TomS |
Verfasst am: 08. Aug 2020 08:42 Titel: |
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Ok, ich versuche mal ein Spielzeugmodell einer Eichsymmetrie zu skizzieren. Wir betrachten ein zweidimensionales System. Stell dir einen Spin S als Einheitsvektor vor, dessen Spitze einen Kreis in der Ebene überstreichen kann. Dieser Einheitsvektor soll nun an ein externes Magnetfeld koppeln, dessen Richtung in der selben Ebene liegt. Die Wechselwirkung zwischen Spin S und Magnetfeld B hängt vom Winkel phi zwischen S und B ab: Das System weist eine SO(2) Rotationsinvarianz auf, die man unterschiedlich interpretieren kann: 1) Rotiert man B um einen gewissen Winkel, so muss man auch S um diesen Winkel rotieren, damit das System invariant ist. 2) Das externe Feld B zeichnet eine Richtung aus. Rotiert man das Koordinatensystem - jedoch weder S noch B - so haben S und B bzgl. der neuen Koordinatenachsen andere Komponenten; die o.g. Wechselwirkung bleibt jedoch unverändert, da sie nur vom Zwischenwinkel abhängt. (2) ist eine Symmetrietransformation, die zeigt, dass die Rotation des Bezugsystems physikalisch völlig irrelevant ist, da alle Richtung im System ausschließlich bzgl. B „gemessen“ werden. Es gibt nichts anderes, das eine Richtung auszeichnet, außer B. Die Rotation von B alleine ist keine Symmetrie, man muss im Sinne von (1) auch S mitrotieren. Die Unterscheidung zwischen (1) und (2) erscheint etwas künstlich, daher noch ein Beispiel: wenn man das Bezugsystem auf der Erdoberfläche ändert, insbs. nicht mehr den geographischen Nordpol als Bezugspunkt nutzt, ändert sich - im Sinne von (2) - nichts reales, mit Ausnahme der Darstellung der Erdoberfläche im Atlas. Wenn man jedoch die Erdachse tatsächlich kippt - im Sinne von (1) - ändern sich z.B. die realen Jahreszeiten; um letzteres zu verhindern müsste ich buchstäblich alles rotieren: die Ekliptik = Orbits aller Planeten, die Orientierung der Milchstraße ... (1) ist eine Interpretation, die darauf abzielt, dass ich am System selbst etwas verändere - das System und damit B und S selbst rotiere - während (2) darauf abzielt, dass ich physikalisch irrelevante Hilfsgrößen wie Koordinatensysteme ändere, jedoch B und S fest lasse. Eine Eichsymmetrie ist nun in gewisser Weise eine Kombination aus beiden: ich rotiere tatsächlich die physikalisch relevanten Größen, also B und S, jedoch steckt in einem Feld tatsächlich so etwas wie eine unphysikalische, irrelevante Hilfsgröße. Im o.g. Beispiel ist das anhand von B erkennbar. Ich schreibe B hat offenbar zwei Koponenten. Jedoch ist in ausschließlich ein Zwischenwinkel interessant; bei zwei Komponenten ist eine irgendwie zu viel. Bisher ist das noch keine Feldtheorie. Dazu wird das ganze, wenn ich dieses System aus B und S an jedem Punkt der Ebene betrachtend über alles integriere. Ich führe dazu die Felder B(x,y) und S(x,y) mit konstanten Beträgen ein und definiere Der Zwischenwinkel ist nun an jedem Punkt mit Koordinaten x,y definiert. Nun kann man B und S an jedem Punkt beliebig rotieren, solange nur der Zwischenwinkel identisch bleibt. Dann wird sich der Integrand und damit auch das Integral E, das für die Wechselwirkungsenergie steht, nicht ändern. Eine globale Symmetrie wäre gegeben, wenn B eine feste, xy-unabhängige Richtung hätte, man diese Richtung global rotieren, und natürlich zugleich die Richtung von S in jeden Punkt identisch rotieren würde. Eine lokale Symmetrie ist gegeben, weil ich B und S von Punkt zu Punkt beliebig rotieren kann, solange nur der Zwischenwinkel je Punkt identisch bleibt. In Matrix-Vektor-Schreibweise habe ich eine Rotation der Vektoren B,S mittels einer Rotationsmatrix R um einen Winkel alpha wobei B, S, phi und alpha Funktionen des Ortes und damit Felder sind. Die letzten beiden Gleichungen zeigen, das phi und E invariant unter dieser lokalen Eichtransformation R sind. Eine derartige lokale Symmetrie ist im Beispiel der Erde etc. sicher nicht gegeben. Ich kann nicht die Rotationsachsen aller Himmelskörper und die Ebenen aller Planetensysteme unabhängig voneinander lokal beliebig ändern! Ich kann dies nur für alle Himmelskörper und die Ebenen aller Planetensysteme global einheitlich tun. Insofern ist eine lokale Symmetrie etwas fundamental Neues. In der Praxis zeigt sich, dass lokale Eichsymmetrien immer mit unphysikalischen Hilfsgrößen einhergehen, die jedoch nicht in den Koordinatensystemen sondern tatsächlich in den Feldern selbst stecken. Bsp. elektromagnetisches Feld und Photonen: das elektromagnetische Feld basiert auf den Vektorpotentialen A, und diese enthalten in der 4-dim. Raumzeit vier unabhängige Komponenten, das Photon weist jedoch nur zwei transversale Polarisationen auf. Das Verschwinden von zwei unphysikalischen Polarisationen folgt gerade aus der lokalen Eichsymmetrie (allerdings ist das mathematisch etwas komplizierter als das obige Beispiel, in dem nur der Zwischenwinkel phi eine Rolle spiel). Wir sind noch recht weit von einer quantisieren Eichtheorie entfernt: B ist bisher ein extern vorgegebenes Feld, es enthält noch keine eigene Dynamik und damit noch keine kinetische Energie. Um das zu erreichen, muss man einerseits die 4er-Potentiale A des Elektromagnetismus einführen sowie die Maxwellgleichungen betrachten, andererseits die klassischen Felder S und B (bzw. A) quantisieren, also Feldoperatoren einführen ... Ich hoffe jedoch, dass die Idee der lokalen Eichtheorie dadurch etwas klarer geworden ist. |
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