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RBMK 1000 / Tschernobyl / Kernphysik
 
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juliannn
Gast





Beitrag juliannn Verfasst am: 08. Jan 2016 14:33    Titel: RBMK 1000 / Tschernobyl / Kernphysik Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Ich habe für mein anstehendes Physik Referat ein paar Fragen zum RBMK ihr könnt mir weiterhelfen.


Meine erste Frage zum Aufbau:
Wieso werden die einzelnen Druckröhren unter Druck gesetzt. Mir ist klar, dass beim Siedewasserreaktor mit Wärmetauscher das Wasserdruck den erhöhten Druck nicht sieden soll. Beim RBMK mit Wärmetauscher macht der Druck meiner Meinung nach aber doch keinen Sinn? Oder? Denkfehler? :D

2. Beim Unfall wird beshcrieben das die Spitzen der Steuerstäbe aus Graphit die Reaktivität deutlich steigern liesen. Ist mir auch klar, durch das einfahren des Graphits wurden die freien Neutronen abgebremst um weitere Uran 235 Atome zu spalten was zur erhöhten thermischer Energie des Wassers führt, verdampft, keine Kühlung Folge Kernschmelze und Explosion. Oder auch komplett falsch Verstanden??
Gegenfrage: Wie hat man das Problem gelöst. Sie (RBMK) sind ja bis heute graphitmoderiert.


Danke

Meine Ideen:
Willi23



Anmeldungsdatum: 07.02.2014
Beiträge: 174

Beitrag Willi23 Verfasst am: 08. Jan 2016 14:53    Titel: Antworten mit Zitat

1. Kannst du genauer erläutern warum der Druck beim RBMK für dich keinen Sinn macht?

2. Wie du schon sagtest waren nur die Spitzen der Steuerstäbe aus Graphit. Ich weis gerade nicht mehr genau was die sich damals dabei gedacht haben, aber die Graphitspitze war für die Steuerstäbe nicht notwendig. Sie wurden nach dem Vorfall aus den noch laufenden RBMK Reaktoren entfernt sodass die Steuerstäbe nur noch aus Absorbermaterial bestehen. Die Moderation geschieht allerdings immernoch durch Graphit.

MfG

Willi
juliannn
Gast





Beitrag juliannn Verfasst am: 08. Jan 2016 14:55    Titel: Antworten mit Zitat

1. Gegenfrage: Welchen Sinn hat der Druck?

2. Spitzen waren aus Graphit. Aus was bestand der Rest?
Willi23



Anmeldungsdatum: 07.02.2014
Beiträge: 174

Beitrag Willi23 Verfasst am: 08. Jan 2016 15:16    Titel: Antworten mit Zitat

1. Zunächst mal den selben wie bei den Siedewasserreaktoren oder nicht? Das Wasser soll bei den hohen Temperaturen im Reaktor nicht verdampfen deswegen muss ein gewisser Druck darin herrschen. Wahrscheinlich hast du dich aber gefragt warum auch die einzelnen Druckröhren unter Druck stehen? Ehrlich gesagt weis ich gerade nicht die genauen technischen Details aber grundsätzlich ist es ja schon Sinnvoll die Röhren unter den gleichen Druck zu setzen damit sie nicht von Überdruck umgeben sind. Könnte aber auch noch andere Gründe haben die aber sicher für einen Vortrag unwichtig sind.

2. Wie gesagt aus einem Absorbermaterial (Google einfach woraus die Steuerstäbe bestehen Zunge raus). Ich schätze du hast noch nicht ganz verstanden was die Aufgabe der Steuerstäbe ist. Insbesondere der Unterschied zwischen Moderator und Absorber in einem U235 Reaktor:

Moderator: Der Moderator eines Reaktors hat die Aufgabe, die bei den Reaktionen entstehenden schnellen Neutronen abzubremsen sodass diese abgebremsten Neutronen neue Kernspaltungen auslösen können. Der Moderator ermöglichst erst das zustandekommen der Kettenreaktion. Wäre er nicht vorhanden, würden die schnellen Neutronen einfach aus dem Kern entweichen und keine Folgereaktionen auslösen.
Der Moderator befindet sich aber nicht in den Steuerstäben sondern ist ein unbeweglicher Bestandteil des Aufbaus.

Absorber ( Steuerstäbe ): Die Steuerstäbe haben die Aufgabe Neutronen abzufangen. Sie bremsen nicht ab, sondern absorbieren die Neutronen vollständig sodass sie als Gegenspieler zum Moderator verstanden werden können. Die Steuerstäbe sind nicht notwendig um die Kettenreaktion am laufen zu halten, aber sie sind notwendig um die Reaktrion zu steuern/kontrollieren und bei Bedarf zum erliegen bringen zu können.

MfG

Willi

PS: Habs kurz gegoogelt:

"... Die Steuerstäbe enthalten Borcarbid (B4C) ..." - Wikipedia über den RBMK
juliannn
Gast





Beitrag juliannn Verfasst am: 08. Jan 2016 17:14    Titel: Antworten mit Zitat

Okay, aber warum führte dann das einfahren der Steuerstäbe zur Explosion bzw. zum Leistungsanstieg?
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8571

Beitrag jh8979 Verfasst am: 08. Jan 2016 17:34    Titel: Antworten mit Zitat

juliannn hat Folgendes geschrieben:
Okay, aber warum führte dann das einfahren der Steuerstäbe zur Explosion bzw. zum Leistungsanstieg?

Weil die Stäbe konstruktionsbedingt am Ende eine Graphikspitze hatten. Diese Spitze sorgt für einen Leistungsanstieg beim Einfahren, da Graphit als Moderator wirkt und schnelle Neutronen abbremst. Im Normalfall ist das nicht so schlimm, da dieser nur kurz und nicht so gross ist. Da hier jedoch fast alle Stäbe gleichzeitig eingeführt wurde, war dieser Leistungsanstieg sehr gross und löste (u.a.) die Katastrophe aus.

Als Analogie kannst Du dir ungefähre so vorstellen als ob bei der Feuerwehr beim Löschen immer erstmal ein kleine Menge Benzin aus dem Schlauch kommt und dann erst das Wasser. Wenn es nur ein Schlauch ist gibts kein Problem. Wenn da 20 gleichzeitig anfangen aber schon.
Willi23



Anmeldungsdatum: 07.02.2014
Beiträge: 174

Beitrag Willi23 Verfasst am: 08. Jan 2016 18:44    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn du genau verstehen willst wieso es da zur Explosion kam musst du dich ein wenig mit der Kritikalität/Reaktivität und mit prompten/verzögerten Neutronen in einem Reaktor auseinandersetzen.

Der Reaktor war vor Einfahren der Steuerstäbe in einem höchst instabilen Zustand. Die absicht der Mannschaft war, die Leistung des Reaktors hochzufahren aber die Rate des Leistungsanstiegs geriet außer Kontrolle. Mit dem Einfahren der Graphitspitzen wurde der Reaktor dann "prompt überkritisch". Und "prompt überkritisch" ist ein Zustand den ein Reaktor niemals erreichen darf. Es bedeutet im wesentlichen dass sich die Leistung innerhalb von Sekundenbruchteilen vervielfacht, was natürlich nicht kontrolliert werden kann.

Zwischen Betätigen der Notabschaltung und der Explosion des Reaktors lagen nach den Berichten in etwa 4 Sekunden, du kannst dir das ganze also ein etwa so vorstellen:

Notabschaltung wurde betätigt -> Alle Steuerstäbe ( von denen die Meisten voll ausgefahren waren) werden gleichzeitig in den Reaktor gefahren. Das vollständige einfahren der Steuerstäbe dauert ca. 18 Sekunden. -> In den ersten paar Sekunden des einfahrens sorgen die Graphitspitzen für eine Zunahme der Reaktivität im Reaktor. -> Nach 3,xx Sekunden wird der Reaktor prompt überkritisch -> BOOM

Es ist also nicht einfach nur ein Leistungsanstieg den man nicht eindämmen konnte sondern es wurde eine Grenze der Reaktivität überschritten, die wie die Zündung einer Atombombe wirkt.

MfG

Willi
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