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A.T.
Verfasst am: 28. Dez 2020 07:47
Titel:
wotan2020 hat Folgendes geschrieben:
Dann bewegt (beschleunigt) sich in jedem lokalen "Baum" Bezugssystem jeweils der Boden auf den Apfel zu.
Nein. Im freifallenden Apfel-Bezugssystem bewegt sich der Boden, nicht im Baum-System.
Aber Bewegung ist relativ, daher nicht das wesentliche hier. Das Entscheidende ist die Eigenbeschleunigung, die absolut ist. Ein Beschleunigungssensor am fallenden Apfel misst Null. Ein Beschleunigungssensor am Boden misst 1g nach oben. Das ist unabhängig von der Wahl des Bezugssystems.
wotan2020 hat Folgendes geschrieben:
Sollte es da nicht möglich sein ein globales System zu definieren und zu beschreiben, welches eine Gesamtbeschleunigung aller Äquatorstücke zur selben Zeit ermöglicht ?
Was meinst du mit Gesamtbeschleunigung? Die Eigenbeschleunigungen der Äquatorstücke sind in verschiedene Richtungen an verschiedenen Orten. Es mach keinen Sinn sie zu addieren, aber du kannst die Eigenbeschleunigungen als Vektor-Feld ausdrücken.
Du darfst aber die absolute Eigenbeschleunigung (was ein Beschleunigungssensor misst) nicht mit der üblichen relativen Beschleunigung (Änderung der Geschwindigkeit in irgendeinem Bezugssystem) verwechseln.
wotan2020
Verfasst am: 27. Dez 2020 19:37
Titel:
Ich danke Euch für die ausführlichen Antworten.
A.T.
"Die Oberflächen auf entgegengesetzten Seiten der Masse haben entgegengesetzte Eigenbeschleunigungen nach außen, weil ihre Weltlinien nach außen von geodätischen Weltlinien abweichen."
Corbi
"Die Vorstellung, dass sich der Boden beschleunigt auf den Apfel zubewegt stimmt also im Bezugssystem des freifallenden Apfels. Allerdings ist dieses Bezugssystem nicht global anwendbar. Es hat nur eine lokale Bedeutung in der unmittelbaren Umgebung des Apfels. Wenn du dich auf der anderen Seite der Erde befindest, kannst du auch hier ein Bezugssystem finden in dem sich der Boden beschleunigt nach oben bewegt. Es gibt aber kein globales Bezugssystem indem sich der Boden überall "nach oben" bewegt."
Eure beiden Aussagen berücksichtigend anbei ein konstruiertes Beispiel:
Man platziert um den gesamten Äquator eines reinen Steinplaneten (um die Meere der Erde zu vermeiden) dicht an dicht Apfelbäume und läßt synchron jeweils einen Apfel der Bäume zu Boden fallen. Dann bewegt (beschleunigt) sich in jedem lokalen "Baum" Bezugssystem jeweils der Boden auf den Apfel zu. Jemand im Weltall sieht dieses Schauspiel und stellt für jedes Apfelbaum-System eine Bewegungsgleichung auf, welches in Summe den gesamten Äquator abdeckt. Es gibt also kein Stückchen Erde am Äquator, welches sich nicht beschleunigt bewegt (in irgendeinem lokalen Apfelbaum-System).
Sollte es da nicht möglich sein ein globales System zu definieren und zu beschreiben, welches eine Gesamtbeschleunigung aller Äquatorstücke zur selben Zeit ermöglicht ?
Im negativen Fall erscheint mir hier Allgemeingültigkeit abhanden zu kommen ...
A.T.
Verfasst am: 27. Dez 2020 15:24
Titel: Re: Äquivalenzprinzip
wotan2020 hat Folgendes geschrieben:
Wie kann der Boden in alle möglichen Richtungen gleichzeitig beschleunigen? Würde das die Erde nicht zerreißen?
Beschleunigen ist nicht das gleiche wie bewegen. Auch in klassischer Mechanik können Körper aufeinander beschleunigen, ohne sich aufeinander zu bewegen: Zentripetal-Beschleunigung bei Rotation.
In gekümmerter Raumzeit geht es auch in die andere Richtung: Auseinander beschleunigen, ohne sich auseinander zu bewegen.
Beschleunigen bedeutet hier, dass man sich in der Raumzeit nicht auf einer Geodäte bewegt (Eigenbeschleunigung, die ein Beschleunigungs-Messer misst). Lokal (wo das Äquivalenzprinzip gilt) sieht das in etwas so aus:
https://www.youtube.com/watch?v=DdC0QN6f3G4&feature=emb_title
Global gilt das Äquivalenzprinzip nicht mehr, weil die Raumzeit intrinsisch gekrümmt ist. Daher konvergieren die geodätischen Weltlinien (im Bild unten rot) von freifaltenden Objekten auf entgegengesetzten Seiten der Masse (diese haben keine Eigenbeschleunigung):
https://www.physicsforums.com/attachments/gravity_global_small-png-png.271314
Die Oberflächen auf entgegengesetzten Seiten der Masse haben entgegengesetzte Eigenbeschleunigungen nach außen, weil ihre Weltlinien nach außen von geodätischen Weltlinien abweichen.
Corbi
Verfasst am: 27. Dez 2020 03:33
Titel:
Nach dem Äquivalenzprinzip gelten in einem freifallenden Bezugssystem in einem Gravitationsfeld lokal die selben physikalischen Gesetze wie in einem inertialen Bezugssystem in einer flachen Raumzeit. Die Beschleunigung des freifallenden Beobachters relativ zur Planetenoberfläche ist somit in allen physikalischen Auswirkungen äquivalent zur Bewegung eines kräftefreien Objekts in einem beschleunigten Bezugssystem.
mathematisch Bedeutet diese Äquivalenz, dass sich sowohl der freifallende Beobachter im Gravitationsfeld als auch der inertiale Beobachter in der flachen Raumzeit auf Geodäten (den "natürlichen" Pfaden der Raumzeit) bewegen.
Der Planetenboden sowie der Boden in Einsteins Weltraumkasten bewegen sich dabei (durch die Wirkung von nicht-gravitativen Kräften z.B. Elektromagnetismus) auf nicht-geodätischen Pfaden.
Der Erdboden ist an jeder Stelle gegen seine lokalen Geodäten beschleunigt. Diese Geodäten werden von der geometrischen Struktur der Raumzeit festgelegt. Es gibt aber keine relative Beschleunigung zwischen den verschiedenen Punkten, die auf der Erdoberfläche liegen
wotan2020 hat Folgendes geschrieben:
Verständnisfrage zur Gravitation i.S. der ART:
Auf dem Planet Erde liegt eine Melone auf einem Tisch, der wiederum fest auf dem Boden steht. Gemäß ART beschleunigt der Boden in Richtung des Tisches, der wiederum in Richtung der Melone beschleinigt sodaß es wirkt, als würde die Melone kraft ihrer schweren Masse auf dem Tisch liegen.
Genauso fällt nicht ein Apfel vom Baum zu Boden, sondern der Boden beschleunigt in Richtung des Apfels, der sich im freien Fall befindet (also schwerelos ist), bis sich Boden und Apfel treffen.
Ich platziere jetzt hypothetisch überall auf dem Erdball Tische mit Melonen auf festem Grund. Wie kann der Boden in alle möglichen Richtungen gleichzeitig beschleunigen? Würde das die Erde nicht zerreißen?
Die Vorstellung, dass sich der Boden beschleunigt auf den Apfel zubewegt stimmt also im Bezugssystem des freifallenden Apfels. Allerdings ist dieses Bezugssystem nicht global anwendbar. Es hat nur eine lokale Bedeutung in der unmittelbaren Umgebung des Apfels. Wenn du dich auf der anderen Seite der Erde befindest, kannst du auch hier ein Bezugssystem finden in dem sich der Boden beschleunigt nach oben bewegt. Es gibt aber kein globales Bezugssystem indem sich der Boden überall "nach oben" bewegt.
wotan2020
Verfasst am: 26. Dez 2020 23:13
Titel: Äquivalenzprinzip
Verständnisfrage zur Gravitation i.S. der ART:
Auf dem Planet Erde liegt eine Melone auf einem Tisch, der wiederum fest auf dem Boden steht. Gemäß ART beschleunigt der Boden in Richtung des Tisches, der wiederum in Richtung der Melone beschleinigt sodaß es wirkt, als würde die Melone kraft ihrer schweren Masse auf dem Tisch liegen.
Genauso fällt nicht ein Apfel vom Baum zu Boden, sondern der Boden beschleunigt in Richtung des Apfels, der sich im freien Fall befindet (also schwerelos ist), bis sich Boden und Apfel treffen.
Ich platziere jetzt hypothetisch überall auf dem Erdball Tische mit Melonen auf festem Grund. Wie kann der Boden in alle möglichen Richtungen gleichzeitig beschleunigen? Würde das die Erde nicht zerreißen?