
BeitragVerfasst am: 12. Jun 2021 12:08    Titel:

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich habe das Buch "Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik." Ich kann nochmal schauen, was dort genau über den Meßprozeß behauptet wird, wenn dich das interessiert.

Das wäre sehr nett.


Ich skizziere mal von Neumanns Aussagen, die einen Zusammenhang zur Diskussion haben. Verschiedene Aspekte des Meßprozesses werden über mehrere Kapitel verstreut behandelt. Und ich habe bis jetzt nur einen Teil überflogen.

Seine initiale Motivation für das Projektionspostulat (obwohl er dies, soweit ich sehe, an keiner Stelle exakt so formuliert, wie es heute oft getan wird) ist interessanterweise ein handfestes physikalisches Argument, nämlich die unmittelbare Reproduzierbarkeit von Meßergebnissen. Die Forderung leitet v. Neumann aus einer Analyse von Experimenten zum Compton-Effekt ab und das Argument geht ungefähr so: im Experiment werden Elektron und Photon mit bekannten Anfangswerten für Energie und Impuls gestreut. Nach der Streuung werden, typischerweise mit geringer zeitlicher Verzögerung, die kinematischen Variablen beider auslaufender Teilchen gemessen. Auf Grund der Erhaltungssätze kann dabei die zweite Messung als Wiederholung der ersten aufgefaßt werden, die dasselbe Ergebnis liefert.

Daraus zieht v. Neumann die Erkenntnis, daß, obwohl die Vorhersagen der Meßergebnisse einer Observablen aus einem gegebenen Zustand bei jeder Messung streuen, die Ergebnisse aufeinanderfolgender Messungen derselben Observablen im allgemeinen statistisch korreliert sind. (Seine Behauptung ist sogar stärker, "daß -s Wert wohl bei der ersten Messung streut, aber jede unmittelbar nachfolgende Messung gezwungen ist, ein Resultat zu ergeben, das mit demjenigen der ersten übereinstimmt.") Das Resultat seiner Analyse faßt er dann folgendermaßen zusammen:

Wenn sich also das System zunächst in einem Zustande befindet, in dem der Wert von nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden kann, so wird dieser Zustand durch eine Messung M von [...] in einen anderen Zustand übergeführt: nämlich in einen, in dem der Wert von eindeutig feststeht. Der neue Zustand, in den M das System versetzt, hängt übrigens nicht nur von der Anordnung von M ab, sondern auch vom Meßresultat von M (das im alten Zustande nicht kausal vorausgesagt werden konnte) -- denn der Wert von im neuen Zustande muß ja gerade diesem M-Resultat gleich sein.

Das ist die erste allgemeine Aussage über den Meßprozeß, die ich finden konnte. Sie enthält bereits alle wesentlichen Elemente des Projektionspostulats: 1) die akausale Änderung des Zustands, deren Ergebnis i.a. vom erhaltenen Meßwert abhängt und 2) die Eigenschaft des Endzustands mit Sicherheit den gerade erhaltenen -Wert zu ergeben. Aber es ist noch nicht die komplette Behauptung des Projektionspostulats, da der Endzustand nicht festgelegt, sondern nur allgemein durch Bedingung 2) charakterisiert wird. In den späteren Abschnitten geht es soweit ich sehe dann hauptsächlich um Punkt 1) und die Notwendigkeit eines akausalen Eingriffs in die Zustandsevolution im Zuge einer Messung sowie sein Verhältnis zur Schrödingergleichung. Darauf können wir gern später nochmal zurückkommen.

Im folgenden wird aber zunächst diskutiert, in welchem Maße der Endzustand nach der Messung durch Eigenschaft 2) festgelegt wird. Zuerst wird gezeigt, daß die Beziehung



(nicht v. Neumanns Notation auf der rechten Seite) eine notwendige Bedingung für den Endzustand mit Eigenschaft 2) ist, wobei der gemessene Wert x in I liegt. Die Operatoren



bilden die zum Operator der Observable gehörige Spektralschar. Falls x ein Eigenwert ist, bedeutet dies genau , also ist ein Eigenzustand von zu x. Und im allgemeinen liegt der Zustand unmittelbar nach der Messung im Bild des Projektors .

Das Ergebnis der Analyse v. Neumanns ist folgendes:

A) Wenn ein reines und einfaches Punkspektrum besitzt, kann jeder Meßwert als beliebig genau angesehen und mit einem Eigenwert identifiziert werden. Der Endzustand ist in diesem Fall der zum Meßwert gehörige (eindeutige) Eigenzustand des Operators zum Eigenwert .

B) Wenn das Punktspektrum nicht einfach ist, gilt dasselbe, aber der Endzustand kann in diesem Fall nicht eindeutig aus 2) bestimmt werden. Er ist eine Linearkombination der zu x gehörigen Eigenzustände mit unbekannten Koeffizienten. (So wie das Projektionspostulat üblicherweise aufgefaßt wird, ist es also stärker als v. Neumanns Behauptung an dieser Stelle. Dieser Unterschied spielte in der Diskussion bisher keine Rolle.)

C) Wenn kein reines Punktspektrum vorliegt, gelten die obigen Aussagen für die Eigenwerte. Kontinuierliche Werte können nicht genau gemessen werden. Aber wenn man das Kontinuum in Intervalle von der Größe der Meßgenauigkeit einteilt, dann läßt sich dieser Fall auf A) oder B) zurückführen, indem man stattdessen von der Messung der Größe spricht mit dem reinen Punktspektrum für .

Zusammenfassend gilt also: Nach einer exakten -Messung liegt entweder der eindeutige Eigenzustand des Operators zum erhaltenen Eigenwert vor oder eine Linearkombination von Eigenzuständen desselben Eigenwerts. Eine ungenaue Messung von (z.B. im Fall eines kontinuierlichen Spektrums) entspricht der genauen Messung von wie oben definiert.

Ich habe mich jetzt hauptsächlich auf den Aspekt konzentriert, über den hier m.E. die größte Verwirrung bestand, nämlich den eigentlichen Inhalt des Projektionspostulats. Die folgenden Abschnitte enthalten noch viel mehr über den Meßprozeß insbesondere den Zusammenhang zwischen der kausalen Schrödingergleichung und der akausalen Änderung des Zustands während der Messung. Wenn ich das richtig sehe konzentriert sich v. Neumann dabei aber hauptsächlich auf den Fall "nichtselektiver Messungen", d.h. die Teilensembles, in denen ein bestimmter Meßwert mit Sicherheit vorliegt, werden wieder zu einem Gemisch



zusammengefaßt. Ein wichtiges Resultat dieser Untersuchung scheint zu sein, daß es keine physikalische Rolle spielt, an welcher Stelle genau der "Heisenbergschnitt" vorgenommen wird.

Gibt es irgendwelche Fragen von besonderem Interesse, die wir noch anhand v. Neumanns Text erörten sollen?
index_razor
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 16:33    Titel:

TomS hat Folgendes geschrieben:

Genau.

Das war schon immer mein Einwand, seit ich mich mit der Dekohärenz befasst habe: In komplizierteren Fällen kann man offenbar kein generisches Kollapspostulat formulieren; allerdings liefert die Schrödingergleichung / Dekohärenz exakt die Struktur, auf die man projizieren sollte. Aber wenn man den Weg einmal beschritten hat, stellt man doch fest, dass man überhaupt nicht mehr projizieren muss ;-)


Mit Dekohärenz wird zumindest auch bassiks Einwand hinfällig, daß der gemessene Operator nicht eindeutig ist.
TomS
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 16:32    Titel:

Ich stelle meine o.g. Hypothese in Frage!

Ausgangspunkt ist eine s-Welle.



Bei eine Ortsmessung bei r_0 mit einer gewissen Unschärfe Delta r projiziere ich auf ein entsprechendes Kugelvolumen im Ortsraum:





Innerhalb eines genügend kleinen Kugelvolumens und genügend weit vom Zentrum der s-Welle entfernt unterscheidet sich die Kugelwelle jedoch lokal kaum von einer ebenen Welle.

Aufgrund der Tatsache, dass das Zentrum der s-Welle und das Zentrum der Projektion nicht identisch sind, erhält man nach Projektion eine anistrope Ausbreitung bzgl. des Zentrums der Projektion.
index_razor
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 16:06    Titel:

bassiks hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, wenn die Unsicherheit beträgt, behauptet das Kollapspostulat eine Projektion auf



Das ist in diesem Fall genauso falsch.


Ok. Noch ein Operator ausgeschlossen. War das nun der Operator den (P) verlangt? Wenn ja warum?


Alle beteiligten Operatoren sind immer noch dieselben. (P) verlangt eine Projektion auf den zugehörigen Ortseigenraum, damit eine unmittelbar folgende Ortsmessung mit Sicherheit wieder denselben Meßwert ergibt. (Da der Ort kontinuierlich und seine Messung somit unsicher ist, muß der Wert natürlich nur innerhalb des gegebenen kleinen Intervalls liegen.)
bassiks
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 15:58    Titel:

TomS hat Folgendes geschrieben:

Das war schon immer mein Einwand, seit ich mich mit der Dekohärenz befasst habe: In komplizierteren Fällen kann man offenbar kein generisches Kollapspostulat formulieren; allerdings liefert die Schrödingergleichung / Dekohärenz exakt die Struktur, auf die man projizieren sollte. Aber wenn man den Weg einmal beschritten hat, stellt man doch fest, dass man überhaupt nicht mehr projizieren muss ;-)


Darauf läuft es hinaus ja. Thumbs up!
TomS
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 15:46    Titel:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
"Näherungsweise gerade Bahnen" ist keine Eigenschaft von Zuständen.

Letzteres bestreite ich; "Näherungsweise gerade Bahnen" wäre nach meinem Verständnis exakt das Ergebnis von Mott.

Das ist keine Eigenschaft des Zustands, sondern folgt nur aus der kompletten Zeitentwicklung dieses Zustands.

So habe ich das gemeint.

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Da aus einer exakt scharfen Ortsmessung je Einzelmessung (Ionisation) mittels Projektion auf einen exakten Ortseigenzustand eine auslaufende s-Welle folgt, und somit sicher keine (näherungsweise) gerade Bahn resultieren kann, muss die Annahme der exakt scharfen Ortsmessung bzw. der Projektion für die Nebelkammer falsch sein.

Ja. Wobei natürlich nicht so klar ist, was genau das Kollapspostulat für ungenaue Messungen eigentlich impliziert. Mein Punkt ist aber, daß diese Mehrdeutigkeit nicht relevant ist. Und zwar aus genau diesem Grund:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Ohne es exakt gerechnet zu haben, denke ich, dass dies auch für unscharfe jedoch weiterhin isotrope Ortsmessungen gilt, aus denen ebenfalls s-Wellen folgen.

Ja, das denke ich auch.

Prima.

Zitat:
Um mit der Beobachtung verträglich zu sein, muss der Unterraum derart definiert sein, dass die (lokal vorliegende) Anisotropie der einlaufenden Welle in irgendeiner Weise für die auslaufende Welle erhalten bleibt.

Genau. Und damit weichen wir nicht nur immer weiter von der Behauptung des Projektionspostulats ab, sondern die Aussage über den Endzustand wird auch immer unspezifischer, bis wir komplett aufgeben müssen und einfach die Schrödingergleichung konsultieren.

Genau.

Das war schon immer mein Einwand, seit ich mich mit der Dekohärenz befasst habe: In komplizierteren Fällen kann man offenbar kein generisches Kollapspostulat formulieren; allerdings liefert die Schrödingergleichung / Dekohärenz exakt die Struktur, auf die man projizieren sollte. Aber wenn man den Weg einmal beschritten hat, stellt man doch fest, dass man überhaupt nicht mehr projizieren muss ;-)
bassiks
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 15:04    Titel:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, wenn die Unsicherheit beträgt, behauptet das Kollapspostulat eine Projektion auf



Das ist in diesem Fall genauso falsch.


Ok. Noch ein Operator ausgeschlossen. War das nun der Operator den (P) verlangt? Wenn ja warum?

PS: Das klingt jetzt gemeiner als ich es meine. Ich denke einfach dass die Versuche das Kollapspostulat im allgemeinen zu widerlegen zwangsläufig daran scheitern dass es eben diese Dinge offen lässt. Da kommt halt wieder der Pudding und die Wand. Ich will damit auch nicht Ballentines Arbeit schlecht machen. Ich finde das selbst höchst unbefriedigend, weshalb ich ja Everett bevorzuge.
index_razor
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 14:59    Titel:

bassiks hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, wenn die Information eine endliche Unsicherheit besitzt, nicht unbedingt. Aber das ändert nicht viel an Ballentines Schlußfolgerung.


Das ändert alles.


Nein, wenn die Unsicherheit beträgt, behauptet das Kollapspostulat eine Projektion auf



Das ist in diesem Fall genauso falsch.
bassiks
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 14:50    Titel:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, wenn die Information eine endliche Unsicherheit besitzt, nicht unbedingt. Aber das ändert nicht viel an Ballentines Schlußfolgerung.


Das ändert alles. Mit dieser wagen Definition kann ich auch sagen ich muss hier gar nicht projezieren. (P) verlangt das nicht von mir. Ich will wissen warum ich hier auf einen Ortseigenzustand projezieren muss. Entweder ich muss es tun, dann hat Ballentine recht mit seiner Schlussfolgerung, aber dann will ich aus wissen warum ich hier auf einen Ortseigenzustand projezieren muss. Oder ich muss es nicht tun, dann hat Ballentine gezeigt dass ich es gar nicht darf, weil ich sonst inkonsistente Ergebnisse erhalte.
index_razor
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 14:40    Titel:

bassiks hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, aber eine Ortsmessung liegt genau dann vor, wenn ich Ortsinformation erhalte.


Bitte was?
Das heißt deiner Auffassung nach muss ich jedesmal auf einen Ortseigenzustand projezieren wenn ich Ortsinformation erhalte?


Nein, wenn die Information eine endliche Unsicherheit besitzt, nicht unbedingt. Aber das ändert nicht viel an Ballentines Schlußfolgerung.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Die Raumregion, die ich aus dem Meßergebnis erhalte, verrät mir aber nicht den korrekten Zustand |u>. Dazu muß ich die Schrödingergleichung lösen. Die Annahme, daß |u> ein Wellenpaket am Ort x (mit Breite gleich oder ungleich null) ist, ist falsch.


Ja. Das hat TomS auch am Anfang mal geschrieben. Man muss hier einfach schon wissen was rauskommt (in dem Fall |u>) um den Kollaps anzuwenden.


Nein, um das Postulat anzuwenden, muß man nicht wissen welcher Zustand herauskommt, sondern nur welcher Meßwert erhalten wurde.
bassiks
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 14:34    Titel:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, aber eine Ortsmessung liegt genau dann vor, wenn ich Ortsinformation erhalte.


Bitte was?
Das heißt deiner Auffassung nach muss ich jedesmal auf einen Ortseigenzustand projezieren wenn ich Ortsinformation erhalte?
Sry, aber das finde ich nun absurd. Wenn ich ein Teilchen in einer Box habe, und mit Sicherheit weiß es befindet sich darin, dann müsste ich es deiner Auffassung nach auf einen Ortseigenzustand projezieren?
Du merkst vermutlich nun selber wo das Problem liegt, denn diese Box kann ich beliebig groß oder klein wählen. Ab welcher Boxgröße würdest du denn jetzt deine Ortsmessung (=Projektion auf Ortseigenzustand) durchführen?

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Die Raumregion, die ich aus dem Meßergebnis erhalte, verrät mir aber nicht den korrekten Zustand |u>. Dazu muß ich die Schrödingergleichung lösen. Die Annahme, daß |u> ein Wellenpaket am Ort x (mit Breite gleich oder ungleich null) ist, ist falsch.


Ja. Das hat TomS auch am Anfang mal geschrieben. Man muss hier einfach schon wissen was rauskommt (in dem Fall |u>) um den Kollaps anzuwenden. Das ist natürlich ein eigenes Thema und auch nicht die Frage um die es gerade geht.
index_razor
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 14:22    Titel:

bassiks hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Ich rede nicht von einer "reinen" Ortsmessung, was auch immer das sein soll. Ich wende nur Aussage (P) auf die Situation an, in der ich Ortsinformation über ein Teilchen registriere.


Ortsinformation ja, aber nicht den Ort.


Nein, aber eine Ortsmessung liegt genau dann vor, wenn ich Ortsinformation erhalte.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Weil die Registrierung der Ionisationsorte mir keine Information über die Observable |u><u| liefert.


Natürlich tun sie das. Du erhälst eine Raumregion in der das Teilchen ist.


Die Raumregion, die ich aus dem Meßergebnis erhalte, verrät mir aber nicht den korrekten Zustand |u>. Dazu muß ich die Schrödingergleichung lösen. Die Annahme, daß |u> ein Wellenpaket am Ort x (mit Breite gleich oder ungleich null) ist, ist falsch.
bassiks
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 14:13    Titel:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Ich rede nicht von einer "reinen" Ortsmessung, was auch immer das sein soll. Ich wende nur Aussage (P) auf die Situation an, in der ich Ortsinformation über ein Teilchen registriere.


Ortsinformation ja, aber nicht den Ort.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Weil die Registrierung der Ionisationsorte mir keine Information über die Observable |u><u| liefert.


Natürlich tun sie das. Du erhälst eine Raumregion in der das Teilchen ist. Würdest du |u> analytisch bestimmen können, könntest du dir diese Raumregion auch ausrechnen. Die Nebelkammer liefert dir also genau das. Was sie dir nicht liefert ist ein Ort x als Eigenwert zum Ortsoperator, weshalb ich mich noch immer Frage warum du diesen Operator benutzen willst.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Dein Standpunkt scheint zu sein, daß man jede beliebige Situation als "Messung" jeder beliebigen Observablen ansehen kann. Das ist absurd.


Ja so könnte man es wohl formulieren (nicht das mit jeder beliebigen Observable, aber dass man jede beliebige Situation irgendwie mit dem Kollapspostulat behandeln kann). Und das ganze geht weil eben (P) so wenig über Messungen aussagt, dafür kann ich aber nichts. Deshalb ist es ja so schwer das Kollapspostulat loszuwerden. Man kann es nur sehr schwer dingfest machen.
index_razor
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 14:07    Titel:

bassiks hat Folgendes geschrieben:

Ok da hast du mich wohl falsch verstanden. Ich verstehe (P) genau so. Der letzte Satz ist mein Problem:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Jetzt mußt du in (P) nur noch "A" durch "Ort" ersetzen und damit nochmal Ballentines Argument durchdenken.


Warum? Wieso muss hier A durch Ort ersetzt werden.


Weil in der Nebelkammer der Ort der Ionisierungsereignisse gemessen wird.

Zitat:

Wie kommst du darauf dass hier eine reine, durch den Ortsoperator beschriebene "Ortsmessung" vorliegt?


Ich rede nicht von einer "reinen" Ortsmessung, was auch immer das sein soll. Ich wende nur Aussage (P) auf die Situation an, in der ich Ortsinformation über ein Teilchen registriere.

Zitat:

Warum nicht |u><u|, |u><u| ist der Operator der zu meiner "Nebelkammermessung" passt.


Weil die Registrierung der Ionisationsorte mir keine Information über die Observable |u><u| liefert. Ansonsten hättest du ja schon längst mitgeteilt, wie |u> aussieht. Stattdessen betonst du aber immer, daß du das gar nicht kannst.

Dein Standpunkt scheint zu sein, daß man jede beliebige Situation als "Messung" jeder beliebigen Observablen ansehen kann. Das ist absurd.
bassiks
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 14:02    Titel:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
bassiks, das Projektionspostulat besagt (im wesentlichen):

(P) "Nach einer Messung der Observablen A, die den Wert a ergibt, befindet sich das System im Eigenzustand |a> des Operators, der zur Observable A gehört." (Falls du mir nicht glaubst, suche ich mal eine entsprechende Quelle heraus, aber eigentlich finde ich es weniger wichtig, welche Aussage du als "Kollapspostulat" bezeichnest.)

Es besagt nicht, daß sich das System in einem Eigenzustand zu irgendeinem Eigenwert irgendeines Operators befindet (was ohnehin eine inhaltsleere Behauptung ist).

Hier geht es ausschließlich um Aussage (P), alle anderen Aussagen sind irrelevant.


Ok da hast du mich wohl falsch verstanden. Ich verstehe (P) genau so. Der letzte Satz ist mein Problem:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Jetzt mußt du in (P) nur noch "A" durch "Ort" ersetzen und damit nochmal Ballentines Argument durchdenken.


Warum? Wieso muss hier A durch Ort ersetzt werden. Wie kommst du darauf dass hier eine reine, durch den Ortsoperator beschriebene "Ortsmessung" vorliegt? Warum nicht |u><u|, |u><u| ist der Operator der zu meiner "Nebelkammermessung" passt. Wo wird gefordert dass es sich im Rahmen der Nebelkammer rein um eine Ortsmessung im Sinne von "ersetze A durch Ort" handelt? Ballentine hat ja gezeigt dass dies offensichtlich nicht der Fall ist, aber (P) verlangt auch nicht dass es A=Ort sein muss oder?
index_razor
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 13:51    Titel:

bassiks, das Projektionspostulat besagt (im wesentlichen):

(P) "Nach einer Messung der Observablen A, die den Wert a ergibt, befindet sich das System im Eigenzustand |a> des Operators, der zur Observable A gehört." (Falls du mir nicht glaubst, suche ich mal eine entsprechende Quelle heraus, aber eigentlich finde ich es weniger wichtig, welche Aussage du als "Kollapspostulat" bezeichnest.)

Es besagt nicht, daß sich das System in einem Eigenzustand zu irgendeinem Eigenwert irgendeines Operators befindet (was ohnehin eine inhaltsleere Behauptung ist).

Hier geht es ausschließlich um Aussage (P), alle anderen Aussagen sind irrelevant.

Jetzt mußt du in (P) nur noch "A" durch "Ort" ersetzen und damit nochmal Ballentines Argument durchdenken.
bassiks
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 13:27    Titel:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, du hast es immer noch nicht verstanden: 1) und 2) implizieren die falsche Aussage 3).


Nein tun sie nicht, nur wenn du 2) umschreibst in

"2) Die Nebelkammer mißt den Ort ionisierender Teilchen (einmal pro Ionisation). Diese Messung wird durch den Ortsoperator beschrieben."

Und dann stimme ich dem auch zu, so führt das ganze zu Widersprüchen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Doch genau das sagt es. Zum Beweis könnte ich sogar dich selbst zitieren.


Nein. Es sagt der Zustand des Systems nach der Messung entspricht dem Eigenzustand des gemessenen Eigenwerts des Operators. Es macht aber keine Aussage darüber wie dieser Operator aussieht. Ballentine redet von einer Ortsmessung und assoziiert das mit dem Ortsoperator. Kann man machen, führt zu widersprüchen. Ich sage der Operator ist |u><u|, der Eigenwert 1, |u> der Zustand nach der Messung und es gibt dann auch keinen Widerspruch. Ballentine hat also gezeigt dass der Ortsoperator hier nicht geeignet ist um die "Messaperatur" Nebelkammer zu beschreiben.

Bevor das jetzt auf ein "doch das tut es" "nein das tut es nicht" rausläuft: Unter der Annahme das Kollapspostulat macht tatsächlich eine Aussage darüber welcher Operator anzuwenden ist, und dieser Operator sei in dem Fall der Nebelkammer der Ortsoperator, dann stimme ich dir zu. Unter dieser Annahme hätte Ballentine recht, und die Nebelkammer würde das Kollapspostulat widerlegen.
Ich sehe aber nicht wo das Kollapspostulat die Anwendung des Ortsoperators in diesem Fall fordert.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Das ist komplett irrelevant: Der Begriff "homo sapiens" ist auch nicht scharf definiert. Trotzdem sind bestimmte Aussagen über homo sapiens mit Sicherheit falsch.


Das ist nicht irrelevant, aber läuft auf das oben hinaus. Gerade beim Messproblem sind scharfe Definitionen sehr wichtig.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Wir reden von einer Ortsmessung, nicht von einer Messung der Observablen |u><u|.


Wie begründest du denn den Einsatz des Ortsoperators?
Meiner Ansicht nach schreibt dir das Kollapspostulat nicht vor den Ortsoperator zu verwenden. Er liefert auch widersprüchliche Ergebnisse und generell scheint er nicht geeignet zu sein das Experiment zu beschreiben.

ich finde du unterstellst hier dem Kollapspostulat mehr Aussagekraft als es hat, um es dadurch zu widerlegen.

Wenn du mir zeigen kannst an welcher Stelle das Kollapspostulat die Anwendung des Ortsoperators im Fall der Nebelkammer fordert, dann sind meine obigen Ausführungen widerlegt und ich muss dir zustimmen.

Ich fürchte aber das wird schwierig, denn ein Satz wie "Eine Ionisation in der Nebelkammer ist eine Ortsmessung" reicht hier nicht, weil Ortsmessung nicht sauber definiert ist.
index_razor
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 12:30    Titel:

bassiks hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Oje, nein, du hast das Argument vollkommen falsch verstanden. 3) ist eine Folgerung aus 1) und 2). Ballentine sagt 3) ist falsch. Deshalb muß eine der Voraussetzungen 1) oder 2) ebenfalls falsch sein. Kein Mensch bestreitet meines Wissens, daß es sich hier um eine Ortsmessung handelt. Also muß 1) falsch sein.


Aber das ist doch genau das was ich meinte. Der Schluss 1 ist falsch ist meines Erachtens nach nicht gerechtfertigt. Die Folgerung von 2 auf 3 ist falsch.


Nein, du hast es immer noch nicht verstanden: 1) und 2) implizieren die falsche Aussage 3). Was folgt daraus über 1), wenn 2) richtig ist?

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, er sagt, das Resultat einer Ortsmessung mit Ergebnis () kann nicht die Präparation eines Ortseigenzustands zum Eigenwert x sein. (Es kann übrigens auch nicht die Präparation eines Wellenpakets mit Breite sein.)


Genau. Das sagt er. Aber damit widerlegt er nicht das Kollapspostulat, da das Postulat nicht sagt das Ergebnis einer Ortsmessung sei ein Ortseigenzustand,


Doch genau das sagt es. Zum Beweis könnte ich sogar dich selbst zitieren.

Zitat:

weil es Ortsmessung einfach nicht sauber definiert.


Das ist komplett irrelevant: Der Begriff "homo sapiens" ist auch nicht scharf definiert. Trotzdem sind bestimmte Aussagen über homo sapiens mit Sicherheit falsch.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, man kann sich nur rauswinden, indem man bestreitet, daß in der Nebelkammer der Ort ionisierender Teilchen gemessen wird. Das ist zwar logisch möglich, aber recht unplausibel und meines Wissens tut das auch keiner.


Das bestreitet sicher niemand. Ich bestreite aber dass dies durch Projektion auf einen Ortseigenzustand korrekt beschrieben wird.


Damit bestreitest du die Aussage des Projektionspostulats.

Zitat:

Das ist auch genau das was Ballentine macht. Nur schließe ich nicht daraus dass das Kollapspostulat falsch ist, denn ich sehe nicht inwiefern das Kollapspostulat behauptet dass hier Ortseigenzustände benutzt werden müssen und nicht auf |u> projeziert werden darf.


Das ist rätselhaft. Siehst du es vielleicht wenn ich das entsprechende Wort in deiner eigenen Aussage hervorhebe?

bassiks hat Folgendes geschrieben:

Das Projektionspostulat sagt das nach einer Messung der Zustand des Systems in dem Eigenzustand ist, welcher zum Messwert (Eigenwert) gehört.


Was impliziert dies nun deiner Ansicht nach über eine Situation in der der Meßwert der Ort x ist?

bassiks hat Folgendes geschrieben:

EDIT:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

bassiks scheint zu behaupten, das Projektionspostulat sei damit nicht widerlegt, weil ja schließlich eine "Projektion" auf irgendeinen Zustand |u> sicher richtig ist. Damit vergißt er anscheinend aber seine eigene Formulierung des Projektionspostulats, die explizit fordert, daß |u> ein Eigenzustand zum gemessenen Eigenwert ist.


Nein hab ich nicht. |u><u|u>=1|u>.



Wir reden von einer Ortsmessung, nicht von einer Messung der Observablen |u><u|.
bassiks
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 12:10    Titel:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Oje, nein, du hast das Argument vollkommen falsch verstanden. 3) ist eine Folgerung aus 1) und 2). Ballentine sagt 3) ist falsch. Deshalb muß eine der Voraussetzungen 1) oder 2) ebenfalls falsch sein. Kein Mensch bestreitet meines Wissens, daß es sich hier um eine Ortsmessung handelt. Also muß 1) falsch sein.


Aber das ist doch genau das was ich meinte. Der Schluss 1 ist falsch ist meines Erachtens nach nicht gerechtfertigt. Die Folgerung von 2 auf 3 ist falsch. Eine Ortsmessung wie sie in der Nebelkammer passiert ist eben nicht nur eine Projektion auf einen Ortseigenzustand. Und feil aus 2 nicht 3 folgt, kann aus 3) ist falsch nicht 1) ist falsch folgen.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, er sagt, das Resultat einer Ortsmessung mit Ergebnis () kann nicht die Präparation eines Ortseigenzustands zum Eigenwert x sein. (Es kann übrigens auch nicht die Präparation eines Wellenpakets mit Breite sein.)


Genau. Das sagt er. Aber damit widerlegt er nicht das Kollapspostulat, da das Postulat nicht sagt das Ergebnis einer Ortsmessung sei ein Ortseigenzustand, weil es Ortsmessung einfach nicht sauber definiert. Es sagt dass der Zustand des Systems danach ein Eigenzustand des gemessenen Operators ist. Es behauptet aber nicht dass dieser Operator bei der Nebelkammer der Ortsoperator ist. Ich glaube wir sind gar nicht soweit voneinander entfernt was Ballentine gezeigt hat, wir haben wohl nur unterschiedliche Meinungen was das Kollapspostulat tatsächlich aussagt.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, man kann sich nur rauswinden, indem man bestreitet, daß in der Nebelkammer der Ort ionisierender Teilchen gemessen wird. Das ist zwar logisch möglich, aber recht unplausibel und meines Wissens tut das auch keiner.


Das bestreitet sicher niemand. Ich bestreite aber dass dies durch Projektion auf einen Ortseigenzustand korrekt beschrieben wird. Das ist auch genau das was Ballentine macht. Nur schließe ich nicht daraus dass das Kollapspostulat falsch ist, denn ich sehe nicht inwiefern das Kollapspostulat behauptet dass hier Ortseigenzustände benutzt werden müssen und nicht auf |u> projeziert werden darf.

EDIT:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

bassiks scheint zu behaupten, das Projektionspostulat sei damit nicht widerlegt, weil ja schließlich eine "Projektion" auf irgendeinen Zustand |u> sicher richtig ist. Damit vergißt er anscheinend aber seine eigene Formulierung des Projektionspostulats, die explizit fordert, daß |u> ein Eigenzustand zum gemessenen Eigenwert ist.


Nein hab ich nicht. |u><u|u>=1|u>. Der Eigenwert ist 1. Wenn du |u> kennst kannst du das in eine Wahrscheinlichkeitsverteilung auf dem Ortsraum umrechnen. Du wirst aber auch eine Verteilung im Impulsraum erhalten die nicht isotrop ist.
Was wäre denn der Eigenwert zum Ortsoperator wenn man diesen verwendet?
index_razor
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 12:06    Titel:

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Dieser Schlußfolgerung entgehst du nicht einfach durch Verweis auf den unscharfen Begriff "Messung". Du mußt bestreiten, daß in diesem konkreten Einzelfall eine Ortsmessung stattfindet, obwohl wir aus den Ionisationsereignissen zweifellos irgendeine Ortsinformation erhalten. (Die ist zwar nicht exakt, aber das ist nicht der Punkt.)

Nein, man kann sich nur rauswinden, indem man bestreitet, daß in der Nebelkammer der Ort ionisierender Teilchen gemessen wird. Das ist zwar logisch möglich, aber recht unplausibel und meines Wissens tut das auch keiner.


"Näherungsweise gerade Bahnen" ist keine Eigenschaft von Zuständen.

Letzteres bestreite ich; "Näherungsweise gerade Bahnen" wäre nach meinem Verständnis exakt das Ergebnis von Mott.


Das ist keine Eigenschaft des Zustands, sondern folgt nur aus der kompletten Zeitentwicklung dieses Zustands. Meine Frage war aber konkret, welcher Zustand dem Kollapspostulat zufolge unmittelbar nach der Ionisation vorliegt. (Zu dem Zeitpunkt nahm ich noch an, es gäbe Einwände gegen Ballentines Formulierung des Postulats. Aber das war offensichtlich nicht der Fall.) Es ist m.E. aber in jedem Fall sinnlos zu behaupten eine gegebene Wellenfunktion beschreibe eine "gerade Bahn".


Zitat:

Ansonsten: können wir nochmal einfach zusammenfassen?

Versuch:

Da aus einer exakt scharfen Ortsmessung je Einzelmessung (Ionisation) mittels Projektion auf einen exakten Ortseigenzustand eine auslaufende s-Welle folgt, und somit sicher keine (näherungsweise) gerade Bahn resultieren kann, muss die Annahme der exakt scharfen Ortsmessung bzw. der Projektion für die Nebelkammer falsch sein.


Ja. Wobei natürlich nicht so klar ist, was genau das Kollapspostulat für ungenaue Messungen eigentlich impliziert. Mein Punkt ist aber, daß diese Mehrdeutigkeit nicht relevant ist. Und zwar aus genau diesem Grund:

Zitat:

Ohne es exakt gerechnet zu haben, denke ich, dass dies auch für unscharfe jedoch weiterhin isotrope Ortsmessungen gilt, aus denen ebenfalls s-Wellen folgen.


Ja, das denke ich auch.

Zitat:

Um mit der Beobachtung verträglich zu sein, muss der Unterraum derart definiert sein, dass die (lokal vorliegende) Anisotropie der einlaufenden Welle in irgendeiner Weise für die auslaufende Welle erhalten bleibt.


Genau. Und damit weichen wir nicht nur immer weiter von der Behauptung des Projektionspostulats ab, sondern die Aussage über den Endzustand wird auch immer unspezifischer, bis wir komplett aufgeben müssen und einfach die Schrödingergleichung konsultieren.

bassiks scheint zu behaupten, das Projektionspostulat sei damit nicht widerlegt, weil ja schließlich eine "Projektion" auf irgendeinen Zustand |u> sicher richtig ist. Damit vergißt er anscheinend aber seine eigene Formulierung des Projektionspostulats, die explizit fordert, daß |u> ein Eigenzustand zum gemessenen Eigenwert ist.
TomS
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 11:41    Titel:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Ich habe das Buch "Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik." Ich kann nochmal schauen, was dort genau über den Meßprozeß behauptet wird, wenn dich das interessiert.

Das wäre sehr nett.
TomS
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 11:39    Titel:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Dieser Schlußfolgerung entgehst du nicht einfach durch Verweis auf den unscharfen Begriff "Messung". Du mußt bestreiten, daß in diesem konkreten Einzelfall eine Ortsmessung stattfindet, obwohl wir aus den Ionisationsereignissen zweifellos irgendeine Ortsinformation erhalten. (Die ist zwar nicht exakt, aber das ist nicht der Punkt.)

Nein, man kann sich nur rauswinden, indem man bestreitet, daß in der Nebelkammer der Ort ionisierender Teilchen gemessen wird. Das ist zwar logisch möglich, aber recht unplausibel und meines Wissens tut das auch keiner.


"Näherungsweise gerade Bahnen" ist keine Eigenschaft von Zuständen.

Letzteres bestreite ich; "Näherungsweise gerade Bahnen" wäre nach meinem Verständnis exakt das Ergebnis von Mott.

Ansonsten: können wir nochmal einfach zusammenfassen?

Versuch:

Da aus einer exakt scharfen Ortsmessung je Einzelmessung (Ionisation) mittels Projektion auf einen exakten Ortseigenzustand eine auslaufende s-Welle folgt, und somit sicher keine (näherungsweise) gerade Bahn resultieren kann, muss die Annahme der exakt scharfen Ortsmessung bzw. der Projektion für die Nebelkammer falsch sein.

Ohne es exakt gerechnet zu haben, denke ich, dass dies auch für unscharfe jedoch weiterhin isotrope Ortsmessungen gilt, aus denen ebenfalls s-Wellen folgen.

Um mit der Beobachtung verträglich zu sein, muss der Unterraum derart definiert sein, dass die (lokal vorliegende) Anisotropie der einlaufenden Welle in irgendeiner Weise für die auslaufende Welle erhalten bleibt.
index_razor
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 11:13    Titel:

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
Meine Frage ist eher, wer hier den Pudding kocht. von Neumann ist es meiner Ansicht nach nicht. ;-)

Hast du sein Original als PDF, oder eine sicher korrekte Zusammenfassung?


Ich habe das Buch "Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik." Ich kann nochmal schauen, was dort genau über den Meßprozeß behauptet wird, wenn dich das interessiert.
TomS
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 10:56    Titel:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
Meine Frage ist eher, wer hier den Pudding kocht. von Neumann ist es meiner Ansicht nach nicht. ;-)

Hast du sein Original als PDF, oder eine sicher korrekte Zusammenfassung?
index_razor
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 10:10    Titel:

bassiks hat Folgendes geschrieben:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nochmal das Argument:

1)"Nach einer Messung [ist] der Zustand des Systems in dem Eigenzustand [...], welcher zum Messwert (Eigenwert) gehört." (Kollapspostulat nach bassiks)

2) Die Nebelkammer mißt den Ort ionisierender Teilchen (einmal pro Ionisation).

3) Folglich ist nach jeder Ionisation der Zustand des Teilchen in einem Ortseigenzustand.

4) Aussage 3) ist falsch, also ist 1) oder 2) ebenso falsch. Ballentine sagt 1) ist falsch.

Dieser Schlußfolgerung entgehst du nicht einfach durch Verweis auf den unscharfen Begriff "Messung". Du mußt bestreiten, daß in diesem konkreten Einzelfall eine Ortsmessung stattfindet, obwohl wir aus den Ionisationsereignissen zweifellos irgendeine Ortsinformation erhalten. (Die ist zwar nicht exakt, aber das ist nicht der Punkt.)


Ballentine scheint aber zu sagen 1) ist falsch weil 3). Aber 3) ist falsch. Ex falso sequitur quodlibet.


Oje, nein, du hast das Argument vollkommen falsch verstanden. 3) ist eine Folgerung aus 1) und 2). Ballentine sagt 3) ist falsch. Deshalb muß eine der Voraussetzungen 1) oder 2) ebenfalls falsch sein. Kein Mensch bestreitet meines Wissens, daß es sich hier um eine Ortsmessung handelt. Also muß 1) falsch sein.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, hast du nicht. Die Frage war welcher Zustand genau nach der Ortsmessung vorliegt. Und du antwortest "Ein Zustand mit gewissen Eigenschaften". Das ist so gut wie keine Antwort.


Weil das eben ein Problem ist. Wie TomS bereits geschrieben hat, macht das Kollapspostulat ja keine präzise Aussage darüber. Ballentine projeziert auf den Ortseigenzustand. Warum? Vermutlich weil er wie du von einer Ortsmessung spricht. Aber der Begriff Ortsmessung ist nunmal nicht sauber definiert und entspricht eben nicht immer eine Projektion auf einen Ortseigenzustand, sondern evt. auf einen anderen Zustand (TomS hat diesen oben |u> genannt). Was Ballentine damit meines Erachtens nach eigentlich zeigt ist: Der Begriff Ortsmessung ist nicht gleichzusetzen mit der Projektion auf einen Ortseigenzustand, denn wenn man das macht, dann erhält man widersprüche wie diesen in der Nebelkammer.


Nein, er sagt, das Resultat einer Ortsmessung mit Ergebnis () kann nicht die Präparation eines Ortseigenzustands zum Eigenwert x sein. (Es kann übrigens auch nicht die Präparation eines Wellenpakets mit Breite sein.)

Zitat:

Damit widerlegt er aber nicht das Kollapspostulat, denn dieses kann sich immer durch die unscharfe Definition von Messung rauswinden.


Nein, man kann sich nur rauswinden, indem man bestreitet, daß in der Nebelkammer der Ort ionisierender Teilchen gemessen wird. Das ist zwar logisch möglich, aber recht unplausibel und meines Wissens tut das auch keiner.

Zitat:

Nehmen wir an ich kenne den Zustand |u> nach der ersten Ionisation. Dieser ist kein Ortseigenzustand sondern ein Zustand mit eben gewissen Eigenschaften, näherungsweise gerade Bahnen etc.


"Näherungsweise gerade Bahnen" ist keine Eigenschaft von Zuständen.
bassiks
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 09:13    Titel:

TomS hat Folgendes geschrieben:

Ein Wellenpaket ist natürlich wie jeder beliebige Zustand |u> der Eigenzustand zu einer Observablen |u><u|.


Ja. Ich bezog mich auf Unterschiede zu Ortseigenzuständen. War nicht sehr gut formuliert.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nochmal das Argument:

1)"Nach einer Messung [ist] der Zustand des Systems in dem Eigenzustand [...], welcher zum Messwert (Eigenwert) gehört." (Kollapspostulat nach bassiks)

2) Die Nebelkammer mißt den Ort ionisierender Teilchen (einmal pro Ionisation).

3) Folglich ist nach jeder Ionisation der Zustand des Teilchen in einem Ortseigenzustand.

4) Aussage 3) ist falsch, also ist 1) oder 2) ebenso falsch. Ballentine sagt 1) ist falsch.

Dieser Schlußfolgerung entgehst du nicht einfach durch Verweis auf den unscharfen Begriff "Messung". Du mußt bestreiten, daß in diesem konkreten Einzelfall eine Ortsmessung stattfindet, obwohl wir aus den Ionisationsereignissen zweifellos irgendeine Ortsinformation erhalten. (Die ist zwar nicht exakt, aber das ist nicht der Punkt.)


Ballentine scheint aber zu sagen 1) ist falsch weil 3). Aber 3) ist falsch. Ex falso sequitur quodlibet.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, hast du nicht. Die Frage war welcher Zustand genau nach der Ortsmessung vorliegt. Und du antwortest "Ein Zustand mit gewissen Eigenschaften". Das ist so gut wie keine Antwort.


Weil das eben ein Problem ist. Wie TomS bereits geschrieben hat, macht das Kollapspostulat ja keine präzise Aussage darüber. Ballentine projeziert auf den Ortseigenzustand. Warum? Vermutlich weil er wie du von einer Ortsmessung spricht. Aber der Begriff Ortsmessung ist nunmal nicht sauber definiert und entspricht eben nicht immer eine Projektion auf einen Ortseigenzustand, sondern evt. auf einen anderen Zustand (TomS hat diesen oben |u> genannt). Was Ballentine damit meines Erachtens nach eigentlich zeigt ist: Der Begriff Ortsmessung ist nicht gleichzusetzen mit der Projektion auf einen Ortseigenzustand, denn wenn man das macht, dann erhält man widersprüche wie diesen in der Nebelkammer. Damit widerlegt er aber nicht das Kollapspostulat, denn dieses kann sich immer durch die unscharfe Definition von Messung rauswinden.

Nehmen wir an ich kenne den Zustand |u> nach der ersten Ionisation. Dieser ist kein Ortseigenzustand sondern ein Zustand mit eben gewissen Eigenschaften, näherungsweise gerade Bahnen etc. Wenn du von mir jetzt wieder genau den Zustand haben willst, dann muss ich leider darauf verweisen dass ich diesen nicht kenne und das als Problem des Kollapspostulats erachte wie TomS es bereits sehr gut formuliert hat. Dennoch, kenne ich diesen Zustand |u> kann ich das Projektionspostulat anwenden und erhalte auch keinen Widerspruch. Das Problem tritt nur auf wenn ich statt |u> einen Ortseigenzustand verwende.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht wie ich meinen Standpunkt hier noch klarer formulieren kann. Ich hoffe du verstehst mit dieser Ausführung besser was ich meine.
index_razor
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 08:12    Titel:

TomS hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:
… es scheint die Kunst bei der Anwendung des Kollapspostulats bestünde darin, die Version zu nehmen, die das richtige Ergebnis liefert ohne sich genau festzulegen welche das ist. Man könnte ja sonst zu leicht widerlegt werden.

Und du hattest ein Problem mit meiner Aussage, es wäre wie der Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln? Wir sind uns doch offensichtlich einig ;-)


Meine Frage ist eher, wer hier den Pudding kocht. von Neumann ist es meiner Ansicht nach nicht. ;-)
index_razor
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 08:08    Titel:

bassiks hat Folgendes geschrieben:

Das Projektionspostulat sagt das nach einer Messung der Zustand des Systems in dem Eigenzustand ist, welcher zum Messwert (Eigenwert) gehört.

Das Problem darin ist das Wort Messung ohne es genau zu definieren.


Das ist zwar auch ein Problem, aber es spielt hier keine Rolle. Es sei den du bestreitest, daß in der Nebelkammer eine Ortsmessung stattfindet. Das schien aber bisher nicht der Fall zu sein. Und ich fände dies auch recht unplausibel.

Zitat:

Zitat:
Und niemand behauptet, die Nebelkammer sei der einzig problematische Fall. Ich habe keine Ahnung worauf du hinauswillst.


Nein, aber du hast behauptet die Nebelkammer wär eins, und das ist sie meiner Ansicht nach nicht.


Warum nicht? Was ist denn die Ursache für eine Ionisation am Ort x? Kann das Teilchen eine Ionisation bei x bewirken ohne sich dort zu befinden?

Zitat:

Zitat:
Was soll denn da der Unterschied sein? Ein Wellenpaket ist ein Zustand. Die Frage ist nicht "ob" ein Zustand vorliegt, sondern welcher und wie er vom erhaltenen Meßwert abhängt.


Du verlangst aber einen Eigenzustand einer Observable, und das ist das Wellenpaket nicht.


Das Projektionspostulat verlangt das. Das hast du oben selbst geschrieben.

Nochmal das Argument:

1)"Nach einer Messung [ist] der Zustand des Systems in dem Eigenzustand [...], welcher zum Messwert (Eigenwert) gehört." (Kollapspostulat nach bassiks)

2) Die Nebelkammer mißt den Ort ionisierender Teilchen (einmal pro Ionisation).

3) Folglich ist nach jeder Ionisation der Zustand des Teilchen in einem Ortseigenzustand.

4) Aussage 3) ist falsch, also ist 1) oder 2) ebenso falsch. Ballentine sagt 1) ist falsch.

Dieser Schlußfolgerung entgehst du nicht einfach durch Verweis auf den unscharfen Begriff "Messung". Du mußt bestreiten, daß in diesem konkreten Einzelfall eine Ortsmessung stattfindet, obwohl wir aus den Ionisationsereignissen zweifellos irgendeine Ortsinformation erhalten. (Die ist zwar nicht exakt, aber das ist nicht der Punkt.)


Zitat:

Wenn du das Wellenpaket als Zustand bezeichnest, dann hab ich deine Frage ja beantwortet, aber das ist was ganz anderes als der Ortseigenzustand.


Nein, hast du nicht. Die Frage war welcher Zustand genau nach der Ortsmessung vorliegt. Und du antwortest "Ein Zustand mit gewissen Eigenschaften". Das ist so gut wie keine Antwort.

Zitat:

Zitat:
Sondern? Was es "genau" verlangt, scheint irgendwie schwer greifbar zu sein. Oder wieso kommt dazu immer noch keine klare Aussage?


JA! GENAU! Das ist aber genau das was ich auch kritisiere. Warum machst du mich dafür verantwortlich und willst von mir eine Antwort?


Da du erst zu behaupten schienst, die von Ballentine kritisierte Aussage sei nicht das Kollapspostulat. Jetzt bezeichnest du als "Kollapspostulat" genau die Aussage, die Ballentine kritisiert. Und die ist für den gegenwärtigen Fall ausreichend präzise.

Deswegen verstehe ich immer noch nicht, was du nun eigentlich sagen willst.

Zitat:

Zitat:
Nein, Ballentine sagt, daß eine bestimmte allgemeine Aussage zur Zustandsreduktion in mehreren Einzelfällen nicht stimmt. Du entgegnest nun, diese Aussage sei nicht "das Kollapspostulat", verrätst aber gar nicht, welche alternative Behauptung zur Zustandsreduktion hier, statt der kritisierten, zutreffen soll (wenn überhaupt eine). Damit ist deine Kritik völlig ohne Inhalt.


Nein. Ich habe nur ein Beispiel davon kritisiert.


Ja, und genau die Kritik an diesem Beispiel finde ich gegenstandslos.

Zitat:

Mit den anderen Beispielen habe ich mich nicht befasst und dazu habe ich auch nichts gesagt. Ich habe auch nie behauptet dass er nicht recht hat mit den Problemen des Kollapspostulats. Ich habe nur dieses eine Beispiel kritisiert. Du unterstellst mir hier ständig Aussagen, welche ich nicht gemacht hab. Das ist kein guter Diskussionsstil.


Nein, alle meine Aussagen beziehen sich auf deine Kritik an der Nebelkammer. In Bezug auf Ballentines andere Gegenbeispiele habe ich dir überhaupt nichts unterstellt.
TomS
BeitragVerfasst am: 11. Jun 2021 06:53    Titel:

Ich möchte ein weiteres Gedankexperiment zur Diskussion stellen, das sogenannte Renner-Experiment.

Man betrachte eine Detektorsphäre um eine Quelle sphärisch-symmetrischer s-Wellen. Mittels der Detektorelemente werden Ortsmessungen durchgeführt. Für den Raumwinkel Omega eines Elementes lautet die Observable



Nun betrachtet man die Messung für zwei deutlich unterschiedlich große Detektor-Hemisphären +,- mit



und



Für bekannten Auslösezeitpunkt der s-Welle und bei bekannter Signalgeschwindigkeit kann der Experimentator aufgrund einer nicht-Beobachtung an der kleineren Detektor-Hemisphäre sicher schließen, dass die s-Welle auf die größere Hemisphäre zu projizieren ist, obwohl an keiner der beiden Hemisphären eine Messung stattgefunden hat.
TomS
BeitragVerfasst am: 10. Jun 2021 23:47    Titel:

bassiks hat Folgendes geschrieben:
Du verlangst aber einen Eigenzustand einer Observable, und das ist das Wellenpaket nicht. Wenn du das Wellenpaket als Zustand bezeichnest, dann hab ich deine Frage ja beantwortet, aber das ist was ganz anderes als der Ortseigenzustand.

Ein Wellenpaket ist natürlich wie jeder beliebige Zustand |u> der Eigenzustand zu einer Observablen |u><u|.

Das Problem ist, dass das Projektionspostulat nicht sagt, welche Observable gemessen wird. Das musst du selbst wissen, um anschließend auf den richtigen Eigenraum projizieren zu können.

Die orthodoxe Interpretation kann nun die explizite Kenntnis von |u> nach Zeitentwicklung (wie z.B. nach Mott für die Nebelkammer) nicht nutzen, um die Observable festzulegen; das wäre gerade entgegengesetzt zur inneren Logik der orthodoxe Interpretation.

Non-Collapse-Interpretationen gehen genau anders herum vor: nicht die Festlegung der Observablen bestimmt, was gemessen wird, sondern die unitäre Dynamik liefert einen Zielzustand, der die möglichen Ergebnisse der Messung kodiert (für die Nebelkammer geradlinige Spuren).

Letztlich hat es nach 1929 vier Jahrzehnte gedauert, bis dies im Rahmen der Dekohärenz wiederentdeckt wurde, und auch die lag nochmal jahrelang in der Schublade.
TomS
BeitragVerfasst am: 10. Jun 2021 23:18    Titel:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
… es scheint die Kunst bei der Anwendung des Kollapspostulats bestünde darin, die Version zu nehmen, die das richtige Ergebnis liefert ohne sich genau festzulegen welche das ist. Man könnte ja sonst zu leicht widerlegt werden.

Und du hattest ein Problem mit meiner Aussage, es wäre wie der Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln? Wir sind uns doch offensichtlich einig ;-)
Qubit
BeitragVerfasst am: 10. Jun 2021 22:22    Titel:

Ich will doch nochmals drauf hinweisen, dass man eine quantenmechanische Messung sinnvollerweise als Folge von Paarzuständen eines quantenmechanischen Systems QS und "Messapparaten" (messender Systeme) darstellen kann (zumindestens als Näherung).

Was man dann letztlich misst, ist ein Eigenzustand:



beinhaltet hier die gesamte Historie vor dem "Heisenberg-Schnitt", der dann die Messung feststellt.
Das bedeutet allerdings nicht, dass auch QS in einem Eigenzustand ist, somit dessen Wellenfunktion "kallabiert". Beschrieben werden hier diesbezüglich Zustandsreduktionen nach bedingten Wahrscheinlichkeiten.

Das eigentliche Problem ist hier der "Heisenberg-Schnitt", der relativ zum Beobachter ist. Eigentlich ist er "künstlich" oder relativ. Will man ihn vermeiden, kann man die Viele Welten Interpretation bemühen.
bassiks
BeitragVerfasst am: 10. Jun 2021 21:34    Titel:

index_razor hat Folgendes geschrieben:
bassiks hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Gibt es eine andere Basis für deine Skepsis als die Tatsache, daß die Schlußfolgerungen aus dieser Annahme falsch sind? Welchen Endzustand würdest du denn nach der ersten Ionisation erwarten und woraus leitest du das ab? Ballentines Argument kritisiert eine Variante des Kollaps, die tatsächlich als Erklärung der Nebelkammerspuren vorgeschlagen wurde (und die, soweit ich das sehe, sogar Lehrbuchstoff ist), trotz der Tatsache, daß sie in dieser Form nicht funktionieren kann.

Du scheinst einzuwenden Ballentine hätte die falsche Aussage widerlegt, verrätst aber auch nicht welche er stattdessen hätte widerlegen sollen. Damit erscheint mir dein Einwand gegenstandslos.


Ich kenne diese Passagen aus "Lehrbüchern" offensichtlich nicht welche hier eine Projektion auf einen Ortseigenzustand verwenden.


Es ist wohl höchste Zeit, daß du mal klarstellst, welche Aussage du unter dem Kollapspostulat verstehst. Sonst hat diese Diskussion m.E. wenig Sinn. Die Variante, die ich kenne und die von Ballentine kritisiert wird, unterscheidet nämlich überhaupt nicht welche Observable gemessen wird.

Zitat:

Ich kann mir vorstellen dass einige von einer "Ortsmessung" schreiben. Und genau da liegt das Problem. Wenn man unter Ortsmessung sofort an eine Projektion auf einen Ortseigenzustand denkt, dann gibts offensichtlich Probleme, nicht erst bei der Nebelkammer.


Ja, und genau diese Projektion ist Inhalt des Kollapspostulats, aus diesem Grund auch "Projektionspostulat" genannt. Und niemand behauptet, die Nebelkammer sei der einzig problematische Fall. Ich habe keine Ahnung worauf du hinauswillst.

(Daß die Messung kontinuierlicher Observablen nicht exakt ist, spielt hierbei keine Rolle, falls du das annimmst.)

Zitat:

Das Teilchen kommt aus einer Quelle und wird durch ein Wellenpaket beschrieben, mit gewissen Eigenschaften. Bei der ersten Ionisation steht danach keineswegs ein Ortseigenzustand fest. Du kennst ja nicht mal den Ort genau. Ich erwarte mir also gar keinen "Zustand" nach der ersten Ionisation, sondern nach wie vor ein Wellenpaket mit gewissen Eigenschaften.


Was soll denn da der Unterschied sein? Ein Wellenpaket ist ein Zustand. Die Frage ist nicht "ob" ein Zustand vorliegt, sondern welcher und wie er vom erhaltenen Meßwert abhängt.

Zitat:

Insofern ja, Ballentine hat eine falsche Aussage widerlegt in diesem Fall. Die anderen Beispiele kenne ich nicht.


Nochmal die Frage: was ist der Inhalt des Projektionspostulats, welches Ballentine deiner Ansicht nach hätte kritisieren sollen?


Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, schlau wäre es, den Zustand anzunehmen, der aus Motts Lösung der Schrödingergleichung folgt. Alle "Postulate" sind entweder mit dieser verträglich und damit überflüssig oder falsch. Siehst du da irgendeinen vernünftigen Mittelweg?


Nein, sehe ich nicht. Das ist auch genau das was ich oben beschrieben habe. Aber das ist auch das Problem welches ich mit diesem Beispiel habe. Ich denke Ballentine behauptet hier das Kollapspostulat würde verlangen dass hier bei der ersten Ionisation ein Kollaps auf den Ortseigenzustand stattfindet. Aber genau das macht es eben nicht.


Sondern? Was es "genau" verlangt, scheint irgendwie schwer greifbar zu sein. Oder wieso kommt dazu immer noch keine klare Aussage?

Zitat:

Das Kollapspostulat macht einfach gar keine Aussage darüber wann es genau zum Kollaps kommt. Ballentine sagt also das Kollapspostulat wäre falsch weil es aussagt hier würde es zum Kollaps kommen, aber das macht es nicht. Also hat er damit gar nichts gezeigt.


Nein, Ballentine sagt, daß eine bestimmte allgemeine Aussage zur Zustandsreduktion in mehreren Einzelfällen nicht stimmt. Du entgegnest nun, diese Aussage sei nicht "das Kollapspostulat", verrätst aber gar nicht, welche alternative Behauptung zur Zustandsreduktion hier, statt der kritisierten, zutreffen soll (wenn überhaupt eine). Damit ist deine Kritik völlig ohne Inhalt.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, schlau wäre es, den Zustand anzunehmen, der aus Motts Lösung der Schrödingergleichung folgt. Alle "Postulate" sind entweder mit dieser verträglich und damit überflüssig oder falsch. Siehst du da irgendeinen vernünftigen Mittelweg? Ohne einen konkreten Vorschlag, der etwas besseres liefert als Mott, wird sich die Diskussion hauptsächlich darum drehen, ob man auch die falschen Varianten als "Kollapspostulat" bezeichnen darf oder lediglich die überflüssigen. Darüber will ich aber nicht streiten.


Streiten will ich ohnehin nicht. Ich behaupte auch keineswegs dass ich hier alles perfekt durschaut habe, lasse mich also gern eines besseren belehren. Aber im Augenblick sehe ich noch keinen Grund von meinem Standpunkt abzurücken dass die Nebelkammer hier nicht tauglich ist.


Was ist das für eine Logik? Ein Gegenbeispiel widerlegt ein allgemeines Postulat, nicht umgekehrt.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Die ganze Motivation für das Kollapspostulat ist eine definitive Aussage über den Zustand nach einer Messung zu erhalten, weil es eine Superposition angeblich nicht sein darf. Es ist kein "Ausweg" wenn alle nicht widerlegten Varianten so vage sind, daß man sie gar nicht widerlegen kann. Denn solche Aussagen können kaum brauchbare Informationen über den Zustand liefern.


Das macht es auch. Das Kollapspostulat macht eine definitive Aussage über den Zustand nach dem Kollaps, aber es sagt dir leider nicht wann es dazu kommt.


Die einzige definitive Aussage, die ich kenne, ist manchmal falsch. Eine andere habe ich nicht gesehen, auch nicht von dir.


Das Projektionspostulat sagt das nach einer Messung der Zustand des Systems in dem Eigenzustand ist, welcher zum Messwert (Eigenwert) gehört.

Das Problem darin ist das Wort Messung ohne es genau zu definieren.

Zitat:
Und niemand behauptet, die Nebelkammer sei der einzig problematische Fall. Ich habe keine Ahnung worauf du hinauswillst.


Nein, aber du hast behauptet die Nebelkammer wär eins, und das ist sie meiner Ansicht nach nicht.

Zitat:
Was soll denn da der Unterschied sein? Ein Wellenpaket ist ein Zustand. Die Frage ist nicht "ob" ein Zustand vorliegt, sondern welcher und wie er vom erhaltenen Meßwert abhängt.


Du verlangst aber einen Eigenzustand einer Observable, und das ist das Wellenpaket nicht. Wenn du das Wellenpaket als Zustand bezeichnest, dann hab ich deine Frage ja beantwortet, aber das ist was ganz anderes als der Ortseigenzustand.

Zitat:
Sondern? Was es "genau" verlangt, scheint irgendwie schwer greifbar zu sein. Oder wieso kommt dazu immer noch keine klare Aussage?


JA! GENAU! Das ist aber genau das was ich auch kritisiere. Warum machst du mich dafür verantwortlich und willst von mir eine Antwort? Ich bin kein Vertreter dieser Interpretation und genau diese schwammige nichts sagende Formulierung kritisiere ich die ganze Zeit!

Zitat:
Nein, Ballentine sagt, daß eine bestimmte allgemeine Aussage zur Zustandsreduktion in mehreren Einzelfällen nicht stimmt. Du entgegnest nun, diese Aussage sei nicht "das Kollapspostulat", verrätst aber gar nicht, welche alternative Behauptung zur Zustandsreduktion hier, statt der kritisierten, zutreffen soll (wenn überhaupt eine). Damit ist deine Kritik völlig ohne Inhalt.


Nein. Ich habe nur ein Beispiel davon kritisiert. Mit den anderen Beispielen habe ich mich nicht befasst und dazu habe ich auch nichts gesagt. Ich habe auch nie behauptet dass er nicht recht hat mit den Problemen des Kollapspostulats. Ich habe nur dieses eine Beispiel kritisiert. Du unterstellst mir hier ständig Aussagen, welche ich nicht gemacht hab. Das ist kein guter Diskussionsstil.

Zitat:
Die einzige definitive Aussage, die ich kenne, ist manchmal falsch. Eine andere habe ich nicht gesehen, auch nicht von dir.


So eine wirst du von mir auch nicht bekommen. Dass sie manchmal falsch ist mag sein, aber das Beispiel der Nebelkammer ist hier irrelevant. Man muss Beispiele betrachten in welchen ein Kollaps benötigt wird. Und da wird es nunmal ganz schwer. Das ist vermutlich auch das was TomS meinte. Als ob man einen Pudding an die Wand nageln will.
index_razor
BeitragVerfasst am: 10. Jun 2021 21:02    Titel:

bassiks hat Folgendes geschrieben:
index_razor hat Folgendes geschrieben:

Gibt es eine andere Basis für deine Skepsis als die Tatsache, daß die Schlußfolgerungen aus dieser Annahme falsch sind? Welchen Endzustand würdest du denn nach der ersten Ionisation erwarten und woraus leitest du das ab? Ballentines Argument kritisiert eine Variante des Kollaps, die tatsächlich als Erklärung der Nebelkammerspuren vorgeschlagen wurde (und die, soweit ich das sehe, sogar Lehrbuchstoff ist), trotz der Tatsache, daß sie in dieser Form nicht funktionieren kann.

Du scheinst einzuwenden Ballentine hätte die falsche Aussage widerlegt, verrätst aber auch nicht welche er stattdessen hätte widerlegen sollen. Damit erscheint mir dein Einwand gegenstandslos.


Ich kenne diese Passagen aus "Lehrbüchern" offensichtlich nicht welche hier eine Projektion auf einen Ortseigenzustand verwenden.


Es ist wohl höchste Zeit, daß du mal klarstellst, welche Aussage du unter dem Kollapspostulat verstehst. Sonst hat diese Diskussion m.E. wenig Sinn. Die Variante, die ich kenne und die von Ballentine kritisiert wird, unterscheidet nämlich überhaupt nicht welche Observable gemessen wird.

Zitat:

Ich kann mir vorstellen dass einige von einer "Ortsmessung" schreiben. Und genau da liegt das Problem. Wenn man unter Ortsmessung sofort an eine Projektion auf einen Ortseigenzustand denkt, dann gibts offensichtlich Probleme, nicht erst bei der Nebelkammer.


Ja, und genau diese Projektion ist Inhalt des Kollapspostulats, aus diesem Grund auch "Projektionspostulat" genannt. Und niemand behauptet, die Nebelkammer sei der einzig problematische Fall. Ich habe keine Ahnung worauf du hinauswillst.

(Daß die Messung kontinuierlicher Observablen nicht exakt ist, spielt hierbei keine Rolle, falls du das annimmst.)

Zitat:

Das Teilchen kommt aus einer Quelle und wird durch ein Wellenpaket beschrieben, mit gewissen Eigenschaften. Bei der ersten Ionisation steht danach keineswegs ein Ortseigenzustand fest. Du kennst ja nicht mal den Ort genau. Ich erwarte mir also gar keinen "Zustand" nach der ersten Ionisation, sondern nach wie vor ein Wellenpaket mit gewissen Eigenschaften.


Was soll denn da der Unterschied sein? Ein Wellenpaket ist ein Zustand. Die Frage ist nicht "ob" ein Zustand vorliegt, sondern welcher und wie er vom erhaltenen Meßwert abhängt.

Zitat:

Insofern ja, Ballentine hat eine falsche Aussage widerlegt in diesem Fall. Die anderen Beispiele kenne ich nicht.


Nochmal die Frage: was ist der Inhalt des Projektionspostulats, welches Ballentine deiner Ansicht nach hätte kritisieren sollen?


Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, schlau wäre es, den Zustand anzunehmen, der aus Motts Lösung der Schrödingergleichung folgt. Alle "Postulate" sind entweder mit dieser verträglich und damit überflüssig oder falsch. Siehst du da irgendeinen vernünftigen Mittelweg?


Nein, sehe ich nicht. Das ist auch genau das was ich oben beschrieben habe. Aber das ist auch das Problem welches ich mit diesem Beispiel habe. Ich denke Ballentine behauptet hier das Kollapspostulat würde verlangen dass hier bei der ersten Ionisation ein Kollaps auf den Ortseigenzustand stattfindet. Aber genau das macht es eben nicht.


Sondern? Was es "genau" verlangt, scheint irgendwie schwer greifbar zu sein. Oder wieso kommt dazu immer noch keine klare Aussage?

Zitat:

Das Kollapspostulat macht einfach gar keine Aussage darüber wann es genau zum Kollaps kommt. Ballentine sagt also das Kollapspostulat wäre falsch weil es aussagt hier würde es zum Kollaps kommen, aber das macht es nicht. Also hat er damit gar nichts gezeigt.


Nein, Ballentine sagt, daß eine bestimmte allgemeine Aussage zur Zustandsreduktion in mehreren Einzelfällen nicht stimmt. Du entgegnest nun, diese Aussage sei nicht "das Kollapspostulat", verrätst aber gar nicht, welche alternative Behauptung zur Zustandsreduktion hier, statt der kritisierten, zutreffen soll (wenn überhaupt eine). Damit ist deine Kritik völlig ohne Inhalt.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, schlau wäre es, den Zustand anzunehmen, der aus Motts Lösung der Schrödingergleichung folgt. Alle "Postulate" sind entweder mit dieser verträglich und damit überflüssig oder falsch. Siehst du da irgendeinen vernünftigen Mittelweg? Ohne einen konkreten Vorschlag, der etwas besseres liefert als Mott, wird sich die Diskussion hauptsächlich darum drehen, ob man auch die falschen Varianten als "Kollapspostulat" bezeichnen darf oder lediglich die überflüssigen. Darüber will ich aber nicht streiten.


Streiten will ich ohnehin nicht. Ich behaupte auch keineswegs dass ich hier alles perfekt durschaut habe, lasse mich also gern eines besseren belehren. Aber im Augenblick sehe ich noch keinen Grund von meinem Standpunkt abzurücken dass die Nebelkammer hier nicht tauglich ist.


Was ist das für eine Logik? Ein Gegenbeispiel widerlegt ein allgemeines Postulat, nicht umgekehrt.

Zitat:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Die ganze Motivation für das Kollapspostulat ist eine definitive Aussage über den Zustand nach einer Messung zu erhalten, weil es eine Superposition angeblich nicht sein darf. Es ist kein "Ausweg" wenn alle nicht widerlegten Varianten so vage sind, daß man sie gar nicht widerlegen kann. Denn solche Aussagen können kaum brauchbare Informationen über den Zustand liefern.


Das macht es auch. Das Kollapspostulat macht eine definitive Aussage über den Zustand nach dem Kollaps, aber es sagt dir leider nicht wann es dazu kommt.


Die einzige definitive Aussage, die ich kenne, ist manchmal falsch. Eine andere habe ich nicht gesehen, auch nicht von dir.
bassiks
BeitragVerfasst am: 10. Jun 2021 20:14    Titel:

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Gibt es eine andere Basis für deine Skepsis als die Tatsache, daß die Schlußfolgerungen aus dieser Annahme falsch sind? Welchen Endzustand würdest du denn nach der ersten Ionisation erwarten und woraus leitest du das ab? Ballentines Argument kritisiert eine Variante des Kollaps, die tatsächlich als Erklärung der Nebelkammerspuren vorgeschlagen wurde (und die, soweit ich das sehe, sogar Lehrbuchstoff ist), trotz der Tatsache, daß sie in dieser Form nicht funktionieren kann.

Du scheinst einzuwenden Ballentine hätte die falsche Aussage widerlegt, verrätst aber auch nicht welche er stattdessen hätte widerlegen sollen. Damit erscheint mir dein Einwand gegenstandslos.


Ich kenne diese Passagen aus "Lehrbüchern" offensichtlich nicht welche hier eine Projektion auf einen Ortseigenzustand verwenden. Ich kann mir vorstellen dass einige von einer "Ortsmessung" schreiben. Und genau da liegt das Problem. Wenn man unter Ortsmessung sofort an eine Projektion auf einen Ortseigenzustand denkt, dann gibts offensichtlich Probleme, nicht erst bei der Nebelkammer. Das Teilchen kommt aus einer Quelle und wird durch ein Wellenpaket beschrieben, mit gewissen Eigenschaften. Bei der ersten Ionisation steht danach keineswegs ein Ortseigenzustand fest. Du kennst ja nicht mal den Ort genau. Ich erwarte mir also gar keinen "Zustand" nach der ersten Ionisation, sondern nach wie vor ein Wellenpaket mit gewissen Eigenschaften. Genausogut könnte man beim Teilchenstrahl im CERN davon Reden eine Ortsmessung durchgeführt zu haben weil man ja weiß dass der Strahl sich auf der Kreisbahn bewegt. Genau das ist eines der zentralen Probleme. Es ist schlicht zu schwammig definiert was eine Messung ist und daher kann man solche Probleme stets umgehen, zumindest was Observablen wie Ort etc. angeht. Deshalb finde ich das Beispiel mit der Nebelkammer einfach nicht gut. Insofern ja, Ballentine hat eine falsche Aussage widerlegt in diesem Fall. Die anderen Beispiele kenne ich nicht.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, schlau wäre es, den Zustand anzunehmen, der aus Motts Lösung der Schrödingergleichung folgt. Alle "Postulate" sind entweder mit dieser verträglich und damit überflüssig oder falsch. Siehst du da irgendeinen vernünftigen Mittelweg?


Nein, sehe ich nicht. Das ist auch genau das was ich oben beschrieben habe. Aber das ist auch das Problem welches ich mit diesem Beispiel habe. Ich denke Ballentine behauptet hier das Kollapspostulat würde verlangen dass hier bei der ersten Ionisation ein Kollaps auf den Ortseigenzustand stattfindet. Aber genau das macht es eben nicht. Das Kollapspostulat macht einfach gar keine Aussage darüber wann es genau zum Kollaps kommt. Ballentine sagt also das Kollapspostulat wäre falsch weil es aussagt hier würde es zum Kollaps kommen, aber das macht es nicht. Also hat er damit gar nichts gezeigt.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Nein, schlau wäre es, den Zustand anzunehmen, der aus Motts Lösung der Schrödingergleichung folgt. Alle "Postulate" sind entweder mit dieser verträglich und damit überflüssig oder falsch. Siehst du da irgendeinen vernünftigen Mittelweg? Ohne einen konkreten Vorschlag, der etwas besseres liefert als Mott, wird sich die Diskussion hauptsächlich darum drehen, ob man auch die falschen Varianten als "Kollapspostulat" bezeichnen darf oder lediglich die überflüssigen. Darüber will ich aber nicht streiten.


Streiten will ich ohnehin nicht. Ich behaupte auch keineswegs dass ich hier alles perfekt durschaut habe, lasse mich also gern eines besseren belehren. Aber im Augenblick sehe ich noch keinen Grund von meinem Standpunkt abzurücken dass die Nebelkammer hier nicht tauglich ist.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Klar, es scheint die Kunst bei der Anwendung des Kollapspostulats bestünde darin, die Version zu nehmen, die das richtige Ergebnis liefert ohne sich genau festzulegen welche das ist. Man könnte ja sonst zu leicht widerlegt werden.


Ja, scheint so.

index_razor hat Folgendes geschrieben:

Die ganze Motivation für das Kollapspostulat ist eine definitive Aussage über den Zustand nach einer Messung zu erhalten, weil es eine Superposition angeblich nicht sein darf. Es ist kein "Ausweg" wenn alle nicht widerlegten Varianten so vage sind, daß man sie gar nicht widerlegen kann. Denn solche Aussagen können kaum brauchbare Informationen über den Zustand liefern.


Das macht es auch. Das Kollapspostulat macht eine definitive Aussage über den Zustand nach dem Kollaps, aber es sagt dir leider nicht wann es dazu kommt. Ich finde das höchst unbefriedigend.
index_razor
BeitragVerfasst am: 10. Jun 2021 18:19    Titel:

bassiks hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Man beobachtet eben keine isotrope Verteilung der Ionen, sondern eine geradlinige. Das Argument stammt direkt aus Ballentines Paper. Gibt es daran etwas auszusetzen?


Ich hätte schon was daran auszusetzen.
Warum wird von isotroper Verteilung der Ionen ausgegangen?
Ich nehme an weil man davon ausgeht dass man bei der ersten Ionisation einen Ortseigenzustand erhält.
Hier bin ich aber Skeptisch.


Gibt es eine andere Basis für deine Skepsis als die Tatsache, daß die Schlußfolgerungen aus dieser Annahme falsch sind? Welchen Endzustand würdest du denn nach der ersten Ionisation erwarten und woraus leitest du das ab? Ballentines Argument kritisiert eine Variante des Kollaps, die tatsächlich als Erklärung der Nebelkammerspuren vorgeschlagen wurde (und die, soweit ich das sehe, sogar Lehrbuchstoff ist), trotz der Tatsache, daß sie in dieser Form nicht funktionieren kann.

Du scheinst einzuwenden Ballentine hätte die falsche Aussage widerlegt, verrätst aber auch nicht welche er stattdessen hätte widerlegen sollen. Damit erscheint mir dein Einwand gegenstandslos.

Zitat:

Ich habe eine Teilchenquelle. Die erste Ionisation liefert mir daher nicht nur Informationen über den Ort, sondern auch Informationen über den Impuls.
Natürlich nicht beides exakt, aber ein Kollaps in einen Ortseigenzustand würde ich da niemals annehmen.


Nein, schlau wäre es, den Zustand anzunehmen, der aus Motts Lösung der Schrödingergleichung folgt. Alle "Postulate" sind entweder mit dieser verträglich und damit überflüssig oder falsch. Siehst du da irgendeinen vernünftigen Mittelweg? Ohne einen konkreten Vorschlag, der etwas besseres liefert als Mott, wird sich die Diskussion hauptsächlich darum drehen, ob man auch die falschen Varianten als "Kollapspostulat" bezeichnen darf oder lediglich die überflüssigen. Darüber will ich aber nicht streiten.

Zitat:

Daraus zu schließen der Kollaps liefert falsche Ergebnisse ist meiner Meinung nach irreführend, denn es wurde von einem Kollaps ausgegangen, den es nicht geben sollte. Das liefert zwangsläufig Probleme.


Klar, es scheint die Kunst bei der Anwendung des Kollapspostulats bestünde darin, die Version zu nehmen, die das richtige Ergebnis liefert ohne sich genau festzulegen welche das ist. Man könnte ja sonst zu leicht widerlegt werden.

Zitat:

Ich bin hier also nicht deiner Meinung index_razor dass Nebelkammerspuren das Kollapspostulat widerlegen.

Ich bin aber ebenfalls nicht der Meinung dass Nebelkammern das Kollapspostulat beweisen. Ich bin hier eher bei TomS und sage: Das Kollapspostulat ist durch die Notwendigkeit einer "Messung" und die schwammige bis gar nicht vorhandene Definition dieser so unpräzise formuliert, dass man da wohl immer irgendeinen Ausweg finden wird.


Die ganze Motivation für das Kollapspostulat ist eine definitive Aussage über den Zustand nach einer Messung zu erhalten, weil es eine Superposition angeblich nicht sein darf. Es ist kein "Ausweg" wenn alle nicht widerlegten Varianten so vage sind, daß man sie gar nicht widerlegen kann. Denn solche Aussagen können kaum brauchbare Informationen über den Zustand liefern.
bassiks
BeitragVerfasst am: 10. Jun 2021 14:02    Titel:

Zitat:
Man beobachtet eben keine isotrope Verteilung der Ionen, sondern eine geradlinige. Das Argument stammt direkt aus Ballentines Paper. Gibt es daran etwas auszusetzen?


Ich hätte schon was daran auszusetzen.
Warum wird von isotroper Verteilung der Ionen ausgegangen?
Ich nehme an weil man davon ausgeht dass man bei der ersten Ionisation einen Ortseigenzustand erhält.
Hier bin ich aber Skeptisch. Ich habe eine Teilchenquelle. Die erste Ionisation liefert mir daher nicht nur Informationen über den Ort, sondern auch Informationen über den Impuls. Natürlich nicht beides exakt, aber ein Kollaps in einen Ortseigenzustand würde ich da niemals annehmen. Daraus zu schließen der Kollaps liefert falsche Ergebnisse ist meiner Meinung nach irreführend, denn es wurde von einem Kollaps ausgegangen, den es nicht geben sollte. Das liefert zwangsläufig Probleme. Ich bin hier also nicht deiner Meinung index_razor dass Nebelkammerspuren das Kollapspostulat widerlegen.
Ich bin aber ebenfalls nicht der Meinung dass Nebelkammern das Kollapspostulat beweisen. Ich bin hier eher bei TomS und sage: Das Kollapspostulat ist durch die Notwendigkeit einer "Messung" und die schwammige bis gar nicht vorhandene Definition dieser so unpräzise formuliert, dass man da wohl immer irgendeinen Ausweg finden wird.

Ungeachtet dessen sehe ich ebenfalls keine Notwendigkeit für einen Kollaps. Ich bin da irgendwo zwischen euch index_razor und TomS.
Ich geh nochmal auf Anfang zu dem Argument mit S und S+M. Eine unitäre Entwicklung im abgeschlossenen System widerspricht einem Kollaps im offenen Teilsystem ja nicht.
Ich gehe jetzt mal einen rießen Sprung zurück und betrachte eine Wellenfunktion, welche das gesamte Universum beschreibt. Als solche ist sie abgeschlossen und daher unterliegt sie unitärer Zeitentwicklung. Jeder Beobachter etc. befindet sich daher zwangsläufig in einem offenen Teilsystem und nimmt als solcher subjektiv einen Kollaps war (TomS sein epistemischer Kollaps). Die gesamte Universum-WF ist nicht kollabiert. Der "Beobachter" ist nun aber Teil seines Zweigs. Der Zweig ist aber offen. Ein Problem bekommt der Beobachter nur dann, wenn er seinen Zweig als abgeschlossen annimmt. Dann muss er aber innerhalb seines Zweigs mit unitärer Zeitentwicklung klassische Messergebnisse erklären. Das wird schwierig. Also postuliert er einen Kollaps, da er, wenn er rein seinen Zweig betrachtet (und er kann ja nur dies) eine Messung als nicht unitär wahrnimmt.

Ich bin da also einerseits eher bei TomS, mir gefällt Everett auch am besten bis jetzt.
Was Kollaps und QM angeht, sehe ich es aber wie index_razor: eine Inkonsistenz von Kollaps und unitärer Zeitentwicklung sehe ich nur dann, wenn man auch bei abgeschlossenen Systemen von einem Kollaps ausgeht. In dem Beispiel vorher wäre es ein echtes Problem wenn man behaupten würde die Universums-WF wäre tatsächlich kollabiert.
TomS
BeitragVerfasst am: 09. Jun 2021 23:06    Titel: Re: Messproblem und allgemein Messungen in der Quantenmechan

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Mir ging es erstmal darum, überhaupt zu beschreiben, was einen quantenmechanischen Messprozess charakterisiert.
Die Aussage war da, dass man da Paarzustände von quantenmechanischem System und Messapparat betrachten sollte.

Ok.

Qubit hat Folgendes geschrieben:
Und in diesem Kontext sind Messungen Beschreibungen bedingter Wahrscheinlichkeiten, im Zusammenhang mit Zustandsreduktionen.

Also für mich ist eine Messung keine Beschreibungen sondern ein real ablaufender Prozess, in dessen Verlauf eine Eigenschaft eines quantenmechanischen Systems einem Messgerät „eingeprägt“ wird. Gewisse Aspekte werden mittels Wahrscheinlichkeiten beschrieben.

Eine Zustandsreduktion ist zwar nach der orthodoxen Interpretation ein Element dieser Beschreibung, aber diese Zustandsreduktion ist sicher unnötig und in bestimmten Fällen - z.B. für die Nebelkammer - wahrscheinlich sogar falsch. Die Zustandsreduktion exakt im Sinne der orthodoxen Interpretation ist für die Nebelkammer sicher falsch.

Zur Erklärung: Wenn man eine Tröpfchenbildung als Ortsmessung interpretiert, dann fordert die orthodoxe Interpretation eine Zustandsreduktion auf einen „isotropen“ Ortseigenzustand, der einen Impulserwartungswert Null aufweist. Eine Abfolge abwechselnder Ortsmessungen plus unitärer Zeitentwicklungen erzeugt dann sicher keine näherungsweise lineare Spur sondern einen Random Walk wie bei der Brownschen Bewegung. Das Teilchen verliert im Zuge der aufeinanderfolgenden Kollisionen offensichtlich kaum Impuls, während ein Kollaps auf einen Ortseigenzustand den Impuls bereits bei der ersten Ortsmessung und jeder folgenden vernichten würde. Die Annahmen einer Zustandsreduktion gemäß der orthodoxen Interpretation ist demnach sicher falsch. Eine Zustandsreduktion auf einen Unterraum im Sinne eines „weak measurements“ liefert möglicherweise eine korrekte Beschreibung, entspricht jedoch nicht mehr dem Postulat der orthodoxen Interpretation. Darüberhinaus zeigt Mott (bereits 1929), dass die linearen Spuren vollständig ohne jegliche Zustandsreduktion d.h. vollständig mittels unitärer Zeitentwicklung verstanden werden können. Da hier jedoch ohne Zustandsreduktion argumentiert wird, ist sie zum einen explizit überflüssig, zum anderen stellt die Ableitung Motts ein Herausforderung für die orthodoxe Interpretation dar. Letztere sieht zwingend für eine Messung eine Zustandsreduktion vor. Dies wäre nach Mott jedoch nur für die Beobachtung der Nebelkammer und der Spur als Ganzes möglich. Die orthodoxe Interpretation müsste demnach eine Observable für die Gesamtheit aller H2O-Moleküle benennen, die gemessen und auf deren Eigenräume projiziert wird.

Viele maßgebliche Interpretationen verzichten daher zurecht explizit auf den Kollaps, insbs. Consistent Histories, Ensemble Interpretation, Everett / Many Worlds Interpretation.

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