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MI
Verfasst am: 06. Dez 2010 17:33
Titel: Re: Festkörperphysik: optische und akustische Zweige
Das begründet besser und fasst teilweise schön zusammen, was ich verteilt als Wissensbrocken so bei mir habe.
Die Dispersionsrelationen sind mir bekannt (für die zweiatomige lineare Kette durften wir das auch mal von Hand ausrechnen), deine physikalischen Begründungen klingen sehr logisch. Das war auch der Punkt, wo uns ursprünglich die Frage gekommen war, was denn nun die verschiedenen Anregungsmechanismen sind, weil die verschiedenen Zweige ja tatsächlich unterschiedliche Dispersion, also unterschiedliches "Verhalten" haben. Und wenn man dann so ein Bild wie bspw. hier:
Phononendispersion
hat, da haben wir uns eben gefragt, ob es noch weitere Möglichkeiten gibt, im Vornherein zu wissen, welche Prozesse man am besten nutzt, um die verschiedenen Zweige im Experiment sichtbar zu machen.
An Raman- und Brillouin-Streuung hatte ich nicht gedacht, das ist auf jeden Fall schon einmal ein guter Punkt.
Auch Energie- und Impulserhaltung ist logisch. Es ist klar, dass das immer Randbedingungen sind - aber du hast natürlich Recht, die legen mir teilweise schon ziemlich genau fest, welche Phononen überhaupt angeregt werden können. Das ist ein sehr guter Punkt, das habe ich mir auch nie so klar vor Augen geführt.
Auch wenn ich die Frage ursprünglich etwas anders gemeint hatte (spezieller), so ist die Frage damit trotzdem schon ganz gut geklärt, weil die schöne Zusammenfassung mir aufgezeigt hat, warum ich nicht ganz zu Ende gedacht hatte.
Insofern: Vielen Dank für die ausführliche Antwort!
Gruß
MI
dermarkus
Verfasst am: 06. Dez 2010 12:56
Titel: Re: Festkörperphysik: optische und akustische Zweige
MI hat Folgendes geschrieben:
Was wir uns jetzt gefragt haben, wie sich entscheidet, welche Art von Phonon jetzt angeregt wird.
Ich würde sagen, das entscheidet sich zum einen nach Impulserhaltung und Energieerhaltung, also ob das, was anregen möchte, zu dem passt, was angeregt werden soll. Und zum anderen spielt auch eine Rolle, ob das, was anregen möchte, einen Angriffspunkt dafür hat, also ob eine Wechselwirkung stattfinden kann.
Impuls und Energie so eines Photons beschreibt man ja mit Hilfe des Wellenvektors
und der Kreisfrequenz
, den Zusammenhang zwischen beiden trägt man gern in einem Diagramm als Dispersionsrelation auf.
Akustische Phonenen haben eine vergleichsweise kleinere Energie und zeigen starke Dispersion (zum Beispiel bei kleinen k einen etwa linearen Anstieg der Energie mit dem Impuls). Diese Eigenschaft hat Schall auch, daher nennt man diese Phononen akustisch. Anregen kann man sie also mit Prozessen, die zu dieser Dispersionsrelation passen, also tendentiell etwas kleinere Energien mit dazu passenden Impulsen.
(Prozesse, mit denen man akustische Phononen anregt, sind Brillouin-Streuuung, Raman-Streuung, ... Das sind Prozesse, bei denen nicht ein einziges Photon komplett absorbiert wird (Photonen haben viel Energie und vergleichsweise sehr wenig Impuls), sondern auch ein Photon wieder ausgespuckt wird. So kann bei so einer Anregung eine kleine Energie (Differenz zweier Photonenenergien) übertragen werden, und gleichzeitig ein relativ großer Impuls (zum Beispiel fast der volle Impuls zweier Photonen.))
Optische Phononen habe eine größere Energie und eine schwächere Dispersion. Diese Energie ist oft dieselbe wie die eines Photons im sichtbaren oder infraroten Bereichs, so dass eine Anregung optischer Phononen durch solche Photonen denkbar ist.
Damit die Anregung auch wirklich möglich wird (der Kristall nicht nur optische Phononen beinhalten kann, sondern auch wirklich optisch aktiv ist, also die optischen Phonenen auch wirklich durch Photonen angeregt werden können), dafür braucht man einen Angriffspunkt für die Photonen, nämlich eine elektrische Polarisation der Atome im Kristallgitter (die mit den elektrischen Feldern der Photonen wechselwirkt).
MI
Verfasst am: 04. Dez 2010 15:43
Titel: Festkörperphysik: optische und akustische Zweige
So, obwohl meine Festkörperphysikklausur jetzt geschrieben ist (sehr seltsame Klausur) und ich der experimentellen Festkörperphysik damit vermutlich den Rücken kehre, habe ich doch noch eine Frage:
Bei n-atomigen Ketten gibt es ja insgesamt 3n verschiedene Zweige von Dispersionsrelationen, wovon genau 3 akustisch und der Rest optisch genannt werden.
Was wir uns jetzt gefragt haben, wie sich entscheidet, welche Art von Phonon jetzt angeregt wird. So, wie ich das verstanden habe, regen Schallwellen grundätzlich nur akustische Schwingungen an. Ich könnte mir vorstellen, dass durch die Einfallart/winkel bestimmt wird welcher Zweig, bzw. welche Zweige (transversal, bei senkrechter Anregung vermutlich vorwiegend longitudinal), angeregt werden.
EM-Wellen regen wohl optische Phononen an (vermutlich transversal, in die Richtung des E-Feldes), aber wie werden dann longitudinale optische Wellen angeregt und welcher der vielen Zweige wird überhaupt angeregt?
Wir hatten auch noch überlegt, ob eventuell einfach alle angeregt werden - aber auch da müsste es doch noch weitere Erklärungen geben.
Natürlich sollte es auch so sein, dass durch die Imperfektheiten des Gitters durch Phonon-Phonon-Streuung andere Phononen angeregt werden, aber für nahezu perfekte Gitter spielt das ja eher keine Rolle.
Gruß
MI