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Funktionsweise eines Kernreaktors - einfach erklärt
 
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AtomKern



Anmeldungsdatum: 28.03.2011
Beiträge: 4

Beitrag AtomKern Verfasst am: 28. März 2011 22:43    Titel: Funktionsweise eines Kernreaktors - einfach erklärt Antworten mit Zitat

Guten Tag

Durch die aktuelle Gegebenheit in Japan ist mein Interesse für das Atomkraftwerk entstanden. Ich will wissen wie ein Reaktor im Kraftwerk funktioniert. Ich habe ich bereits informiert aber mir ist es leider noch nicht ganz klar, daher habe ich ein Forum aufgesucht von dem ich glaube dass es hier sehr viele informierte Leute gibt.


So nun zu meinem bisherigen Verständnis:
Ich weiß das es leere Metallröhren gibt die mit kleinen Plutonium oder Uran Tabletten gefüllt werden. Das ganze nennt sich dann Brennstäbe. Diese stehen später am Boden. Das ganze wird mit einem Moderator (Wasser) umgeben. Das Wasser dient sogleich als Kühlmittel. Der Reaktor wird gekühlt und das warme Wasser wird weitergeleitet zum Antrieb von Turbinen. Dann gibt es Kontrollstäbe mit denen man die Leistung des Reaktors steigern kann. Je tiefer die Kontrollstäbe in den Reaktor gelassen werden desto weniger Leistung bringt der Reaktor. Wenn sie ganz eingelassen werden dann ist der Reaktor aus. Beim kompletten Entfernen entsteht die Kernschmelze.
Ich weiß das ein Teil verlangsamt wird und ein anderes darauf knallt und ein Kern sich spaltet. Dabei wird Wärme und unterschiedliche Atome frei. Die einen bestehen nur eine sehr kurze Zeit und die anderen fliegen weiter und verursachen eine Kettenreaktion.

Kann mir dass bitte jemand bestätigen? Was ich noch wissen will ist, wie genau das abläuft. Z. B. weiß ich leider nicht was in den Kontrollstäben ist. Bitte versucht es so einfach wie möglich auszudrücken. Es gibt sehr viele Seiten im Netz, aber wenn man als "nichts wissender Neuling" versucht die Funktionsweise eines Reaktors zu erfahren dann sind die Fremdwörter wie unüberwindbare Hürden. Man versteht zwar ein Teil aber am Ende hat man doch keine Ahnung und steht im Prinzip gleich wie am Anfang da.

Vielen Dank
TheBartman



Anmeldungsdatum: 09.07.2009
Beiträge: 482

Beitrag TheBartman Verfasst am: 28. März 2011 23:10    Titel: Antworten mit Zitat

Ich versuch mich mal:

Die beid er Spaltung entstehenden Neutronen sind relativ schnell und daher für eine Kettenreaktion ungeignet. Sie müssen abgebremst werden, das erledigt der Moderator (In den meisten Reaktoren also das Wasser.)
Wenn genau so viele spaltende Neutronen produziert werden, wie verloren gehen, läuft die Kettenreaktion. Der Reaktor ist kritisch.

Ich weiß nun nicht genau, ob es tatsächlich zu einer Kernschmelze kommt, wenn man die Steuerstäbe komplett entfernt. So lange die Kühlung ausreicht muss das nicht passieren.

Die Steuerstäbe enthalten beispielsweise Bor- oder auch Cadmiumverbindungen. Diese Substanzen Absorbieren nun Neutronen, so dass sie keine weiteren Atome mehr spalten können.
Werden genug Neutronen "weggefangen" wird der Reaktor unterkritisch, die KR wird also früher oder später aufhören.

_________________
http://www.ultimatespaceproject.de
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 29. März 2011 01:30    Titel: Antworten mit Zitat

Der Erklärung von TheBartman stimme ich zu smile

Vornedran vielleicht noch zur Einführung:

* Wie spaltet man einen Uran-Atomkern?

Indem man ein Neutron draufschießt.
Mit langsamen Neutronen geht das besonders gut.
Der Urankern, der ein solches Neutron geschluckt hat, zerbricht (Denn der an sich schon sehr große Urankern wird durch Aufnahme eines Neutrons so groß und wackelig, dass er zerbricht).
Heraus kommen zwei große Bruchstücke, drei schnelle Neutronen, die dann durch die Gegend fliegen, sowie Wärmeenergie.

* Wie erzeugt ein Siedewasserreaktor Strom aus der Kernspaltung?

Die Wärmeenergie aus der Kernspaltung erwärmt das Wasser, das wird zu Dampf und treibt eine Turbine an, die erzeugt Strom. (Das Wasser kondensiert dann wieder und wird wieder zurückgepumpt zu den Brennstäben.)

* Wie sorgt man dafür, dass die Kettenreaktion weitergehen kann?

Mit einem Moderator. Das ist ein Material, das Neutronen abbremst, also schnelle Neutronen zu langsamen Neutronen macht, damit sie gut die Spaltung des nächsten Uranatomkernes auslösen können, wenn sie auf eines treffen. Abbremsen geht wie beim Billardspielen besonders gut mit ähnlich schweren Kugeln, zum Beispiel mit Wasser, weil da im H2O Wasserstoffkerne drin sind, die sind etwa gleich schwer wie Neutronen.

* Wie sorgt man dafür, dass die Kettenreaktion stoppt oder nicht in Gang kommt?


Mit "Neutronenwegschluckern" (sogenannten Neutronengiften). Das sind Materialien, die Neutronen absorbieren, zum Beispiel Bor. Solche Neutronenschlucker sind in den Steuerstäben (=Kontrollstäben) drin, sowie auch in den Brennstäben selber und im Wasser des Reaktors (in Form von Borsäure). Dadurch weggefangene Neutronen können also nicht mehr zum nächsten Uranatomkern fliegen und den spalten.

* Warum heizt so ein Reaktor weiter, auch wenn man ihn ausgeschaltet hat?

Das Einfahren der Steuerstäbe (das dauert nur wenige Sekunden) stoppt die Kettenreaktion der Urankernspaltung. Diese Kettenreaktion produziert dann also keine Wärme mehr. Was dann noch heizt, ist die Nachzerfallswärme. Die kommt von den Bruchstücken aus der Kernspaltung, das sind oft radioaktive Kerne, die durch Alpha-, Beta oder Gammazerfall in ein bisschen kleinere oder stabilere Kerne übergehen und dabei diese Nachwärme abgeben.

Diese Nachwärme beträgt zwar nur wenige Prozent der Wärmeleistung im vollen Betrieb, aber immerhin noch zum Beispiel einige Megawatt für so einen Reaktor. Diese Nachwärme muss man also durch Kühlen (mit Kühlwasser) abführen, damit die Brennstäbe nicht schmelzen können.

* Woraus bestehen Brennstäbe?

Aus Uranoxid (oder bei manchen Reaktoren aus Mischoxid, MOX, das enthält z.B. einige Prozent Plutoniumanteil) in Keramikpellets (Schmelzpunkt dieser Keramik: so um die 2400°C bis 2800°C), die sind zylinderförmig und haben so ungefähr die Größe von Legosteinen. Diese Pellets werden in Metallhülsen aus Zirkalloy gepackt (eine Zirkoniumlegierung, die bei einer Temperatur von etwa 1200°C birst sowie an Wasser oxidiert und dabei Wasserstoff freisetzt). Das ganze sind dann die Brennstäbe. In so Reaktoren wie denen in Fukushima sind diese Brennstäbe 4 m lang.

Normalerweise bleiben alle bei der Spaltung erzeugten radioaktiven Kerne in diesen Keramikpellets in diesen Brennstäben drin, so dass diese Brennstäbe dann in die Abklingbecken und von dort dann woanders hin transportiert werden können.

Sind die Zirkalloy-Brennstabhülsen beschädigt und die Pellets mindestens zum Teil geschmolzen (zum Beispiel weil die Brennstäbe zu lange zu heiß waren), kann radioaktives Material aus den Brennstäben austreten.

* Wo sind diese Brennstäbe drin?

In einem Stahlgefäß, dem sogenannten Reaktordruckbehälter. Da außendrumherum ist ein luftdichter Sicherheitsbehälter (Containment).

Wenn die dicht bleiben, bleibt das radioaktive Material auch dann drin, wenn es aus geschmolzenen oder angeschmolzenen Brennstäben ausgetreten war.

Die Brennstäbe stehen übrigens nicht direkt auf dem Boden des Reaktordruckbehälters, sondern sind eher so auf halber Höhe mittendrin. Die Steuerstäbe werden bei Siedewasserreaktoren von unten zwischen diese Brennstäbe eingefahren.
AtomKern



Anmeldungsdatum: 28.03.2011
Beiträge: 4

Beitrag AtomKern Verfasst am: 29. März 2011 17:47    Titel: Antworten mit Zitat

Vielen dank für die Antwort.

Wird das Wasser in die Metallröhren gegeben oder wird nur eine Art Wasserbecken geflutet? Wie muss ich mir den Anfang vorstellen? So wie ich das verstanden habe ist das Wasser der Auslöser. Das würde aber bedeuten wenn man die Brennstäbe in einen See oder ein Meer wirft dass es dann anfängt zu Reagieren. Es wird immer geschrieben dass man ein Atom auf ein anderes schießt. Aber wer macht das?
dermarkus
Administrator


Anmeldungsdatum: 12.01.2006
Beiträge: 14788

Beitrag dermarkus Verfasst am: 29. März 2011 20:48    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:

Es wird immer geschrieben dass man ein Atom auf ein anderes schießt.

Nicht so ganz. Es geht hier nicht darum, dass man ein Atom auf ein anderes draufschießt. Sondern dass ein Neutron auf einen Uran-Atomkern draufgeschossen wird. (Ein Neutron ist kein ganzes Atom, nicht mal ein ganzer Atomkern, sondern lediglich ein Bestandteil der Atomkerne.)

Zitat:

Wird das Wasser in die Metallröhren gegeben oder wird nur eine Art Wasserbecken geflutet?

Zweiteres. Das Wasser wird um die Brennstäbe ("um die Metallröhren") herum eingefüllt, also in den Reaktordruckbehälter.

Zitat:

Wie muss ich mir den Anfang vorstellen? So wie ich das verstanden habe ist das Wasser der Auslöser.

Den Anfang so einer Kettenreaktion der Kernspaltung machen Urankerne, die sich spontan spalten, also ganz ohne dass sie von einem Neutron beschossen wurden.

http://de.wikipedia.org/wiki/Spontane_Spaltung

Das machen die Urankerne zwar viel, viel seltener als wenn sie von einem Neutron beschossen werden, aber zumindest mal so oft, dass hier und da auch mal ein Neutron durch die Gegend fliegt, wenn Uran in der Nähe ist.

Irgendwelche Neutronen, die durch die Gegend fliegen und unter geeigneten Bedingungen den Anfang machen könnten, gibts da also immer.

Wenn kein Moderator in der Nähe ist, der diese spontan entstandenen Neutronen abbremst, kommt es dadurch nicht zu einer Kettenreaktion.

Ist aber ein Moderator in der Nähe, und sind ausreichend viele Uranatome nah genug am selben Ort, dann kann eine Kettenreaktion beginnen. Denn dann können die bei der spontanen Kernspaltung eines Uran-Atomkerns entstandenen und durch den Moderator abgebremsten Neutronen so auf weitere Urankerne treffen, dass sie deren Spaltung auslösen.
(So gesehen hast du also recht, dass der Moderator, also hier das Wasser, zum Auslöser der Kettenreaktion wird.)

So etwas kann sogar in der Natur von ganz alleine ablaufen, ein bekanntes Beispiel dafür ist der Natur-Kernreaktor Oklo

http://de.wikipedia.org/wiki/Naturreaktor_Oklo

Da war ein natürliches Uran-Vorkommen, das in Kontakt mit Grundwasser geriet. Immer solange Wasser beim Uran war, lief die Kettenreaktion und heizte, und wenn das Wasser dadurch verdampfte, stoppte die Kettenreaktion dementsprechend jeweils wieder.

Zitat:

Das würde aber bedeuten wenn man die Brennstäbe in einen See oder ein Meer wirft dass es dann anfängt zu Reagieren.

Ja, mit dieser Überlegung bin ich einverstanden. Dazu müsste man die Brennstäbe wohl so in das Wasser werfen, dass sie nahe genug aneinander zu liegen kommen. Wenn in einem Reaktor die Brennstäbe von Wasser bedeckt sind, das ausreichend wenig Neutronenfänger (Borsäure) enthält und wenn dabei auch die Steuerstäbe nicht zu weit zwischen den Brennstäben eingefahren sind, dann hat man ja auch im Reaktor eine Kettenreaktion, mit deren Wärmeenergie man das Kraftwerk betreibt.
franz



Anmeldungsdatum: 04.04.2009
Beiträge: 11583

Beitrag franz Verfasst am: 30. März 2011 03:17    Titel: Antworten mit Zitat

Dazu vielleicht auch diese Broschüre (m.E. gut lesbar und verständlich)
http://www.kernfragen.de/kernfragen/documentpool/018basiswissen2007.pdf
AtomKern



Anmeldungsdatum: 28.03.2011
Beiträge: 4

Beitrag AtomKern Verfasst am: 30. März 2011 17:56    Titel: Antworten mit Zitat

So gesehen ist es einfach. Die Urankerne zerfallen von alleine. Der Moderator, in diesem Fall das Wasser, verlangsamt die Neutronen. Dadurch können die Neutronen auf anderen Urankerne fliegen. Die Urankerne zerfallen und das ganze beginnt von Anfang. Durch die Steuerstäbe können Neutronen aufgefangen werden und somit die Stärke der Kettenreaktion gesteuert werden.

Aber wenn es so "einfach" ist dann müsste man einen Unfall mit Neutronenfänger doch sehr einfach beheben können? Ohne Neutronen entsteht keine neue Reaktion und nach einer gewissen Zeit ist der Reaktor komplett aus. Und im Gegenteil könnte man Brennstäbe als Waffen einsetzen.
schnudl
Moderator


Anmeldungsdatum: 15.11.2005
Beiträge: 6979
Wohnort: Wien

Beitrag schnudl Verfasst am: 30. März 2011 17:59    Titel: Antworten mit Zitat

AtomKern hat Folgendes geschrieben:
Ohne Neutronen entsteht keine neue Reaktion und nach einer gewissen Zeit ist der Reaktor komplett aus.


Das Problem bei der Kernschmelze ist eben nicht die Kettenreaktion, sondern die Nachzerfallswärme, die anfangs etwa bis zu etwa 10% der installierten thermischen Leistung ausmacht - und das ist nicht gerade wenig, wenn man keine Kühlung hat. Deine "gewisse Zeit" beläuft sich in der Praxis auf einige Monate.

http://de.wikipedia.org/wiki/Nachzerfallsw%C3%A4rme

_________________
Wenn du eine weise Antwort verlangst, musst du vernünftig fragen (Goethe)
AtomKern



Anmeldungsdatum: 28.03.2011
Beiträge: 4

Beitrag AtomKern Verfasst am: 01. Apr 2011 21:01    Titel: Antworten mit Zitat

So nun bin ich das PDF durch gegangen. Dann danke ich euch mal. Thumbs up! Wieder etwas dazu gelernt.
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