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Warum du ein Genie bist
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Fufaev



Anmeldungsdatum: 11.10.2012
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Beitrag Fufaev Verfasst am: 14. Jun 2015 17:12    Titel: Warum du ein Genie bist Antworten mit Zitat

Hab' so eine Art "Motivationsvideo" für Lernende erstellt. Was sagt ihr dazu? Hilfe

https://www.youtube.com/watch?v=0pWYqZEZXdY
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
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Beitrag jh8979 Verfasst am: 14. Jun 2015 17:32    Titel: Antworten mit Zitat

Nicht alle Mensch sind gleich intelligent, oder, was hier passender ist, können gleich gut Mathematik/Physik. Ich halte also nichts davon jemandem versuchen mit so einer Lüge zu motivieren.

Jeder kann nämlich Mathematik/Physik verstehen (in gewissen Grenzen), wenn man es ihm richtig erklärt.
Fufaev



Anmeldungsdatum: 11.10.2012
Beiträge: 60

Beitrag Fufaev Verfasst am: 14. Jun 2015 18:22    Titel: Antworten mit Zitat

jh8979 hat Folgendes geschrieben:
Nicht alle Mensch sind gleich intelligent, oder, was hier passender ist, können gleich gut Mathematik/Physik. Ich halte also nichts davon jemandem versuchen mit so einer Lüge zu motivieren.

Jeder kann nämlich Mathematik/Physik verstehen (in gewissen Grenzen), wenn man es ihm richtig erklärt.


Wenn es um ausgewachsene Menschen geht, da gebe ich dir Recht, dass nicht alle gleich gut eine Sache beherrschen. Aber als Kinder - so meine Ansicht - besaßen wir alle das gleiche Potential mit leicht unterschiedlichen Schwerpunkten (je nach dem ob männliches oder weibliches Gehirn etc.). Es ist aber auch klar, dass ein Kind niemals gut in Mathematik werden kann, wenn sein soziales Umfeld es daran hindert. Lehrer
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 14. Jun 2015 18:42    Titel: Antworten mit Zitat

Fufaev, die moderne Hirnforschung kommt zu anderen Ergebnissen.

Da Du Dich anscheinend mit Einstein beschäftigt hast, nehme ich an, daß Du weißt, was nach seinem Tod mit seinem Gehirn passiert ist.
jh8979
Moderator


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Beiträge: 8582

Beitrag jh8979 Verfasst am: 14. Jun 2015 19:13    Titel: Antworten mit Zitat

Fufaev hat Folgendes geschrieben:

Wenn es um ausgewachsene Menschen geht, da gebe ich dir Recht, dass nicht alle gleich gut eine Sache beherrschen. Aber als Kinder - so meine Ansicht - besaßen wir alle das gleiche Potential mit leicht unterschiedlichen Schwerpunkten (je nach dem ob männliches oder weibliches Gehirn etc.).

Das ist nicht richtig. Es gibt einfach intellektuelle Unterschiede, genauso wie es körperliche Unterschiede gibt. Niemand profitiert davon, dass man diese Unterschiede verleugnet. Denn erst wenn man diese Unterschiede anerkennt, kann jeder(!) angemessen gefördert werden, so wie es seinen Fähigkeiten entspricht.
Fufaev



Anmeldungsdatum: 11.10.2012
Beiträge: 60

Beitrag Fufaev Verfasst am: 18. Jun 2015 20:54    Titel: Antworten mit Zitat

jh8979 hat Folgendes geschrieben:
Das ist nicht richtig. Es gibt einfach intellektuelle Unterschiede, genauso wie es körperliche Unterschiede gibt. Niemand profitiert davon, dass man diese Unterschiede verleugnet. Denn erst wenn man diese Unterschiede anerkennt, kann jeder(!) angemessen gefördert werden, so wie es seinen Fähigkeiten entspricht.


Ich habe dazu auch keine wissenschaftlichen Belege, aber meiner Überzeugung nach ist es doch richtig! Ich bin FEST davon überzeugt, dass in jedem Kind ein Genie steckt. Der einzige Unterschied liegt an der Verarbeitungsgeschwindigkeit der aufgenommenen Informationen, welche aber wahrscheinlich auch durch Entwicklung im Kindesalter beeinflusst wird. Auch, wenn ich wissenschaftliche Belege hätte, dass meine Überzeugung nicht stimmt, wäre es trotzdem sinnvoll von der eigenen Genialität - in einer nicht übertriebenen Weise - überzeugt zu sein. Wenn man nicht an die eigenen Fähigkeiten und Potentiale glaubt, wie soll in so einer Person die Genialität jemals aufrechterhalten werden? Ich denke, man wird als ein "rohes Genie" geboren und im Laufe der Zeit zu einem homogenen Menschen gemacht. Sprich, er besitzt eine weit verbreitete Denkweise, ein ähnliches Verhalten, ähnlichen Kleidungsstil, gleiche Geh-Geschwindigkeit (meine Beobachtung der Menschen in der Stadt). Vieles ist sehr homogen, was natürlich - weil es gewöhnlich ist - als nichts Besonderes angesehen wird. Und, wenn etwas nicht Besonders erscheint, kann auch nicht genial erscheinen, oder?


Zuletzt bearbeitet von Fufaev am 18. Jun 2015 21:31, insgesamt einmal bearbeitet
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8582

Beitrag jh8979 Verfasst am: 18. Jun 2015 21:03    Titel: Antworten mit Zitat

Fufaev hat Folgendes geschrieben:
Auch, wenn ich wissenschaftliche Belege hätte, dass meine Überzeugung nicht stimmt, wäre es trotzdem sinnvoll von der eigenen Genialität - in einer nicht übertriebenen Weise - überzeugt zu sein.

Aha.... also egal, ob es stimmt oder nicht was Du sagst, für Dich stimmt es... gut das wir drüber geredet haben.
Fufaev



Anmeldungsdatum: 11.10.2012
Beiträge: 60

Beitrag Fufaev Verfasst am: 18. Jun 2015 21:13    Titel: Antworten mit Zitat

jh8979 hat Folgendes geschrieben:
Fufaev hat Folgendes geschrieben:
Auch, wenn ich wissenschaftliche Belege hätte, dass meine Überzeugung nicht stimmt, wäre es trotzdem sinnvoll von der eigenen Genialität - in einer nicht übertriebenen Weise - überzeugt zu sein.

Aha.... also egal, ob es stimmt oder nicht was Du sagst, für Dich stimmt es... gut das wir drüber geredet haben.


Mit genügend Selbstwertgefühl, hat man nichts anderes übrig, als an die persönliche Genialität zu glauben. Sich in irgendeiner Form minderwertiger zu fühlen als Albert Einstein oder z.B. zu behaupten, man könne keine Mathematik ist höchst unproduktiv. Eben so lange davon überzeugt sein, dass man gut ist, bis man gut wird. Ganz easy. Oder würdest du, jh8979, sagen, dass ich mit so einer Lebensphilosophie nicht weit komme?


Zuletzt bearbeitet von Fufaev am 18. Jun 2015 21:20, insgesamt einmal bearbeitet
jh8979
Moderator


Anmeldungsdatum: 10.07.2012
Beiträge: 8582

Beitrag jh8979 Verfasst am: 18. Jun 2015 21:16    Titel: Antworten mit Zitat

Ob man sich anderen gegenüber minderwertig fühlt oder denkt man wäre ein Genie (was auch immer das genau sein soll), ist doch ein himmelweiter Unterschied. Es gibt dazwischen eine ganze Reihe von (gesünderen) Abstufungen.
ML



Anmeldungsdatum: 17.04.2013
Beiträge: 3399

Beitrag ML Verfasst am: 18. Jun 2015 21:26    Titel: Re: Warum du ein Genie bist Antworten mit Zitat

Hallo,

Fufaev hat Folgendes geschrieben:
Hab' so eine Art "Motivationsvideo" für Lernende erstellt. Was sagt ihr dazu? Hilfe https://www.youtube.com/watch?v=0pWYqZEZXdY


Ich widerspreche. Nein, es ist nicht jeder ein Genie. Es ist auch nicht jeder ein Leistungssportler, es ist nicht jeder ein Schachweltmeister, nicht jeder ist ein großer Maler, nicht jeder Mensch ist gleich empathisch. Es gibt Unterschiede zwischen den Menschen -- in Bezug auf Interessen, in Bezug auf die Leistungsfähigkeit des Gehirns und (das sprichst Du auch an) in Bezug auf die Förderung durch die Umgebung und die darauf vielleicht folgende Motivation. Unter Lehrern gibt es einen etwas flapsigen Spruch, der besagt, dass 10% der Schüler so gut sind, dass sie eigentlich keinen Unterricht brauchten, für 10% der Schüler ist eh alle Mühe verloren und für die restlichen 80% machst Du den Unterricht. Ich denke, das kommt der Realität ein wenig näher.

Die Annahme, dass jeder ein Genie ist, ist für meinen Geschmack eine zwar sympathische, aber romantisch verklärte Vorstellung. Gerade für diejenigen, die sich mit Mathematik und Physik schwer tun, ist es nicht sehr hilfreich zu hören, sie seien eigentlich Genies. Im besten Fall kommen sich die Menschen veralbert vor; im schlimmsten Fall wirkt es ausgesprochen demotivieren, wenn die 'Genies' dann an einfachen Aufgaben scheitern. Ich käme mir beispielsweise veralbert vor, wenn mich jemand einen Ausnahmekünstler im Bereich der Malerei nennen würde. Meine "Kunstwerke" umfassen gerade Linien, Kreise Dreiecke, Rechtecke und bei guter Führung Parallelogramme. Man kann vielleicht was erkennen, aber von ästhetischer Freude beim Betrachten meiner "Kunstwerke" würde ich erstmal nicht ausgehen Big Laugh. Auch im Bereich der Elektrotechnik, dem Fach, das ich studiert habe, würde ich mich schon sehr wundern, wenn mich jemand ein Genie nennen würde. Ich arbeite ganz passabel, ja, aber ein Genie!?

Mit dem Begriff Genie kann ich ohnehin recht wenig anfangen. War Einstein ein Genie? Ich würde eher behaupten, nein. Er war ein sehr guter Forscher, der revolutionären Ideen zum Durchbruch verholfen hat. Und in seinem Gebiet war er mit an der Spitze. Aber es gibt eben auch viele Leute, auf deren Erkenntnissen er aufbauen konnten. Die spezielle Relativitätstheorie wäre beispielsweise kaum ohne die Arbeiten von Maxwell und Faraday aufgestellt worden. Und es gab zu seiner Zeit viele andere Forscher, die ebenfalls hervorragende Arbeit auf ihrem Gebiet geleistet haben.

Wieso ist Albert Einstein der Prototyp eines Genies? Weshalb nicht Marie Curie, Emmy Noether oder Max Born? Waren sie schlechter als Einstein? War Brahms besser als Beethoven? Und, ist diese Frage überhaupt relevant? Wir wollten doch aus heutiger Sicht auf keine der genannten Personen verzichten.

Ich finde, eine realistische Einschätzung und die Suche nach einem für die jeweiligen Menschen geeigneten Beschäftigungsgebiet sind bessere Wegweiser als eine undifferenzierte Motivation der Art "Jeder ist ein Genie".


Viele Grüße
Michael


Zuletzt bearbeitet von ML am 19. Jun 2015 12:36, insgesamt 5-mal bearbeitet
Fufaev



Anmeldungsdatum: 11.10.2012
Beiträge: 60

Beitrag Fufaev Verfasst am: 18. Jun 2015 21:29    Titel: Antworten mit Zitat

jh8979 hat Folgendes geschrieben:
ein Genie (was auch immer das genau sein soll)


jh8979, was ist denn für dich ein Genie?

Für mich: Ein Mensch, der nicht meiner obigen Beschreibung entspricht:

Zitat:
er besitzt eine weit verbreitete Denkweise, ein ähnliches Verhalten, ähnlichen Kleidungsstil, gleiche Geh-Geschwindigkeit...


er erscheint eben nicht "homogen" und fällt durch ein bestimmte Verhalten oder andere Dinge auf. Er wird von seinem sozialen Umfeld entweder imitiert oder schräg angesehen. Um aber "anders" zu sein, muss das Genie Kreativität besitzen und keine Angst haben gegen das homogene System vorzugehen. Das Genie ist nichts anderes als Chaos in einem toll funktionierenden System.
index_razor



Anmeldungsdatum: 14.08.2014
Beiträge: 3259

Beitrag index_razor Verfasst am: 18. Jun 2015 21:54    Titel: Antworten mit Zitat

Fufaev hat Folgendes geschrieben:
jh8979 hat Folgendes geschrieben:
Fufaev hat Folgendes geschrieben:
Auch, wenn ich wissenschaftliche Belege hätte, dass meine Überzeugung nicht stimmt, wäre es trotzdem sinnvoll von der eigenen Genialität - in einer nicht übertriebenen Weise - überzeugt zu sein.

Aha.... also egal, ob es stimmt oder nicht was Du sagst, für Dich stimmt es... gut das wir drüber geredet haben.


Mit genügend Selbstwertgefühl, hat man nichts anderes übrig, als an die persönliche Genialität zu glauben.


Ja, das geht Leuten mit manischer Persönlichkeitsstörung übrigens genauso. Siehst du da irgendwo eine Grenze?

Zitat:

Sich in irgendeiner Form minderwertiger zu fühlen als Albert Einstein oder z.B. zu behaupten, man könne keine Mathematik ist höchst unproduktiv.


Nunja, wer das Bedürfnis hat, sich selbst daran zu bewerten wie er im Vergleich mit Albert Einstein abschneidet, hat, sagen wir mal, nicht gerade den Pfad der Erleuchtung eingeschlagen. Wie glänzend man glaubt, diesen Vergleich bestanden zu haben, ist dann eher eine Nebensächlichkeit.
Brillant



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Beitrag Brillant Verfasst am: 19. Jun 2015 02:03    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Fufaev,

ich denke, dass kein Mensch in allen Sparten gleichzeitig genial sein kann. Das letzte Universal-Genie soll angeblich Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 - 1716) gewesen sein. Inzwischen sind die menschlichen Kenntnisse so umfangreich, dass kein Einzelner mehr in der Lage ist, alles zu überschauen.

Das bedeutet meiner Ansicht nach auch, dass ich kein Fachgebiet benennen kann, in dem jeder Säugling ein Genie werden könnte, wenn er denn nur gefördert - bzw. nicht behindert - würde.

Also kann auch nicht jeder Säugling ein Physik-Genie werden. Der eine wird vielleicht ein genialer Musiker, der andere ein Maler, Bildhauer oder Mediziner, Militärführer, Flugzeugbauer oder Sternen-Gucker. Doch die meisten werden Mitläufer, die voll damit beschäftigt sind, nicht anzuecken.

Ich denke, die wunderbare soziale Idee "Jeder hat die gleichen Chancen" ist jämmerlich gescheitert. Kinder kommen nicht raus aus ihrem Milieu. Ausnahmen bestätigen die Regel. Nenne mir einen genialen Physiker, der aus dem Arbeiter-Milieu stammt.

Und die Wahrheit ist auch: In einer Gruppe können nicht nur Häuptlinge sein.
isi1



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Beitrag isi1 Verfasst am: 19. Jun 2015 08:47    Titel: Antworten mit Zitat

In Wirklichkeit ist es so:
Zitat:
Intelligenz ist die am gerechtesten verteilte Eigenschaft, denn jeder denkt, dass er genug davon erhalten hat.

_________________
Grüße aus München, isi •≡≈ ¹₁₂½√∠∞±∫αβγδεηκλπρσφω ΔΣΦΩ
schnudl
Moderator


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Beitrag schnudl Verfasst am: 19. Jun 2015 16:57    Titel: Antworten mit Zitat

Brillant hat Folgendes geschrieben:
Kinder kommen nicht raus aus ihrem Milieu.

Ist leider traurige Wahrheit. Ich kann nur über das österreichische Bildungssystem reden: es versagt komplett, wenn es darum geht, Kindern gleiche Förderung angedeihen zu lassen, egal aus welchem Milieu sie auch stammen mögen. Und hier geht es nicht um "Genie oder nicht Genie" sondern um das nackte Überleben ganzer Generationen in einer mehr und mehr gnadenlosen Leistungsgesellschaft, die von durchwegs selbsternannten Genies gelenkt wird...

_________________
Wenn du eine weise Antwort verlangst, musst du vernünftig fragen (Goethe)
PhysikGnom



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Beitrag PhysikGnom Verfasst am: 20. Jun 2015 00:35    Titel: Antworten mit Zitat

Intelligenz ist so bedeutungslos definiert. Es macht keinen Sinn sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Jeder soll das tun was er mag und kann.
Jayk



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Beitrag Jayk Verfasst am: 20. Jun 2015 02:58    Titel: Antworten mit Zitat

PhysikGnom hat Folgendes geschrieben:
Intelligenz ist so bedeutungslos definiert.


Bedeutungslos würde ich es nicht nennen. Intelligenz heißt im Wesentlichen, daß man Probleme (vor allem unbekannte) in möglichst kurzer Zeit und unter möglichst geringer Anstrengung lösen kann (ersteres ist das, was bei einem IQ-Test gemessen wird, und letzteres ist an Menschen mit besonders hohem IQ nachgewiesen). Ich würde nicht sagen, daß das bedeutungslos ist. Das soll aber ausdrücklich kein Plädoyer für IQ-Tests sein!

Deinem zweiten und dritten Satz stimme ich aber uneingeschränkt zu. smile
PhysikGnom



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Beiträge: 77

Beitrag PhysikGnom Verfasst am: 20. Jun 2015 22:15    Titel: Antworten mit Zitat

Jayk hat Folgendes geschrieben:
PhysikGnom hat Folgendes geschrieben:
Intelligenz ist so bedeutungslos definiert.


Bedeutungslos würde ich es nicht nennen. Intelligenz heißt im Wesentlichen, daß man Probleme (vor allem unbekannte) in möglichst kurzer Zeit und unter möglichst geringer Anstrengung lösen kann (ersteres ist das, was bei einem IQ-Test gemessen wird, und letzteres ist an Menschen mit besonders hohem IQ nachgewiesen). Ich würde nicht sagen, daß das bedeutungslos ist. Das soll aber ausdrücklich kein Plädoyer für IQ-Tests sein!

Deinem zweiten und dritten Satz stimme ich aber uneingeschränkt zu. smile


Hallo. Ja das Problem ist das es zwanzig andere Definitionen gibt über soziale Intelligenz, emotionale Intelligenz und all das. Wenn du deine eigene Definition anwendest dann ist das natürlich ok. Das es keine eindeutige wissenschaftliche Definition von diesem Begriff gibt hat schon Alan Turing in seinem paper über künstliche Intelligenz geschrieben in dem er gesagt das hat künstliche Intelligenz zu bedeutungslos definiert ist um einen Sinn zu haben.

Wenn ich ehrlich bin glaube ich das es nur eine weitere Methode ist um Menschen auseinander zu bringen und in Konkurrenz zu setzen um später in der heiligen Wirtschaft zu funktionieren. Man sollte sich IMO mit anderen Menschen solidarisieren, und sich nicht in Konkurrenz mit ihnen setzen.
Jayk



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Beitrag Jayk Verfasst am: 20. Jun 2015 22:40    Titel: Antworten mit Zitat

Ich bezog mich auf diesen Artikel: http://www.spektrum.de/alias/vortragsbericht/trainieren-fuer-den-hoeheren-iq/983260

PhysikGnom hat Folgendes geschrieben:
Wenn ich ehrlich bin glaube ich das es nur eine weitere Methode ist um Menschen auseinander zu bringen und in Konkurrenz zu setzen um später in der heiligen Wirtschaft zu funktionieren. Man sollte sich IMO mit anderen Menschen solidarisieren, und sich nicht in Konkurrenz mit ihnen setzen.


Thumbs up!
Ich



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Beitrag Ich Verfasst am: 22. Jun 2015 14:21    Titel: Antworten mit Zitat

Fufaev hat Folgendes geschrieben:
Mit genügend Selbstwertgefühl, hat man nichts anderes übrig, als an die persönliche Genialität zu glauben. Sich in irgendeiner Form minderwertiger zu fühlen als Albert Einstein oder z.B. zu behaupten, man könne keine Mathematik ist höchst unproduktiv. Eben so lange davon überzeugt sein, dass man gut ist, bis man gut wird. Ganz easy.

An solchen Leuten herrscht nun wirklich kein Mangel. Sie sind aber nicht die Lösung, sondern eins der großen Probleme zumindest Deutschlands, vielleicht auch Europas.
Ich



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Beitrag Ich Verfasst am: 22. Jun 2015 14:37    Titel: Antworten mit Zitat

schnudl hat Folgendes geschrieben:
Ich kann nur über das österreichische Bildungssystem reden: es versagt komplett, wenn es darum geht, Kindern gleiche Förderung angedeihen zu lassen, egal aus welchem Milieu sie auch stammen mögen. Und hier geht es nicht um "Genie oder nicht Genie" sondern um das nackte Überleben ganzer Generationen in einer mehr und mehr gnadenlosen Leistungsgesellschaft, die von durchwegs selbsternannten Genies gelenkt wird...
Hier möchte ich an zwei Punkten widersprechen.
1. Es ist nicht das Bildungssystem, das versagt, es sind die Eltern. Kein Staat kann sich ein Bildungssystem leisten, das unter solchen Bedingungen funktioniert.
2. Das "nackte Überleben" in einer "mehr und mehr gnadenlosen Leistungsgesellschaft" bestünde darin, sich einigermaßen auf Deutsch verständlich machen zu können, die Grundrechenarten einigermaßen zu beherrschen, morgens zur Arbeit zu erscheinen und seinem Vorgesetzten nicht in die Fresse zu hauen, wenn er einem was anschafft. Für Leute ohne diese Fähigkeiten bedeutet nicht nackt zu überleben in unserer mehr und mehr gnadenlosen Leistungsgesellschaft, stattdessen das Geld vom Amt zu bekommen.

Deine Worte sind der reinste Hohn, wenn man nur 150-200 Jahre zurückdenkt, wo selbst lernwillige und -fähige Leute keinen Zugang zu adäquater Ausbildung kriegen konnten. Und wo ein "Versagen", sei es durch ungünstige Umstände oder durch Mangel an eigenen geldwerten Fähigkeiten, einen tatsächlich das nackte Überleben kosten konnte.
schnudl
Moderator


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Beitrag schnudl Verfasst am: 22. Jun 2015 15:19    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Es ist nicht das Bildungssystem, das versagt, es sind die Eltern. Kein Staat kann sich ein Bildungssystem leisten, das unter solchen Bedingungen funktioniert.

Eltern sind natürlich ein wichtiger Faktor. Und man kann sie sich nicht aussuchen. Und genau deshalb müsste hier der Staat meiner Meinung nach eingreifen und Defizite schließen. Selbst begabte Kinder haben im unteren Milieu kaum eine Chance, da sie das erforderliche Startkapital nicht mitbekommen. Würde man die Milliarden von € (!!!) die nur alleine in Wien für sinnlose Autobahnbauten ausgegeben werden, in Instrumente zur Förderung junger Leute stecken, könnte man hier viel bewirken. Autobahnen sind aber offensichtlich viel viel wichtiger als Kinder...wieso können wir uns das eine leisten, das andere nicht? Kinder haben keine Lobby, Autofahrer schon!

Zitat:
Deine Worte sind der reinste Hohn, wenn man nur 150-200 Jahre zurückdenkt, wo selbst lernwillige und -fähige Leute keinen Zugang zu adäquater Ausbildung kriegen konnten. Und wo ein "Versagen", sei es durch ungünstige Umstände oder durch Mangel an eigenen geldwerten Fähigkeiten, einen tatsächlich das nackte Überleben kosten konnte.


Und was ist heute besser als vor 150 Jahren? Ja, heute bekommst du eine gute Ausbildung, wenn du Glück hattest, das heißt aber noch lange nicht, dass man nach der Ausbildung Zugang zum Arbeitsmarkt bekommt. Das Problem hat sich somit nur um etwa 10 Lebens-Jahre verschoben...Vielleicht stirbt heute niemand mehr an Hunger, aber hast du dich schon mal umgeschaut, wie durchschnittliche Familien leben? Wenn man aufgrund seiner Herkunft auf die Butterseite gefallen ist, kann man natürlich leicht auf "Sozialschmarotzer" herabschimpfen...Ich meine das nun nicht boshaft, aber ich beobachte immer wieder, wie Leute aus der Oberschicht über weniger privilegierte Mitbürger herfahren, indem sie sagen, diese wären ja allesamt selbst schuld, faul und nützen bloß das Sozialsystem aus. Weißt du, wie viele Familien oder alleinstehende Erzieher ihre Kinder mit unter 1000€ monatlich durchfüttern müssen? Nicht weil sie nichts gelernt hätten, oder arbeitsfaul wären, sondern weil sie am Arbeitsmarkt nicht gebraucht werden bzw. nicht die geringste Chance mehr haben. Es ist sehr leicht, dies zu übersehen, wenn man der Oberschicht angehört...

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Ich



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Beitrag Ich Verfasst am: 22. Jun 2015 17:14    Titel: Antworten mit Zitat

schnudl hat Folgendes geschrieben:
Selbst begabte Kinder haben im unteren Milieu kaum eine Chance, da sie das erforderliche Startkapital nicht mitbekommen.
Das Problem liegt nicht im Geld, und man kann es nicht mit Geld allein lösen. Schule ist kostenlos, Studium ist (fast) kostenlos, man kriegt Unterstützung, wenn man bedürftig ist. Einem armen Kind mit den richtigen Eltern stehen alle Türen offen.
Und wie gesagt, die Defizite in der Schule schließen zu wollen gegen Umfeld, Kultur und Erziehung der Schüler, ohne Druckmittel irgendeiner Art an der Hand zu haben, ist absurd kostspielig - und stellt irgendwann auch die Gerechtigkeitsfrage: Ist es legitim, 90% des Erzeihungsbudgets auf die "Problemkinder" zu verwenden? Was ist mit denen, die eine Erziehung genossen haben, und um die man sich deswegen erheblich weniger kümmert? Setzt das die richtigen Signale?
schnudl hat Folgendes geschrieben:
Und was ist heute besser als vor 150 Jahren?
Lass' uns das in 10 Jahren nochmal diskutieren, wenn du der Ideologie etwas entwachsen bist. Ich mein's nicht bös, aber so eine Aussage ist echt keine Basis für eine Diskussion.
schnudl
Moderator


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Beiträge: 6979
Wohnort: Wien

Beitrag schnudl Verfasst am: 22. Jun 2015 17:43    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe mit Startkapital auch nicht "Geld" gemeint, sondern ein entsprechendes Umfeld, welches Investition in Bildung überhaupt fördert bzw. als erstrebenswert erachtet. In diesem Sinne wird Bildung "vererbt", hat man "gute" Eltern, hat man als Kind Glück. Von denen rede ich aber nicht. Ein Gutteil (sagen wir mal die Mehrheit) der Bevölkerung fällt aber in die restliche Gruppe.

Zitat:
Lass' uns das in 10 Jahren nochmal diskutieren, wenn du der Ideologie etwas entwachsen bist. Ich mein's nicht bös, aber so eine Aussage ist echt keine Basis für eine Diskussion.


Jeder hat eine Meinung, und ich respektiere und verstehe deine auch. Ich will auch nicht grundsätzlich negativ sein, aber wenn ich diesen Schmarren höre von "jeder hat die gleichen Chancen", etc. kräuseln sich bei mir die Nackenhaare. Und dies erst recht, wenn man versucht, diese Lüge auch noch öffentlich zu propagieren. Klar, jeder hat in unserer Gesellschaft die gleichen Chancen - vorausgesetzt man hat es einmal geschafft ... hat man es nicht geschafft, ist man ja ohnehin bloß Sozialschmarotzer...Schauen wir mal nach Spanien, wo eine ganze Generation vor die Räder gekommen ist. Außer auszuwandern, gibt es für diese Leute keine Perspektive mehr - und das bei bester Ausbildung und dem Willen zu arbeiten. Hoffen wir, dass dies nicht auf ganz Europa übergreift!
Vielleicht habe ich im Laufe meines Lebens schon zu viel negatives gesehen, aber ich lass mich überraschen, was die nächsten 10 Jahre bringen werden - falls ich das noch erlebe...
Thumbs up!

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Jayk



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Beitrag Jayk Verfasst am: 22. Jun 2015 18:48    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hat Folgendes geschrieben:
1. Es ist nicht das Bildungssystem, das versagt, es sind die Eltern. Kein Staat kann sich ein Bildungssystem leisten, das unter solchen Bedingungen funktioniert.


Ich finde, ein gutes Bildungssystem muß nicht teuer sein. Stell Dir vor, es gäbe bundesweit einheitliche verbindliche Lehrpläne, einheitliche Lehrbücher vom einem staatlichen Verlag ohne Profit-Interessen. Stell Dir vor, nicht der Lehrer entscheidet, was wann behandelt wird und ob es behandelt wird. Stell Dir vor, die Eltern wüßten genau, was behandelt wird, und nur mit der Stelle im Lehrbuch könnte man eine Klassenarbeit bestehen...

So etwas gab's schonmal und hat funktioniert.

"Bildung ist Ländersache". Dieser Satz gehört aus dem Grundgesetz verbannt!
Felix86



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Beitrag Felix86 Verfasst am: 22. Jun 2015 19:26    Titel: Antworten mit Zitat

Jayk hat Folgendes geschrieben:
So etwas gab's schonmal und hat funktioniert.

Meinst du jetzt das Bildungssystem des 3. Reichs oder der DDR? Auf beide trifft deine Beschreibung zu.
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 22. Jun 2015 19:33    Titel: Antworten mit Zitat

@Felix: Ich meine das der DDR. Spielt aber eigentlich gar keine Rolle: Soziale Ungleichheit gab es auch im Dritten Reich mit Sicherheit nicht im Bildungssystem.
Felix86



Anmeldungsdatum: 26.11.2013
Beiträge: 189

Beitrag Felix86 Verfasst am: 22. Jun 2015 19:37    Titel: Antworten mit Zitat

Ne, Drittes Reich und DDR waren eigentlich sehr bestrebt darin, alle Ungleichheiten zu negieren. Gut, ob man solche Diktaturen (und ihre Bildungssysteme) mag, muss jeder selber entscheiden. Ich sehe in der Heterogenität unseres Bildungssystems jedenfalls mehr Vor- als Nachteile.

Ach so: das es im Bildungssystem der DDR keine soziale Ungleichheit gab, ist natürlich großer Quatsch. Als Nicht-Parteimitglied war der Bildungsweg nämlich irgendwann unweigerlich beendet. Na, wenn das keine Ungleichheit ist...
Jayk



Anmeldungsdatum: 22.08.2008
Beiträge: 1450

Beitrag Jayk Verfasst am: 22. Jun 2015 19:52    Titel: Antworten mit Zitat

Felix86 hat Folgendes geschrieben:
Ach so: das es im Bildungssystem der DDR keine soziale Ungleichheit gab, ist natürlich großer Quatsch. Als Nicht-Parteimitglied war der Bildungsweg nämlich irgendwann unweigerlich beendet. Na, wenn das keine Ungleichheit ist...


Ja, und die analoge Behauptung trifft wohl auch auf das Dritte Reich zu. (das ist aber auch keine soziale Ungleichheit, oder?)

Damit wir uns nicht mißverstehen: Es liegt mir fern, die DDR oder das Dritte Reich zu verherrlichen. Das heißt doch aber nicht, daß sie nicht bestimmte Dinge besser gemacht haben. Und das Bildungssystem gehört ganz sicher dazu. Aspekte davon zu übernehmen, heißt doch nicht, daß man Deutsche Biologie unterrichten soll oder die Bonzenkinder durchgeschleift werden sollen.

Felix86 hat Folgendes geschrieben:
Ne, Drittes Reich und DDR waren eigentlich sehr bestrebt darin, alle Ungleichheiten zu negieren. Gut, ob man solche Diktaturen (und ihre Bildungssysteme) mag, muss jeder selber entscheiden. Ich sehe in der Heterogenität unseres Bildungssystems jedenfalls mehr Vor- als Nachteile.


Ja, Zustimmung insofern, daß man einen fleißigen+intelligenten Schüler mehr fördern sollte als einen faulen+dummen. Aber das Spiel darf nicht von vorn herein entschieden sein.

Davon abgesehen: Was genau von dem, was ich gesagt habe, würde an unserem Bildungssystem irgendetwas homogenisieren?
Ich



Anmeldungsdatum: 11.05.2006
Beiträge: 913
Wohnort: Mintraching

Beitrag Ich Verfasst am: 22. Jun 2015 21:45    Titel: Antworten mit Zitat

schnudl hat Folgendes geschrieben:
Ich habe mit Startkapital auch nicht "Geld" gemeint, sondern ein entsprechendes Umfeld, welches Investition in Bildung überhaupt fördert bzw. als erstrebenswert erachtet.
...was dann wie genau mit den Milliarden Euro für Autobahnbau zusammenhängt?
Wie dem auch sei, Autobahn geht auch in diesem Fall gar nicht. Man braucht Schulen, und man braucht Autobahnen, und beides braucht Geld. Man schickt auch Forschunssatelliten ins Weltall, obwohl noch Leute verhungern. Sowas kann man nicht dichotomisch gegenüberstellen.

schnudl hat Folgendes geschrieben:

Jeder hat eine Meinung, und ich respektiere und verstehe deine auch.
Das Problem ist, dass ich deine Meinung weder verstehe noch respektiere. Dass sich in den letzten 150 Jahren nichts wesentlich geändert hätte ist ein Standpunkt, der nicht zu verteidigen ist und der nicht einmal als polemischer Einstieg in eine Diskussion geeignet ist.
Ich habe den Eindruck, dass da ein bisschen die Pferde mit dir durchgehen. Deine Aussagen zum nackten Überleben und zu unserer angeblich so gnadenlosen Leistungsgesellschaft lassen mich vermuten, dass sich deine Bewertungsmaßstäbe auf unangemessene Weise weg von der Realität verschoben haben. Dass du sie dir auch mit dem Hinweis auf frühere Zeiten nicht mehr zurechtrücken lässt, stimmt mich pessimistisch. Aus dir spricht Zorn, nicht Überlegung, und deinen Zorn kann und will ich hier nicht diskutieren.
schnudl hat Folgendes geschrieben:
Ich will auch nicht grundsätzlich negativ sein, aber wenn ich diesen Schmarren höre von "jeder hat die gleichen Chancen", etc. kräuseln sich bei mir die Nackenhaare. Und dies erst recht, wenn man versucht, diese Lüge auch noch öffentlich zu propagieren.

schnudl hat Folgendes geschrieben:
Da das hier auch keiner geäußert hat verstehe ich nicht, wieso es dich hier so in Rage bringt. Kinder aus bildungsfernen Kulturen und Elternhäusern haben schlechtere Chancen. Wie gesagt, das Problem sind die Eltern.


Zuletzt bearbeitet von Ich am 22. Jun 2015 22:27, insgesamt einmal bearbeitet
Ich



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Beitrag Ich Verfasst am: 22. Jun 2015 22:26    Titel: Antworten mit Zitat

Jayk hat Folgendes geschrieben:
Ich hat Folgendes geschrieben:
1. Es ist nicht das Bildungssystem, das versagt, es sind die Eltern. Kein Staat kann sich ein Bildungssystem leisten, das unter solchen Bedingungen funktioniert.

Ich finde, ein gutes Bildungssystem muß nicht teuer sein.
Der Meinung bin ich grundsätzlich auch. Ein Bildungssystem aber, das unter den heutigen Kindern ohne ernstzunehmende Druckmittel auch nur annähernd Chancengleichheit herstellen und auch noch gut sein soll, wäre absurd teuer und ethisch zweifelhaft. Punkt.

Zitat:
So etwas gab's schonmal und hat funktioniert.
Ich kenne mich im DDR-System nicht aus. Lass' dir aber folgendes sagen:
In den sechzigern und siebzigern hat auch unser "kapitalistisches" Schulsystem noch funktioniert, mit 35 Kindern in der Klasse und mit Frontalunterricht und ohne kleinkarierte Staatslenkung von Lehrbüchern und Lehrkräften. Das alles sind nicht die Gründe für den von dir so wahrgenommenen Erfolg (insbesondere das mit den "profitorientierten Lehrbüchern" ist einfach nur totaler Käse - die Lehrbücher sind stellenweise richtig gut, und Profitorientierung ist vermutlich mit dafür verantwortlich.)

Warum hat das funktioniert? Weil man eine relativ homogene Generation von Kindern hatte, alle erzogen von deutschen Kriegs- und Nachkriegseltern, die um den Wert von Sekundärtugenden, Lern- und Leistungsbereitschaft wussten (...und die einen nackten Kampf ums Überleben noch von einer Hartzerkarriere zu unterscheiden wussten...). Und es gab die strengen Lehrer, die ich mir mit ihren Erziehungsmethoden zwar nicht zurückwünsche, die aber mit ihrer Autorität und Machtbefugnis für ein produktives Unterrichtsklima sorgen konnten.
Ob bei euch noch eine tiefergehende Kontrolle des Staats über die Familie "hilfreich" hinzukam, weiß ich nicht. Kann ich mir aber vorstellen. Hierzulande hat's eine freiheitlich-demokratische Grundordnung, und da haben Eltern das Recht, ihre Kinder in den Abgrund zu erziehen - und niemand kann etwas dagegen tun.

Und wenn ich noch eine Privattheorie mit nur anekdotischen Beweisen loswerden darf: Meines Erachtens sind genau die Eltern, die in dem von dir so gelobten Bildungssystem großgeworden sind, ein Teil des Problems, das wir heute haben. Kindererziehung ist in deren Augen Aufgabe des Staats, nicht der Eltern. Mit 6 Monaten in die Krippe, dann in die Ganztagsschule. Wenn was schiefläuft, muss es der Staat richten: Schuhebinden, Schwimmenlernen, sich nicht prügeln, im Unterricht aufpassen, dem Vorsitzenden des ZK der SED und Präsidenten der DDR huldigen - dafür hat der Staat zu sorgen.
Dumm nur, dass das westliche Schulsystem davon ausgegangen ist, dass Eltern die Kinder erziehen und sie in der Schule eigentlich nur unterrichtet werden. Da trafen zwei Welten aufeinander, die nicht zusammenpassen.
ML



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Beitrag ML Verfasst am: 23. Jun 2015 00:08    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

Ich hat Folgendes geschrieben:

schnudl hat Folgendes geschrieben:

Jeder hat eine Meinung, und ich respektiere und verstehe deine auch.
Das Problem ist, dass ich deine Meinung weder verstehe noch respektiere.
Dass sich in den letzten 150 Jahren nichts wesentlich geändert hätte, ist ein Standpunkt, der nicht zu verteidigen ist und der nicht einmal als polemischer Einstieg in eine Diskussion geeignet ist.

Bedeutet das, dass Du gar nicht verstehen willst, was Schnudl Dir mitteilen will?

Zitat:

Ich habe den Eindruck, dass da ein bisschen die Pferde mit dir durchgehen. Deine Aussagen zum nackten Überleben und zu unserer angeblich so gnadenlosen Leistungsgesellschaft lassen mich vermuten, dass sich deine Bewertungsmaßstäbe auf unangemessene Weise weg von der Realität verschoben haben.

Vielleicht bewegst Du Dich einmal nachts zu Fuß durch eine beliebige deutsche Großstadt mit beispielsweise > 500.000 Einwohnern. Da kannst Du dann einen der zahlreichen Flaschensammler ansprechen und ihm in einem Vortrag über Deine Vorstellungen von Chancengerechtigkeit utnerrichten und ihm erzählen, wie gut es ihnen im Vergleich zu früheren Zeiten ist.

Ich denke, dass es einer Gesellschaft, die eine solche Anhäufung von Macht und Geld schafft:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_500_reichsten_Deutschen
sehr gut ansteht, ordentliche Schulen zu unterhalten.


Viele Grüße
Michael
schnudl
Moderator


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Beitrag schnudl Verfasst am: 23. Jun 2015 00:12    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Ich habe den Eindruck, dass da ein bisschen die Pferde mit dir durchgehen. Deine Aussagen zum nackten Überleben und zu unserer angeblich so gnadenlosen Leistungsgesellschaft lassen mich vermuten, dass sich deine Bewertungsmaßstäbe auf unangemessene Weise weg von der Realität verschoben haben.


@ich:
Wie definiert du in diesem Zusammenhang "angemessen"? Ist wohl alles etwas subjektiv... Ich denke jedenfalls nicht, dass hier die Pferde mit mir durchgehen. Ich werde aber zugegebenermaßen wütend, wenn ich ansehen muss, in welche Richtung, sich unsere Gesellschaft entwickelt: Während die Generation meiner Eltern (geb. 1930) sich Wohlstand noch ehrlich und hart erarbeiten konnten, ist es heute nicht mehr möglich, sich seine Zukunft zu sichern, indem man einfach "brav lernt und fleißig" ist. Dieses heilige Motto meiner Eltern ist heute schlichtweg eine Lüge, wird aber immer noch verbreitet. Und obwohl ich alles tue, meinen Kindern die bestmögliche Ausbildung zu ermöglichen, muss ich beobachten, dass dies alleine wohl nicht mehr ausreichen wird, damit sie irgendwo einen Job bekommen - von einer festen Anstellung, wie ich es noch erleben durfte, rede ich ja gar nicht mehr. Bildung ist sicher notwendig, aber längst nicht mehr hinreichend. Das Gut "Arbeit" wird zunehmends knapp und der Kampf um offene Stellen wird unerbittlich und und menschen-verachtend. Sollen wir alle in Lösungen wie "Hartz 4" enden? Ist es das, worauf wir stolz sein können? Für mich sieht es derzeit so aus, ich lasse mich aber gerne eines besseren belehren und hoffe auch darauf...

Was mich in diesem Zusammenhang besonders in Wallungen bringt, ist die zunehmende Förderung von Eliten, deren gezielt gesteuerte Verehrung und die gleichzeitige Demontage jeglichen Mittelmaßes. Ich habe nichts dagegen, dass man besonders begabte Talente fördert - gut so - aber was ist mit den restlichen 99% die nicht dazu gehören? Diese kann man ja nicht als Randgruppe bezeichnen - oder? Ich sehe, wie sich diese Einstellung wie ein Geschwür ausbreitet und sich neben Bildung auch in Kultur, Sport und sogar die Massen-Unterhaltung einschleicht (die österreichische TV-Seifenoper "große Chance" sei noch als harmlosestes Beispiel genannt). Man führt in meinem Land beispielsweise eine rege Diskussion, die traditionelle Schulform "Gymnasium" gegen eine "neue Mittelschule" zu ersetzen. Es gab Stimmen aus höchsten politischen Kreisen, die sich dafür aussprachen, das klassische Gymnasium als Schulform zu privatisieren und quasi nur noch für die besten der besten zu öffnen - die Kinder welcher Schicht werden da wohl gemeint sein? Warum soll Bildung in Zukunft nur mehr einer Randgruppe vorbehalten sein? Ist das wirklich, wo wir alle hin wollen? Übrigens: Gerade jene Politiker, die sich für eine Nivellierung des öffentlichen Schulsystems am stärksten einsetzen, haben ihre Kinder in den teuersten Privatschulen untergebracht (ich könnte hier sehr prominente Namen nennen...). Rein offiziell hat ein Arbeiterkind "natürlich" immer die gleichen Chancen, nur faktisch eben nicht - auch wenn es vielleicht Eltern hat, die sich die Ausbildung ihrer Kinder vom Mund absparen!!! Ich hoffe ich bilde es mir nur ein, aber ich sehe hier die Entstehung einer künftigen Zwei-Klassen Gesellschaft, die uns, nach dem "Wunder der Nachkriegsgeneration" wieder zunehmend in eine Zeit wie vor 100 Jahren zurückwirft: Deshalb meine zynische Bemerkung zu früheren Zeiten und auch meine "Überreaktion" auf das zugrunde liegende Thema dieses Threads.

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Wenn du eine weise Antwort verlangst, musst du vernünftig fragen (Goethe)
Jayk



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Beitrag Jayk Verfasst am: 23. Jun 2015 01:01    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hat Folgendes geschrieben:
insbesondere das mit den "profitorientierten Lehrbüchern" ist einfach nur totaler Käse - die Lehrbücher sind stellenweise richtig gut, und Profitorientierung ist vermutlich mit dafür verantwortlich.


Unsinn. Entscheidend ist, daß die besten Lehrer die besten Bücher schreiben. Daß sie das nicht umsonst tun werden, ist klar. Bildung ist aber Aufgabe des Staates, also sollte er die Autoren auswählen und finanzieren. Ich behaupte keinen Zusammenhang zwischen Profitorientierung und Qualität der Lehrbücher. Ich behaupte aber:
1. Die Verlage arbeiten profitorientiert und das führt dazu, daß sich Kinder von ärmeren Eltern die Lehrbücher nicht leisten können.
2. Die Vielzahl an unterschiedlichen Lehrplänen führt zu einer Vielzahl von Lehrbüchern mittlerer Qualität. Es wäre besser, ein Lehrbuch von guter Qualität zu haben! Und nein, die allermeisten Lehrbücher sind nicht stellenweise richtig gut.
Zu welchem Wahnsinn die Uneinheitlichkeit führt, sieht man besonders schön in Baden-Württemberg (trotz eines einheitlichen Lehrplans für Baden-Württemberg, aber ohne einheitliches Lehrbuch), wo ein Lehrer klassisch und ein anderer nach KPK unterrichtet. Schön für den Lehrer, der klassisch unterrichtet und seine Schüler auf das KPK-Abitur vorbereiten darf. Noch schöner für die Schüler.
Wenn man die Lehrbücher unter staatliche Aufsicht stellen würde, könnte man sich auch ein Kontrollgremium von Professoren leisten. Dann gäbe es vielleicht auch keine relativistische Masse mehr in den Lehrplänen.

Mit Kapitalismus/Sozialismus/Kommunismus hat das alles wenig zu tun. Eher mit sozialer Bildungspolitik und Föderalismus.

@Felix, Ich: Muß das sein? Wenn man eine Sache einem Feindbild unterordnen kann, braucht man sich nicht mehr mit ihr selbst beschäftigen und gleich ist es viel einfacher. Ich weiß nicht, wer sich von Eurer Schwarz-Weiß-Argumentation beeindrucken läßt – ich jedenfalls nicht.

Ich hat Folgendes geschrieben:
Hierzulande hat's eine freiheitlich-demokratische Grundordnung, und da haben Eltern das Recht, ihre Kinder in den Abgrund zu erziehen - und niemand kann etwas dagegen tun.


Das ist Unsinn. Die Kinder sind Bürger und genießen entsprechende Rechte, die die Eltern in Schranken weisen. Im Zweifelsfall hat das Jugendamt das letzte Wort. "freiheitlich-demokratisch" klingt natürlich immer gut... Gerade weil sie freiheitlich-demokratisch ist und die Kinder zum demos dazugehören, endet die Freiheit der Eltern dort, wo grundlegende Freiheiten der Kinder, die sie aus der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekommen, eingeschränkt werden. Es besteht allgemeine Schulpflicht – ob's den Eltern paßt oder nicht.

Ich hat Folgendes geschrieben:
Meines Erachtens sind genau die Eltern, die in dem von dir so gelobten Bildungssystem großgeworden sind, ein Teil des Problems, das wir heute haben. Kindererziehung ist in deren Augen Aufgabe des Staats, nicht der Eltern. Mit 6 Monaten in die Krippe, dann in die Ganztagsschule. Wenn was schiefläuft, muss es der Staat richten: Schuhebinden, Schwimmenlernen, sich nicht prügeln, im Unterricht aufpassen, dem Vorsitzenden des ZK der SED und Präsidenten der DDR huldigen - dafür hat der Staat zu sorgen.


Ich hoffe, es ist okay für Dich, wenn ich den letzten Teil wohlwollend überlese. Die Schule ist Teil der sekundären Sozialisation. Immer gewesen. Wäre Dein erster Satz richtig, gäbe es im Westen keine Probleme. Das Gegenteil ist der Fall. Ich gebe Dir Recht, daß es sich viele Eltern etwas zu einfach machen. Ich weiß nicht, ob es Dir bewußt ist: Niemand hier bezweifelt, daß das Versagen der Eltern das Kernproblem ist. Wodurch ist denn ein Kind aus einer bildungsfernen Schicht definiert? Durch seine Eltern selbstverständlich! Die Zeiten, wo Bildung nicht Aufgabe des Staates war, dürftest Du wohl nicht persönlich miterlebt haben. Die Frage ist also, ob der Staat Verantwortung für die Kinder übernehmen muß, die mit ihren Eltern eben nicht in die Goldkiste gegriffen haben. Du beantwortest diese Frage scheinbar mit Nein, ich mit Ja.

Zu Deinen Thesen könnte aber folgendes interessant sein:
https://de.wikipedia.org/wiki/Recht_auf_Bildung (die Menschenrechte sind im Grundgesetz verankert, das Recht auf Bildung gehört dazu. Es ist Aufgabe des Staates, ihre Umsetzung sicherzustellen – so viel zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung)
http://www.sueddeutsche.de/bildung/usa-asylantrag-von-schulverweigerern-aus-deutschland-abgelehnt-1.1673836 (so viel zur Aussage "die Eltern dürfen ihre Kinder in den Abgrund erziehen und keiner kann was dagegen machen"; keine Angst: nicht im Osten, sondern in Baden-Württemberg)
Ich



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Beitrag Ich Verfasst am: 23. Jun 2015 08:50    Titel: Antworten mit Zitat

ML hat Folgendes geschrieben:
Da kannst Du dann einen der zahlreichen Flaschensammler ansprechen und ihm in einem Vortrag über Deine Vorstellungen von Chancengerechtigkeit utnerrichten und ihm erzählen, wie gut es ihnen im Vergleich zu früheren Zeiten ist.
Es regt dich also auf, wenn jemand erzählt, alle hätten die gleichen Chancen?
Schön.
Und mich regt es auf, wenn ich zum wiederholten Male für Aussagen angegriffen werde, die ich überhaupt nicht gemacht habe und denen ich explizit widersprochen habe.
Ich



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Beitrag Ich Verfasst am: 23. Jun 2015 09:02    Titel: Antworten mit Zitat

schnudl hat Folgendes geschrieben:
Wie definiert du in diesem Zusammenhang "angemessen"?

schnudl hat Folgendes geschrieben:
Was mich in diesem Zusammenhang besonders in Wallungen bringt...
Ja, ich merk's. Das hat aber alles ziemlich wenig mit dem zu tun, was ich gesagt habe.
Ich



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Beitrag Ich Verfasst am: 23. Jun 2015 10:25    Titel: Antworten mit Zitat

Jayk hat Folgendes geschrieben:
Ich behaupte aber:
1. Die Verlage arbeiten profitorientiert und das führt dazu, daß sich Kinder von ärmeren Eltern die Lehrbücher nicht leisten können.
Ehrlich, mir wird diese Diskussion hier zu surreal. Das heißt also, dass da in jeder Klasse drei, vier Kinder nicht mitkommen, weil sie aus finanziellen Gründen leider ohne Lehrbuch im Unterricht sitzen?
Zitat:
Und nein, die allermeisten Lehrbücher sind nicht stellenweise richtig gut.
Ich habe (in Bayern) Kinder in vier verschiedenen Jahrgangsstufen. Und ich sage dir also aus Erfahrung mit großer Bestimmtheit: Die Lehrbücher sind nicht das Problem.
Zitat:
Muß das sein?
Muß was sein? Ich hab's schon gemerkt, dass z.B. das Augenzwinkern bei der "freiheitlich demokratischen Grundordnung" nicht rübergekommen ist, aber ich sehe nicht, wo ich hier Schwarz-Weiß-Malerei betreibe.
Zitat:
Das ist Unsinn. [...] Es besteht allgemeine Schulpflicht – ob's den Eltern paßt oder nicht.
Du bist verdammt schnell mit "Unsinn" dabei, selbst wenn die Fakten eindeutig gegen dich sprechen. Es besteht keine gesetzliche Pflicht, den Kindern vorzulesen, sie zu unterstützen und geborgen aufwachsen zu lassen, Hausaufgaben zu machen, den Unterricht nicht zu stören, vor 12 ins Bett zu gehen, keinen Fernseher im Kinderzimmer zu haben, anderen Personen mit Respekt zu begegnen, Deutsch zu lernen, gute Arbeit als etwas Erstrebenswertes zu sehen. Da kann kein Jugendamt was machen. Die Schulpflicht endet nach 9 Jahren, ob mit oder ohne Abschluss.
Deswegen geht der Trend auch dahin, die Kinder (alle Kinder, nicht nur die Härtefälle) möglichst wenig den Eltern auszusetzen nud sie von klein auf in staatliche Obhut zu nehmen. Wovon ich allerdings kein großer Fan bin.
Zitat:
Wäre Dein erster Satz richtig, gäbe es im Westen keine Probleme.
Du bist (angehender?) Physiker, wenn ich mich richtig erinnere. Du verstehst also hundertprozentig, dass das logisch nicht aus meinem ersten Satz folgt. Sind das einfach die Emotionen, dass du es trotzdem behauptest, oder war das ein Stilmittel?

Und natürlich kannst du meine Privattheorie gerne überlesen, war ja als solche gekennzeichnet und nur am Rande eingeworfen. Aber zur Erläuterung: Ich bin darauf gekommen, weil ich im Westen lebe. Und aus Anschauung mehrfach den Konflikt zwischen dem hier althergebrachten Schulsystem und den Erwartungen der aus dem Osten zugezogenen Eltern erlebt habe. Mir ist aber bewusst, dass Anekdoten nicht als Beweis zählen, von daher verfolge ich das nicht weiter.
Zitat:
Die Zeiten, wo Bildung nicht Aufgabe des Staates war, dürftest Du wohl nicht persönlich miterlebt haben.
Ich hab's Michael schon gesagt: Ich finde es äußerst anstrengend, mich dauernd für etwas rechtfertigen zu sollen, das ich nicht gesagt habe.
Ich habe sehr wohl die Zeiten miterlebt, wo die Erziehung Aufgabe der Eltern war und in der Schule (größtenteils) erzogene Kinder ankamen, die dann unterrichtet wurden. Dass das heutzutage in signifikant geringerem Ausmaß der Fall ist, ist ein erheblich größerer Teil des Problems als die Erwartungshaltungen mancher Eltern vom oberen Rand des sozialen Spektrums.
Zitat:
Die Frage ist also, ob der Staat Verantwortung für die Kinder übernehmen muß, die mit ihren Eltern eben nicht in die Goldkiste gegriffen haben. Du beantwortest diese Frage scheinbar mit Nein, ich mit Ja.
Das habe ich nicht gesagt. Die Verantwortung für das Wohlergehen und der Werdegang der Kinder sehe ich bei den Eltern, keine Frage. Das bedeutet nicht, dass sich keiner kümmern muss, wenn die Eltern dieser Verantwortung nicht gerecht werden. Es gibt aber kein bezahlbares Schulsystem, das ein Kind gegen den passiven oder gar aktiven Widerstand der Eltern zu Chancengleichheit verhelfen kann, wenn es nur auf Förderung basiert und keine Druckmittel vorhanden sind, auch nur ein Mindestmaß an Kooperation bei Eltern und Schülern sicherzustellen.
bassiks



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Beiträge: 194

Beitrag bassiks Verfasst am: 23. Jun 2015 11:22    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Das habe ich nicht gesagt. Die Verantwortung für das Wohlergehen und der Werdegang der Kinder sehe ich bei den Eltern, keine Frage. Das bedeutet nicht, dass sich keiner kümmern muss, wenn die Eltern dieser Verantwortung nicht gerecht werden. Es gibt aber kein bezahlbares Schulsystem, das ein Kind gegen den passiven oder gar aktiven Widerstand der Eltern zu Chancengleichheit verhelfen kann, wenn es nur auf Förderung basiert und keine Druckmittel vorhanden sind, auch nur ein Mindestmaß an Kooperation bei Eltern und Schülern sicherzustellen.


Sehe ich auch so.

Nebenbei bemerkt: Aus gesellschaftlicher Sichtweise ist ein hoher Bildungsstandard natürlich wünschenswert, es muss aber nicht jeder Wissenschaftler werden oder Arzt oder Jurist etc. Ein guter Handwerker ist meiner Meinung nach mindestens ebenso wichtig wie ein guter Akademiker.
Das Bildungssystem ist meiner Meinung nach nicht unbedingt der Knackpunkt.
Es geht wohl, wie Ich bereits geschrieben hat, eher darum, Werte zu vermitteln. Ich fürchte das kann den Eltern keiner abnehmen. Und wenn die es nicht gelernt haben, werden sie es auch nicht weiter geben können. Somit sind Kinder aus dieser Gesellschaftsschicht wohl meist von Geburt an benachteiligt.
Für das Bildungssystem ist vor allem wichtig, dass es keine finanziellen Hürden gibt, dass also auch einem Kind aus ärmeren Verhältnissen, dessen Eltern aber gewillt sind ihrem Kind dies zu ermöglichen, alle Bildungswege offen stehen.

Zum eigentlichen Thema:
Für mich stellt sich hier wie oben bereits angemerkt die Frage, warum denn jeder ein "Genie" sein muss? Wenn man einen guten Arbeiter als ebenso wichtig für die Gesellschaft ansieht wie einen guten Akademiker, dann ist das doch völlig egal. Indem man alle dazu ermutigt Wissenschaftler zu werden suggeriert man meiner Meinung nach, dass dies erstrebenswerter wäre als ein guter Handwerker oder geschickter Kaufmann.
borromeus



Anmeldungsdatum: 29.12.2014
Beiträge: 509

Beitrag borromeus Verfasst am: 23. Jun 2015 12:35    Titel: Antworten mit Zitat

Auch wenn jetzt gleich der Empörungssturm kommt:

die Probleme, die da sind, sind m.E. hausgemacht und werden nicht nur unserer (in Österreich) miesen Bildungspolitik geschuldet, es sind auch gesellschaftliche Denkweisen maßgeblich. Ich lese hier öfters das Kommentar, dass es früher (letzte bis vorletzte Generation) besser war. Und das stimmt, denn es hat sich was geändert: es ist die Emanzipation gekommen!
Und das viel zu schnell als dass sich das mit Familie und Beruf in Einklang bringen ließe. Das sofortige Argument, dass die Familien ja das Geld brauchen und daher die Mütter erwerbstätig sein müssen, lasse ich mal nicht gleich gelten.
Was wäre passiert? Die Nachfrage nach Arbeit ist groß, die Einkommen wären für den Ehepartner gestiegen. Ich bin kein Volkswirt, aber ich denke, das einzige was passiert wäre, ist, dass die Wirtschaft langsamer gewachsen wäre. Das System Wirtschaft hat ja bis vor 40 Jahren auch funktioniert.
Nun, was soll man nun von zwei gestressten Elternteilen erwarten, was sie abends dem Sprößling noch weitergeben können? Von Null bis eben was geht, wenn den Eltern ihr Kind auch wichtig ist, und sie dazu in der Lage sind. Alleine, dass die Kinder in Ganztagsschulen sein müssen (!), wird zum Gedeihen nicht so viel beitragen wie ein umsorgender Elternteil (der auch die Zeit und Musse dafür hat).

Das führt natürlich auch dazu, dass den Schulen ein großer Teil der Erziehung umgehängt wird- was aber sicherlich nicht ihre Aufgabe ist.

Nun wollen aber alle Eltern (verständlicherweise), dass ihre Kinder gute Chancen im Leben haben! Daher wird eben eine AHS, HTL oder was auch immer angestrebt um eine Matura (Abi) zu bekommen.
Aufgrund des, in Österreich- ich sage mal vereinfacht- "linksfreundlichen" Politiksystemes indem ja auf jeden und alles Rücksicht genommen wird, verflacht unser Bildungsniveau: weil es darf ja nicht sein, dass, egal ob faul oder schlicht und ergreifend nicht begabt genug, ein Schüler überhaupt durchfällt. Am besten wir teilen die Matura gleich bei der Geburt aus, weil viel mehr ist der Zettel bald ohnehin nicht wert. Vor einigen Wochen habe ich einen Zeitungsbericht gelesen von einem verzeifelten Vater, weil sind Kind bei der Zentralmatura (gibt es jetzt bei uns) durchgerasselt ist. Nicht nur sein Kind sondern ein Großteil der Klasse, warum? Weil der Lehrer sein Unterrichtsniveau nicht gemäß Lehrplan durchführen kann sondern sich am unteren Niveau orientieren muss und wenn sich "jeder" berufen fühlt, dann ist das eben das Ergebnis.
Ich bin mir sicher, dass das Maturaniveau nächstes Jahr hinuntergeschraubt wird, denn, wie schon oben zu lesen, man kann es den Eltern ja nicht antun, dass ihr Kind die Matura nicht schafft.

"bassiks" Beitrag enthält m.E. viel Wahres, nämlich, dass man auch einen Handwerker in der Gesellschaft und auch im Business entsprechend anerkennen sollte. Ich habe in den letzten Jahren in meinem alten Häuschen viele Umbauarbeiten gehabt. Da ich selber ziemlich patschert bin wurden diese Arbeiten natürlich von Handwerksfirmen gemacht. Da waren Leute hier die ein weit tieferes Verständnis für die Aufgaben hatten als so mancher Ingenieur, mit dem ich beruflich zu tun habe.


Ich erinnere mich, wie ich ein Kind war, war nach der Schule meine Mutter zu Hause- sie ging halt halbtags arbeiten- und damals war es auch kein Problem so einen Job zu bekommen. Ich erinnere mich, wie die Mutter meiner Kinder mit Argusaugen beobachtet wurde weil sie nicht gleich nach 12 Monaten in die Arbeit zurückgelaufen ist; sie ist es dann eh bald- für meinen Geschmack viel zu früh- aber der Druck der "anderen"- wir wohnten in einer Reihenhausanlage- war zu groß.

Warum kann man nicht mal hergehen und die Leistung einer Mutter oder eines Vaters, die/der sich gänzlich dem/der Kind/Kinder widmet, als besonders toll und wertvoll ansehen? Es passiert das Gegenteil, leider.
Und wer will, auch wenn es finanziell möglich wäre beim Kind zu bleiben, von den "anderen" so gesehen werden?

Ich persönlich würde es gut heissen, wenn es eine bessere Einstufung der Schüler an den Schulen gäbe, weil so wie es jetzt ist werden die eben fleissigen Schüler oder auch eben die, die sehr begabt sind hinuntergezogen.
Ich weiss, das ist sehr unpopulistisch aber letztlich geht es um die Zukunft eines ganzen Landes. Die Fehler, die jetzt hier und heute gemacht werden, wirken sich erst in 20 Jahren aus und sind dann unmöglich zu reparieren.

Da meine Schwester seit fast 30 Jahren an einer AHS unterrichtet weiss ich auch, dass zu ihren guten oder besten Schülern viele zählen, die aus nicht wohlhabenden Haus kommen. Das einkommensmäßige Umfeld der Eltern ist hier daher als sekundär zu betrachten. Was natürlich stimmt ist, dass Kinder, die in einem oder anderen Gegenstand Probleme haben möglichweise im Vergleich zu besser "betuchten" nicht in den Genuss von Nachhilfe und Förderkursen kommen, weil sich das die Eltern nicht leisten können.

Vielleicht erkennt die Gesellschaft, dass der Abweg von einem System, das sich zigtausend Jahre bewährt hat, der falsche ist und ein Umdenken stattfindet, vor allem die Stellung einer Frau und Mutter.

In meiner kleinen zwölf Mitarbeiterfirma habe ich letzte Woche einen Lichtstreifen erkennen können: bei dem alljährlichen Gehaltsgespräch bat mich der Mitarbeiter, statt der üblichen Gehaltserhöhung um eine Stunde weniger Arbeitszeit. Familie ist eben schon sehr wichtig.
schnudl
Moderator


Anmeldungsdatum: 15.11.2005
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Beitrag schnudl Verfasst am: 23. Jun 2015 14:19    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Und das stimmt, denn es hat sich was geändert: es ist die Emanzipation gekommen!


das ist ja durchaus positiv zu werten, dennoch muss ich dir auch recht geben, wenn du sagst, dass die Kinder darunter leiden, bzw. zu kurz kommen. Aufgaben, die früher Eltern bewältigt haben, werden heute an das Schulsystem abgegeben.

Zitat:
Das sofortige Argument, dass die Familien ja das Geld brauchen und daher die Mütter erwerbstätig sein müssen, lasse ich mal nicht gleich gelten.

Zumindest Familien die in der Stadt wohnen und eine teure Miete bezahlen müssen, haben keine andere Wahl: anders kriegt man die Familie nicht durch. Der durchschnittliche Österreicher hat ein Gehalt von 1000-1500€ netto monatlich, davon fallen für Miete mindestens 700-800€ weg (dafür bekommt man in Wien ca. 60m², für ein "Loch" vielleicht 70m²). Vom Rest (500€) mit Familie zu leben kann zwar funktionieren, ist aber nicht wirklich "schön". Wenn die Frau arbeiten geht, sieht das gleich ganz anders aus.

Am Land ist die Situation anders, da die meisten ein Haus geerbt haben, und keine Mietkosten anfallen.

und eines ist klar: Leute die pro Monat 10,000€ Netto verdienen, können sich in die Situation eines Kleinverdieners gar nicht mehr hineindenken, da sie in bereits in einer anderen Welt leben. Klar kann man da leicht reden, dass alles ohnehin ganz einfach sei...

Zitat:
Ich bin mir sicher, dass das Maturaniveau nächstes Jahr hinuntergeschraubt wird, denn, wie schon oben zu lesen, man kann es den Eltern ja nicht antun, dass ihr Kind die Matura nicht schafft.


Das glaube ich erstens nicht, und zweitens hat die abgelegte Matura für das weitere Leben keinerlei Bedeutung. Es ist völlig egal, ob man auf Mathe nun eine eins oder vier bekommen hat, wenn man sich dazu entschließt, ein Dolmetsch-Studium zu beginnen.


Zitat:
Warum kann man nicht mal hergehen und die Leistung einer Mutter oder eines Vaters, die/der sich gänzlich dem/der Kind/Kinder widmet, als besonders toll und wertvoll ansehen? Es passiert das Gegenteil, leider.
Und wer will, auch wenn es finanziell möglich wäre beim Kind zu bleiben, von den "anderen" so gesehen werden?


Ich habe zwei Kinder und bin beide Male jeweils ein Jahr zu Hause geblieben. Beim ersten Mal wurde ich regelrecht gemobbt, und beim zweiten mal machten mich jahrelange Kollegen in der Firma schlecht, und redeten herum, wie das ein Mann nur machen kann, usw. Ich bereue die Zeit nicht, allerdings musste ich mir beide Male einen neuen Job suchen. Das Verständnis, für Kinder einfach da zu sein, ist bei uns (noch) nicht vorhanden.

Übrigens wurde meine Frau unmittelbar am nächsten Tag entlassen, als sie ihrem Chef mitteilte, dass sie schwanger sei - und zwar mit der Begründung, dass sie nun nicht mehr leistungsfähig wäre. Geschehen im Jahre 2001 an einer bekannten Wiener Klinik unter einem "schlechten" Dienstvertrag.

Zitat:
Da meine Schwester seit fast 30 Jahren an einer AHS unterrichtet weiss ich auch, dass zu ihren guten oder besten Schülern viele zählen, die aus nicht wohlhabenden Haus kommen. Das einkommensmäßige Umfeld der Eltern ist hier daher als sekundär zu betrachten.


Hängt von der Schule ab. Unsere kleine Tochter besucht eine Wiener Volksschule, wo die Direktorin ganz offensichtlich nach sozialem Status der Eltern über Aufnahme oder Abweisung entscheidet. Ähnlich am Gymnasium meiner großen Tochter. Wir sind eine der ganz wenigen Familien aus der Unterschicht und haben es beide Male nur aufgrund von Beziehungen geschafft hineinzukommen.

Zitat:
Vielleicht erkennt die Gesellschaft, dass der Abweg von einem System, das sich zigtausend Jahre bewährt hat, der falsche ist und ein Umdenken stattfindet, vor allem die Stellung einer Frau und Mutter.

Ja, aber dann muss das Leben auch als Alleinverdiener leistbar sein. Und das ist es derzeit nicht. Siehe oben.

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