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FAQ - Heisenbergsche Unschärferelation
 
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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18029

Beitrag TomS Verfasst am: 30. März 2014 11:57    Titel: FAQ - Heisenbergsche Unschärferelation Antworten mit Zitat

Ich möchte im Folgenden mit einem verbreiteten Irrtum aufräumen: man liest oft, die Heisenbergsche Unschärferelation besage, dass Ort und Impuls eines Teilchens nicht gleichzeitig exakt messbar sind; Tatsache ist jedoch, dass der mathematische Formalismus der QM besagt, dass für Ort und Impuls eines quantenmechanischen Objektes nicht gleichzeitig exakte Werte existieren - unabhängig davon, ob sie gemessen werden oder nicht.

Die Unschärfe ist eine intrinsische Eigenschaft des Quantenzustands selbst, nicht erst ein Effekt des störenden Einflusses einer Messung (obwohl dies der ursprüngliche Gedanke Heisenbergs war).

Die Unschärferelation folgt aus der Geometrie des in der QM verwendeten Hilbertraums sowie den speziellen Eigenschaften der Operatoren, die Ort und Impuls repräsentieren, alternativ aus den analogen Eigenschaften der Fouriertransformation. Insofern gilt sie für alle Größen, die über eine derartige Fouriertransformation zusammenhängen (auch für klassische Wellenphänomene).

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Niels Bohr brainwashed a whole generation of theorists into thinking that the job (interpreting quantum theory) was done 50 years ago.
TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18029

Beitrag TomS Verfasst am: 03. Aug 2015 14:40    Titel: Antworten mit Zitat

Noch ein paar Anmerkungen:

Aus der Formel für die Unschärfenrelation folgt zunächst, dass es im (mathematischen) Formalismus der QM unmöglich ist, einen (mathematischen) Zustand zu konstruieren, für den Ort und Impuls gleichzeitig beliebig genau definiert sind. Das noch hat nichts mit einer Messung zu tun. Glaubt man nun, dass der mathematische Zustand die Realität repräsentiert, so bedeutet dies, dass für das "reale Objekt" ebenfalls Ort und Impuls nicht gleichzeitig beliebig genau existieren (damit können sie natürlich auch nicht gleichzeitig beliebig genau gemessen werden).

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TomS
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Anmeldungsdatum: 20.03.2009
Beiträge: 18029

Beitrag TomS Verfasst am: 03. Aug 2015 14:45    Titel: Antworten mit Zitat

Zur Mathematik:


Die mathematische Struktur der QM wird durch ihre Axiome definiert. Wir benötigen für die Unschärfenrelation lediglich folgende

1) Der Zustandsraum eines quantenmechanischen Systems wird durch einen separablen Hilbertraum H repräsentiert.
2) Die Observablen eines quantenmechanischen Systems werden durch selbst-adjungierte Operatoren A auf H repräsentiert.
3) Ein Zustand eines quantenmechanischen Systems, in dem eine Observablen einen scharfen Wert a hat, wird durch einen Eigenzustand |a> des entsprechenden Operators A beschrieben.

Daraus folgt die Unschärfenrelation als mathematisches Theorem:

https://en.wikipedia.org/wiki/Uncertainty_principle#Robertson.E2.80.93Schr.C3.B6dinger_uncertainty_relations

Der Beweis verwendet die Cauchy–Schwarz-Ungleichung

https://en.wikipedia.org/wiki/Cauchy%E2%80%93Schwarz_inequality

die aus der Geometrie des Hilbertraumes (Vektoren, Skalarprodukt, daraus induzierte Norm) folgt. Als Spezialfall gilt dies bereits für endlich-dimensionale Vektorräume und darauf definierte lineare Operatoren (insbs. Matrizen)


Für das Produkt der Unschärfen σ zweier Observablen A, B gilt allgemein



d.h. dass für zwei nicht-vertauschende Observablen



das Produkt ihrer Unschärfen im Allgemeinen nicht Null sein kann.


Wichtig: es gibt durchaus Spezialfälle, für die das Produkt der Unschärfen auch für nicht-vertauschende Observablen exakt Null ist.

Als Beispiel betrachten wir ein System mit den Eigenzuständen





zum Operator





Die Spinoperatoren erfüllen für k = 1,2,3 (entspr. x,y,z) die Algebra



Für das Produkt der Unschärfen von Spin-x und Spin-y folgt:



D.h. die Unschärfe verschwindet genau dann, wenn der Erwartungswert für die z-Komponente verschwindet.

Derartige Zustände kann man jedoch leicht aus den Eigenzuständen konstruieren:







Dies ist auch nicht weiter verwunderlich: da es sich bei |0> um einen Eigenzustand der x-Komponente des Spins handelt, verschwindet die Streuung bzw. Unschärfe der x-Komponente:









d.h.


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