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Schwarze Löcher = Schwarze Scheiben?
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TomW
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Beitrag TomW Verfasst am: 16. Apr 2014 13:14    Titel: Schwarze Löcher = Schwarze Scheiben? Antworten mit Zitat

Meine Frage:
Nachdem das erste Thema ein wenig eingeschlafen ist und eigentlich auch nichts mehr mit der ursprünglichen Fragestellung zu tun hatte, frage ich jetzt hier nochmal nach. Vielleicht hat ja jemand eine Antwort.
Wenn ein Schwarzes Loch Materie anzieht, dann stürzt diese für gewöhnlich in einer Scheibe um das Schwarze Loch hinein. Diese Materie (z.B ein Staubkorn) kann den Ereignishorizont aber nicht erreichen, sondern sich lediglich annähern - und zwar demjenigen Ereignishorizont, der dem Schwarzschildradius aller bereits vorher hineingestürzten Materie plus des Staubkorns entspricht.
Je mehr Masse bereits vor unserem Staubkorn angesaugt wurde, umso weiter nach außen rückt diese Grenze, die das Staubkorn nicht überschreiten darf. Es müssten sich also quasi Ringe aus Materie um das ursprüngliche Loch legen, die es nach und nach in eine Scheibe verwandeln müssten.
Ist das wirklich so?

Meine Ideen:
Diese Form hat dann zwar nichts mehr mit dem zu tun, was man sich normalerweise vorstellt... aber das muss ja auch nicht sein. Andererseits fällt mir eigentlich keine andere Möglichkeit ein. Ich kann nicht sagen, die Materie legt sich in immer engeren Gürteln um das Loch an, sodass es im ganzen rund bleibt, weil ich dann sehr schnell so viel Masse an diesem Ort habe, dass sich ein neuer Ereignishorizont bilden müsste - was aus Sicht eines außenstehenden Beobachters ja nie geschehen kann.
Peff



Anmeldungsdatum: 04.05.2014
Beiträge: 135

Beitrag Peff Verfasst am: 04. Mai 2014 22:19    Titel: Du musst unterscheiden! Antworten mit Zitat

Ich bin zwar kein Experte, da aber sonst keiner geantwortet hat, versuche ich mal eine Erklärung:

Du musst hier ganz klar unterscheiden zwischen dem, was tatsächlich beim Einfall von Materie ins Schwarze Loch passieren würde und dem, was für einen außenstehenden Beobachter davon zu sehen wäre.

Tatsächlich fällt dein Staubkorn durch den Ereignishorizont hindurch in das Schwarze Loch hinein.

Zu sehen wäre davon ein Staubkorn, welches sich immer langsamer auf den Ereignishorizont zubewegt. Bevor es ihn erreichen kann, bleibt es stehen. Es wird schließlich eine Rotverschiebung erfahren und verblassen, bis es nicht mehr zu sehen ist.

Hoffe, der Rest erklärt sich damit von selbst.

Gruß Peff
TomW



Anmeldungsdatum: 23.04.2014
Beiträge: 96

Beitrag TomW Verfasst am: 05. Mai 2014 11:51    Titel: Antworten mit Zitat

Peff hat Folgendes geschrieben:
Ich bin zwar kein Experte, da aber sonst keiner geantwortet hat, versuche ich mal eine Erklärung

Dann erstmal Danke, dass jemand das hier noch ausgräbt...

Peff hat Folgendes geschrieben:
was für einen außenstehenden Beobachter davon zu sehen wäre.

Genau darum geht es mir.

Zitat:
Zu sehen wäre davon ein Staubkorn, welches sich immer langsamer auf den Ereignishorizont zubewegt. Bevor es ihn erreichen kann, bleibt es stehen. Es wird schließlich eine Rotverschiebung erfahren und verblassen, bis es nicht mehr zu sehen ist.

Das haben wir im anderen Thema ziemlich ausführlich durchgekaut (http://www.physikerboard.de/topic,37109,140,-schwarzes-loch.html). Der Punkt ist diese Aussage:
Zitat:
immer langsamer auf den Ereignishorizont zubewegt

Welchen Ereignishorizont?
Es nähert sich nicht dem ursprünglichen Ereignishorizont an, sondern demjenigen (weiter außen liegenden), der durch das ursprüngliche Loch PLUS die Masse des Staubkorns gebildet wird. Und darauf beruht meine obige Frage. Das Staubkorn erscheint durch die Rotverschiebung irgendwann nur noch schwarz - daher eine schwarze Scheibe.
Peff



Anmeldungsdatum: 04.05.2014
Beiträge: 135

Beitrag Peff Verfasst am: 05. Mai 2014 20:44    Titel: so ist das nicht Antworten mit Zitat

Ich denke man muss hier unterscheiden zwischen der Materie und den Lichtstrahlen, welche diese emmittiert.

Die Materie - also dein Staubkorn - verschwindet im Inneren des SL sobald es den EH durchquert. Es wird durch die Gravitationskräfte hinein gezogen. Die emmittierten Lichtstrahlen vom Staubkorn bewegen sich dann aufgrund der Raumzeitkrümmung entlang dem EH, sobald das Staubkorn durchfällt. Deshalb kommt das Licht danach nicht mehr beim Beobachter an.

Die Rotverschiebung bewirkt nicht ein Schwarzwerden des Staubkorns. Die Wellenlänge des emmittierten Lichts wird durch die gekrümmte Raumzeit in der Nähe des EH immer länger, wenn es beim Beobachter ankommt. Irgendwann ist die Wellenlänge außerhalb des sichtbaren Bereichs. Vom Staubkorn siehst du dann rein gar nichts mehr - also auch nichts Schwarzes.

Der EH wächst natürlich mit jedem Masseneinfall. Es müssten allerdings enorme Massen in das SL hinein fallen, damit der EH merklich größer wird. Und dann auch nicht in Form einer Scheibe oder eines Rings. Das SL ist kugel- oder eiförmig. Der EH umreißt genau diese Form.
TomW



Anmeldungsdatum: 23.04.2014
Beiträge: 96

Beitrag TomW Verfasst am: 06. Mai 2014 06:30    Titel: Antworten mit Zitat

Peff hat Folgendes geschrieben:
Vom Staubkorn siehst du dann rein gar nichts mehr

Anders gefragt: Was bedeutet denn "ich sehe rein gar nichts", wenn nicht "ich sehe nur Dunkelheit"? Die Wellenlänge des Lichts steigt über die Grenze, unter der wir Menschen es sehen könnten - das Gleiche geschieht doch auch, wenn z.B eine glühende Eisenstange langsam abkühlt. Das Licht wird immer röter und dunkler, bis man von dem Eisen überhaupt keine Lichtstrahlen mehr ausgehen sieht. Befindet sich diese Eisenstange dann z.B. vor einem hellen Hintergrund (z.B. einem Sternhimmel), dann sehe ich eben etwas Schwarzes - was ja unsere Bezeichnung für "nichts sehen" ist.

Peff hat Folgendes geschrieben:
Es müssten allerdings enorme Massen in das SL hinein fallen, damit der EH merklich größer wird

Natürlich. Aber wenn das Loch z.B. durch den Kollaps eines Sterns entstanden ist, dann braucht auch nur ein zweiter Stern ähnlicher Masse akkretiert zu werden, damit sich der Radius verdoppelt.

Peff hat Folgendes geschrieben:
Und dann auch nicht in Form einer Scheibe oder eines Rings

Doch: Normalerweise akkretiert ein Schwarzes Loch seine Materie über eine Scheibe, die das Loch vorher noch eine zeitlang umkreist.
Aber darum geht es mir eigentlich gar nicht. Wir können die Scheibe auch einfach weglassen. Trotzdem wird in ein Schwarzen Loch nie von allen Richtungen immer die gleiche Menge an Materie hineinfallen, was dann bedeuten würde, dass sich dieser "schwarze Gegenstand", mit dem ein Außenstehender das Schwarze Loch wohl identifiziert, an diesen Stellen nach außen beulen würde (da sich die hineinfallende Materie aus Sicht des Außenstehenden hier ansammelt).
Peff



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Beitrag Peff Verfasst am: 06. Mai 2014 07:20    Titel: keine Materie sondern Licht Antworten mit Zitat

Deine "Eisenstange" befindet sich aber nicht mehr außerhalb des Ereignishorizonts, sondern ist hindurch gefallen. Du siehst nur das von ihr ausgesandte Licht, bis zum Zeitpunkt des Hineinfallens. Trenne Licht und Materie!

Wenn sie durch den Ereignishorizont durch ist, kann uns kein Licht mehr von ihr erreichen. Genau das ist die Definition des Ereignishorizonts. Der ist nicht der physikalische Rand oder die Grenze des SL, sondern kennzeichnet lediglich die Region um das SL herum, von der an es dem Licht nicht mehr möglich ist, zu uns zu gelangen.

Natürlich sammelt sich einfallende Materie in einer Akkretionsscheibe um das SL. Sobald sie aber hineingefallen ist, siehst du nichts mehr von der Materie und auch nichts mehr von der Akkretionsscheibe.

Anders würde es aussehen, wenn deine Eisenstange sich entlang des EH bewegt, ohne hinein zu fallen (wenn die Fluchtgeschwindigkeit der Eisenstange groß genug wäre...). Dann würdest du sie natürlich auch weiterhin beobachten können.

Im Übrigen ist ein SL kein schwarzer Gegenstand, den man sehen könnte. Es handelt sich dabei um eine Raumzeitregion, von der man überhaupt nichts - nicht mal was Schwarzes - sieht. Das Innere des SL (die Materie, aus der es entstanden ist) wird durch die enorme Raumzeitkrümmung praktisch von der Umgebung abgekapselt. Du würdest höchstens ein paar Lichtstrahlen sehen, die den EH kennzeichnen und im Hintergrund die entfernten Sterne, die durch den Gravitationslinseneffekt jedoch verzerrt erscheinen.
TomW



Anmeldungsdatum: 23.04.2014
Beiträge: 96

Beitrag TomW Verfasst am: 06. Mai 2014 17:08    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Deine "Eisenstange" befindet sich aber nicht mehr außerhalb des Ereignishorizonts, sondern ist hindurch gefallen.

Halthalthalt! Ich habe nichts davon gesagt, dass die Stange in ein Schwarzes Loch fällt. Mir ging es um deine Aussage, wenn von einem Gegenstand keine Photonen mehr ausgehen, sei er unsichtbar. Dann habe ich das als Vergleich formuliert: Wenn ein Stück Eisen zB aus der Schmiede kommt (nix mit Schwarzen Löchern), dann leuchtet es erst hell, dann immer dunkler (weil es abkühlt) und schließlich strahlt es nur noch für uns unsichtbares Infrarot ab. Das heißt aber nicht, dass wir es nicht mehr sehen könnten. Es erscheint einfach nur noch schwarz, wenn man es vor einen hellen Hintergrund hält.

Zitat:
Natürlich sammelt sich einfallende Materie in einer Akkretionsscheibe um das SL. Sobald sie aber hineingefallen ist

Der Punkt ist aber, dass ein Außenstehender nie sieht, wie etwaige Steinbrocken o.Ä. hineinfallen. Aus der Sicht eines Außenstehenden kann Materie nie hineinfallen, er sieht sie dauerhaft am Rand des Lochs "kleben".

Zitat:
überhaupt nichts - nicht mal was Schwarzes - sieht

Doch - man sieht eine pechschwarze Kugel. Überhaupt nichts sehen, hieße ja, dass das Ding durchsichtig wäre. Und das ist es ja definitiv nicht. Beim entsprechenden WP-Artikel ist gleich oben eine Simulation eines Schwarzen Loches - und das Ding ist definitiv rabenschwarz.

Ich habe dazu hier eine Darstellung gefunden, wie es aussieht, wenn ein Schwarzes Loch eine Kugelschale akkretieren würde, die die Hälfte der Masse des Loches hat. Das sieht auch in etwa so aus, wie ich es mir vorgestellt hatte - nur: Was ist, wenn der Materiezufluss nicht von allen Seiten gleich, sondern unterschiedlich ist? Bekomme ich dann tatsächlich Beulen?
Peff



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Beiträge: 135

Beitrag Peff Verfasst am: 06. Mai 2014 18:05    Titel: Was für ein Thema... Antworten mit Zitat

Damit wir uns nicht misverstehen:

Zitat:
Wenn ein Stück Eisen zB aus der Schmiede kommt (nix mit Schwarzen Löchern), dann leuchtet es erst hell, dann immer dunkler (weil es abkühlt) und schließlich strahlt es nur noch für uns unsichtbares Infrarot ab. Das heißt aber nicht, dass wir es nicht mehr sehen könnten.


Da hast du natürlich recht. Es strahlt in einem Spektrum wie ein Schwarzer Körper. Das gilt aber in diesem Fall nur für die Eisenstange.

Zitat:
Aus der Sicht eines Außenstehenden kann Materie nie hineinfallen, er sieht sie dauerhaft am Rand des Lochs "kleben".


Da kann ich dir nicht Recht geben. Wie schon gesagt, die Materie fällt hinein. Das ausgesandte Licht dieser Materie braucht aufgrund der endlichen Lichtgeschwindigkeit eine Weile (je nach Abstand natürlich), bis es beim Beobachter angekommen ist. Je näher die Materie dem EH kommt, desto länger braucht das Licht. Bevor sie den EH erreicht, bleibt sie scheinbar stehen oder auch "kleben", wie du das nennst. Die Rotverschiebung setzt ein. Die Materie scheint zu verblassen, bis sie nicht mehr sichtbar ist. Es wird so aussehen, als hätte sie den EH nie erreicht und wäre einfach verschwunden. Überleg doch mal: Die Materie fällt ins SL, ihr Licht kann uns nicht mehr erreichen. Lichtwellen bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit durchs Vakuum (Universum). Sie bleiben nicht stehen oder kleben. Sobald die Materie im SL ist, können dich nur noch die Lichtwellen erreichen, die sie vor dem Hineinfallen ausgesendet hat. Wenn die bei dir angekommen sind, ist Feierabend. Danach siehst du nix mehr von der Materie.

Zitat:
man sieht eine pechschwarze Kugel. Überhaupt nichts sehen, hieße ja, dass das Ding durchsichtig wäre. Und das ist es ja definitiv nicht.


Ich denke, das SL an sich ist nicht schwarz. Durch den Ereignishorizont kann man den Körper bzw. die Masse des SL selbst (ehemaliger Stern oder woraus es auch immer bestehen mag) nämlich gar nicht sehen. Ein Vergleich mit beispielsweise einer Eisenstange kommt daher nicht in Frage. Viel mehr dringt durch das Gebiet in der Raumzeit, in dem sich das SL befindet, kein Licht (von Sternen) mehr, da es vom SL verschluckt wird. Was du siehst, ist einfach nur NICHTS. Wo kein Licht ist, da sieht es eben schwarz aus -> Schatten. Bei einer Mondfinsternis sieht der Mond aufgrund des Erdschattens auch schwarz aus, obwohl er nicht wirklich schwarz ist. Verstehst du worauf ich hinaus will?

Zitat:
Was ist, wenn der Materiezufluss nicht von allen Seiten gleich, sondern unterschiedlich ist? Bekomme ich dann tatsächlich Beulen?


Ich glaube diese Frage kann dir niemand mit Sicherheit beantworten. Kein Mensch hat bisher ein SL gesehen. Wir können zwar mutmaßen, wie es aussehen könnte, aber auch davon, was mit der Materie in seinem Inneren passiert, werden wir nie etwas erfahren. Man kann zwar alles theoretisch mit verschiedenen Methoden ausrechnen und beschreiben, aber aus meinem Berufsalltag weiß ich, dass sich auch die beste Theorie meist weit von der Praxis unterscheidet.
TomW



Anmeldungsdatum: 23.04.2014
Beiträge: 96

Beitrag TomW Verfasst am: 06. Mai 2014 18:47    Titel: Antworten mit Zitat

Peff hat Folgendes geschrieben:
Wenn die bei dir angekommen sind, ist Feierabend. Danach siehst du nix mehr von der Materie.

Genau das ist ja der Knackpunkt. Sie können nie vollständig bei mir ankommen - beziehungsweise erst, wenn das Loch zerstrahlt ist, aber das ist ein anderes Thema. Die (endliche Menge an) Strahlung, die die Materie vor dem Hineinfallen ausgesendet hat, wird immer weiter gedehnt, jede Welle braucht länger als die vorhergehende (da sie noch länger gedehnt wird), was dazu führt, dass nie sämtliche von der Materie vor dem Erreichen des EH ausgesandten Wellen mich erreichen.

Peff hat Folgendes geschrieben:
Die Materie scheint zu verblassen

Was meinst du mit "verblassen"? Dass sie durchsichtig wird? Das glaube ich eher nicht.
Der außenstehende Beobachter kann die Materie immer noch "sehen". Wenn seine Messgeräte empfindlich genug sind, kann er auch die stark rotverschobene Strahlung noch detektieren, und wenn nicht, dann sieht er trotzdem einfach schwarz - etwas, das das Licht der dahinterliegenden Sterne nicht durchlässt.

Peff hat Folgendes geschrieben:
Ich denke, das SL an sich ist nicht schwarz. Durch den Ereignishorizont kann man den Körper bzw. die Masse des SL selbst (ehemaliger Stern oder woraus es auch immer bestehen mag) nämlich gar nicht sehen.

Das kommt erstmal auf die Definition von schwarz an. Wenn ich schwarz definiere als "etwas sendet keine sichtbare Strahlung aus", dann ist dieses SL auch auf dem Bild definitiv schwarz. Der Vergleich mit dem Mond ist nicht so passend, da der Mond nur deswegen nicht schwarz erscheint, weil er Sonnenlicht reflektiert (diese Option fällt bei einem SL definitiv flach).
Allerdings ist das, was wir zB auf diesen Bildern immer als Schwarze Fläche sehen, nicht wirklich der Ereignishorizont - es ist die Oberfläche des kollabierten Sternes, die beim Kollaps aus Außenstehendensicht kurz vor ihrem eigenen Schwarzschildradius stehengeblieben ist - daher kommt der Begriff "frozen star". Nur sehen wir eben schwarz, weil die Lichtwellen, die der Stern beim Kollaps aussandte, schon lange bis in den unsichtbaren Bereich hinein gedehnt wurden.

Und genau da setzt meine ursprüngliche Frage an: Fällt nun z.B. ein weiterer Stern an einer bestimmten Stelle hinein - das kann ein ringförmiger Streifen um das Loch sein oder sonst irgendwas, dann wird der für unser Auge auch bald schwarz - und insgesamt müsste das dann eine deformierte Kugel ergeben, da die hineinfallende Materie aus Außenstehendensicht nie den gemeinsamen EH überschreiten kann.
Peff



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Beitrag Peff Verfasst am: 06. Mai 2014 22:58    Titel: was soll ich noch sagen... Antworten mit Zitat

Zitat:
...was dazu führt, dass nie sämtliche von der Materie vor dem Erreichen des EH ausgesandten Wellen mich erreichen.


Richtig! Daraus schließen wir, dass von der Materie nichts mehr zu sehen sein wird.

Zitat:
Was meinst du mit "verblassen"? Dass sie durchsichtig wird? Das glaube ich eher nicht.


Nee, wir reden doch hier von zwei verschiedenen Dingen. Wenn der letzte sichtbare oder messbare Lichtstrahl bei dir angekommen ist, was willst du danach noch sehen? Die Materie selbst ist doch dann schon längst ins SL gefallen und hat die Singularität erreicht - ist quasi futsch.

Zitat:
...dann sieht er trotzdem einfach schwarz - etwas, das das Licht der dahinterliegenden Sterne nicht durchlässt.


Reden wir hier von der einfallenden Materie oder von dem SL?

Vergiss das mit dem Mond. Sollte kein Vergleich sein sondern etwas veranschaulichen.

Zitat:
Allerdings ist das, was wir zB auf diesen Bildern immer als Schwarze Fläche sehen, nicht wirklich der Ereignishorizont - es ist die Oberfläche des kollabierten Sternes, die beim Kollaps aus Außenstehendensicht kurz vor ihrem eigenen Schwarzschildradius stehengeblieben ist - daher kommt der Begriff "frozen star"


Wie kommst du darauf? Der Stern stürzt auf einen Punkt unendlicher Dichte und Raumzeitkrümmung zusammen. Von dem Stern ist dann nichts mehr übrig, was man sehen könnte. Woher nimmst du den Begriff "frozen star" in diesem Zusammenhang?

Zitat:
da die hineinfallende Materie aus Außenstehendensicht nie den gemeinsamen EH überschreiten kann.


Verwechsel bitte nicht die Materie und das Licht, was uns von ihr erreicht. Wie ich schon sagte - Materie ist bereits im SL und futsch, kann sich also auch nicht um den EH herum legen. Lichtwellen sind keine Materie. Sie breiten sich auf ihrem Weg durch die Raumzeit geradlinig aus - also weg vom SL und zu uns. Erst am EH selbst ist die Raumzeit so stark gekrümmt, dass das Licht sich nicht mehr geradlinig ausbreiten kann. Es kommt daher nicht mehr bei uns an. Eine Lichtwelle, die aber vorher doch noch beim Beobachter angekommen ist, hat den Weg dann definitiv hinter sich. Was soll denn da noch übrig sein, was sich um den EH legt?
TomS
Moderator


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Beitrag TomS Verfasst am: 06. Mai 2014 23:22    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe ja schon vor längerer Zeit mal mitdiskutiert, ich versuch's nochmal.

Wenn wir bei der Verschmelzung des SLs mit der einfallenden Materie das Anwachsen des EHs vernachlässigen, dann erreicht aus Sicht des außenstehenden Beobachters die einfallende Materie nie den EH und legt sich als unendlich dünne Schicht (Gürtel, ... je nach Geometrie) um den EH. Dieses Bild gilt jedoch nur, wenn man die einfallende Materie als masselose Testteilchen behandelt.

Wenn wir beachten, das die einfallende Materie ebenfalls Masse trägt, und der EH anwächst, dann wäre ein besseres Bild eher folgendes: es existiert ein SL der Masse M mit Schwarzschildradius



Wir beobachten einen einfallenden Körper der Masse m, den wir als punktförmiges Teilchen modellieren. Damit können wir diesem Körper ebenfalls einen Schwarzschildradius



zuordnen.

Damit ist aber nicht die Zeit maßgeblich, die die Masse m zum Erreichen des Schwarzschildradius R_S benötigt, sondern die Zeit, die Masse m zum Erreichen des Radius



benötigt. Zu diesem Zeitpunkt verschmelzen das ursprüngliche SL bzw. dessen EH mit dem EH der einfallenden Materie zu einem größeren EH. Diese neue Zeit ist endlich.

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
Peff



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Beitrag Peff Verfasst am: 07. Mai 2014 08:37    Titel: so versteh ich das Antworten mit Zitat

TomS, vielen Dank dafür, dass du hier nochmal einen Erklärungsversuch unternommen hast. Ich versuche es mal mit einfachen Worten zu interpretieren.

Nach meinem Verständnis erweitert sich also der vorhandene EH beim Einfall von massebehafteter Materie ins SL und entspricht dann der Summe der beiden Schwarzschildradien. Von masselosen Testteilchen wollen wir mal nicht ausgehen, wenn ich TomW in seiner Fragestellung korrekt verstanden habe.

Zitat:
Diese neue Zeit ist endlich.


Bedeutet also, von der Materie ist für den außenstehenden Beobachter nach dem Verschmelzen der EHs nichts mehr zu sehen?
TomW



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Beitrag TomW Verfasst am: 07. Mai 2014 09:42    Titel: Antworten mit Zitat

Peff hat Folgendes geschrieben:
Wenn der letzte sichtbare oder messbare Lichtstrahl bei dir angekommen ist, was willst du danach noch sehen?

Das ist ja gerade der Witz - der letzte Lichtstrahl kommt nie vollständig an, er wird immer weiter gedehnt, sodass ich diesen letzten Lichtstrahl über Jahrmillionen und Jahrmilliarden empfangen kann... solange, wie das Loch existiert.

Peff hat Folgendes geschrieben:
Reden wir hier von der einfallenden Materie oder von dem SL?

Im Prinzip verhält sich beides gleich. Das SL besteht ja nur aus der Materie des Sterns, die vor langer Zeit "hineingefallen" ist.

Peff hat Folgendes geschrieben:
Von dem Stern ist dann nichts mehr übrig, was man sehen könnte.

Aus der Wikipedia:
Zitat:
Das bedeutet, dass – von einem äußeren Beobachter betrachtet – der Kollaps immer langsamer abläuft und sich das Volumen nie auf einen einzelnen Punkt zusammenzieht.

und
Zitat:
Relativistische Effekte (Allgemeine Relativitätstheorie) führen aber dazu, dass ein von einem zweiten, weit entfernten Beobachter betrachteter Körper aufgrund der Zeitdilatation unendlich lange braucht, um den Ereignishorizont zu erreichen


TomS hat Folgendes geschrieben:
Zu diesem Zeitpunkt verschmelzen das ursprüngliche SL bzw. dessen EH mit dem EH der einfallenden Materie zu einem größeren EH. Diese neue Zeit ist endlich.

Der Außenstehende kann das aber nach wie vor nicht beobachten. Er sieht nur, dass sich die hineinfallende Materie asymptotisch dem theoretischen gemeinsamen EH annähert (also irgendeiner Fläche um das ursprüngliche Loch, die aber vom Außenstehenden aus gesehen ansonsten keine besonderen Eigenschaften aufweist).
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
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Beitrag TomS Verfasst am: 07. Mai 2014 12:53    Titel: Re: so versteh ich das Antworten mit Zitat

Peff hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Diese neue Zeit ist endlich.


Bedeutet also, von der Materie ist für den außenstehenden Beobachter nach dem Verschmelzen der EHs nichts mehr zu sehen?

Ja, so sehe ich das.

In der Praxis ist es ja anders; der Schwarzschildradius der einfallenden Materie liegt ja im Inneren dieser einfallenden Materie (also z.B. im Inneren eines Asteroiden); Ausnahme wäre, dass zwei schwarze Löcher verschmelzen. Im Zuge des Verschmelzens wandert dieser "would-be EH" kontinuierlich nach außen, umschließt die einfallende Materie und verschmilzt mit dem bereits existierenden EH.

Ich habe aber immer noch keine exakten Rechnungen dazu gefunden. Ich hatte das im letzten Thread wohl mal ausführlicher berechnet, jedoch immer nur mit sehr groben Näherungen

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TomW



Anmeldungsdatum: 23.04.2014
Beiträge: 96

Beitrag TomW Verfasst am: 07. Mai 2014 13:08    Titel: Antworten mit Zitat

Aber es ist doch Fakt, dass in der Realität bei Schwarzen Löchern ein Außenstehender nie die einfallenden Steinbrocken oder was auch immer den EH überschreiten, folglich die Materie auch nie verschwinden sieht?!
Anders gesagt, dass aus der Perspektive eines Außenstehenden sich nie genug Materie in einem bestimmten Bereich aufhalten kann, durch die ein Ereignishorizont entstehen könnte?
Peff



Anmeldungsdatum: 04.05.2014
Beiträge: 135

Beitrag Peff Verfasst am: 07. Mai 2014 15:45    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
der letzte Lichtstrahl kommt nie vollständig an, er wird immer weiter gedehnt


Lies doch hierzu mal bitte den Wiki Artikel zum Thema Rotverschiebung. Der Lichtstrahl wird nicht gedehnt, sondern der Raum ist gekrümmt, in dem sich der Lichtstrahl fortbewegt. Die Lichtgeschwindigkeit bleibt immer konstant! Lediglich die Frequenz und damit die Wellenlänge des Lichtes wird größer, was ja die Rotverschiebung bewirkt. Stell dir das Licht doch einfach mal als Teilchen (Photonen) vor. Ein Photon wird von der ins SL einfallenden Materie emittiert und folgt einem geradlinigen Weg entlang der Raumzeit zum Beobachter, wo es von diesem absorbiert wird. Sobald du es gesehen (absorbiert) hast, ist es weg!

Zitat:
Aber es ist doch Fakt, dass in der Realität bei Schwarzen Löchern ein Außenstehender nie die einfallenden Steinbrocken oder was auch immer den EH überschreiten, folglich die Materie auch nie verschwinden sieht?!


Das ist nicht Fakt. Wie schon gesagt, die Materie nähert sich dem EH, wird immer langsamer, bis sie scheinbar stehen bleibt, Rotverschiebung setzt ein, Materie verblasst und wird schließlich unsichtbar (wenn du es so willst, wobei das nicht korrekt ist, da die Materie ja schon den EH durchquert hat).

Zitat:
dass aus der Perspektive eines Außenstehenden sich nie genug Materie in einem bestimmten Bereich aufhalten kann, durch die ein Ereignishorizont entstehen könnte?


Auch hier kann ich nur wieder sagen: Trenne das, was mit der Materie geschieht von dem, was mit dem emittierten Licht geschieht. Die Sicht des Außenstehenden hat nichts mit den tatsächlichen Geschehnissen in der Raumzeitregion des SL zu tun.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5029

Beitrag DrStupid Verfasst am: 07. Mai 2014 18:23    Titel: Re: Was für ein Thema... Antworten mit Zitat

Peff hat Folgendes geschrieben:
Wie schon gesagt, die Materie fällt hinein.


Das haben wir hier in einem anderen Thread schon einmal ausführlich diskutiert:

http://www.physikerboard.de/topic,37109,-schwarzes-loch.html

Die Materie fällt zwar in ihrer Eigenzeit in das Loch, nicht aber aus Sicht eines außenstehenden Beobachters. Für den bleibt sie unendlich lange am EH kleben.

Wenn das Loch zudem aus Sicht des außenstehenden Beobachters in endlicher Zeit verdampft, dann sieht es für die hinein fallende Materie auch in ihrer Eigenzeit schlecht aus. Sie sieht das Loch dann in einem extrem kurzen Zeitraum direkt vor ihrer Nase verdampfen. Anstatt den EH zu erreichen wird sie von allen Seiten durch extrem blauverschobenes einfallendes Umgebungslicht und Hawkingstrahlung gegrillt.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5029

Beitrag DrStupid Verfasst am: 07. Mai 2014 18:32    Titel: Re: so versteh ich das Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich habe aber immer noch keine exakten Rechnungen dazu gefunden. Ich hatte das im letzten Thread wohl mal ausführlicher berechnet, jedoch immer nur mit sehr groben Näherungen


Wenn ich mich recht entsinne kam dabei aber heraus, dass sich jede infinitesimal kleine Materiemenge (Du hast der Einfachheit halber mit konzentrischen Schalen gerechnet) dem Schwarzschildradius der unter ihr befindlichen Masse aus Sicht des außenstehenden Beobachters nur asymptotisch annähern, ihn aber niemals erreichen kann. Damit kann es auch niemals zum Verschmelzen eventuell vorhandener Ereignishorizonte kommen. Stattdessen würde die Materieverteilung aus Sicht des außenstehenden Beobachters unterhalb der Grenzdichte eines schwarzen Loches einfrieren. Die Bildung und Ausdehnung des Ereignishorizontes spielt sich nur in der jeweiligen Eigenzeit der hineinfallenden Materie ab.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17898

Beitrag TomS Verfasst am: 07. Mai 2014 19:14    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, aber da habe ich nie berücksichtigt, dass auch die Materie "ihren eigenen EH mitbringt"
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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5029

Beitrag DrStupid Verfasst am: 07. Mai 2014 19:51    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ja, aber da habe ich nie berücksichtigt, dass auch die Materie "ihren eigenen EH mitbringt"


Dummerweise ist der bei einer infinitesimal leichten Kugelschale auch infinitesimal klein. Es dauert also trotzdem beliebig lange, bis es zur Verschmelzung kommt.

Vielleicht kann man das mit der Zeitdilatation einer Uhr klären, die dort ruht, wo eine unendlich dünne Kugelschale der Masse m vorbei kommt. Geht die erst beim Schwarzschildradius der darunter liegenden Masse M gegen unendlich oder bereits beim gemeinsamen Schwarschildradius von M+m? Leider habe ich dafür keine passenden Formeln gefunden. Die üblicherweise verwendete Newtonsche Näherung für das Potential ist hier nicht zulässig.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17898

Beitrag TomS Verfasst am: 07. Mai 2014 19:57    Titel: Antworten mit Zitat

Ich betrachte ja jetzt keine unendlich dünne Kugelschale, sondern eine von Null verschiedene Masse. Deren Schwarzschildradius ist endlich.
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DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5029

Beitrag DrStupid Verfasst am: 07. Mai 2014 20:04    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
Ich betrachte ja jetzt keine unendlich dünne Kugelschale, sondern eine von Null verschiedene Masse. Deren Schwarzschildradius ist endlich.


Die Frage ist, ob Du da die Masse der Schale selbst vernachlässigen darfst. Siehe dazu meine Frage zur Zeitdilatation.
TomW



Anmeldungsdatum: 23.04.2014
Beiträge: 96

Beitrag TomW Verfasst am: 07. Mai 2014 22:08    Titel: Antworten mit Zitat

Ich dachte, das hätten wir im alten Thema schon lange abgehandelt?
TomS hat Folgendes geschrieben:
Die von mir getroffene Aussage, dass der ‚neue‘ EH sozusagen in endlicher Zeit erreicht wird, ist falsch. Es gibt eine exakte Lösung für den Kollaps mit wachsendem EH, und diese besagt, dass jedes frei fallende Staubteilchen den bezogen auf dieses Staubteilchen wachsenden EH aus Sicht des außenstehenden Beobachters erst nach unendlicher Zeit erreicht.


Von mir aus auch hier:
Zitat:
When the mass of a black hole increases, does the horizon appear to engulf stuff that previously fell through? No. Stuff that previously fell through continues to appear frozen and redshifted at the horizon. As the horizon expands, it appears to carry the frozen, redshifted stuff outward with it.

aus http://casa.colorado.edu/~ajsh/collapse.html

oder hier
Zitat:
Ein Beobachter, der durch den Ereignishorizont hindurchfällt, würde daher selbst nichts davon bemerken. Relativistische Effekte (Allgemeine Relativitätstheorie) führen aber dazu, dass ein von einem zweiten, weit entfernten Beobachter betrachteter Körper aufgrund der Zeitdilatation unendlich lange braucht, um den Ereignishorizont zu erreichen

aus http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzes_Loch

oder hier
Zitat:
If we were to watch someone falling into the black hole, we would see time slow down for that person as she approached the event horizon. That is, the ticking of her watch (and every other process as well) would go slower and slower as she got closer and closer to the event horizon. We would never actually see her cross the event horizon; instead, she would seem to be eternally "frozen" just above the horizon.

aus http://people.bu.edu/pbokulic/blackholes/

Ich denke nicht, dass wir noch darüber diskutieren müssen, ob der Außenstehende die hineinfallende Materie einfach so verschwinden sieht oder nicht. In meiner ursprünglichen Frage hier ging es ja auch um eine Konsequenz daraus.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 07. Mai 2014 23:19    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe mir eben erlaubt, noch mal einen anderen Aspekt zu betrachten, nämlich das Verschmelzen zweier endlicher Ereignishorizonte ...
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Peff



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Beitrag Peff Verfasst am: 07. Mai 2014 23:28    Titel: jetzt gebe ich auf Antworten mit Zitat

Ich glaube ich klinke mich hier aus. Ich habe fast zwei Stunden gebraucht, um mir den vorhergehenden Thread zum Thema SL durchzulesen. Eigentlich hat TomS schon alle Antworten gegeben.

Zum Abschluss:

Für mein Verständnis von unendlichen Raumzeitkrümmungen, dem Verhalten massebehafteter und masseloser Elementarteilchen sowie insbesondere elektromagnetischer Strahlung in diesen Bezugssystemen ist es unlogisch, dass ein massiger Körper für einen außenstehenden Beobachter nach dem Erreichen des EH noch sichtbar sein sollte. Sehen kann ich doch nur Licht bzw. elektromagnetische Strahlung von dem Körper. Beim Erreichen des EH bewegen sich die dann vom Körper ausgesandten Lichtstrahlen nur noch im gekrümmten Raumzeitbereich des EH und weiter in das SL hinein und dringen nicht mehr zum Beobachter. Die Lichtgeschwindigkeit ist ja bekanntlich im jeweiligen Medium konstant und nimmt nicht ab. Die letzten Lichtstrahlen, die dem EH also noch entkommen, werden mich auch erreichen - zwar rotverschoben da sie einen längeren Weg in der gekrümmten Raumzeit zurücklegen - aber sie kommen an und danach nichts mehr. Die Zeitdehnung ist ja erst beim Erreichen der Singularität unendlich groß - nämlich an dem Punkt, wo die Raumzeitkrümmung unendlich ist - und nicht am EH. Soll heißen, für die Lichtstrahlen bleibt die Zeit am EH nicht stehen.

Ergo erweitert sich doch durch einen solchen Materieeinfall nur der EH des SL und es bilden sich nicht irgendwelche Ringe aus rotverschobenen Lichtstrahlen drum herum.

Also viel Spaß noch beim diskutieren und recherchieren.
TomW



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Beitrag TomW Verfasst am: 08. Mai 2014 06:58    Titel: Antworten mit Zitat

Peff hat Folgendes geschrieben:
Die Zeitdehnung ist ja erst beim Erreichen der Singularität unendlich groß - nämlich an dem Punkt, wo die Raumzeitkrümmung unendlich ist - und nicht am EH.

Doch - exakt am EH ist die Zeitdilatation unendlich: Daher steht für einen Außenstehenden die Zeit dort still und folglich kann für ihn auch nichts diese Fläche überqueren.

Peff hat Folgendes geschrieben:
Die letzten Lichtstrahlen, die dem EH also noch entkommen, werden mich auch erreichen - zwar rotverschoben da sie einen längeren Weg in der gekrümmten Raumzeit zurücklegen - aber sie kommen an und danach nichts mehr.

Die Frage ist nur, wann kommen sie an?
Ich denke, man könnte sich diese Lichtstrahlen, die die hineinfallende Materie kurz vor dem EH aussendet, ungefähr so vorstellen, wie ein unendlich dehnbares Gummiband. Ein Ende dieses Bandes ist z.B. an einer Wand fixiert (das entspricht dem EH, wo die Lichtstrahlen "fixiert" sind, sie kommen von dort nicht mehr weg). Am anderen Ende stehe ich in einer bestimmten, konstanten Entfernung als Beobachter und ziehe kräftig dran. Das Band wird dadurch natürlich immer dünner und dünner, es kommt immer weniger Gummi nach, aber es hört nie auf - der Gummi wird einfach nur dünner (sein Durchmesser nähert sich quasi asymptotisch null an) - solange, wie niemand das Ding von der Wand vorne runterreißt. Entsprechend verhält es sich mit den ausgesendeten Lichtwellen - sie werden immer schwächer und langwelliger, verschwinden aber nicht, solange der EH existiert.

Das war aber eigentlich auch nicht meine Frage. Ob die Materie, die kurz vor dem gemeinsamen EH "einfriert" nun noch sichtbare Lichtwellen aussendet oder nicht, macht im Prinzip keinen Unterschied. Sie ist ja trotzdem noch wahrnehmbar - etwa, indem sie sich von einem hellen Sternhimmel abhebt.

Hier wird gezeigt, was passiert, wenn eine massive Kugelschale auf das Loch fällt. Da heißt es dann, die Masse der Kugelschale verzerrt das Bild des Loches so, dass es sich während des Prozesses dem "neuen" Loch (alte Masse + Kugelschale) fließend angleicht.
Wenn nun aber diese Masse nicht von allen Seiten kommt, sondern beispielsweise nur aus einer einzigen Richtung? Es darf sich aus Außenstehendensicht nie genug Masse innerhalb eines Radius befinden, der klein genug ist, um einen EH zu erzeugen - die zusätzliche Masse kann sich nie näher als eine bestimmte Entfernung annähern (auch wenn sie dabei nach kurzer Zeit natürlich schwarz erscheint). Dadurch müsste das Loch doch bald ziemlich unförmig werden.
TomS
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Beitrag TomS Verfasst am: 08. Mai 2014 07:12    Titel: Antworten mit Zitat

Evtl. solltest du dir mal die Kerr-Lösung rotierender schwarzer Löcher ansehen. Soweit ich weiß geht man davon aus, dass diese auch bei Hinzunahme einfallender Materie näherungsweise gültig bleibt, d.h. dass die Geometrie durch die einfallende Materie (in Akkretionsscheiben) kaum verzerrt wird.

Ich habe aber schon mal gesagt, dass man dazu wohl präzise numerische Simulationen benötigt.

Desweiteren gibt es Berechnungen über sogenannte "ringing modes". D.h. dass äußere Störungen eines SLs dieses "zum Läuten" bringen, wobei der Ereignishorizont verzerrt wird, die Verzerrung in Form von Gravitationswellen abgestrahlt wird, und der Horizont wieder zu einer einfachen Geometrie (Kerr) zurückkehrt.

Auch dazu muss man sich die Simulationen anschauen.

Ich bin mir aber inzwischen nicht mehr sicher, um was es dir eigtl. geht. Um die Geometrie des SLs unter dem Einfluss äußerer Störungen?

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Beitrag TomW Verfasst am: 08. Mai 2014 10:10    Titel: Antworten mit Zitat

OK, dann nochmal zur Klärung.
Angenommen, ich habe ein nichtrotierendes Schwarzes Loch mit 5 Sonnenmassen. Der Schwarzschildradius beträgt damit ziemlich genau 14,5 km. Was ein Außenstehender dort sieht, ist theoretisch die Oberfläche des kollabierten Sternes, die knapp über diesem Radius verharrt und extrem rotverschobene Wellen aussendet. Praktisch sind diese Wellen jedoch so schwach, dass der Beobachter sie kaum wahrnehmen wird; daher sieht er einfach eine schwarze Kugel.

Nun nähert sich ein Brocken Materie von 1 Sonnenmasse, der direkt auf das Loch zusteuert. Der äußere Beobachter kann nie beobachten, wie sich genug Masse in einem Gebiet ansammeln kann, um einen EH zu bilden. Der EH des Loches plus des einfallenden Brockens würde 17,4 km betragen, daher darf der Brocken in seiner Gesamtheit nie näher an das Loch herankommen als 2,9 km von der Oberfläche der ursprünglichen "schwarzen Kugel" aus gemessen. Unser Brocken müsste also kurz, bevor die äußersten Teile des Brockens diese Entfernung unterschreiten würden, bewegungslos verharren (das gilt natürlich auch für alle anderen Teile des Brockens).

Durch die Rotverschiebung werden alle etwaigen Lichtstrahlen, die der Brocken möglicherweise aussendet, schnell praktisch unsichtbar - er erscheint nur noch schwarz. Wir haben also nun die ursprüngliche schwarze Kugel (Radius 14,5 km) plus eine Art schwarze Beule, die durch die hineinfallende Materie gebildet wird und bis auf einen Radius von 17,4 km hinausreicht - eine sehr unförmige Geschichte, vor allem, wenn man bedenkt, dass ein Schwarzes Loch im Laufe seines Lebens sehr viele Materiebrocken anzieht. Kann das wirklich so sein?

Höchstwahrscheinlich werden meine oben genannten Zahlen nicht so ganz stimmen, da ich mich immer auf den Mittelpunkt des kollabierten Sternes beziehe; würde ich den Mittelpunkt etwas in Richtung hereinfallende Materie verschieben, dann wäre in einer genügend kleinen Kugel um diesen anderen Mittelpunkt schon früher als bei 2,9 km genügend Materie für einen EH vorhanden; die obigen Zahlen stimmen also nicht ganz; es ist nur ein Beispiel zur Veranschaulichung.
Ich hoffe, nun ist klar, worauf ich hinauswill.
Peff



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Beitrag Peff Verfasst am: 08. Mai 2014 10:45    Titel: Antworten mit Zitat

Irgendwie komme ich von diesem Thread einfach nicht weg...

Ich glaube das Problem in dieser Diskussion liegt einfach darin, dass wir von unterschiedlichen Dingen reden. Das hab ich jetzt schon mehrfach versucht, zu erklären. Nämlich dass das, was bei der Entstehung von und beim Einfall von Massen in ein SL passiert überhaupt nicht dasselbe ist wie das, was der außenstehende Beobachter davon wahrnimmt.

Materie, die eine Masse hat, wird aufgrund der Gravitationskraft ins SL hinein gezogen. Daran sollte es keinen Zweifel geben. Es gibt keine Kraft, die der Gravitation stark genug entgegen wirkt, also fällt sie durch den EH hindurch.

Was ein Außenstehender davon mitbekommt, sind nur die Photonen, die diese Masse auf dem Weg dahin emittiert. Photonen, die beim Beobachter ankommen, werden von diesem absorbiert (wahrgenommen/gesehen) und sind danach nicht mehr existent.

TomW, wie kommst du auf:

Zitat:
Doch - exakt am EH ist die Zeitdilatation unendlich.


Die Zeitdilatation ist die Folge der Raumzeitkrümmung. Die Raumzeitkrümmung ist erst beim Erreichen der Singularität im Mittelpunkt des SL unendlich. Begründe mir bitte, warum das anders sein sollte.

Und wie kommst du darauf:

Zitat:
Ich denke, man könnte sich diese Lichtstrahlen, die die hineinfallende Materie kurz vor dem EH aussendet, ungefähr so vorstellen, wie ein unendlich dehnbares Gummiband.


Das widerspricht so ziemlich allem, was Wissenschaftler bisher über die Eigenschaften elektromagnetischer Strahlung herausgefunden haben.

Zitat:
Ob die Materie, die kurz vor dem gemeinsamen EH "einfriert" nun noch sichtbare Lichtwellen aussendet oder nicht, macht im Prinzip keinen Unterschied.


Doch! Genau da liegt ja der Unterschied! Die massebehaftete Materie friert nicht ein, sondern überschreitet den EH und fällt ins SL. Die Photonen wiederum, die von der Materie ausgesandt werden, fallen nicht hinein (da sie keine Masse haben), sondern bewegen sich geradlinig in die Richtung fort, in die sie ausgesandt wurden (beispielsweise in Richtung Beobachter) - und zwar mit Lichtgeschwindigkeit.

Zitat:
Sie ist ja trotzdem noch wahrnehmbar - etwa, indem sie sich von einem hellen Sternhimmel abhebt.


Nein, siehe oben. Genau hier liegt dein Denkfehler.

Zitat:
Was ein Außenstehender dort sieht, ist theoretisch die Oberfläche des kollabierten Sternes, die knapp über diesem Radius verharrt und extrem rotverschobene Wellen aussendet.


Auch das ist nicht zutreffend. Von dem Stern ist nichts in unserem Teil der Raumzeit mehr übrig, was irgendwelches Licht aussenden könnte. Der Rest des Sterns befindet sich quasi in seinem eigenem Universum, von dem nichts mehr zu uns durch dringen kann. Schwarz ist das schwarze Loch nur, weil das Licht der im Hintergrund liegenden Sterne nicht hindurch dringen kann (Raumzeitkrümmung, Gravitationslinseneffekt...). Das Universum ist nunmal schwarz, überall da wo kein Licht ist. Das heißt aber nicht, dass am sichtbaren Rand des Universum tatsächlich ein Rand oder eine Mauer vorhanden ist, die rotverschobenes Licht aussendet (jetzt nur mal zum Vergleich). Schwarz ist eben nicht gleich schwarz!

TomS, deine Frage:

Zitat:
Ich bin mir aber inzwischen nicht mehr sicher, um was es dir eigtl. geht. Um die Geometrie des SLs unter dem Einfluss äußerer Störungen?


resultiert ebenfalls daraus, dass wir hier von verschiedenen Sachen reden. TomW stellt die Existenz von SL selbst in Frage, da sich nach seinem Verständnis aufgrund des "Klebenbleibens" der massebehafteten Materie am EH gar keine Singularitäten bilden dürften.
TomW



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Beitrag TomW Verfasst am: 08. Mai 2014 13:15    Titel: Antworten mit Zitat

Peff hat Folgendes geschrieben:
Nämlich dass das, was bei der Entstehung von und beim Einfall von Massen in ein SL passiert überhaupt nicht dasselbe ist wie das, was der außenstehende Beobachter davon wahrnimmt.

Da, denke ich, muss man gerade in der Relativitätstheorie sehr vorsichtig sein. Für einen Beobachter ist das, was er sieht real. Ein anderer Beobachter mag behaupten, dass es sich (aus seiner Sicht) dabei nur um eine Art von "optischer Täuschung" handelt, und er selbst das "Richtige" beobachtet, aber da alle Beobachter gleichberechtigt sind, darf man dem Außenstehenden "seine Realität" nicht absprechen. Das ist das, was er sieht. Und das ist für ihn die Realität.

Peff hat Folgendes geschrieben:
also fällt sie durch den EH hindurch

Aus der Sicht der hineinfallenden Materie schon. Aus Außenstehendensicht nicht. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe, und in meiner Frage interessiert mich ausschließlich der Außenstehende. Und aus dessen Sicht ist die Zeitdilatation am EH unendlich - die Zeit steht still. Daher ist es für ihn auch völlig logisch, dass er nie etwas hindurchfallen sieht.

Peff hat Folgendes geschrieben:
Die Zeitdilatation ist die Folge der Raumzeitkrümmung. Die Raumzeitkrümmung ist erst beim Erreichen der Singularität im Mittelpunkt des SL unendlich. Begründe mir bitte, warum das anders sein sollte.

Das wird in allen Quellen ersichtlich, die ich genannt habe, aber wenn du willst, können wir es auch mal durchrechnen (auch wenn ich da mit Sicherheit kein Experte bin und mich gerne auf Fehler hinweisen lasse).

Die Formel für die gravitative Zeitdilatation lautet:



wobei T' die Zeit innerhalb eines Gravitationsfeldes und T die Zeit außerhalb des Schwerefelds darstellt. G ist die Gravitationskonstante, M die Masse des Körpers, der das Schwerefeld erzeugt (also das Schwarze Loch), r die Entfernung der Uhr im Schwerefeld zum Mittelpunkt des Lochs.
Wir wollen die Zeitdehnung am Ereignishorizont bestimmen. Dieser ist beim Schwarzen Loch genau 1 Schwarzschildradius vom Zentrum des Loches entfernt - das ist also die Entfernung, die wir für r brauchen.

Die Formel für den Schwarzschildradius eines Schwarzen Loches (also der Radius des Ereignishorizonts) lautet:



Wenn wir also r_S in die Formel für die Zeitdilatation einsetzen, kürzt sich der Bruch komplett raus, sodass nur noch 1-1 unter der Wurzel steht. Im Endeffekt ergibt sich also soetwas wie T' = T*0: Egal, wie viel Zeit außerhalb des Schwerefelds vergeht - am EH vergeht immer die Zeit null, d.h., sie steht still.

Peff hat Folgendes geschrieben:
zwar mit Lichtgeschwindigkeit.

Vorsicht! An dem Punkt hatte ich auch eine Weile zu schlucken, und hab daher auch ein anderes Thema in diesem Forum aufgemacht (http://www.physikerboard.de/topic,38072,-lichtgeschwindigkeit-im-gravitationsfeld.html, musst du jetzt aber nicht alles durchlesen).
Kurz gefasst: Die Photonen kommen beim Beobachter mit Lichtgeschwindigkeit an. (Im Gummibandvergleich: Der Beobachter zieht das Band mit Lichtgeschwindigkeit zu sich her). Durch einen Shapiro-Verzögerung genannten Effekt sieht es für den Beobachter so aus, als würden sich Lichtstrahlen im Gravitationsfeld des Lochs langsamer als mit c bewegen (gilt aber auch für alle anderen Gravitationsfelder) - bis das Licht im Extremfall dann am EH quasi stillzustehen scheint (bzw. "gefangen" oder "gefroren" ist). Das liegt aber nur daran, dass der Beobachter das Licht nicht "vor Ort" misst, sondern woanders, als er sich aufhält. Und die Konstanz von c gilt nur bei lokalen Messungen.

Peff hat Folgendes geschrieben:
Von dem Stern ist nichts in unserem Teil der Raumzeit mehr übrig, was irgendwelches Licht aussenden könnte.

Doch, eben schon. Wegen der unendlichen Zeitdilatation am EH empfängt der Außenstehende (theoretisch!) immer noch Wellen des kollabierten Sterns (praktisch sind sie aber zu schwach, um sie noch wahrzunehmen). Das haben wir aber im alten Thema schon erschöpfend diskutiert und man findet das praktisch überall, wo Schwarze Löcher genauer erklärt werden.

Puh, das war jetzt ein ziemlich langer Beitrag. Hoffe, dass nun langsam klar wird, was ich meine, und wir wieder zu meiner eigentlichen Frage zurückkommen können.
Günther



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Beitrag Günther Verfasst am: 08. Mai 2014 17:11    Titel: Antworten mit Zitat

TomW hat Folgendes geschrieben:
Kann das wirklich so sein?
.
Ich hoffe, nun ist klar, worauf ich hinauswill.

Nicht wirklich, es wurde eigentlich schon alles gesagt.

Für den entfernten Beobachter (in Schwarzschild Koordinaten) ist das kollabierende Material extrem rotverschoben, während es in seiner Eigenzeit zügig ein Schwarzes Loch bildet. Der einfallende Brocken ist für diesen Beobachter zunehmend rotverschoben, wobei sich seine Rotverschiebung vermutich asymptotisch der dieses Materials annähert. Wiederum in seiner Eigenzeit fällt der Brocken schnell ins Schwarze Loch.
Im Prinzip weißt du das alles.

Die Verschmelzung eines sehr großen Körpers mit einem SL ist ein komlexer Vorgang, bei dem Gravitationswellen abgestrahlt warden, aber darauf willst du wohl kaum hinaus.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17898

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Mai 2014 17:20    Titel: Antworten mit Zitat

Zum letzten Punkt: ja, es bildet sich eine "Beule" aus; ja, Gravitationswellen = "ringing modes" strahlen ab und der EH nimmt wieder eine hochsymmetrische Form an.
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TomW



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Beiträge: 96

Beitrag TomW Verfasst am: 08. Mai 2014 18:30    Titel: Antworten mit Zitat

Aha... und wie soll das genau funktionieren? Woher sollen diese Gravitationswellen kommen? Und wie kann etwas "rund werden" oder überhaupt sich bewegen bzw. verformen, wenn es durch die extreme Zeitdilatation gar keine Zeit dazu hat?
Peff



Anmeldungsdatum: 04.05.2014
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Beitrag Peff Verfasst am: 08. Mai 2014 19:30    Titel: ähm Antworten mit Zitat

Ich weiß jetzt auch nicht mehr, wie ich es noch erklären kann, damit du mich verstehst. Letzter Versuch:

In den von uns Menschen wahrgenommenen 4 Dimensionen existiert für sämtliche Materie die sich darin befindet nur eine einzige Realität. In dieser Realität fällt der Gesteinsbrocken ins SL und die Dinge nehmen ihren Lauf, wie beschrieben. Nicht jeder Beobachter hat an seinem Standort eine andere eigene Realität. Es gibt zwar Theorien zu diesem Thema, aber darum geht es hier nicht. Der Beobachter hat lediglich seine eigene Zeit, die für ihn schneller oder langsamer ablaufen kann relativ zu anderen Beobachtern an anderen Standorten.

Wenn die Zeit für den Außenstehenden am EH still steht, wird sich dort kein Photon mehr bewegen. Es verbleibt also am EH - nicht kurz davor - und wird vom entfernten Beobachter daher nicht mehr wahrgenommen. Die Lichtwellen sind also nicht bis ins unendliche rotverschoben, sondern kommen gar nicht mehr irgendwo an. Von diesem Zeitpunkt - dem erreichen des EH - werden nur noch die letzten Lichtstrahlen beim Beobachter ankommen, rotverschoben, weil die Raumzeitkrümmung immer stärker wird, und dann sieht er nichts mehr vom Gesteinsbrocken.

Wie Gravitationswellen entstehen, kannst du bei Wiki nachlesen.
DrStupid



Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5029

Beitrag DrStupid Verfasst am: 08. Mai 2014 20:05    Titel: Antworten mit Zitat

Peff hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Doch - exakt am EH ist die Zeitdilatation unendlich.


Die Zeitdilatation ist die Folge der Raumzeitkrümmung. Die Raumzeitkrümmung ist erst beim Erreichen der Singularität im Mittelpunkt des SL unendlich. Begründe mir bitte, warum das anders sein sollte.


In der Schwarzschildlösung gilt für die Zeit einer ruhende Uhr im Vergleich zu einer unendlich weit entfernten Uhr



Laut http://en.wikipedia.org/wiki/Time_dilation#Time_dilation_due_to_gravitation_and_motion_together ist diese Gleichung exakt und danach bleibt die Uhr am EH stehen.

Peff hat Folgendes geschrieben:
Die massebehaftete Materie friert nicht ein, sondern überschreitet den EH und fällt ins SL.


Das gilt nur in ihrer Eigenzeit. Wir reden hier aber über das, was aus Sicht eines entfernten Beobachters passiert und für den friert die Materie bei Annäherung an den EH ein, weil die Zeitdilatation dort gegen unendlich geht.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17898

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Mai 2014 20:06    Titel: Antworten mit Zitat

TomW hat Folgendes geschrieben:
Aha... und wie soll das genau funktionieren? Woher sollen diese Gravitationswellen kommen?

Stell dir eine Raumzeit eines SLs als Gummituch vor, das durch eine einfallende Masse deformiert wird. Dadurch wird das Gummituch zu Schwingungen angeregt, die sozusagen die Deformation nach außen abstrahlen und wieder in eine symmetrische Form übergehen.

TomW hat Folgendes geschrieben:
Und wie kann etwas "rund werden" oder überhaupt sich bewegen bzw. verformen, wenn es durch die extreme Zeitdilatation gar keine Zeit dazu hat?

Die Zeitdilatation gilt doch nur aus Sicht eines entfernten Beobachters. Lokal gilt immer ein völlig normaler Zeitverlauf; z.B. definiert ein frei fallender Beobachter ein lokales Inertialsystem, und seine Eigenzeit kann als Zeitkoordinate definiert werden. D.h. aus Sicht derartiger frei durch den EH fallender Beobachter kann der EH durchaus "schwingen".

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Anmeldungsdatum: 07.10.2009
Beiträge: 5029

Beitrag DrStupid Verfasst am: 08. Mai 2014 20:22    Titel: Antworten mit Zitat

TomS hat Folgendes geschrieben:
D.h. aus Sicht derartiger frei durch den EH fallender Beobachter kann der EH durchaus "schwingen".


Der ist hier aber eher uninteressant. Für einen außerhalb des SL ruhenden Beobachter, der die Gravitationswellen messen will, tut sich gar nichts.
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17898

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Mai 2014 20:27    Titel: Antworten mit Zitat

DrStupid hat Folgendes geschrieben:
TomS hat Folgendes geschrieben:
D.h. aus Sicht derartiger frei durch den EH fallender Beobachter kann der EH durchaus "schwingen".


Der ist hier aber eher uninteressant. Für einen außerhalb des SL ruhenden Beobachter, der die Gravitationswellen messen will, tut sich gar nichts.

Natürlich tut sich was!

Beim Verschmelzen schwarzer Löcher oder beim Einfall von Materie werden Gravitationswellen ausgestrahlt. Das kann man berechnen und theoretisch auch messen.

http://arxiv.org/abs/1211.6212
http://arxiv.org/abs/1305.4306
http://relativity.livingreviews.org/open?pubNo=lrr-1999-2&page=articlesu9.html

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Beitrag TomW Verfasst am: 08. Mai 2014 21:35    Titel: Antworten mit Zitat

Aber sind Gravitationswellen nicht extrem schwach? Ich glaube nicht, dass z.B. bei den Größenordnungen meines obigen Beispiels mit 5, 6 Sonnenmassen groß was passiert.
Und was genau soll dann der Außenstehende beobachten? Der Materiebrocken fällt auf das Loch zu, erstarrt, wird schwarz -> Loch mit Beule.
Und dann?
TomS
Moderator


Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 17898

Beitrag TomS Verfasst am: 08. Mai 2014 21:46    Titel: Antworten mit Zitat

TomW hat Folgendes geschrieben:
Aber sind Gravitationswellen nicht extrem schwach?

Ja und?

TomW hat Folgendes geschrieben:
Ich glaube nicht, dass z.B. bei den Größenordnungen meines obigen Beispiels mit 5, 6 Sonnenmassen groß was passiert.

Vielleicht steht dazu was in den Veröffentlichungen?

TomW hat Folgendes geschrieben:
Und was genau soll dann der Außenstehende beobachten? Der Materiebrocken fällt auf das Loch zu, erstarrt, wird schwarz -> Loch mit Beule.
Und dann?

Gravitationswellen, Loch ohne Beule

EDIT: Gravitationswellendetektoren

http://www.astro.cardiff.ac.uk/research/gravity/tutorial/?page=17observing
http://212.71.251.65/aspera//index.php?option=com_content&task=view&id=254&Itemid=98

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